W&F 2021/3

Schulen als Lernort für Frieden

Grundlagen, Zielsetzungen und Praxiserfahrungen

von Janna Articus, Larissa Berner, Anne Kruck und Claudia Möller

In diesem Artikel werden Praxis­erfahrungen aus der Arbeit der Servicestelle Friedensbildung Baden-Württemberg vorgestellt und reflektiert, u.a. aus ihrem Pilotprojekt »Modellschulen Friedensbildung«. Im Kern geht es um die Stärkung von Friedenskompetenz, Friedensfähigkeit und Friedenshandeln sowie um die Förderung einer Kultur des Friedens am Lernort Schule.

Als sie gefragt wurde, was Friedensbildung für sie sei, antwortete eine Schülerin der Walther-Groz-Schule in Albstadt, Baden-Württemberg – einer Modellschule für Friedensbildung: „Friedensbildung bedeutet, dass man übers ganze Leben lernt – man lernt nicht eine Definition von Frieden, weil das für jeden speziell und individuell ist. Aber man lernt, was gehört zum Frieden dazu, wie kann man das in der Schule machen und wie kann man für Frieden kämpfen – allein jetzt ich, wenn ich zu Hause bin und nicht im Krieg.“

Friedensbildung muss als ein umfassendes Bildungskonzept verstanden werden, das sowohl direkte Bildungsmaßnahmen als auch strukturelle Veränderungsprozesse in Bildungsinstitutionen und -systemen bezeichnet. Die Kernfragen jeder Friedensbildung müssen daher lauten:

  • Wie können Menschen, soziale Gruppen und Systeme Frieden lernen?
  • Wie können sie Wissen, Fähigkeiten und Rahmenbedingungen entwickeln, die einen gewaltfreien und konstruktiven Konfliktaustrag ermöglichen und fördern? (vgl. Frieters-Reermann 2017, S. 94).

Friedensbildung orientiert sich in unserem Verständnis an einem prozessualen und positiven Friedensbegriff, der nicht nur die Abwesenheit von Krieg, sondern auch den Abbau verschiedener Gewaltformen und die Zunahme von Gerechtigkeit umfasst. Somit können Beiträge zum Frieden von allen Menschen in der Gesellschaft geleistet werden. Friedensbildung betont zudem den selbstgesteuerten, dialogorientierten und partizipativen Charakter des Lernens und Lehrens. Sie lässt sich als Teil der politischen Bildung verstehen und wird derzeit im deutschsprachigen Raum vor allem mit Blick auf den Lernort Schule diskutiert und praktiziert.

Formate und Ziele der Friedensbildung

Direkte Bildungsmaßnahmen umfassen etwa die Bearbeitung friedensrelevanter Themen im Fachunterricht, Workshops für Schulklassen, Projekttage an Schulen oder Streitschlichtungsprogramme. Mit strukturbezogenen Maßnahmen hingegen sind die Entwicklung und Implementierung von Curricula sowie der Aufbau von Infrastrukturen und Netzwerken für Friedensbildung gemeint (vgl. Jäger 2014). Friedensbildung ist demnach nicht nur ein Thema im Unterricht (Bildung über Frieden) und nicht nur die Förderung individueller Fähigkeiten (Bildung für Frieden). Auch die Rahmenbedingungen und Strukturen müssen friedlich und gewaltsensibel gestaltet werden (Bildung durch Frieden), damit sich eine Kultur des Friedens entfalten kann (vgl. Frieters-Reermann 2015, S. 209).

Friedensbildung orientiert sich an anspruchsvollen Zielsetzungen, die auf mehreren Ebenen angesiedelt sind: Auf globaler Ebene sind die 17 Ziele für Nachhaltige Entwicklung der Vereinten Nationen handlungsleitend. Insbesondere das Ziel 4 »Hochwertige Bildung« und das Ziel 16 »Frieden und Gerechtigkeit« sind wichtige Referenzen. Da in Deutschland Bildungspolitik Ländersache ist, gilt es bei Friedensbildung in der Schule die jeweiligen Schulgesetze und Landesverfassungen zu berücksichtigen. So ist beispielsweise in der baden-württembergischen Landesverfassung in Art. 12 das Ziel der »Erziehung zur Friedensliebe« verankert. In Bildungsplänen werden darüber hinaus Kompetenzansprüche formuliert, die für Lehrkräfte Grundlage für die Entwicklung individueller Lernziele sind. Auf dieser Ebene zielt die Friedensbildung auf die Förderung von Friedenskompetenz (Sachwissen), Friedensfähigkeit (Konflikt- und Dialogkompetenz) und auf die Befähigung zum Friedenshandeln (vgl. Jäger 2018, S. 327). Friedensbildung will einen Beitrag leisten zur Ächtung von Krieg, zur Reduzierung von Gewalt in allen Ausprägungen, zur konstruktiven Konfliktbearbeitung und zur Entwicklung von Visionen eines friedlichen Zusammenlebens.

Bei diesen anspruchsvollen Zielsetzungen stellen sich stets Fragen nach den Zielgruppen und der Umsetzbarkeit direkter und strukturbezogener Friedensbildung in der Praxis. Im Folgenden werden einige Praxiserfahrungen und sich daraus ergebene Fragen und Aufgaben an die Friedensbildung dargestellt. Diese Erfahrungen wurden in der 2015 gegründeten Servicestelle Friedensbildung Baden-Württemberg gesammelt.

Frieden lernen – aber wie?

Aktuelle Kriege, der Klimawandel, aber auch Gewalt und unfriedliche Strukturen im eigenen Umfeld, wie Armut, Geschlechterungleichheit, fehlende Partizipationschancen für jüngere Generationen und Rassismus, beschäftigen Kinder und Jugendliche nach Aussage aktueller Studien (Calmbach et al. 2020, S. 405ff.). Die befragten Jugendlichen betonen darüber hinaus den Wunsch nach sozialer Geborgenheit, Halt und Orientierung (ebd., S. 31). Friedensbildung kann diesen Gefühlen wie Ängsten und Hoffnungen begegnen, indem sie Wege für den individuellen und kollektiven Einsatz für Frieden aufzeigt. In der Praxis der Servicestelle heißt das: Hier bearbeiten Schüler*innen in Workshops mithilfe friedenspädagogischer Methoden die großen Themen des menschlichen Miteinanders: Leben wir in einer friedlichen Welt? Was heißt eigentlich Frieden? Warum gibt es Krieg? Wie können Konflikte bearbeitet werden?

Dabei werden die Lebensrealitäten der Kinder und Jugendlichen einbezogen. Denn: Frieden ist nicht nur ein abstrak­tes, theoretisches Konzept, sondern ein konkreter Leitwert für das menschliche Miteinander – in der Schule, in der Familie, national und international und speist sich daher direkt aus eigenem Erfahrungswissen der Kinder und Jugendlichen.

Zentral ist also das biographische Lernen und das Lernen von Beispielen: Wie setzen sich andere Menschen in ihrem Umfeld für Frieden ein? Ein konkretes Beispiel dafür ist der Workshop »Peace Counts – Frieden zählt« (vgl. Servicestelle Friedensbildung o.J.). Hier werden Friedensmacher*innen und ihr Engagement vorgestellt: Zum Beispiel Mateo und seine Hip-Hop Gruppe Esk-Lones in Kolumbien, die Jugendlichen Alternativen zur Gewalt der Drogengruppen bietet.

In der Gesamtschau sind die Schüler*innen oft erstaunt und ermutigt von der (ihnen unbekannten) vielfältigen Arbeit der Friedensmacher*innen und den Erkenntnissen, dass gewaltfreies Handeln wirksam ist und dass Frieden nicht nur von Politiker*innen gemacht wird. Die Beispiele bestärken sie zum eigenen Handeln vor Ort. „Wenn die in Ruanda das schaffen, dann ist alles möglich – so die Aussage eines Schülers, nachdem er die begleitende Reportage von Peace Counts über Versöhnung nach dem Völkermord gelesen hatte.

Neben direkten Workshopangeboten müssen Inhalte der Friedensbildung in der heutigen Zeit auch dezentral und online als Lernressource zur Verfügung stehen. Denn angesichts zahlreicher bedrückender Nachrichten über gesellschaftliche Krisen suchen auch jüngere Kinder verstärkt im Internet nach Antworten auf große Fragen: „Wird es zu einem dritten Weltkrieg kommen?“, „Wann wird Corona endlich vorbei sein?“, oder „Wie kann ich Streit verhindern?“ Auf der Online Plattform »Frieden-Fragen« bekommen die Fragenden individuelle und passgenaue Antworten von Mitarbeiter*innen der Berghof Foundation und finden altersgerecht aufbereitete Informationen zu Krieg und Gewalt, aktuellen Konflikten und Friedensansätzen.

Frieden lehren – aber wie?

Bei der Entwicklung von Angeboten für Lehrkräfte und Referendar*innen ist es in der Erfahrung der letzten sechs Jahre Arbeit der Servicestelle wichtig, konkrete Anknüpfungspunkte für Friedensbildung im Bildungsplan in Baden-Württemberg aufzuzeigen. Obwohl sich vereinzelt Schlagworte wie »Friedensbildung« und »Frieden« in den Bildungsplänen finden, gibt es weder ein Fach, noch ein Schul- oder Handbuch zur Friedensbildung für Lehrkräfte und Referendar*innen. Berner und Fleischer (2018) haben mit ihrer Analyse der Bildungspläne gezeigt: Wenig explizite Verankerung der Friedensbildung, aber viel Potenzial für friedensrelevante Fragestellungen und friedenspädagogische Zugänge im Unterricht. In den Lernmedien der Servicestelle werden daher immer konkrete und fachspezifische Bezüge zum Bildungsplan hergestellt. So lässt sich das Bilderset »Menschen im Krieg – Menschen gegen Krieg, 40 Fotos für den Frieden« oder das Begleitheft zur Ausstellung »Frieden machen – gelungene Beispiele aus aller Welt« beispielsweise in Ethik, Deutsch, Gemeinschaftskunde oder Geschichte in verschiedenen Jahrgangstufen einsetzen.

Fortbildungen und Vernetzung für Lehrkräfte sind ein weiterer Baustein der Arbeit. Der Bedarf an Kooperation und Austausch im Schulalltag mit Kolleg*innen zu Friedensbildung ist groß. Zur Ausbildung einer Friedenshaltung braucht es gezielte fachliche Unterstützung und kollegiale Beratung (Berner 2020, S. 84). Daher bietet die Servicestelle Friedensbildung Fortbildungen an, bei denen ganzheitliches, beziehungs- und bedürfnisorientiertes Lernen sowie die Selbstreflexion der Lehrkräfte im Mittelpunkt stehen (vgl. Berner 2020, S. 77ff). Sie bieten einen geschützten Raum zum fachlichen und persönlichen Austausch über friedensrelevante Fragen am Lernort Schule – denn positive Feed­backkultur und gemeinsame Reflexion gehören zur Friedensbildung. So betonen teilnehmende Lehrkräfte, wie gut es tut, andere zu treffen, denen das Thema ebenso am Herzen liegt“ und mit „ganz neuen Impulsen für den Unterricht und das Miteinander im Schulalltag“ nach Hause zu gehen. Mit dem neu entwickelten praxis­orientierten E-Learning-Kurs zu den Grundlagen der Friedensbildung bietet die Servicestelle nun auch eine dezentrale, asynchrone und digitale Fortbildungsmöglichkeit für Lehrkräfte.

Frieden verankern – aber wie?

Friedensbildung am Lernort Schule systematisch zu stärken bedeutet, nachhaltig auf Strukturen einzuwirken, um die Bedingungen für das Lehren, Lernen und Erfahren von »Frieden« zu verbessern. Dazu gehören Maßnahmen einer vertieften und reflektierten Partizipation aller am Schulleben Beteiligter ebenso wie die Gestaltung der Lernumgebung und einer friedenspädagogischen Betrachtung der Schularchitektur. Friedensbildung und eine Kultur des Friedens werden durch Vernetzung und Austausch gefördert. Genau hier setzt das Pilotprojekt »Modellschulen Friedensbildung« an. Von Ende 2019 bis Ende 2021 arbeitet die Servicestelle orientiert an den Grundlagen der Friedensbildung (siehe Grafik) sehr individuell mit fünf Schulen (zwei Gymnasien, zwei Gemeinschaftsschulen und einem Berufsschulzentrum) zusammen.

Wenn es gelingt, die Selbstwirksamkeit vieler am Schulleben Beteiligter in ihrem Beitrag zu einer Kultur des Friedens an ihrem Lern- und Lehrort zu stärken, dann ist ein wesentliches Ziel von Friedensbildung und des Pilotprojekts erreicht. Schon jetzt zeichnen sich erste Erkenntnisse ab:

  • Die systematische, ganzheitliche Stärkung von Friedensbildung im Schulsystem ist herausfordernd und erfordert von Anfang an die konfliktsensible Einbeziehung möglichst aller am Schulleben Beteiligter, von Schulleitung über Lehrkräftekollegium, Schulsozialarbeit, Schüler*innen bis hin zu den Eltern. Besonderer Aufmerksamkeit bedürfen Formen direkter, struktureller und kultureller Gewalt am Lernort Schule im Sinne des angestrebten Prinzips der Gewaltfreiheit.
  • Es muss eine Übereinkunft geben, prinzipiell an einer Kultur des Friedens mitwirken zu wollen. Hierfür bieten sich bestehende Gremien wie die Gesamtlehrerkonferenz, die Schulkonferenz und auch die Schülermitverantwortung an. Es erscheint sinnvoll, auch explizite Gremien und Teams für Friedensbildung an der Schule ins Leben zu rufen.
  • Außerdem ist die Entwicklung eines »Spiralcurriculums« für Friedensbildung erstrebenswert. Dies bedeutet, Inhalte der Friedensbildung sollten von der ersten bis zur letzten Klasse in Form einer Spirale, also wiederkehrend, aufeinander aufbauend und dem Lernniveau angepasst im Fachunterricht und darüber hinaus unterrichtet werden.
  • Die Vernetzung der Modellschulen spielt eine große Rolle und hat sich als wichtiger Gelingensfaktor herausgestellt. Bewusst wurden jeweils möglichst zwei Schulen derselben Schulart ausgewählt, um den Austausch untereinander zu erleichtern, da sie ähnliche Fragen und Herausforderungen umtreiben.
  • Pilotprojekte benötigen zur Verstetigung nicht zuletzt die Anerkennung durch Akteur*innen auch im erweiterten Schulsystem und in der Bildungspolitik.

Ausblick und offene Fragen

Die Einrichtung der Servicestelle Friedensbildung in Baden-Württemberg ist ein erster, wichtiger Schritt, um Friedensbildung in einem Bundesland ganzheitlich zu denken und umzusetzen. Aus den gesellschaftlichen Entwicklungen und den Praxiserfahrungen ergeben sich laufend neue Fragen und Aufgaben. Es sollen hier nur einige wenige genannt werden:

1. Frieden lernen: Wie kann Friedensbildung ihrem ganzheitlichen Lernverständnis auch im digitalen Raum gerecht werden? Wie lässt sich bereits vorhandenes (Friedens-)Engagement von Schüler*innen nachhaltig unterstützen? Wie können aktuelle Herausforderungen von Klimawandel bis Alltagsrassismus aus der Sicht der Friedensbildung bearbeitet werden? Es ist ermutigend, dass sich Schüler*innen auch in den aufgrund der Corona-Pandemie online abgehaltenen Workshops auf Inhalte der Friedensbildung eingelassen haben. Ob dies zu nachhaltigen Effekten führen kann, ist offen.

2. Frieden lehren: Wie lassen sich die Bedarfe von Lehrkräften erheben und damit besser erfüllen? Wie können fächerspezifische Angebote v.a. im Bereich der naturwissenschaftlichen Fächer aussehen?

3. Frieden verankern: Wie kann eine gewalt- und konfliktsensible strukturelle Stärkung von Friedensbildung am Lernort Schule vor dem Hintergrund begrenzter finanzieller, zeitlicher und personeller Ressourcen aller Beteiligten gelingen? Welchen Beitrag kann ein agiles und lernendes Netzwerk von »Schulen für Friedensbildung« dabei leisten?

Die Beantwortung dieser und weiterer Fragen erfordert kontinuierliche Arbeit und weitere Vernetzung mit schulischen Akteur*innen, sowie den systematischen Auf- und Ausbau einer Infrastruktur für Friedensbildung. Denn nur so lässt sich Frieden am Lernort Schule dauerhaft verankern.

Literatur

Berner, L.; Fleischer, F. (2018): Erziehung zur Friedensliebe – Ansätze oder umgesetztes Ziel? Bestandsaufnahme und Perspektiven der gymnasialen Bildungspläne 2016 des Landes Baden-Württemberg. In: Meisch, S.; Jäger, U.; Nielebock, T. (Hrsg): Erziehung zur Friedensliebe. Annäherungen an ein Ziel aus der Landesverfassung Baden-Württemberg. Baden-Baden: Nomos Verlag, S. 207-264.

Berner, L. (2020): Schulen als Lernorte für den Frieden? Theoretisch-konzeptionelle Grundlagen für Friedensbildung im Lernort Schule und deren Bedeutung für Modellschulen Friedensbildung. Tübingen: Unveröffentlichte Masterarbeit.

Calmbach, M. et al. (2020): SINUS-Jugendstudie 2020. Lebenswelten von Jugendlichen im Alter von 14 bis 17 Jahren in Deutschland. Bonn: bpb.

Frieters-Reermann, N. (2015): Friedenspädagogik als Teil gewaltsensibler Bildung – oder umgekehrt? Denkanstöße aus der konfliktsensiblen Entwicklungszusammenarbeit. In: Frieters-Reermann, N.; Lang-Wojtasik, G. (Hrsg.): Friedenspädagogik und Gewaltfreiheit: Denkanstöße für eine differenzsensible Kommunikations- und Konfliktkultur. Opladen u.a.: Barbara Budrich, S. 209–224.

Jäger, U. (2014): Friedenspädagogik und Konflikttransformation. Online Berghof Handbook for Conflict Transformation. Berlin.

Jäger, U. (2018): Friedensbildung 2020: Grundzüge für eine zeitgemäße „Erziehung zur Friedensliebe“ an Schulen. In: Meisch, S.; Jäger, U.; Nielebock, T. (Hrsg): Erziehung zur Friedensliebe. Annäherungen an ein Ziel aus der Landesverfassung Baden-Württemberg. Baden-Baden: Nomos Verlag, S. 325-343.

Servicestelle Friedensbildung (o.J.): Ausstellung „Frieden machen – gelungene Beispiele aus aller Welt“. Ein Peace Counts Projekt. URL: friedensbildung-bw.de

Claudia Möller (M.A.) arbeitet als Abteilungsleiterin »Haus auf der Alb« Bad Urach und Fachreferentin für »Nachhaltigkeit« bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg. Bis April 2021 war sie Leiterin der Servicestelle Friedensbildung.
Larissa Berner (B.A.) arbeitet als Fachreferentin für die Servicestelle Friedensbildung bei der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg.
Anne Kruck (M.A.) arbeitet als Advisor für Peace Education Approaches bei der Berghof Foundation Operations gGmbH.
Janna Articus (M.A.) arbeitet als Junior Project Manager bei der Berghof Foundation Operations gGmbH für die Servicestelle Friedensbildung.

Gelingende Friedenslehre – Nordmazedonien

Das »Nansen Dialogue Centre« Skopje (NDC)

Das NDC engagiert sich seit seiner Gründung im Jahr 2000 im Bereich der interkulturellen (Friedens-)Bildung in Nordmazedonien. Die Gründung erfolgte als Reaktion auf den Krieg in Nordmazedonien. Das NDC ist Teil des Netzwerks von Nansen-Zentren auf dem Balkan. Die Arbeit des Zentrums ist von der Vision einer Gesellschaft geleitet, in der alle den gleichen Zugang zu Bildung haben – einer Bildung, die auf Interkulturalität, interethnischer Integration und Zusammenhalt basiert. Der Fokus der Bildungsprogramme liegt in der Förderung des Dialogs bei Konfliktprävention, Versöhnungsarbeit und Friedensbildung.

In den Gründungsjahren konzentrierte sich das NDC auf die Stärkung der Zusammenarbeit in der Region durch Programme und Foren für Journalist*innen, junge Führungskräfte und Politiker*innen. Die Aktivitäten wurden von der lokalen Bevölkerung stark unterstützt, dadurch konnten 2008 und 2010 die ersten integrierten zweisprachigen Schulen des Landes eingerichtet werden – als Gegenmodell zum segregierten Schulsystem des restlichen Landes. In der Grundschulausbildung wird Kindern aus verschiedenen ethnischen Gemeinschaften ein Umfeld geboten, in dem sie selbst erleben, dass Sprache, Kultur, Tradition, Glaube u.a. Bestandteile der Einheit und nicht der Trennung sind.

Das NDC hat in der Folge das Nansen-Modell für interkulturelle Bildung in Nordmazedonien eingeführt, das mittlerweile in mehr als 30 Grund- und ­Sekundarschulen angewendet wird. Zudem wirkte das NDC an viele strategischen Dokumenten mit, so z. B. dem Konzept für interkulturelle Bildung, das 2016 zur institutionellen Verankerung dem Bildungsministerium übergeben wurde. 2012 gründete das NDC Skopje in Zusammenarbeit mit dem nordmazedonischen Ministerium für Bildung und Wissenschaft das erste Trainingszentrum für interkulturelle Bildung. Dieses bietet theoretische und praktische Schulungen für interkulturelle Bildung zur persönlichen und beruflichen Entwicklung des Bildungspersonals im Land und in der Region.

Mehr Informationen: ndc.org.mk

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2021/3 Frieden lernen, aber wie? – Aktuelle Fragen der Friedenspädagogik, Seite 20–23