Uran-Geschosse im Einsatz
von Redaktion
Bereits zu Beginn des Krieges hat sich die internationale ÄrztInnenvereinigung gegen den Atomkrieg IPPNW an den Verteidigungs- und den Außenminister gewandt und darauf hingewiesen, dass die NATO im Krieg gegen Jugoslawien „A-10 Bomber einsetzt, die – wie aus dem Irak und Bosnien bekannt – panzerbrechende 30mm Geschosse mit abgereichertem Uran benutzen.“1 Es handelt sich um 22 Bomber mit einer Feuerleistung von 3.000 Schuss in der Minute. „Jedes Geschoss enthält 272 Gramm Uran-238… (dadurch wird die Munition) bei bleibender Durchschlagskraft kleiner, gewinnt aber an Geschwindigkeit und Reichweite. Bei einem Treffer kommt es zur Feinverteilung des Urans; es entzündet sich und Uranoxid wird freigesetzt.“ Über die Folgen heißt es bei der IPPNW: „Gelangt (das Gift) in den Körper, bewirkt es bei hoher Dosis eine Schwermetallvergiftung, bei niedriger Dosis schädigt es die Nieren. Eingeatmete Isotope setzen das Lungengewebe der Strahlung aus, was zu Krebs führen kann.“
Während der deutsche Verteidigungsminister lediglich die Auskunft gab, dass die deutsche Luftwaffe diese Munition nicht einsetze, bestätigte die NATO den Einsatz der Munition.2
In einem Beitrag von Jo Angerer, Johannes Höflich, Mathias Werth zur Monitor-Sendung am 22.04.99 heißt es zu diesen Folgen dieses Munitionseinsatzes:
„Schon 1991 im Golfkrieg gegen den Irak hatten die USA diese Uran-Granaten eingesetzt – vor allem in der Gegend um Basra. Die Folgen: Die Krebsrate hat sich nach amerikanischen Untersuchungen in dieser Region vervielfacht und besonders Kinder erkranken hier an Leukämie, also Blutkrebs, oder sie leiden häufiger unter schweren Nieren- und Leberschädigungen. In der Region um das zerstörte Basra sind diese Schäden in den Krankenhäusern auch bei den Kindern zu beobachten, die nach dem Golfkrieg geboren wurden. Der kanadische Chemiker Dr. Hari Sharma hat in seinem Universitätsinstitut in Toronto in den letzten Jahren die Folgen der amerikanischen Uranmunition bei irakischen Kindern dokumentiert. Auch heute findet er immer noch messbare Spuren in den Körpern der Bevölkerung von Basra. Nach seinen Berechnungen werden nach dem Golfkrieg bis zu 35.000 Menschen zusätzlich daran sterben.“
Monitor stellte US-Soldaten vor, die im Golfkrieg nach dem Kontakt mit Splittern von freigesetzter Uranmunition schwer erkrankten und belegte, dass die US-Streitkräfte ihre eigenen Soldaten mit einem internen Aufklärungsvideo vor den Gefahren warnt, die von der Munition ausgehen. O-Ton Monitor: „Gefahr für Leib und Leben drohe, so heißt es, »wenn man mit dem radioaktiven Material innerhalb oder außerhalb des Körpers« in Kontakt komme. Gefahr drohe sogar beim Essen und Trinken, wenn der Uranstaub auf die Mahlzeit riesele. Er dürfe weder in den Magen noch in die Lunge geraten, warnt die US-Armee. In Schutzkleidung müsse kontaminiertes Material, wie zum Beispiel getroffene Panzer, unmittelbar versiegelt und fortgeschafft werden. Beachte man diese Vorsichtsregeln beim Umgang mit der Uran-Munition nicht, dann sei dies lebensgefährlich, so warnt die US-Armee ihre Soldaten.
Anders als nach außen dargestellt, sind die amerikanischen Militärs, hier im Pentagon in Washington, über die Folgen ihrer Uran-Munition sehr beunruhigt. Mit großem Aufwand setzten sie Spezialisten zur Untersuchung der Folgen für Mensch und Umwelt ein.
Professor Doug Rokke war Direktor dieser Expertengruppe des US-Verteidigungsministeriums. Er ist Arzt und Umweltphysiker am medizinischen Institut der renommierten Universität von Jacksonville, Alabama. Im Irak hat er über Jahre mit seinem Team die Folgen der radioaktiven Uran-Munition untersucht.“
Und eben dieser Prof. Doug Rokke erklärt: „Es ist festzustellen, dass dieses radioaktive Material dort noch immer herumliegt und auch dort bleiben wird. Es gibt keinerlei Möglichkeit, es wegzuschaffen oder aufzulösen. Das einzige wäre, es Stück für Stück aufzusammeln und es irgendwo anders sicher endzulagern. Es ist wirklich sehr viel gefährlicher als zum Beispiel Landminen.“
Die Gefährlichkeit der Uran-Munition ist umfassend dokumentiert. Die IPPNW hatte bereits in o. g. Stellungnahme darauf hingewiesen, dass die Menschenrechtskommission der Vereinten Nationen in Genf seit Mitte der neunziger Jahre an einem Bann dieser Waffen arbeitet, da „ihre Wirkung auf Zivilpersonen nach einem militärischen Einsatz nicht kontrollierbar ist.“
Professor Rokke, der die gesamte Forschung der US-Armee zur Uran-Munition leitete und auch die militärischen Dienstanweisungen für US-Soldaten verfasste, kommt in der Monitor-Sendung zu der Feststellung: „Wir bekämpfen die Serben, damit die vertriebenen Kosovaren zurückkehren können. Aber wie sollen die Kosovaren in diese Gegend zurückkehren können, in eine radioaktive Wüste, wo ihr Land, ihre Städte mit Uran-Geschossen übersät sind?“
Außenminister Fischer will dies allerdings nicht wahrhaben. Er beantwortete eine Monitor-Anfrage mit den Worten: „Dem Auswärtigen Amt ist bekannt, dass solche Munition im Kosovo-Konflikt zum Einsatz kommen kann… [Es] ist jedoch davon auszugehen, dass Gefährdungen der von Ihnen beschriebenen Art für Mensch und Umwelt nicht auftreten.“
Die Gefahr einer zunehmenden Verseuchung des Kosovo nimmt weiter zu, wenn es zum Einsatz der 24 US-amerikanischen Apache-Hubschrauber kommen sollte, die bereits in der Region sind und die genau wie die A-10-Bomber Uran-Granaten abschießen.
Anmerkungen
1) IPPNW: Uran Geschosse im Einsatz. taz-Beilage des Netzwerks Friedenskooperative vom 14.04.l 1999.
2) Monitor Sendung in der ARD vom 22.04.1999, zitiert nach internet: http//www.monitor.de.