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W&F 1984/4

Verweigerungsrecht für weisungsgebundene Mitarbeiter an Hochschulen

von Dietrich Rabenstein

Hochschullehrer können sich unter Berufung auf die Freiheit von Forschung und Lehre aus erkennbaren rüstungsbezogenen Projekten weitgehend heraushalten, wenn sie das wollen, ohne erhebliche Nachteile befürchten zu müssen. Weisungsgebundene Mitarbeiter an Hochschulen müssen dagegen im Extremfall ihren Dienst quittieren, wenn ihr Vorgesetzter auf ihrer Teilnahme an Rüstungsprojekten besteht und sie sich weigern. Auf Grund einer verbreiteten Abhängigkeit vom betreuenden Hochschullehrer kann auch für Diplomanden und Doktoranden das Aussteigen aus Rüstungsprojekten, in die sie ohne ihren Willen oder ohne ihr Wissen einbezogen wurden, schwierig sein.

Mit dieser Problematik befaßte sich der Senat der Fachhochschule Hamburg seit Nov. 1983, wie bereits im Inf. Dienst Wissenschaft und Frieden 2/84 berichtet. Der in Nr. 2/84 zitierte Beschluß des FH-Senats wurde vom Präsidenten der FH zunächst nicht anerkannt. Er machte geltend, Forschungs- und Entwicklungsvorhaben seien unmittelbar berührt, die Mehrheit der Professoren im Senat hätte dem Beschloß aber nicht zugestimmt.

Eine ausführliche gutachterliche Beratung ergab jedoch, daß Forschungs- und Entwicklungsvorhaben durch diesen Beschluß nicht unmittelbar berührt werden. Nun erklärte der Präsident, er werde den Beschluß rechtlich beanstanden, in erster Linie, weil der Senat die Projektleiter zu dem von ihm gewünschten Verhalten „aufforderte“.

Ein etwas abgeänderter Beschluß, der Ende Juni 1984 von einer klaren Mehrheit des FH-Senats an Stelle des bisherigen Beschlusses angenommen wurde, enthält nach Meinung der Antragsteller immer noch den Kern ihres Anliegens und wurde vom Präsidenten nicht mehr beanstandet: „Der Senat gibt anläßlich des Beschlusses über die Errichtung des Instituts für Werkstoffkunde der Fachhochschule Hamburg folgende Erklärung ab:

Sollten Projekte, deren überwiegend militärische und rüstungstechnische Ziele offensichtlich sind, durchgeführt werden, so ist der Fachhochschulsenat der Auffassung, daß alle am Projekt Beteiligten über Zielsetzung und Konsequenzen des Projekts ausreichend zu informieren sind und jedem Mitarbeiter das Ausscheren aus solchen Projekten ermöglicht werden sollte.“ Natürlich hat ein solcher Beschluß keine bindende Wirkung. Er ist trotzdem nicht sinnlos. Einerseits zeigt er den Leitern von Projekten, welches Verhalten die Mehrheit der Hochschulmitglieder, repräsentiert durch den Senat, von ihnen wünscht. Andererseits wird weisungsgebundenen Mitarbeitern, Doktoranden und Diplomanden, die nicht an Rüstungsprojekten mitarbeiten wollen, der Rücken gestärkt.

Zur Nachahmung empfohlen!

Prof. Dr. D. Rabenstein, FH Hamburg

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 1984/4 1984-4, Seite