»Networking« für den Frieden
von Reiner Braun
»Networking« spielt in den Diskussionen der NGOs zunehmend eine immer größere Rolle. Es geht darum, durch Zusammenarbeit Synergieeffekte für bestimmte Projekte zu erreichen. International Networking ist geradezu ein Hit, um durch internationale Zusammenarbeit von Nichtregierungsorganisationen effektiver auf politisch-gesellschaftliche Prozesse einzuwirken.
Erfolge sind dabei auf den großen internationalen Kongressen sicherlich festzustellen, durchschlagende Änderungen hat Networking aber noch nicht bewirkt. Das gilt auch für INES – das »International Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility«.
INES – ein Netzwerk von mehr als 90 wissenschaftlichen Ingenieursorganisationen aus 40 Ländern bringt vieles gedanklich zusammen, kann inhaltliche Diskussionen vorantreiben, kann vernetzend helfen – aber politisch Einfluss nehmen konnte es bisher nur in geringem Maße.
INES wurde gegründet auf dem Challenges-Kongress 1991 in Berlin und arbeitet als gemeinnützige Organisation, die sich für einen verantwortlichen Gebrauch von Wissenschaft und Technik einsetzt. Die Ziele und Projekte von INES umfassen Abrüstung und internationalen Frieden, ethische Fragen und eine gerechte nachhaltige Entwicklung. Ein Schwerpunkt der Arbeit von INES liegt in der internationalen Vernetzung von IngenieurInnen und WissenschaftlerInnen. Dem dienen auch die alle fünf Jahre stattfindenden internationalen Kongresse. Bei dem diesjährigen Kongress in Stockholm ging es vor allem um Fragen von Wissenschaft und Zukunftsfähigkeit.
Zum zweiten kümmert sich INES intensiv um nukleare Abrüstung. Dabei geht es besonders um Fragen der Proliferation, um nukleare Abrüstung und mit dem Ziel einer atomwaffenfreien Welt. Das International Network of scientists and engineers against proliferation – eine Arbeitsgruppe von INES – hat maßgeblichen Anteil daran, dass es den Vorschlag für Nuklearwaffenkonventionen gibt. Für INES ist es eine Selbstverständlichkeit mit anderen Netzwerken zusammen zu arbeiten. So auch mit dem Netzwerk Abolition 2000, in dem sich mehr als 2000 Organisationen aus aller Welt zusammengefunden haben.
Die Unterstützung der »Whistle-blower« – die aus ethischer Verantwortung die Arbeit verweigern bzw. über Arbeiten informieren, die den Frieden, die Umwelt oder die Zukunft gefährden – ist ein weiterer wichtiger Teil der Arbeit von INES. So unterstützt INES die russischen Wissenschaftler Dr. Nikitin und Dr. Mesajanov, die die Öffentlichkeit über die unsachgemäße Lagerung von Atommüll bzw. über die Nichteinhaltung der Chemiewaffenkonvention informierten und deshalb verfolgt werden. INES hat einen eigenen Fonds gegründet um diese Kolleginnen und Kollegen zu unterstützen.
Neben den inhaltlichen Projekten befasst sich INES aber auch mit humanitären Fragen. INES vergibt das »Robert Havemann-Stipendium« an russische WissenschaftlerInnen, die vor ihrem Diplom oder ihrer Promotion stehen. Die Erfahrung zeigt, dass für alle StipendiatInnen die Unterstützung unbedingt notwendig war, damit diese ihre Arbeiten fertig stellen konnten.
Ein weiteres humanitäres Projekt ist die Unterstützung der Universität von Kapmandu mit technischem Equipment. Eine Universität, die bis vor kurzem keinen einzigen PC kannte und wo die Lehrbücher im Wesentlichen aus den 50er Jahren waren.
Viele internationale Organisationen haben ein Strukturproblem. Sehr leicht dominieren eine oder wenige Personen, es setzt sich ein undemokratisches »Führungsprinzip« durch. Dem begegnet INES durch eine strikte Beachtung demokratischer Prinzipien in allen Entscheidungsstrukturen. Dazu gehört das Council, in dem alle Mitgliedsorganisationen durch eine Vertreterin/einen Vertreter repräsentiert sind sowie einige individuelle Mitglieder (namhafte Persönlichkeiten wie z.B. Nobelpreisträger Josef Rothblatt). Dazu gehört, dass das Excecutive Commitee, die auf den Council-Sitzungen beschlossenen politischen Beschlüsse umsetzt und auch die Finanzen kontrolliert.
Ziel von INES ist und bleibt es, Wissenschaft und Zukunftsfähigkeit, Wissenschaft und Abrüstung sowie Wissenschaft und Ethik zusammenzuführen; auf PolitikerInnen und Öffentlichkeit einzuwirken um eine zukunftsfähige Politik durchzusetzen und dazu mit allen zusammen zu arbeiten, die sich für Frieden und Umwelt engagieren.
In diesem Zusammenhang kommt der von INES geführten DataBank zu Sustainable Development eine besondere Bedeutung zu. Aus der sozialen Weltlage ergibt sich, dass diese DataBank auch die Frage der »social dimension of sustainability« besonders gewichten muss, schließlich legt INES großen Wert auf die Unterstützung von Kolleginnen und Kollegen, von Institutionen, die sich in den Ländern des Südens mit der Problematik »Sustainability« beschäftigen, in Ländern, in denen Armut, Hunger, Unterernährung und Massenarbeitslosigkeit verhindern, dass diese Diskussion gesellschaftsfähig wird.
Es wäre ein großer Erfolg, wenn mit Hilfe dieser DataBank die Sustainability-Debatte weltweit einen neuen Impuls erhalten würde.
Reiner Braun ist Geschäftsführer der NaturwissenschaftlerInnen-Initative »Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit« und von INES