W&F 2018/2

USA a-lone

von Jürgen Nieth

„Vereint im Zorn auf Trump“, titelt die SZ (12.5.18, S. 1) nach der Ankündigung von US-Präsident Trump, die internationalen Atomvereinbarungen mit dem Iran zu brechen und die Sanktionen einseitig wieder in Kraft zu setzen. Zorn und Sorge, die werden auch in den anderen Presseorganen deutlich. Hier einige der Schlagzeilen: „Droht der nächste Krieg?“ (FR 11.5.18, S. 1), „Die Stunde der Hardliner“ (taz 11.5.18, S. 1), „Zerstörungswerk“ (FAZ 9.5.18, S. 1), „Weißes Haus auf Kriegskurs“ (ND 11.5.18, S. 1), „Trump zündelt am atomaren Pulverfass“ (NZZ 11.5.18, S. 17).

Drei Komplexe stehen dabei im Mittelpunkt: der Bruch des transatlantischen Bündnisses, der wirtschaftliche Schaden für die EU und die wachsende Kriegsgefahr.

Zerstörer Trump

Die Kommentare nach dem Auftritt Trumps sind durchweg vernichtend. Für K.D. Frankenberger ist im „Weißen Haus […] ein Umstürzler auf Vernichtungsmission (FAZ 11.5.18, S. 1). Frank Hermann sieht in der Politik Trumps „eine schallende Ohrfeige für die Europäer“. „Der Ausstieg aus dem Deal zeigt ein Amerika, das den Rat seiner westlichen Verbündeten arrogant ignoriert.“ (DE 9.5.18, S. 2) Klaus Brinkbäumer hinterfragt im Spiegel den amerikanischen Schritt: „Es gibt keinen Nutzen, nur Chaos, wo gerade noch Ordnendes war, nur amerikanische Willkür.“ (Spiegel 12.5.18, S. 6) Und Martin Gehlen schreibt in der FR: „Donald Trump hat seinen Auftritt gehabt. Jetzt geht die Kriegsgefahr um.“ (11.5.18, S. 11)

Sanktionsdiktat

Verschiedene Zeitungen heben hervor, dass nach den wiederholten Ankündigungen Trumps mit einem »Ausstieg« aus dem Iran-Abkommen gerechnet werden musste. Überrascht zeigen sie sich aber davon, mit welcher Härte die USA auf wirtschaftlichen Sanktionen bestehen, auf Sanktionen, die Firmen aus anderen Staaten de facto US-Recht unterwerfen. „Die EU hält dieses Vorgehen zwar für illegal. Aber sobald europäische Unternehmen Geschäftspartner in den USA haben, dort an der Börse notiert sind oder auch nur das US-Bankensystem nutzen, können sie sich der US-Justiz kaum entziehen.“ (D. Esslinger/P.A. Krüger, SZ 11.5.18, S. 2) Für Anja Krüger ist die Ankündigung Trumps „keine leere Drohung. In der Vergangenheit mussten zum Beispiel ausländische Banken Strafen in Milliardenhöhe in den USA zahlen, weil sie Sanktionen etwa gegen Kuba missachtet hatten.“ (taz 11.5.18, S. 2)

Dazu Marc Reise: „Trump kennt nur Unterwerfung, und selbst wer sich fügt, kann nicht sicher sein, wie lange ihm Gunst gewährt wird. Wer das noch immer noch nicht begriffen hat, der sollte auf den neuen US-Botschafter in Berlin achten.“ (SZ 11.5.18, S. 4) Auf eben jenen Botschafter, Richard Grenell, der gerade in Berlin angekommen, über Twitter die deutschen Unternehmen aufforderte, ihre Geschäfte in Iransofort“ herunterzufahren. Für das ND „Ein Diplomat im Besatzerstil“ (11.5.18, S. 2).

„Zwar haben die verbliebenen westlichen Partner Großbritannien, Frankreich und auch Deutschland bekräftigt, dass sie unabhängig von den Amerikanern am Iran-Abkommen festhalten wollen. Doch in Wahrheit wissen sie schon jetzt, dass kein namhaftes Unternehmen mit dem Iran Geschäfte machen wird, zumindest dann nicht, wenn es auch in Amerika noch Geld verdienen will.“ (H. Sommerfeldt/H. Zschäptz, Welt 11.5.18, S. 13)

Doch während Frankreich „Firmen, die weiter mit dem Iran Geschäfte machen wollen, »maximalen Schutz« vor den USA“ verspricht (SZ 11.5.18, S. 2), signalisierte die deutsche Regierung bereits Zurückhaltung. Die SZ (12.5.18, S. 1) zitiert Peter Altmaier, der im Deutschlandfunk indirekt zu einem Rückzug aus dem Iran-Geschäft riet: „Wir haben juristisch keine Möglichkeit, deutsche Unternehmen gegen Entscheidungen der amerikanischen Regierung zu schützen.“

Brandstifter

„Das ist schon kein Spiel mehr mit dem Feuer, das ist Brandstiftung“, schreibt Bernd Pickert in der taz (11.5.18, S. 1). Und tatsächlich eskalierte der Konflikt zwischen Israel und Syrien nur gut 24 Stunden nach Trumps Entscheidung. „Israels Luftwaffe flog die schwersten Angriffe auf Syrien seit Jahrzehnten – und beschoss dabei rund 50 iranische Militärziele in dem Bürgerkriegsland“ (Flora Wiesdorf, Welt 11.5.18, S. 1). Ein Völkerrechtsbruch, den ihr Kollege Jaques Schuster in derselben Ausgabe als Beitrag zur „Deeskalation“ bejubelt.

Laut Spiegel (12.5.18, S. 18) ist ein „großer Nahostkrieg […] die mittelfristige Gefahr, die kurzfristige ist eine andere: eine Eskalation zwischen Israel und Iran in Syrien“.

Aber auch die Gefahr eines »großen Nahostkriegs« steht im Raum. „Nichts deutet darauf hin, dass Trump ernsthaft für den »Tag danach« geplant hat. Wie werden die Amerikaner reagieren, wenn Iran das Atomabkommen seinerseits zu verletzen beginnt und beispielsweise die Urananreicherung ankurbelt?“ (Andreas Rüesch, NZZ 11.5.18, S. 17)

Laut FAZ kündigte Saudi-Arabien bereits an, „es wolle ebenfalls in den Besitz von Atomwaffen gelangen, sollte Iran sein Atomwaffenprogramm wieder in Gang setzen“ (11.5.18, S. 1).

„Als letzte Option bleibt dann bei einer Eskalation, was John Bolton schon immer gefordert hat: Iran bombardieren. Netanjahu und Saudi-Arabiens Kronprinz könnten sich das wohl auch vorstellen, schreibt P.A. Krüger in der SZ (12.5.18, S. 4). Auch der Spiegel sieht in dem neuen Nationalen Sicherheitsberater Trumps eine Schlüsselfigur: „Es gibt kaum eine Krise auf der Welt, für die John Bolton nicht Krieg als Lösung hat. Die Lösung für den Irak unter Saddam Hussein? Bombardieren. Iran unter Hassan Rohani? Im Zweifel bombardieren. Syrien? Nordkorea? Druck machen, Regimewechsel, bombardieren.“ (Spiegel Nr. 20-2018, S. 14)

„Die Abwendung des nun drohenden Krieges“, schreibt Roland Etzel, „sollte jede politisch-diplomatische Anstrengung verantwortungsvoller Staatsführung wert sein. Auch weil es um noch viel mehr geht. Gibt Europa klein bei, wenn dieser Vertrag nach den primitiven und perfiden Lügen von Trump und Netanjahu zunichte gemacht wird – was sind dann andere und künftige Abkommen, ob im Nahen oder Fernen Osten, noch wert?“ (ND 11.5.18, S. 1)

Zitierte Presseorgane: DE – Darmstädter Echo, FAZ – Frankfurter Allgemeine, FR – Frankfurter Rundscheu, ND – neues deutschland, Spiegel, NZZ – Neue Zürcher Zeitung, SZ – Süddeutsche Zeitung, taz – die tageszeitung, Welt – Die Welt.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2018/2 Wissenschaft im Dienste des Militärs?, Seite 4