W&F 1999/2

»SDI light« oder die Aushöhlung des ABM-Vertrages1

von Götz Neuneck

Mitte März 1999 stimmten US-Senat und Repräsentantenhaus mit deutlicher Mehrheit für die Errichtung eines neuen territorialen Raketenabwehrsystems mit der Bezeichnung »National Missile Defense« (NMD), dem potenziellen Nachfolger des legendären »Star Wars«-Konzeptes von Ronald Reagan. Präsident Clinton hatte bereits Anfang Januar 1999 verkündet, dass zusätzlich fast 7 Mrd. $ für die Entwicklung von NMD ausgeben werden sollen. In der Resolution des Senats heißt es, dass eine Stationierung erfolgt sobald dies „technologisch möglich“ ist. Damit hat die Clinton-Administration dem jahrelangen Druck der Republikaner nachgegeben und eine Stationierung ist in greifbare Nähe gerückt, auch wenn das Unterfangen technologisch und rüstungskontrollpolitisch höchst fragwürdig ist. Die USA sind dem Aufbau eines ABM-unverträglichen Abwehrsystems einen entscheidenden Schritt näher gerückt. Das geplante System fußt auf einer Bodenkomponente, die durch eine vertragswidrige globale Radar- und Weltraumkomponente ergänzt wird und »bei Bedarf« ausgebaut werden kann. Zwar wird als Aufgabe von NMD die Abwehr der Bedrohung durch die sog. Schurkenstaaten wie z.B. Nordkorea ausgegeben, unterlaufen werden in erster Linie aber die Bestimmungen des ABM-Vertrages, der die Stabilität der strategischen Potenziale der USA und Russlands und damit die Option tiefgreifender strategischer Abrüstung ermöglicht. Eine endgültige Entscheidung für eine Stationierung, die im Jahr 2005 erfolgen könnte, soll im nächsten Jahr getroffen werden, die Weichen für das Ende der ABM-Vertrages, der den Eckpfeiler der nuklearen Abschreckung bildet, sind damit jedoch gestellt.

NMD-System
Funktionsdiagramm des geplanten NMD-Systems

Der Aufbau von Kapazitäten zum Abfangen von Trägersystemen steht seit Anfang der 90er Jahre in Verbindung mit der Bekämpfung der Verbreitung von Massenvernichtungswaffen im Mittelpunkt US-amerikanischer Verteidigungsanstrengungen. Das Counterproliferationskonzept sieht ein breites Spektrum von Maßnahmen vor, um Weiterverbreitung zu verhindern und aktive und passive militärische Aktionen einzuleiten, wenn die Nichtverbreitungspolitik versagt hat. Der finanziell, organisatorisch und konzeptionell wichtigste Schwerpunkt liegt bei dem Aufbau mehrschichtiger Raketenabwehrsysteme. Beim Amtsantritt Clintons wurde insbesondere die Abwehr von Kurz- und Mittelstreckenraketen ins Zentrum der F&E gerückt. Nunmehr soll verstärkt die landesweite Raketenabwehrentwicklung vorangetrieben werden.

Von SDI zur Theater Missile Defense: Waiting for a Hit

1983 hatte US-Präsident Reagan die »Strategic Defense Initiative« (SDI) verkündet, deren Ziel darin bestand, eine kontinentale Weltraumverteidigung aufzubauen um Nuklearwaffen »impotent« und »obsolet« zu machen. Technologisch wurden u.a. weltraumgestützte Laser- und Strahlenwaffen favorisiert. Analysen zeigten jedoch, dass mit den damals vorgeschlagenen Technologien eine perfekte Abwehr unter zumutbaren Kosten nicht erreichbar war. Im Gegenteil: Erstschlagszwänge, vermehrtes Wettrüsten und enorme Kosten wären die Folge gewesen. Neben einer nationalen Raketenabwehr und einer weltraumgestützten Abwehrkomponente (brilliant pebbles) unter Bush wurde auch die »Theater Missile Defense« (TMD) unter Clinton zur Bekämpfung von taktischen Raketen ins Gespräch gebracht.2 Mit dem Ende der Ost-West-Konfrontation und der Chance zu verstärkter nuklearer Abrüstung schien der Aufbau einer »Raketenmauer« gegen hunderte anfliegende Sprengköpfe nicht mehr nötig zu sein. Die Clinton-Administration konzentrierte sich auf die umgehende Stationierung vorhandener Technologien zum Schutze kleinerer Gebiete auch außerhalb der USA. Die Bedrohung durch die sog. Schurkenstaaten ersetzte die Bedrohung durch die nicht mehr vorhandene Sowjetunion.

Die Entwicklungsprogramme für die mobile »Theater Missile Defense« (TMD), die von der Administration vorangetrieben wurden, umfassen sowohl die Verbesserung von vorhandenen Systemen (PATRIOT) zur Punktverteidigung als auch die Neuentwicklung von Flächenverteidigungssystemen der Army und der Navy, die sogar Mittelstreckenraketen abfangen sollen. Das TMD-Programm enthält verschiedene Kernkomponenten, die in mehreren Schichten gekoppelt werden können (multi-tier-systems). Die zweifelhaften Erfolge der PATRIOT-Raketen3 im Golfkrieg 1991 haben zu einer Verbesserung der eingesetzten Systeme geführt. Die Flugabwehrrakete HAWK wird bei den US-Marines eingeführt. Das MEADS-Projekt, an dem auch die BRD und Italien beteiligt sind, wird von den USA z.Z. nicht mehr prioritär unterstützt. Die Seemobile Raketenabwehr der Navy besitzt ein hohes Maß an weltweiter Beweglichkeit und würde erstmalig der Navy Raketenabwehr-Aufgaben zuweisen.

Während die bereits existierenden radargelenkten Abwehrsystemen für geringe Höhen innerhalb der Atmosphäre zur Punktverteidigung ausgelegt sind, befindet sich gleich fünf Flächenverteidigungssysteme in der Entwicklung:

Das »Theatre High Altitude Area Defense« System (THAAD) erlaubt die Einleitung des Abfangens innerhalb und außerhalb der Atmosphäre mittels des Abschusses mehrerer Abfangraketen nacheinander. Nach den Vorstellungen des Pentagon können auch Raketen mit einer Reichweite bis zu 3.500 km von mehreren Abwehrsystemen abgefangen werden. Die in der Entwicklung befindlichen Systeme THAAD und »Navy Theater Wide« sollen Raketen in der Mittelphase ihres Fluges (Midcourse Defense) im »Hit-to-kill«-Verfahren, also durch direkte Treffer, zerstören. Für jedes der Systeme sind lediglich 11 Tests vorgesehen. Bisher erwiesen sich die ersten acht THAAD-Tests meist als Misserfolge.5 Die Aufgabe, die man sich hier technologisch gestellt hat, ist vergleichbar mit dem Unterfangen, eine Gewehrkugel mit einer Gewehrkugel abzuschießen. Die Navy verweist darauf, dass eine schiffsstationierte Raketenabwehr (z.B. im Pazifik) Vorteile gegenüber einer Landstationierung besitzt, da die Wahrscheinlichkeit, anfliegende Sprengköpfe z.B. aus Nordkorea oder China abzufangen, um so größer ist je mehr Schiffe stationiert werden.6 2001 wird sich das Pentagon entweder für THAAD oder Navy Theater Wide entscheiden. Mit finanzieller und technischer Unterstützung der USA arbeitet Israel seit 1988 an der ARROW-Abfangrakete. Zwischen Japan und den USA finden Gespräche über eine Zusammenarbeit auf dem TMD-Sektor statt.7

Während sich TMD-Systeme auf die Spätphase der ballistischen Flugbahn eines Sprengkopfes konzentrieren, werden auch Anstrengungen unternommen, Raketen direkt am Abschussort oder in der Startphase auszuschalten (Boost Phase Intercept; BPI). Als BPI-Waffe werden sowohl energiereiche Laser als auch Raketen oder Drohnen in Betracht gezogen, die von Flugzeugen aus sicherer Entfernung in die Richtung der Startplatzes der Rakete abgeschossen werden.8 Eine offensive und permanente Stationierung der Systeme über dem Raketenabschussgebiet ist dazu nötig.

Ein Problem, das der ABM-Vertrag hinterlassen hat, ist die Unterscheidung von strategischen und nichtstrategischen ballistischen Raketen. Die Entwicklung und Stationierung von THAAD bzw. dem Navy Theater Wide-System ist zwar nach der russisch-amerikanischen Einigung beim Gipfel in Helsinki bzw. aufgrund der »Demarcation Agreements« als mit dem ABM-Vertrag kompatibel erklärt worden. Sollten beide Systeme erfolgreich getestet und stationiert werden, haben sie in Verbindung mit einer globalen Frühwarnkomponente im Weltraum jedoch signifikante Fähigkeiten auch zur Abwehr strategischer Raketen.9 Am 26. September 1997 unterzeichneten die USA und Russland zwei separate »Agreed Statements«, um sich über die in der Entwicklung befindlichen US-Systeme zu einigen, die ABM-vertragskonform sind. Das »Low-speed agreement« besagt, dass jedes System erlaubt ist, das nicht schneller als 3 km/s fliegt und nicht gegen Ziele getestet wurde, die schneller als 5 km/s fliegen. Das »High-speed agreement« erlaubt Systeme, die denselben Testbeschränkungen wie die »Low-speed-Systeme« unterzogen sind. Es verpflichtet die Vertragsparteien lediglich dazu, Konsultationen abzuhalten und Fragen und Probleme zu diskutieren. Immerhin ist die Stationierung von Abfangsystemen im Weltraum verboten.10

Das Streben nach Schutz von alliierten Truppen oder Bevölkerungszentren im regionalen Kontext, insbesondere in konfliktträchtigen Regionen (Naher Osten, koreanische Halbinsel), erscheint legitim. Es ist jedoch vor allem angesichts hoher Kosten zu bedenken, dass ein vollständiger Schutz nicht möglich ist. Gegenmaßnahmen wie eine verstärkte Stationierung (d.h. Wettrüsten) sind ebenso möglich wie einfache technische Gegenmaßnahmen um die Flugbahn unberechenbar zu machen. Auch könnte sich bei Truppen oder der Bevölkerung ein illusionäres Sicherheitsgefühl einstellen. Schließlich besteht nach wie vor die Möglichkeit, dass eine umfassende Stationierung von Abfangsystemen auch strategische Arsenale berührt. Selbst wenn die Abwehr nicht effizient ist, was sich möglicherweise erst im Konfliktfalle herausstellt, so bildet sie für gegnerische Planer einen Unsicherheitsfaktor, der durch eine Verstärkung der Offensivkomponente »ausgeglichen« werden kann. Fortgesetzte Raketenrüstung wäre die Folge.

Aus »3+3« wird »3+5«:
Das geplante NMD-System

Für eine neue Diskussion über die Notwendigkeit von Raketenabwehrsystemen sorgte 1998 die Rumsfeld-Kommission.11 In ihrem Bericht wurde erklärt, dass Nordkorea und der Iran „die Fähigkeit erwerben könnten, die USA mit ballistischen Raketen zu treffen, falls sie die Entscheidung dazu träfen.“ Beide Staaten könnten dieses Ziel schon in fünf Jahren erreichen, wenn sie die Entscheidung zum Bau einer solchen Rakete träfen. Die Studie kritisiert die Analysen der US-Geheimdienstkreise, die im Rahmen ihrer »National Intelligence Estimate« 1995 eine Vorwarnzeit von 15 Jahren angaben.12 Der Report behauptete jedoch weder, dass diese Entwicklung sehr wahrscheinlich sei, noch dass dies die einzige vorstellbare Bedrohung wäre. Es wurden keine Angaben darüber gemacht, wie die US-Regierung auf diese spezifische Gefahr reagieren solle. Andere Bedrohungsformen, die wesentlich einfacher und damit wahrscheinlicher sind, wurden nicht analysiert. Die Studie gab insbesondere den notorischen NMD-Befürwortern aus dem Kreise der Republikaner Anlass zu behaupten, die Bedrohung für die USA werde signifikant zunehmen und sie könne durch eine Raketenabwehr wirkungsvoll bekämpft werden. Die Einschränkungen, die die Studie bei ihrer Analyse gemacht hatte, fielen in der öffentlichen Diskussion weg.

Zweck des geplanten NMD-Systems ist die Abwehr von begrenzten, unautorisierten oder unbeabsichtigten Angriffen durch Raketen z.B. aus den Kernwaffenstaaten Russland und China – der angeblich wachsenden Bedrohung aus den »rogue states«. Verteidigungsminister Cohen zufolge soll die am 31. August 1998 getestete nordkoreanische Taepo-Dong 1 typische Charakteristika einer Interkontinentalrakete (ICBM) aufweisen.13 Der Bau einer nordkoreanischen ICBM erscheint zwar prinzipiell möglich, jedoch wenig wahrscheinlich. Eine längere Vorwarnzeit ist genauso gegeben wie diverse Reaktionsmöglichkeiten (Diplomatie, Militäraktionen etc.) und US-Militärexperten verweisen auch darauf, dass China verstärkt Raketen an seiner südöstlichen Grenze gegenüber Taiwan stationiert.14

Den permanenten Druck der Republikaner zum Aufbau einer landesweiten Raketenabwehr hatte die Clinton-Administration 1996 mit dem 3+3-Programm beantwortet. Danach sollten die NMD-Komponenten erst drei Jahre lang entwickelt werden um bei erfolgreichen Tests dann innerhalb von drei Jahren stationiert werden zu können. Die endgültige Stationierungsentscheidung soll nun im Juni 2000 getroffen werden. Laut Cohen soll sie nur dann erfolgen, wenn eine Bedrohung vorhanden ist und wenn die NMD-Tests erfolgreich verlaufen. Er verwies darauf, dass in diesem Falle der ABM-Vertrag geändert werden müsse. Irritationen löste Cohen aus als er erwähnte, die USA könnten sich vom ABM-Vertrag zurückziehen falls Russland den Änderungen nicht zustimme.15

Der neue National Missile Defense Act: Ein Etappensieg für die Abwehrbefürworter

Mitte März 1999 stimmten Senat und Repräsentantenhaus des US-Kongresses mit deutlicher Mehrheit für die Errichtung des neuen territorialen Raketenabwehrsystems NMD. In der Resolution des Repräsentantenhauses heißt es, dass „es die Politik der Vereinigten Staaten ist, ein Nationales Verteidigungssystem aufzustellen“. In dem »National Missile Defense Act« des Senats vom 17. März ist darüber hinaus zu lesen, dass die Stationierung einer effektiven Raketenabwehr erfolgt sobald dies „technologisch möglich“ ist. Andere Kriterien wie die ABM-Verträglichkeit, die tatsächliche Bedrohung, die Kosten-Nutzen-Relation oder die Effizienz16 besitzen offensichtlich nur noch zweitrangige Bedeutung.17 Präsident Clinton hatte bisher die Vorschläge der Republikaner zur sofortigen Einführung einer Raketenabwehr „zum technologisch frühestmöglichen Zeitpunkt“ durch sein Veto abgelehnt. Nun hat sich die Administration selbst in Zugzwang gebracht. Ausschlaggebend werden nun die geplanten Tests und die fortgesetzte Bedrohungsdiskussion sein. Angesichts enormer Geldmittel, die in die NMD-Entwicklungen fließen, ist eine Stationierung allein aus politischen Gründen (Gesichtswahrung, Schutzfunktion gegenüber der Bevölkerung etc.) in den nächsten Jahren wahrscheinlich. Damit ist ein schrittweises Aufweichen des ABM-Vertrages vorprogrammiert und die strategische Rüstungskontrolle wird signifikant erschwert.18

Das NMD-System:
Boden- und weltraumgestützt

Die Systemarchitektur des geplanten NMD-Systems besteht aus:

  • einer landgestützten Abfangkomponente, im Wesentlichen landgestützte Abfangraketen (Ground Based Interceptor; GBI)
  • land- und weltraumgestützten Frühwarn- und Bahnverfolgungskomponenten:landgestütztem Radar (Ground Based Radar; GBR)
    verbesserten Frühwarnsystemen (Upgraded Early Warning Radar; UEWR)
    einem weltraumgestützten Warn-und Verfolgungssystem (Space and Missile Tracking System; SMTS) und
  • einem Gefechtsfeldkoordinationssystem (Battle Management/Command, Control and Communications; BM/C3).

Der Schwerpunkt von NMD liegt auf der Vernichtung von anfliegenden Sprengköpfen in großer Höhe außerhalb der Atmosphäre. Entscheidend für den technischen Erfolg sind ein frühzeitiges Erkennen der Ziele, eine präzise Bahnverfolgung und das Heranführen der landstationierten Abfangraketen an die Zielobjekte. Die Clinton-Administration hat erklärt, dass die »Hit-to-kill«-Abfangraketenkapazität auf 100 Exemplare beschränkt werden soll, so wie dies der ABM-Vertrag vorschreibt. Diese Systeme werden eingebunden in ein »Space and Missile Tracking System« (SMTS), das aus vorhandenen und noch zu stationierenden Frühwarnsatelliten besteht. Seit 1970 melden die »Defense Support Program« (DSP) -Satelliten Raketenstarts aus einer geostationären Umlaufbahn. Im Rahmen des »Space-Based Infrared System« (SBIRS) sollen bis zu 30 Exemplare diese Aufgaben übernehmen. Vier »SBIRS-High«-Satelliten sollen dann die DSP-Muster ersetzen. 16-24 »SBIRS-Low«-Satelliten sollen die Verfolgung aus niedrigeren Umlaufbahnen unterhalb von 500 km übernehmen. Ein Verbund von Radaranlagen vervollständigt das Warn- und Verfolgungssystem.

Im April 1998 hat die BMDO die Firma Boeing als Hauptkontraktor bekanntgegeben. Der Konzern ist nicht nur für die Integration der NMD-Komponenten verantwortlich, sondern auch für die Demonstrationstests und die Vorbereitung der Stationierung. Mitte 1998 wurde eine Startrakete für den »Ground-Based Interceptor« ausgewählt.

Zunächst sind fünf Tests geplant. Der erste Test des integrierten Systems ist für 2001 vorgesehen. Als Stationierungsort für die GBI/ GBR wird Grand Forks in North Dakota genannt. Ist jedoch der Schutz des gesamten US-Territoriums erwünscht, so sind Stationierungen in Nord-Alaska oder an anderen Orten nicht ausgeschlossen. Um die komplette Flugbahn einer anfliegenden Rakete beobachten zu können, werden derzeit die vorhandenen Frühwarnradars der USA modernisiert, so auch die Radaranlagen in Thule (Grönland), Fylingdales (UK) sowie die »Clear Air Station« (Alaska). Möglich erscheint auch, dass zusätzliche Forward-Based Radars (FBRs) in Alaska oder an der Ost- bzw. Westküste errichtet werden. Um anfliegende Sprengköpfe schon jenseits des Horizonts erfassen zu können, sind Satelliten in niedriger Umlaufbahn erforderlich. Die Stationierung von »SBIRS-Low«-Satelliten ist für 2004 vorgesehen. Das SMTS-System unterstützt dabei nicht nur die territoriale Verteidigung der USA, sondern auch die Raketenabwehr TMD auf den einzelnen Kriegsschauplätzen. Die US Air Force plant darüber hinaus die Entwicklung und Stationierung eines weltraumgestützten Lasers (Space-Based Laser SBL), der anfliegende Raketensprengköpfe aus einer maximalen Entfernung von einigen 100 km zerstören soll. Die Stationierung eines solchen Systems ist durch den ABM-Vertrag zweifelsfrei verboten. Erste Tests sollen zwischen 2005 und 2008 durchgeführt werden.19

Die bisherigen Abfangtests in großer Höhe haben wenig Erfolge erzielt. Von den bisherigen 16 Tests 1982-98 wurde das Ziel lediglich in zwei Fällen getroffen. Für das Safeguard ABM-System der 70er Jahre wurden alleine 111 Flugtests durchgeführt. Bis zur Stationierungsentscheidung des NMD-Systems im nächsten Jahr sind nur vier Tests geplant. Ohne erfolgreiche Flugtests gegen reale Ziele ist eine Bewertung des gesamten Abfangprozesses jedoch ein technisch gewagtes Unternehmen. Bereits ein Bericht unter Federführung von General a.D. Larry Welch vom 27. Februar 1998 verwies darauf, dass der Zeitplan zur Stationierungsentscheidung bis 2000 unrealistisch ist.20

Die Kosten

Clinton kündigte eine drastische Erhöhung des US-Rüstungsetats um 100 Mrd. $ im Laufe der nächsten sechs Jahre an. Zudem wollen die USA etwa 7 Mrd. $ zusätzlich in die verstärkt vorangetriebene NMD-Entwicklung verteilt auf die nächsten sechs Jahre investieren. Bis zum Jahr 2005 werden mindestens 10,5 Mrd. $ für den SDI-Nachfolger ausgegeben werden.

Seit Reagans SDI haben die USA ca. 67 Mrd. $ für diverse Raketenabwehrprojekte ausgegeben.21 Im Durchschnitt wurden 3 Mrd. $ pro Jahr für die BMDO aufgewandt, pro Jahr ca. so viel wie für SDI. Bis 2005 sollen die jährliche Ausgaben für NMD verdreifacht werden. Ein BMDO-Sprecher hat bereits erklärt, dass die NMD-Kosten in der Fünfjahresperiode eher bei 13 Mrd. $ liegen.22 Sollten die geplanten Systeme gebaut werden, werden die Kosten weiter ansteigen. NMD und TMD könnten die USA in den nächsten fünf Jahren an die 31 Mrd. $ kosten.23 Die Operations- und Unterhaltungskosten könnten bei 2 bis 4 Mrd. $ jährlich liegen. Die Bilanz ist dürftig. Bis heute konnte kein einziges strategisches System erfolgreich stationiert werden. Die meisten Tests schlugen fehl.

Konsequenzen für den ABM-Vertrag:
The end is at hand

Die Einstellung der Clinton-Administration zum ABM-Vertrag war stets ambivalent, da sie ihre NMD-Entwicklungen als »demonstration readiness program« ausgelegt hat. Zum einen wurde der Erhalt des Vertrages als zentrales Element der US-Sicherheitspolitik angesehen, zum anderen hat das 3+3-Programm jedoch die Weichen für eine Stationierung gestellt. Nach drei Jahren Entwicklung sollten die Technologien bereitstehen, um innerhalb von drei Jahren diese Systeme stationieren zu können falls eine Bedrohung festgestellt wird.

Ziel des 3+3 NMD-System war stets die Verteidigung des gesamten US-Territoriums einschließlich Hawaii und Alaska, nicht die Verteidigung einer „individuellen Region“, wie dies der ABM-Vertrag verlangt. Artikel 1 Ziffer 2 schreibt vor, „keine ABM-Systeme zur Verteidigung des Territoriums des eigenen Landes zu stationieren und keine Basis für eine solche Verteidigung vorzusehen“.

Die Administration ist der Meinung, dass die Stationierung von 100 Abfangraketen mit dem ABM-Vertrag vereinbar ist. Die Errichtung einer Abfangstellung mit maximal 100 Interzeptoren, eine Art „dünne Verteidigung“, ist laut Vertrag zwar erlaubt, bezieht sich aber nur auf die Verteidigung einer „individuellen Region“. Im Übrigen ist solch ein ABM-System, das über die globale, boden- und weltraumgestützte Frühwarninfrastruktur verfügt, im Falle einer neuen globalen Konfrontation durch das Hinzufügen weiterer Interzeptoren und Stellungen sehr schnell in eine umfassendes Raketenabwehrsystem zu verwandeln. Das jetzt geplante NMD-Programm stellt die Weichen im Hinblick auf den Schutz der gesamten USA. Zudem können durch die Weltraumkomponente die geplanten TMD-Systeme strategische Abwehrkapazitäten erreichen.

Auch verlangt der Vertrag, dass alle ABM-Systeme inkl. Radar in ihrer Gesamtheit nur an einem einzigen Ort errichtet werden dürfen. Die geplanten Radaranlagen decken hingegen den ganzen Globus ab. George Lewis vom MIT kommt zu dem Ergebnis: Die sogenannten »single-site« NMD-Systeme, die im Augenblick diskutiert werden, besitzen in Wahrheit »multiple-site«-Charakter.24 Die geplanten vornestationierten Radaranlagen und das weltraumgestützte SMTS-System sind darauf ausgelegt, einen Raketenstart frühzeitig zu erkennen und zu verfolgen. Da die verschiedenen Elemente netzwerkähnlich zusammengeschaltet werden können, bilden sie das wesentliche Element des NMD-Systems. Möglicherweise gelingt es, den ABM-Vertrag zu modifizieren und das NMD-System, falls es stationiert wird, so auszulegen, dass es ABM-kompatibel wird. Sind die entwickelten Abwehrtechnologien und globalen Standorte des Frühwarnsystems jedoch erst einmal vorhanden, ist eine Ausweitung nur eine Frage der Zeit. Der Erhalt der nuklearen Abschreckung wird somit langfristig gefährdet.

Reaktionen: Ablehnung – aber was ist die Alternative

Der russische Außenminister Iwanow lehnte eine Änderung des ABM-Vertrages kategorisch ab. Eine neuerliche Modifikation des ABM-Vertrages wird als bedrohlich für die russische Sicherheit angesehen, da sich bei Einführung der geplanten NMD-Systeme die strategische Balance beider Nuklearmächte längerfristig ändern wird. Eine Beibehaltung des ABM-Vertrages ist für Teile der russischen Duma eine wichtige Voraussetzung für die Ratifizierung des START 2-Abkommens. Eine ausbleibende Ratifizierung wird aber die Kräfte im US-Kongress stärken, die ein Ende des ABM-Vertrages fordern.

Die Clinton-Administration hat einen weiteren Schritt zur Aushöhlung des ABM-Vertrages getan, indem sie der Entwicklung von NMD-Technologien neuen Schwung verliehen hat. Diese Schritte komplizieren die weitere strategische Rüstungskontrolle – insbesondere die Ratifikation des START 2-Vertrages in der russischen Duma. Angesichts der faktischen Einführung von mobilen Raketenabwehrsystemen werden zusätzliche Anreize zum Erhalt von ballistischen Offensivpotentialen geschaffen. Die einfachste Möglichkeit, ein Abwehrpotenzial zu unterlaufen, ist die Beibehaltung vorhandener Offensivpotenziale oder die (Wieder-)Einführung von Mehrfachsprengköpfen. Dies könnte einmal erreicht werden, indem das Arsenal auf z.B. 2.000 Sprengköpfe eingefroren wird. Zum anderen könnte Russland seine veralteten SS-19 oder SS-18, die noch mit Mehrfachsprengköpfen ausgestattet sind, behalten. Vor dem Hintergrund des maladen Frühwarnsystems Russlands stiege die Wahrscheinlichkeit von Fehleinschätzungen in Krisensituationen. Eine positive Stationierungsentscheidung für ein NMD-System bedeutet, dass die strategischen Arsenale der Supermächte auf ihrem jetzigen Stand eingefroren werden. Die Hoffnungen auf ein START 3-Abkommen, das die strategischen Arsenale auf 1.000 nukleare Sprengköpfe beschränkt, wären auf unabsehbare Zeit zerstört. China könnte zusätzliche strategische Nuklearwaffen und verstärkt Mehrfachsprengköpfe einführen, da dies die einfachste Möglichkeit ist, eine »dünne Raketenabwehr« zu überwältigen. Ein verstärktes Raketenwettrüsten könnte bei einer Verschlechterung der Weltlage die Folge sein.

Große Beunruhigung lösen die US-Pläne auch im asiatischen Raum aus. Wie die Raketentests von Nordkorea, Pakistan und Indien zeigen, wird das Raketenwettrüsten im asiatischen Raum verstärkt fortgesetzt. Indien und Pakistan führten weitere Tests von Mittelstreckenraketen im April 1999 durch. Der Direktor der chinesischen Rüstungskontrollabteilung Sha Zukeng kritisierte das MTC-Regime25 als rüstungskontrollpolitisch ineffektiv und verwies auf den Zusammenhang von MTCR und ABM-Vertrag. Er regte eine Erweiterung des ABM-Vertrages und eine Multilateralisierung des MTC-Regimes an.26 Angesichts einer möglichen Raketenbedrohung werden die Stimmen in Washington und Taipeh lauter, die die Integration Taiwans in die TMD-Pläne der USA fordern.27 Eine offizielle chinesische Zeitung stellte eine Verschlechterung der amerikanisch-chinesischen Beziehungen in Aussicht falls Taiwan in eine »asiatisch-pazifische Raketenverteidigung« einbezogen wird.28 Pläne zur Einführung von TMD-Systemen in den südpazifischen Raum werden von Japan unterstützt. Ein Sprecher des japanischen Außenministeriums hat kürzlich verlautbart, dass Nordkorea bereits Raketen stationiert haben könnte.29 In Südkorea wird die Option diskutiert, statt einer US-amerikanischen Raketenabwehr ein eigenes Raketenabschreckungspotenzial aufzubauen. Seoul hatte 1989 mit einem eigenen Raketenprogramm begonnen.

Es ist evident, dass die geplanten Abwehrsysteme nur einem Teil der möglichen Bedrohung begegnen können. Technische Gegenmaßnahmen wie die Vervielfachung der Sprengköpfe durch Attrappen oder Mehrfachsprengköpfe ermöglichen ein kostengünstiges Verfahren zum »Überlisten« von Raketenabwehren. Planer werden sich darauf nicht verlassen, sondern verstärkt für den Erhalt oder den Ausbau der strategischen Raketen plädieren. Anderen Bedrohungen wie dem Einschmuggeln von Massenvernichtungswaffen durch Schiffe oder der Verwendung von konventionellen Trägersystemen wie Flugkörpern, Flugzeugen oder Schiffen wird nicht begegnet. Es besteht die Gefahr, dass die finanziellen Mittel, die in das ABM-Vorhaben fließen, an anderer Stelle fehlen. So sollten besser die Frühwarnung und der passive Schutz gegenüber terroristischen Bedrohungen ausgebaut werden. Ein forciertes Vorantreiben der Abrüstung im Bereich der Massenvernichtungswaffen könnte die zukünftigen Bedrohungen dauerhafter verringern als die Einführung fraglicher globaler Abwehrtechnologien.

Die USA sollten mit den anderen Kernwaffenstaaten Verhandlungen mit dem Ziel aufnehmen, eine langfristige Einigung in Bezug auf den »Eckpfeiler« der strategischen Rüstungskontrolle, den ABM-Vertrag, zu erreichen. So könnte einerseits versucht werden, die geplanten Abwehrtechnologien auf eine kleine Zahl von Abfangsystemen und Orte zu beschränken, zum anderen könnte ein umspannendes Frühwarnsystem aufgebaut werden, das vor unautorisierten oder unbeabsichtigten Raketenstarts warnt und dessen Daten allen Parteien zugänglich sind. Im Rahmen des »Jahr 2000-Problems« findet bereits eine amerikanisch-russische Zusammenarbeit statt. Insbesondere das lückenhafte russische Frühwarnsystem sollte durch technische Hilfe gestärkt werden. Reduktionen der strategischen Arsenale, d.h. beschleunigter Abbau der Offensivwaffen und Maßnahmen zur Senkung des Alarmstatus (Dealerting, Demating) sollten eingeleitet werden. Die Weltgemeinschaft sollte sich mittels Rüstungskontrolle verstärkt dem Problem des fortgesetzten Aufbaus neuer Mittelstreckenraketenpotenziale und der Raketenproliferation zuwenden. Eine Multilateralisierung des MTC-Regimes und die Einführung von Zonen, die frei von Mittelstreckenraketen sind, sollten im Mittleren Osten und in Südasien in Betracht gezogen werden. Eine fortgesetzte strategische Abrüstung wie z.B. der Verzicht auf die Ersteinsatzoption, das Inkrafttreten des CTBT und von START 2, die Entsorgung von überschüssigen spaltbaren Materialien und die Denuklearisierung der taktischen Gefechtsfeldwaffen dienen besser dem Abbau von Bedrohungen als kostspielige Raketenabwehrtechnologien.

Chronologischer Überblick über die US-Pläne zur Raketenabwehr
Jahre Ereignis
1952 Die USA aktivieren NIKE-Abwehrraketen
1967-1969 Die USA schlagen das Sentinel (später Safeguard) Abwehrsystem vor
26. Mai 1972 Unterzeichnung des ABM-Vertrags durch Nixon und Breschnew
23.3.1983 Verkündung der Strategic Defense Initiative (SDI) durch Präsident Reagan
31.7.1989 Bush und Gorbatschow unterzeichnen den START 1-Vertrag
Januar 1991 Präsident Bush verändert den Schwerpunkt des SDI-Programms in Richtung auf einen Globalen Schutz gegenüber begrenzten Angriffen (GPALS)
Februar 1991 Im Golfkrieg werden die Patriot-Systeme gegen anfliegende irakische SCUDs eingesetzt
3. Januar 1993 Clinton und Jelzin unterzeichnen den START 2-Vertrag, der bis heute nicht in Kraft ist
Mai 1993 Aus der SDI-Organisation wird die Ballistic Missile Defense Organization (BMDO)

Anmerkungen

1) Dieser Aufsatz ist die Kurzfassung einer längeren Studie zur Problematik der Raketenabwehr. Eine ausführlichere Version erscheint in der Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden (S+F) 1/99.

2) Siehe dazu ausführlich: B.W. Kubbig, J. Scheffran, J. Altmann, W. Liebert, G. Neuneck: Von SDI zu GPALS, Dossier in: Wissenschaft und Frieden 2/1992.

3) Der US-Bundesrechnungshof spricht in seiner Analyse davon, dass 9 % der 45 irakischen SCUDs getroffen wurden. U.S. General Accounting Office: National Missile Defense – Schedule and Technical Risks Represent Significant Development Challenges, Dezember 1997 (GAO-NSIAD-98-28).

4) The Institute of Electrical and Electronics Engineers: Spectrum, Ballistic Missile Defense: Its Back, Special Report, September 1997, S. 26-69 (im folgenden zitiert als IEEE 1997) S.33.

5) Die ersten drei Tests hatten kein abzufangendes Ziel, so dass es nicht zu einem Abfangmanöver kam. Die Armee sprach von Erfolgen. Die nächsten Tests, bei denen versucht wurde Ziele abzufangen, waren Misserfolge. Offizielle Angaben finden sich unter http://www.acq.osd.mil/bmdolink/html/factsheet.html. Eine Analyse stammt von G. Lewis: Chronology of hit-to-kill missile tests, Cambridge/Mass. 16. April 1997.

6) Defense News, 15. März 1999, S.1.

7) Japan hat bereits AEGIS-Kreuzer bestellt und ist an dem Kauf von Patriot PAC-3 und THAAD sowie nach dem neusten nordkoreanischen Raketentest am Aufbau einer eigenen Verteidigung interessiert.

8) Für 1998 wurden 151,4 Mio. $ ausgegeben, für 1999 sind 292 Mio. $ veranschlagt. Geplant ist eine Flotte von 7 Boeing 747, von denen zwei ständig im Luftraum über dem Startgebiet sein sollen. U. S. General Accounting Office. Theater Missile Defense. Significant Technical Challenges Face the Airborne Laser Program, Washington D.C., October 1997 (GAO/NSIAD-98-37).

9) Lisbeth Gronlund, George Lewis, Theodore Postol, and David Wright, »Highly Capable Theater Missile Defenses and the ABM Treaty«, Arms Control Today, April 1994, pp. 3-8.

10) Zwei neue Prinzipien werden eingeführt und bleiben offen für eine mögliche Einigung: die Zahl der stationierten Systeme und das geografische Gebiet. Die Stationierung soll erlaubt sein, solange die »High-speed«-Systeme keine realistische Bedrohung für die strategischen Nuklearstreitkräfte darstellen. Dieses Kriterium ist höchst schwach da die Zahl der zu stationierenden Systeme relativ leicht hochgesetzt werden kann. Siehe dazu ausführlich: Lisbeth Gronlund: ABM: Just kicking the can, in: The Bulletin of the Atomic Scientists, January/February 1998, p. 15-16.

11) Executive Summary of the Report of the Commission to Assess the Ballistic Missile Threat to the United States, July 15, 1998. Geleitet wurde sie von dem ehemaligen Verteidigungsminister Rumsfeld. Mitglieder der Rumsfeld-Kommission waren u.a. General Lee Butler, James Woolsey, Barry Blechman und Larry D. Welch. (http://www.fas.org/irp/threat/bm-threat.htm).

12) Der »National Intelligence Estimate« (NIE) von 1995 kam zu dem Ergebnis, dass „kein anderes Land als die erklärten Nuklearmächte eine ballistische Bedrohung in den nächsten 15 Jahren entwickeln oder erwerben werden, die die angrenzenden 48 US-Staaten und Kanada erreichen“.

13) Die 1998 getestete Taepo-Dong 1 hat möglicherweise drei Stufen, von denen die letzte versagte. Nordkorea erklärte, die Rakete habe einen kleinen Satelliten in eine Umlaufbahn transportiert. Details siehe: David Wright: An Analysis of the North Korean Missile Launch of 31 August 1998, in: INESAP Information Bulletin 16, 1998, S.23-25.

14) Gesprochen wird allerdings von 150-200 Marschflugkörpern. (Süddeutsche Zeitung vom 11. Februar 1999, S.9) Diese würden von einem TMD-System jedoch nicht abgefangen werden können.

15) Cohen hatte auf die sechsmonatige Kündigungsfrist verwiesen, die der Vertrag einräumt. Robert Bell, Direktor für die Verteidigungsprogramme im »National Security Council« sprach wenige Tage darauf von einem „Missverständnis“. Er sagte: „The ABM treaty remains, in the view of this administrationen, a cornerstone of strategic stability.“ (Associated Press 22. Januar 1999).

16) Ein GAO-Bericht kommt zu dem Ergebnis, dass die technischen Risiken der NMD-Systeme sehr hoch sind. U.S. General Accounting Office: National Missile Defense – Even with Increased Funding Technical and Schedule Risks Are High, Juni 1998 (GAO-NSIAD-98-153).

17) In einem Brief des Sicherheitsberaters Sand Berger an Senator Levin vom 3. Februar 1999 ist zu lesen, dass ein Stationierungsbeschluss von Faktoren wie Effektivität, ABM-Verträglichkeit und tatsächlicher Bedrohung abhängt.

18) G. Neuneck: Der START-Prozess – am Anfang oder am Ende ? in: Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden (S+F), Vol. 15 (2) 1997, S.85-91.

19) 1998 wurden für konzeptionelle Arbeiten 122,1 Mio. $ ausgegeben.

20) Report of the Panel in BMD Flight Test Programs, 27. Februar 1998.

21) Nach Berechnungen des Center for Strategic and Budgetary Assessment, Washington D.C.

22) »NMD Costs Estimate up 30 Percent since Last Week«, Defense Week, 19. Januar 1999.

23) Nach Schätzungen des Congressional Budget Office (CBO) kostet das kleinste System bestehend aus 100 GBIs, 500 SBLs und 24 Frühwarnsatelliten ca. 31 Mio. $. CBO: The Future of Theater Missile Defense, June 1995; CBO Letter to Chairman of the House National Security Committee Floyd Spence, June 3, 1996.

24) George Lewis: The U.S. 3+3 NMD Program and the ABM Treaty, in: Inesap Information Bulletin Nr. 16, November 1998, S. 26-28.

25) Das MTCR-Rüstungsexportkontrollregime wurde 1987 von einer Gruppe von Staaten gegründet um zu verhindern, dass komplette Raketensyssteme oder Subsysteme in die Hände von anderen Staaten fallen.

26) Defense News, 25. Januar 1999, S. 1-2.

27) Defense News 25. Januar 1999, S. 26.

28) Reuters 27. Januar 1999.

29) Nach dem nordkoreanischen Raketentest hatte die japanische Regierung beschlossen, vier Spionagesatelliten in den nächsten Jahren zu starten, um nordkoreanische Raketenstarts aufspüren zu können. Reuters 29. 1. 1999.

Dr. Götz Neuneck ist Wiss. Mitarbeiter am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1999/2 Wieder im Krieg, Seite