Krieg und Frieden in den Medien
Tagung der IALANA, 26.-28. Januar 2018, Kassel
von Stefan Hügel
Ende Januar fand ein von IALANA Deutschland organisierter Medienkongress statt. Er befasste sich kritisch mit der Kriegsberichterstattung in den Medien, die seit einiger Zeit Gegenstand heftiger Auseinandersetzungen ist. Leitfrage des Kongresses war: Kann man ein Leitbild »Friedensjournalismus« etablieren, das der Wahrheit verpflichtet ist und deeskalierende Berichterstattung betreibt? Der Kongress war sehr gut besucht, die CROSS-Jugendkulturkirche in Kassel gut gefüllt.
»Klassische« Medien sind zunehmend Kritik ausgesetzt. Sie werden verdächtigt, Propaganda zu betreiben und allzu »staatsnah« von Ereignissen zu berichten. Diese Kritik nimmt seit dem Konflikt in der Ukraine zu, in dem vor allem den öffentlich-rechtlichen Medien eine zu deutliche – und sachlich nicht immer gerechtfertigte – Schuldzuweisung an Russland vorgeworfen wird. Unter Druck geraten klassische Medien auch durch die Kommunikation in sozialen Netzwerken und allgemein im Internet, in dem sich eine Vielfalt von Ansichten und (vermeintlichen) Fakten verbreitet – von den »News« zu den »Fake News« ist es oft nur ein einziger Mausklick. Verstärkt wird dies durch politische Akteure, allen voran US-Präsident Trump, die ihre eigene Sicht zu aktuellen Ereignissen verbreiten und einen erheblichen Einfluss darauf ausüben, was für »wahr« gehalten wird – und was nicht.
Gleichzeitig stehen gegen kritische Journalist*innen Vorwürfe im Raum, Verschwörungstheorien zu verbreiten, gar Antisemitismus. Auf Twitter wurden solche Behauptungen auch gegen diese Veranstaltung laut. Die unterstellte Verbindung zwischen antisemitischen Medien und Journalist*innen, die auch auf dieser Veranstaltung zu Wort kamen, wurde von den Veranstaltern entschieden zurückgewiesen. Dennoch wird ein Dilemma deutlich: Wann werden tatsächlich mit Verschwörungstheorien allzu einfache Erklärungen präsentiert, und wann wird der Vorwurf der Verschwörung dafür eingesetzt, missliebige Fragen und Interpretationen zu ersticken? Eine Antwort darauf kann man vielleicht nur im konkreten Einzelfall geben.
Zum Programm: Nach der Themeneinführung am Freitagabend befassten sich die Referate am Samstagvormittag mit der Frage, wie in den Medien über Krieg berichtet wird und warum genau in dieser Weise berichtet wird. Dabei ging es vor allem um die Frage, wer auf Medien Einfluss nimmt. Auch die inneren Strukturen der Medien spielen eine Rolle: Welche Kontrollstrukturen und -gremien gibt es und welchen Einfluss haben sie auf die Inhalte?
Konkrete Themen waren Inhalt des nächsten Blocks: Die Berichterstattung über den Kosovo-Krieg, der Krieg in Syrien, die illegalen Kriege der USA, die Konfrontationspolitik gegenüber Russland wurden hinsichtlich möglicher Manipulation der Öffentlichkeit kritisch beleuchtet. Daraus ergibt sich die Frage, wie wir uns gegen solche Manipulation schützen können.
Eine systematische Aufarbeitung von Propaganda und den Möglichkeiten ihrer Erkennung bildete den Auftakt zum Sonntag. Danach gab es Schlaglichter auf die Rolle von Public-Relations-Agenturen und auf die formalen Wege, um auf die Berichterstattung in den Medien als Einzelperson Einfluss zu nehmen, wie Programmbeschwerden, Gegendarstellungen oder gerichtliche Anordnungen. Einige alternative Medien wurden vorgestellt: NachDenkSeiten, weltnetz.tv, correctiv und RUBIKON. Den Abschluss bildete die Diskussion der Möglichkeiten von alternativen Medien.
Der Kongress gab – so mein Fazit – einen sehr guten Überblick über alternative Medien und war gleichzeitig stark durch die Kritik an den »klassischen« Medien geprägt – deren Vertreter*innen allerdings kaum präsent waren. Offenbar hatten eingeladene Vertreter*nnen klassischer Medien ihre Teilnahme abgesagt. Dies führte dazu, dass die Diskussionen nicht übermäßig kontrovers waren. Dass Journalismus interessengeleitet sein kann, ist nichts Neues und muss offen diskutiert werden. Sich dieser Diskussion zu entziehen hilft ebenso wenig weiter, wie die eigene kritische Meinung in Echokammern zu reproduzieren.
Auch eine intensivere Auseinandersetzung mit den »Verschwörungs«-Vorwürfen wäre wohl notwendig: Auch wenn man sich dieser Kritik nicht anschließen mag, die Aussagen stehen im Raum und können nicht ignoriert werden.
Zweifellos lässt sich all dies nicht an einem einzelnen Wochenende aufarbeiten. Wollte man sich als Teilnehmer*in über alternative Medien und fundierte Kritik an klassischen Medien informieren, war der Besuch des Kongresses absolut lohnenswert.
Eine Dokumentation des Medienkongresses findet sich unter ialana.de. Die Veranstaltung wurde durch Weltnetz.tv aufgezeichnet; Aufzeichnungen einiger Vorträge finden sich unter weltnetz.tv/dossier.
Stefan Hügel