Kritische Universität Anno 1983
Der 20.10. und seine Folgen
von Redaktion
Daß dem auf Sensationen erpichten Tagesjournalismus die vielfältigen Aktivitäten der Friedensbewegung in der Aktionswoche vom 17. - 22. 10. zum Teil entgangen sind nimmt nicht wunder. Die Berichterstattung scheint einem standardisierten Vorher/Nachher-Muster zu folgen: Zuerst die bedrohlichen Beschwörungen vom „Krawallherbst“, dann die Verniedlichung, als wäre kaum etwas passiert.
Was sich an den Hochschulen in der Aktionswoche und speziell am Tag der Bildungseinrichtungen am 20. 10. ereignet hat, ist von uns leider nicht zu erfassen. Auch würde es den uns zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen. Wir wollen aber einen gewissen Überblick geben. Es mag für den engagierten Kollegen nützlich sein zu wissen, wo man sich ggf. Anregungen und qualifizierte Beiträge für die Friedensarbeit holen kann. Daher wollen wir schon in diesem Heft auf die verschiedenen kontinuierlichen Veranstaltungen, wie Ringvorlesungen hinweisen und wo es möglich ist, auch die Adressen der Verantwortlichen angeben.
Aachen:
In Aachen findet in diesem Semester eine Vorlesungsreihe "Verantwortung für den Frieden" statt, zu der das Forum Wissenschaftler für Frieden und Abrüstung und das Institut für politische Wissenschaft an der RWTH Aachen einladen.
Das Programm im einzelnen:
- 26.10.83 Dr. Seyfarth
- Grundlagen der Physik der Kernwaffenexplosion
- 02.11.83 Dr. Duisberg
- Aachen im Atomkrieg: medizinische Folgen und Hilfsmöglichkeiten
- 09.11.83 Prof. Dr. Mey
- Zusammenhänge zwischen innerer Demokratie und äußerem Frieden
- 23.11.83 Prof. Dr. Böttcher
- Abschreckung als untaugliches Prinzip der Kriegsverhütung
- 30.11.83 Yogeshwar
- „Verteidigung“ und „Entwicklung“
- 07.12.83 Prof. Dr. Kasig
- 4,5 Mrd. Jahre Entwicklung der Erde und des Lebens – gibt es angesichts der Massenvernichtungsmittel eine geologische Zukunft?
- 21.12.83 Prof. Dr. Glück
- Naturwissenschaftliches Denken: Todesverdrängung und Massenvernichtungsmittel?
- 14.12.83 Prof. Dr. Rickers
- Friede auf Erden theologische und kirchliche Aspekte zur gegenwärtigen Friedensdiskussion
- 11.01.84 Dr. Schmitz
- Chemische Kampfstoffe
- 18.01.84 Prof. Dr. Schultze
- Ansätze für eine neue Sicherheitspolitik
- 25.01.84 Prof. Dr. Wohlenberg
- Unterirdische Kernwaffentests und Probleme der Überwachung
- 01.02.84 Prof. Dr. Ploeger
- Psychosoziale Reaktionen im Katastrophenfall
- 08.02.84 Prof. Dr. Gatzemeier
- Betroffenheit und rationaler Diskurs – Möglichkeiten und Grenzen philosophischer Argumentation über Krieg und Frieden
FU Berlin:
1041(!) Beschäftigte der Freien Universität veröffentlichen einen Brief an den Regierenden Bürgermeister und die Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Sie appellieren an diese Politiker, sich gegen die Stationierung neuer Atomraketen einzusetzen. Der Offene Brief ist in der Berliner Zeitung "Der Tagesspiegel" vom 1.9.1983 abgedruckt.
Auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Fachbereiche Physik und Politik sprachen der Uni-Präsident Lämmert und Prof. Dr. Hans-Peter Dürr. Als Physiker sei er besonders betroffen, formulierte Dürr, denn jeder Student, den er ausbilde, könnte in Zukunft selber Waffentechniken weiterentwickeln. Er schlug als Alternative zum Wettrüsten vor, über Defensivtechnologien nachzudenken.
Das Institut für Philosophie veranstaltet am 20.10. einen Vortrags-, Diskussions- und Informationstag. Es nahmen u.a. teil, die Professoren Tugendhat, Gollwitzer und Möbius.
Daß es eine Podiumsdiskussion gab, Filme gezeigt wurden und ein Friedensfest veranstaltet wurde, wollen wir nur der Vollständigkeit halber hinzufügen.
TU Berlin:
Lediglich inoffiziell diskutierten Mitglieder des Konzils der TU über das Thema "Die Verantwortung der Technischen Universität Berlin für den Frieden im Spannungsfeld ihrer wissenschaftlichen Disziplinen", nachdem die geplante ausserordentliche Sitzung an einer Verfügung des Präsidenten gescheitert war. Diese wurde mit Formfehlern begründet. Der Vorsitzende des Konzilvorstandes sah dagegen hinter der formalen Begründung eindeutige politische Absichten. Für eine erneute Sitzung werden Unterschriften gesammelt. Professoren verfassten einen Offenen Brief an den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, der am 28.10.83 in der Frankfurter Allgemeinen erschien. Darin heißt es na.: "Wir wissen, dank die Technologie moderner Massenvernichtungswaffen inzwischen einen Stand erreicht hat. den man treffend als "Automatisierung der Kriegsführung" bezeichnet. Eine solche Automatisierung bedeutet nicht nur, dass im Kriegsfalle Vernichtungsstrategien maschinengesteuert angewendet , sondern auch, dass schon im Frieden Entscheidungen über die Auslösung von Kriegshandlungen wesentlich von Computern rechnend gefällt werden. Wir fürchten aus unserer Kenntnis der Geschwindigkeit und der Komplexität von solchen 'Computer-Entscheidungen, dass diese von Menschen in Zukunft nicht mehr sicher kontrolliert und daher politisch auch nicht verantwortet werden können ..."
Der Fachbereichsrat des Otto-Suhr-Instituts hat eine Resolution zur drohenden Gefahr eines atomaren Krieges verabschiedet, in der die Aufstellung von Pershing 11 und Cruise Missiles kritisiert wird.
Die Professoren A. und G. Schwan und W. Skuhr bezeichneten dies als unzulässige Wahrnehmung des politischen Mandats.
Bochum:
Am 20.10. fielen die Vorlesungen an der Ruhr-Universität zwischen 10 und 12 und zwischen 14 und 16 Uhr aus. Stattdessen führte das Rektorat in Verbindung mit dem Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Prof. Dr. Ipsen, eine Vortragsveranstaltung zu dem Thema "Europäische Sicherheit und Stationierung" durch.
Bonn:
Ein Arbeitskreis "Naturwissenschaften für den Frieden" führt eine Ringvorlesung zum Thema "Wissenschaft und Frieden" durch. Es werden u.a. referieren die Professoren: Kreck (Mainz), Altner (Heidelberg), Böckle, Kreck, Penselin (Bonn), Harjes (Bochum).
Bremen:
Am 23.9. trat ein Friedens- und Aktionskomitee für die Universität zusammen, in dem der Personalrat, die GEW-Betriebsgruppe sowie Vertreter studentischer und Hochschullehrer-Organisationen mitarbeiten. Dieses Komitee unterstützt eine uniweite Urabstimmung zur "Raketenfrage".
Der Rektor setzte für den 20.10. einen "dies academicus" an, der dem Thema l-Frieden und Abrüstung gewidmet war. Der Tag war vorlesungsfrei.
An zahlreichen Arbeitskreisen und Diskussionsveranstaltungen beteiligten sich Informatiker, Naturwissenschaftler, Pädagogen, Psychologen, Ökonomen etc.
Bremer Naturwissenschaftler warnten in einem Aufruf vor dem weiteren Wettrüsten. Zu den Erstunterzeichnern gehörten die Professoren Beyersmann (Chemie), Hildebrandt (Biologie), Kasche (Biologie) und Rensing (Biologie).
Kontaktadresse des Friedens-und Aktionskomitees.- Peter Alheit, FB 12, Tel. 218292 7
Darmstadt:
Gegen Ende des Sommersemesters hat sich an der TH spontan eine Initiative für Frieden und Abrüstung gebildet.
Einer der lnitiatoren, Prof. Dr. Krabs (Mathematik), formulierte:
„Nach unserer Auffassung ist es dringend notwendig, über diese Fragen von gegenwärtig existentieller Bedeutung wissenschaftlich zu reflektieren und sie auch in die Lehre einzubringen. Es wird sicherlich schwer sein, angesichts der fachlichen Spezialisierung einen Gesamtrahmen für die Diskussion Zu finden. Aber gerade hier sollten sich die Fachwissenschaftler aufgefordert fühlen, über die engen Grenzen ihres Gebietes hinauszudenken und es in einen gro6en Zusammenhang zu stellen.“
Die Liste der Veranstaltungen, die in diesem Semester stattfinden, hat uns so beeindruckt, daß wir sie ganz abdrucken:
(vs workshop; V Vortrag; K = Kolloquium; S - Seminar)
Azzola, A./Nickel, E./Podlech. A.: ws - Friedenssicherung und Rechtsordnung.
Bielefeld, U.. u. a.: ws - Beiträge einer kritischen Sozialwissenschaft zur Rüstungsdebatte. 13ockhorn. H., u. a.: ws - Chemische/biologische Waffen Lind ökologische Kriegsführung. Burkhardt, A.: - Sprache der Rüstung und Sprache der Ent-Rüstung. Fleischer, H.: V/K - Philosophische Ethik im Blick auf die Gegenwart (Krieg und Frieden). Gamm, H. J.: V Gesellschaftliche Bedingungen der Friedenserziehung. (Gamm, H. J./Koneffke, .: V - Kolloquium zum Problem der Friedenserziehung. Herbig. J.: V - Die Militarisierung der Wissenschaft.
Hoffmann, J./Bender, W.: S - Gewissen und Handeln der Christen für den Frieden. Hirsch. A./Krabs. W./Reemtsen, R.: ws Der Beitrag der Mathematik zur Rüstung und Abrüstung.
Ipsen, D.: - Rüstungsdynamik: Die Entwicklung des militärisch-industriellen Komplexes in der BRD).
Kankeleit, W.: S - (Fortsetzung) Nuklearwaffen.
Konstantin, J. u. a.: ws - Informatik und Rüstung; Filmvorführung.
Mohr, W.: S - Psychologie und Rüstung. Aspeke psychologischer Friedensforschung.
Nixdorff, K.: ws - Ökologische Kriegsführung am Beispiel biologischer Waffen.
Nixdorff, P.: S - Wissenschaftler im Konflikt Fallbeispiele (Fall Oppenheimer).
Pooria, M./Rzondetzko, L.: V - Friedenserziehung als pädagogisches Problem? Bildung Militarisierung - Dritte Welt.
Institut für Politikwissenschaft: V - Politische Probleme der Gegenwart (Diskussions- und Informationsveranstaltung.
Rode, R.: S Friedensforschung und Friedensbewegung.
Setzer, H.: S Ökologie - Ökonomie - Politik: Teil 1: Umwelt und Rüstung.
Treuheit, W.: ws - Dritte Welt: Herd internationaler Konflikte.
Vowe, G.: ws - Zur Struktur internationaler Konflikte - Erarbeitung von Szenarien.
Wolters, N.: V - Die Anfälligkeit der Versorgung
im Katastrophenfall - dargestellt am Beispiel der Wasserversorgung.
Dortmund:
Der Senat empfahl uni-weite Diskussion zur Verantwortung des Wissenschaftlers für den Frieden am 20.10.
Eine Reihe von Hochschullehrern - darunter der Prorektor Prof. Dr. Obendiek - verfaßte einen Aufruf der den Abgeordneten der Region, der Bundesregierung und den Universitäten in NRW zugehen sollte. In dem Aufruf heißt es: „Als Hochschullehrer sind wir verpflichtet, Erkenntnisse zu gewinnen und ihre Folgen zu bedenken. Dazu gehört das Wissen um die ungeheuren Wirkungen der neuen Vernichtungsmittel sowie die hohe Wahrscheinlichkeit, mit der ihr Einsatz erfolgen kann …“
Die Uni-Zeitung begann eine Umfrage "Was tun die Angehörigen der UniDo für den Frieden?" Ein nachahmenswertes Beispiel?
Ein Arbeitskreis Dortmunder Wissenschaftler für den Frieden führte eine Repräsentativumfrage zur Friedenspolitik durch, die in Form einer Broschüre auch veröffentlicht wurde. Die Resultate der Umfrage konnten zur Verbreiterung der Friedensbewegung genutzt werden.
Seit dem 19. 10. sind folgende Einrichtungen zur "atomwaffenfreien Zone" erklärt worden:
Arbeitsstelle für Schulentwicklungsforschung, HDZ, Max-Planck-Institut für Ernährungsphysiologie, Max-Planck-Institut für Systemphysiologie, Sozialforschungsstelle, Institut für Sozialpädagogik und die Sozialakademie. Außerdem die Unipressestelle!
Düsseldorf:
Seit 1 1/2 Jahren gibt es an der Universität Düsseldorf das sog. "Blaue Vorlesungsverzeichnis". Unbemerkt von einer größeren Offentlichkeit hat sich dort eine Art "Kritische Universität" etabliert. Daß neben vielen anderen Themen auch ein Seminar zur Problematik "Naturwissenschaft und Rüstung" dabei ist, versteht sich. Um friedliche' Aufklärungsarbeit leisten zu können, sollen Themen behandelt werden wie B- und C-Waffen, Laserwaffen, Kriegswahrscheinlichkeit und mathematische Modelle, Rüstungskonversion, Nachrichtentechnik uswusf.
Am 19. 10. referierte Dr. Rainer Rilling auf einer Veranstaltung des BdWi über die Rüstungsforschung in der Bundesrepublik. Unter Bezug auf den Mainzer Appell veröffentlichten Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter der naturwissenschaftlichen Disziplinen einen Aufruf gegen die Atomraketen.
Freiburg:
Im Rahmen des colloquium politicum sind für das WS einige Veranstaltungen zur Frage der Militärblöcke und der Abrüstung geplant.
Gießen:
In einem Offenen Brief an die Bonner Parteien sprach sich 113 aller Hochschullehrer gegen die geplante Raketenstationierung aus. Nachzulesen in der Frankfurter Rundschau vom 29. 9. 83.
In der Aktionswoche beteiligten sich die Professoren Erb, Grunemeyer, Schmidt-Relenberg an der Aktion "F asten und Schweigen für den Frieden", die die ganze Woche andauerte.
Göttingen:
In einer zweiseitigen Anzeige haben 769 Naturwissenschaftler und Mitarbeiter der Max-Planck-Institute für biophysikalische Chemie, experimentelle Medizin, Strömungsforschung und Aeronomie (Lindau) der DFVLR, der GWDG und der Universitätsinstitute der Fachbereiche Agrarwissenschaften, Biologie, Chemie, Forstwissenschaften, Geowissenschaften, Mathematik, Medizin und Physik sich in der Lokalzeitung dem Mainzer Appell angeschlossen.
Gleichzeitig wurde eingeladen zu einer öffentlichen Veranstaltung am 1 5. 1 1., an der u. a. die Professoren Aichele (Erlangen) und Schneider (Göttingen) teilnehmen werden.
Karlsruhe:
Die Universität Karlsruhe stellt heute zweifellos eine Hochburg der Wissenschaftlerbewegung für den Frieden dar. Seit einem Jahr existiert dort eine Friedensgruppe, in der Wissenschaftler und Studenten zusammenarbeiten.
Im August 1983 trug sie zusammen mit dem Arbeitskreis Karlsruher Friedenstage, den Grünen, dem BdWi und anderen Organisationen dazu bei, daß der Pershinghersteller Martin Marietta' einen Ausstellungsstand während des internationalen Kongresses IJCAI'83 (international joint conference of artificial intelligence) nicht aufbaute. Der Druck auf den Rüstungskonzern war durch eine Öffentlichkeitskampagne zu groß geworden.
In der Friedenswoche erschien eine Anzeige in drei Karlsruher Zeitungen, die von über 1000 (!) Mitgliedern der Hochschule unterzeichnet worden war.
An alternativen Veranstaltungen am 20. 10. nahmen ca. 2500 Hochschulangehörige teil. Es gab Vorträge und Podiumsdiskussionen in allen Fachbereichen: von den Architekten bis zu Informatikern. (Die genaue Liste liegt uns vor … )
An der Kundgebung "Wissenschaftler für den Frieden" beteiligten sich etwa 2000 Menschen. Es sprachen die Professoren Buckel, Falk, Funck, Herrlich, Siekmann.
In einem offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten der Region äußerten 72 Hochschullehrer ihre Besorgnis über die neuen Atomraketen. Zur Begründung wird u. a. ausgeführt:
„Nach dein Völkerrecht sind wir verantwortlich für alle Kriegshandlungen in und aus unserem Land. Unsere Mindestforderung müßte ein zweites Schloß' sein, damit keine verbündete Macht Massenvernichtungsmittel gegen deutschen Willen auf oder von deutschem Boden aus einsetzen kann. Ohne dieses zweite Schloß wäre unsere staatliche Souveränität verletzt …
Angesichts der im Pentagon diskutierten ‚Enthauptungsstrategie‘ muß die Pershing II von der UdSSR als Ersteinsatzwaffe betrachtet werden. Durch die Zulassung dieser Waffe und durch den Freibrief für fremde, wenngleich verbündete Truppen in unserem Land machen wir uns zur Gefahr für den Weltfrieden. Dies würde gegen Artikel 26 unseres Grundgesetzes verstoßen …“
Rückfragen bezüglich dieser Initiative bitte an Prof. Dr. -Ing. Eduard Naudascher Direktor des Instituts für Hydromechanik an der Universität Karlsruhe. Anschrift: Am Rüppurrer Schloß 5, 7500 Karlsruhe.
„Uni-Inforrnation Karlsruhe“, hrsg. vom Rektor, brachte das Kunststück fertig, diese Initiative in einer 12-Zeilen-Meldung zu berücksichtigen. Die ausführlichen Artikel, die diese Kurznachricht umgarnen lauten: „Studentische Aktivitäten: Eine Reitgruppe stellt sich vor“ und „Karlsruher Germanistik von Australien aus gesehen“ (S. 20/21, Nov. 1983)
Kassel:
Der Konvent der Gesamthochschule hat sich dem "Mainzer Appell" mit überwältigender Mehrheit angeschlossen. Gleichzeitig wurde beschlossen, alle Mitglieder der Universität zu einer Vollversammlung mit dem Thema "Wissenschaft und Frieden" einzuladen. (20. 10.). Auf dieser Vollversammlung sprachen: Prof. Dr. Franz Neumann, Präsident der GhK, Prof. Dr. H. Gärtner Physik), Prof. Dr. Ing. A. Puck (Maschinenbau) und Prof. Dr. W. Rauh (Gesellschaftswissenschaften).
Konstanz:
In diesem Semester eine Ringvorlesung
„Die Wissenschaften und der Frieden“.
Nachfragen an Prof. Dr. Kempf, 0 75 31/88 25 64.
Mainz:
In Mainz hat sich eine Naturwissenschaftler-Arbeitsgruppe im Frühjahr 1983 gegründet. Diese Gruppe hatte maßgeblieben Anteil an der Vorbereitung und Durchführung des Mainzer Kongresses. Im Anschluß an den Kongreß konstituierte sie sich als „Naturwissenschaftler für den Frieden Mainz“.
Zur eigenen Weiterbildung und zur Qualifizierung der Öffentlichkeitsarbeit wurden AG's eingesetzt zu den Themen:
- neue Waffentechnologien,
- Rüstungsforschung
- Militärstrategie und Technologieentwicklung
Neben den Arbeitsgruppen trifft sich 14-tägig das Plenum in dem regelmäßig 20 bis 30 Wissenschaftler mitarbeiten.
Die Resonanz auf den Mainzer Kongreß war so stark, daß die Referentenwünsche nicht mehr alle erfüllt werden können. Drei Veranstaltungen pro Woche werden von den Mainzer Kollegen bestritten.
In der Aktionswoche fanden drei Veranstaltungen statt:
Militärische Folgen von ABC-Waffen; Psychologische Kriegsvorbereitung; Die neue Qualität der Pershing II. Im Schnitt waren 300 Zuhörer anwesend. Am 20. 10. sprachen vor dem vollbesetzten Auditorium Maximum der DGB-Landesvorsitzende Lehlbach und der Mathematikprofessor Kreck. Veranstalter war die GEW.
Zur beliebtesten Lehrveranstaltung entwickelt sich in diesem Semester die Ringvorlesung zu Wissenschaft und Frieden im Rahmen des studium generale. Bei der ersten Sitzung waren 500 Teilnehmer anwesend.
Wer mit den „Mainzern“ Verbindung aufnehmen möchte, kann sich wenden an: Ulrich Oehmichen, c/o Uni Mainz, Fachbereich Geowissenschaften, Lehreinheit Mineralogie, Saarstr. 21, 6500 Mainz.
Marburg:
Seit dem Sommersemester 1982 gibt es am Fachbereich Physik eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung über das Thema „Physik und Rüstung“. Die Ergebnisse eines Seminars wurden in einem Buch unter diesem Titel zusammengefaßt. Im WS lief dieses Seminar weiter – eine Friedensinitiative gründete sich.
Am 19. 10. diskutierte der Fachbereichsrat die Problematik und verabschiedete eine Erklärung, in der der Mainzer Appell unterstützt wird. 21 der 24 gewählten Mitglieder unterschrieben! Nachdem sich in einer Unterschriftensammlung die Mehrheit der Fachbereichsangehörigen gegen die Raketenstationierung ausgesprochen hatte, wurde der Fachbereich für atomwaffenfrei erklärt.
In der Planung für das WS befindet sich ein Interdisziplinäres Seminar für Hörer aller Fachbereiche. Referieren werden aus den naturwissenschaftlichen Fachbereieben und der Medizin:
Dr. J. Altmann, Prof. Dr. M. Beato, Dr. U. Beisiegel, Prof. Dr. Elschenbroich, Prof. Dr. E. Gansauge, Prof. Dr. H. Kuni, Prof. Dr. 0. Melsheimer, Prof. Dr. F. Kühlhofer, Prof. Dr. C. Wissel.
Am 20. 10.: Podiumsdiskussion des BdWi „Hochschule und Stationierung“ Der Vizepräsident der Universität sprach ein Grußwort. Vor rund 1000 Zuhörern kamen für die Naturwissenschaftler zu Wort Dr. J. Altmann (Physik), Prof. Dr. H. Bauer (Gießen, Medizin), und der Biochemiker Prof. Dr. Miguel Beato. Standortbestimrnungen für die Sportwissenschaften leistete J. Fischer, wiss. Mitarbeiter, für die ev. Theologie Prof. Dr. W. Huber, für die Linguistik Prof. Dr. G. Keseling und für die Psychologie Prof. Dr. G. Sommer. Weitere Beiträge von Prof. Dr. L. Froese (Päd.) u. von Prof. Dr. (;. Hager (Jura).
Einen „Friedens-Hyde-Park“ führte der FB Gesellschaftswissenschaften durch. Die überwiegende Mehrzahl der Hochschullehrer beteiligte sich.
München:
In Bayern insgesamt war das Problem, daß die Vorlesungen erst zum 1.11. beginnen. An der Uni München gab die Initiative „Münchner Hochschulangehörige für den Krefelder Appell“ eine Zeitung zum Thema Frieden und Hochschule heraus und am Germanist. Institut wurden vielfältige Diskussionsrunden durchgeführt.
Am 2 0. 1 0. auf dem Geschw.-Scholl Platz Friedensversammlung der Hochschulangehörigen.
Münster:
In Münster haben sich bereits zwei Institutionen herausgebildet:
- das Forum „Naturwissenschaftler für den Frieden“
- ein Arbeitskreis Münsteraner Wissenschaftler für Frieden und Abrüstung.
Das Forum entstand bereits im Frühjahr 1981 und organisierte im WS 81/82 eine Ringvorlesung mit Vorträgen über A-, B- und C-Waffen-Systeme. Im April 1982 hatten bereits über 200 Naturwissenschaftler einen Anti-Aufrüstungs-Aufruf unterschrieben. Das Forum kann als eine wichtige Keimzelle für den Mainzer Kongreß bezeichnet werden.
Der uniweite Arbeitskreis hat für dieses Semester eine Ringvorlesung initiiert „Wissenschaftler und Friedensbewegung: Was leisten die Wissenschaften für den Frieden?“
Auch diesen Veranstaltungsplan mitsamt verantwortlicher Adresse wollen wir unseren Lesern nicht vorenthalten:
Mo. 28.11., Biologie: Genetische Strahlenrisiken (W. Köhnlein, H. Traut)
Mi. 30.11., Mathematik: Vergleich der Erstschlagsfähigkeit von Pershing 2 und SS 20 (M. Kreck)
Mo. 05.12., Rechtswissenschaft: Ziviler Ungehorsam als aktiver Verfassungsschutz (E. Küchenhoff, N.N.)
Mo. 12.12., Podium: NATO-Doppelbeschluß und die Genfer Verhandlungen. Ergebnisse und Perspektiven
Mo. 19.12., Ev./Kath. Theologie: Theologie und Frieden (K.W. Dahm, T.R. Peters, D. Schellong, H.-G. Stobbe)
Mo. 09.01., Psychologie: Psychologie und Friedensbewegung (Th. Barthmann, H.-D. Loewer, N.N.)
Mo. 16.01., Publizistik: Kriegspropaganda psychologische Verteidigung (H.D. Kübler, W. Lerg)
Mo. 23.01., Literaturwissenschaft: Friedenshoffnung und Gewalterfahrung in Lateinamerika: Der Schriftsteller Ernesto Cardenal (K. Biermann, H. Koch)
Mi. 25.01., Erziehungswissenschaft: Widerstand und Frieden: Ernst Bloch/Frieden lernen (K. Brose, P. Heitkämper, W. Rest)
Mo. 30.01-, Politikwissenschaft: Politikwissenschaft und Friedensgesinnung (G. W. Wittkämper)
Mo. 06.02., Podium: Was tut die Universität
Münster für den Frieden?
V.i.S.d.P. Prof. Dr. Helmut Koch, Melcherstr. 59, 4400 Münster
Oldenburg:
20.10.: Uni-Vollversammlung mit 1300 Teilnehmern. Es sprachen der Uni-Präsident, Hochschullehrer und Vertreter der Bediensteten und der Studenten.
Es wurde ein Friedensmanifest verabschiedet. Darin wird der 12.12. (Jahrestag des NATO-Doppelbeschlusses) zum dies academicus erklärt. An diesem Tag sollen also wieder mannigfache Diskussionen und Aktivitäten stattfinden. Im Sommersemester werden Projekte ins Auge gefaßt, insbesondere zu den Fragen
- Gesellschaftliche Ursachen von bewaffneten Konflikten,
- Rüstungskonversion,
- ökonomische Funktion von Rüstung, Friedenserziehung,
- Soziale Verteidigung.
Das Manifest dürfte über Dieter Bonitz, Lindenstr. 26, 29 Oldenburg zu erhalten sein.
Im Anschluß an die Vollversammlung beteiligten sich 5000 Studenten, Schüler und Hochschulangestellte an einer Demonstration in der Stadt und bildeten eine lange Menschenkette.
Als Beilage zum Oldenburger Wochenblatt erschien eine Zeitung „Oldenburger Wissenschaftler gegen den Rüstungswahnsinn“. Die Hochschul-Friedensinitiative arbeitet weiter und bereitet eine uni-weite Urabstimmung gegen die Raketenstationierung im November vor.
Tübingen:
Die GEW hatte zu einer zentralen Veranstaltung am 20.10. nachmittags eingeladen. Anschl. Kundgebung von Hochschullehrern und Studenten auf dem Marktplatz. (Teilnehmer: weit über 1000) Vormittags hatten zahlreiche Diskussionsrunden und Workshops an den einzelnen Fachbereichen stattgefunden.
Die „Studierenden und Lehrenden“ des Ludwig-Uhland-Instituts hatten an ihrem Haspelturm eine Fahne gesetzt, die sie als schützenswertes Kulturgut auswies.
Kommentar des Schwäbischen Tagblattes: „Die Uni blieb ruhig“
Außerdem zu berichten: eine Annonce von Wissenschaftlern in der Lokalzeitung. Der Osterbergkreis führt im November „Tübinger Gespräche“ zur atomaren Aufrüstung durch.
Wuppertal:
364 Professoren, Doktoren, Diplomer, Nichtwissenschaftler und Studenten erklären sich in der Zeitung am 20.10. gegen neue Atomrüstung.
Am gleichen Tag „dies academicus„ an der Gesamthochschule. Mehr als 1000 Teilnehmer bei den verschiedenen Diskussionsveranstaltungen.