W&F 2011/1

Zivilklausel international

Militarisierung der Hochschulen verhindern

von Dietrich Schulze

Die Verknüpfung von zivilen und militärischen Zwecken (»dual use«) in Forschung und Lehre wird an deutschen Hochschulen immer üblicher. Dagegen rührt sich allerdings zunehmend Widerstand. Die Forderung nach einer ausschließlichen Zivilorientierung (Zivilklausel) wird lauter. In W&F 3-2010 wurde bereits ein Überblick über bestehende Zivilklauseln und die Praxis damit gegeben. Im nachfolgenden Artikel beschreibt der Autor eine neu entstandene Dynamik gegen die Militarisierung der Hochschulen, die mit der Bildung einer neuartigen Organisationsstruktur in der Wissenschaftslandschaft, mit dem Karlsruhe Institute of Technology, zu tun hat.

Die im November 2010 auf dem Lissabonner Gipfeltreffen verabschiedete NATO-Strategie1 sieht statt der Verschrottung von Atomwaffen deren Beibehaltung auf unabsehbare Zeit vor. Vom Abzug der US-Atomwaffen aus Deutschland ist dort keine Rede. Überdies hält das Bündnis ein umfassendes Raketenabwehrsystem vor der Haustür der ehemaligen anderen Supermacht für notwendig. Dies ist brandgefährlich und verschlingt Milliarden. Die Kosten sind es auch, die immer stärker »dual use« in den Mittelpunkt rücken.

In dieser Situation melden sich herausragende Persönlichkeiten der Friedenswissenschaft zu Wort. Anfang 2011 werden sie mit einem Internationalen Appell an die Öffentlichkeit gehen, mit dem sie die Hochschulverantwortlichen auffordern, auf universitäre Forschung und Lehre für militärische Zwecke zu verzichten. Sie wollen die wachsende Militarisierung an den Hochschulen stoppen; für sie ist es genuine Aufgabe der Universitäten, Frieden und Verständigung zu fördern.

Vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte und zweier von deutschem Boden ausgegangener Weltkriege kommt der hiesigen Friedensbewegung eine besondere Verantwortung zu. Gerade die historischen Schlussfolgerungen haben mit diesem Internationalen Appell zu tun, wie hier nachgezeichnet werden soll. Dabei entbehrt die geschichtliche Entwicklung nicht einer gewissen Ironie. Es kann nämlich aufgezeigt werden, wie aus einem Paragrafen als Türöffner für die zivile Kernenergienutzung eine Gestaltungsform für die Friedensbindung aller Hochschulen wurde.

Zivilklausel Kernforschungszentren

Im Jahr 2007 begann der Zusammenschluss der Universität (TH) Karlsruhe mit dem Forschungszentrum Karlsruhe zum Karlsruhe Institute of Technology (KIT). Aus diesem Anlass wurde von Beschäftigten, Gremien und Gewerkschaftern des Forschungszentrums, das aus der 1956 gegründeten Gesellschaft für Kernforschung hervor gegangen war und bis 1995 Kernforschungszentrum hieß, die Übertragung der Zivilklausel des Forschungszentrums auf das gesamte KIT gefordert. Die Zivilklausel im Gesellschaftsvertrag der von Bund und Land geförderten Einrichtung lautet: „Die Gesellschaft verfolgt nur friedliche Zwecke.“ Der Eintritt der Bundesrepublik in die zivile Nutzung einer Technologie, die mit dem Kompetenzerwerb für die Herstellung der ultimativen Massenvernichtungswaffe verbunden ist, war nur mittels einer völkerrechtlich verbindlichen Verzichtserklärung möglich. Die Satzungsbestimmung legte fest, dass unter dem Dach der Institution jegliche – auch nichtkerntechnische – Forschung für militärische Zwecke untersagt ist. Für die Universität Karlsruhe gilt eine solche Beschränkung nicht, obwohl es dafür gute Gründe gibt, die Anfang der 1990er Jahre nach aufgelöster Blockkonfrontation an mehreren Universitäten artikuliert wurden.

Was sollte nun geschehen? Die vollständige finanziell-organisatorische Verschmelzung nach Landesgesetz für die öffentlich-rechtliche Körperschaft KIT ab 2011 erfordert eine einheitliche Satzungsregelung: Entweder wird die Zivilklausel für den Universitätsteil (KIT Campus Süd) eingeführt und damit die Uni zivilisiert, oder sie wird für den Teil des Forschungszentrums (KIT Campus Nord) abgeschafft und das Zentrum damit entgegen dem beschriebenen Gründungskonsens für militärische Forschung geöffnet. Dazwischen kann es keine tragfähige Lösung geben. Seit Mitte 2008 gibt es darüber eine öffentliche Auseinandersetzung, die für das KIT bisher zwar noch zu keinem befriedigenden Ergebnis geführt, aber inzwischen eine bundesweite und internationale Debatte über die Friedensbindung der Universitäten angestoßen hat.

Friedensbindung und Verfassung

Die Landesregierung Baden-Württemberg, vertreten durch Wissenschaftsminister Frankenberg, war von vornherein gegen jegliche Zivilklausel. Begründung: Die angeblich grundgesetzlich garantierte Freiheit von Wissenschaft und Forschung für militärische Zwecke dürfe nicht eingeschränkt werden. Anfang 2009 wurde diese Behauptung von Erhard Denninger in einem verfassungsrechtlichen Gutachten der Hans-Böckler-Stiftung widerlegt. Die Zivilklausel für Hochschulen ist nicht nur zulässig, sie steht in völliger Übereinstimmung mit der Verfassung. Denninger spricht mit Blick auf die Entstehungsgeschichte des Grundgesetzes von der „Friedensfinalität“ unserer Verfassung.2

Der Partner Bundesregierung hatte offenbar Bedenken gegen die vollständige Abschaffung der bewährten Klausel, setzte die Beibehaltung beschränkt auf Großforschungsaufgaben durch, ließ aber Militärforschung für den Universitätsteil offen. Diese schizophrene Regelung, die keinen Bestand haben kann, wurde Mitte 2009 schließlich gegen vielfältige Proteste per Landesgesetz beschlossen. Worin bestand der Protest?

Nach Vorarbeiten der örtlichen ver.di-Gewerkschaftsgruppe wurde in Zusammenarbeit mit der aktiven »Gewerkschaftlichen Studierendengruppe« im Januar 2009 eine bundesweit bisher einmalige Urabstimmung unter den Studierenden der Universität Karlsruhe durchgesetzt. Das Ergebnis war überraschend eindeutig. Eine Zweidrittelmehrheit votierte für eine einheitliche Zivilklausel: „Das KIT verfolgt nur friedliche Zwecke.“

Kein lebloser Paragraf

Die Zivilklausel des Forschungszentrums ist kein lebloser Paragraf, sie war heftig umkämpft und ist im Bewusstsein der Beschäftigten eine gefestigte Position gegen jegliche Beteiligung an Forschung für militärische Zwecke. Mindestens dreimal im Verlaufe der Geschichte sollte die Zivilklausel unterlaufen bzw. aufgeweicht werden:

1986 warb das Bundesforschungsministerium um Teilnahme an Reagans SDI-Programm (Laserwaffen gegen Atomraketen). Über 1.000 Beschäftigte im Kernforschungszentrum Karlsruhe und in den anderen deutschen Großforschungseinrichtungen unterzeichneten daraufhin die Selbstverpflichtung, sich einer Teilnahme an der SDI-Forschung zu verweigern.

1993 beantragte die Unionsfraktion im Forschungsausschuss als Bundestagsbeschluss: „Die faktische Trennung zwischen ziviler und militärischer Forschung ist zu überdenken (Stichwort »dual use«).“

2002 wollten Senat und Leitung der Helmholtz-Gemeinschaft unter Verweis auf den 11. September 2001 wehrtechnische Forschung einfädeln, u.a. Abwehrforschung gegen Chemiewaffenangriffe.

Alle Versuche wurden von einem aktiven und energischen Betriebsrat3 mit Unterstützung der demokratischen Wissenschaftsgremien zurückgewiesen. Vertreter des Betriebsrats konnten in den der Urabstimmung vorausgehenden Diskussionen im Studierendenparlament vermitteln, welchen Wert die Klausel und welche Bedeutung eine wachsame Betriebsöffentlichkeit besitzt.

Kurz vor der geschilderten Urabstimmung gelang es der inzwischen gebildeten Initiative gegen Militärforschung an Universitäten,4 in der Studierende, Beschäftigte, Gewerkschaften und Friedensgruppen mitarbeiten, aufzudecken, dass an der Universität Karlsruhe tatsächlich Militärforschung betrieben wird.5 Bei der Urabstimmung jedenfalls war klar, dass mit einer Zivilklausel nicht offene Türen eingerannt werden, sondern eine bewusste, von der Landesregierung nicht gewollte Friedensbindung entstehen würde. Kaum überraschend: Landesregierung und Universitätsspitze ignorierten das Votum und verweigerten jeglichen Dialog darüber.

Nach dem ermutigenden demokratischen Impuls der Studierenden entfaltete die Initiative eine umfangreiche Öffentlichkeitsarbeit, sogar auf internationaler Ebene. So wurde im Mai 2009 im Rahmen der Konferenz zum nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV) in New York der INES-Appell6 für eine ungeteilte KIT-Zivilklausel veröffentlicht, der sich gegen Kern- und Waffenforschung unter einem Dach wendet. Erstunterzeichner waren u.a. der Bürgermeister von Hiroshima, Jack Steinberger (USA, Physiknobelpreis) und Alyn Ware (Neuseeland, Alternativer Friedensnobelpreis).

KIT meets MIT

Die von der Initiative seit Mitte 2008 propagierte und publizierte Forderung nach der Zivilklausel zog immer weitere Kreise. Aufgrund einer Podiumsdiskussion mit der ver.di-Landesbezirksvorsitzenden Leni Breymaier und Friedenswissenschaftlern im Februar 2009 wurden langjährige Rüstungsforschungszusammenhänge der Universität Karlsruhe aufgedeckt und die Gegenwehr gegen Rüstungsforschung an der Universität Tübingen Anfang der 1990er Jahre mit der Forderung nach einer Zivilklausel in Erinnerung gerufen. Hierbei war und ist die enge Zusammenarbeit mit Lothar Letsche von der GEW-Landesfachgruppe Hochschule und Forschung und die tatkräftige Unterstützung des ver.di-Bezirks und -Landesbezirks von großer Bedeutung. Mit einer Serie von Anfragen im Bundestag durch die Fraktion DIE LINKE und im Landtag durch die Faktionen SPD und Bündnis 90/GRÜNE wurde Aufklärung und Unterstützung zuteil.

Die Internationalisierung der Initiative setzte sich im Dezember 2009 mit einem bemerkenswerten Gastvortrag im voll besetzten Streikhörsaal der Universität fort. Auf Einladung der Initiative und der bildungsstreikenden Studierenden sprach Subrata Ghoshroy vom Massachusetts Institute of Technology (MIT) – ausgerechnet von dem offen propagierten, privat- und rüstungsfinanzierten KIT-Vorbild aus den Vereinigten Staaten. Und es sprach kein MIT-Bewunderer, sondern ein Friedenswissenschaftler und Whistleblower, der aus der Laserwaffenforschung ausgestiegen war und am Beispiel des MIT vor den verheerenden Folgen militarisierter Wissenschaften warnte und die Notwendigkeit der Zivilorientierung mit eindrucksvollen Fakten untermauerte.

Vorbilder Tübingen und Konstanz

Ebenfalls im Dezember 2009 hatte der Senat der Universität Tübingen auf Initiative der streikenden Studierenden eine Zivilklausel als Präambel zur Grundordnung beschlossen. Das war überraschend und ermutigend, weil das der Senat zwei Jahrzehnte zuvor gegen den Willen der Landesregierung noch nicht gewagt hatte. Dem Druck hatte sich damals in Baden-Württemberg nur die Universität Konstanz widersetzt. Deren Großer Senat beschloss 1991 auf Antrag der Studierendenvertretung eine Zivilklausel, die mit Hilfe der GEW regelrecht »ausgegraben« und vom U-AStA im April 2010 in einer Friedensparty als gültige, vorbildliche Friedensbindung einer Universität gefeiert wurde.

Den Tübinger Beschluss nahm die Initiative zum Anlass, die Universität Karlsruhe in einem weiteren Offenen Brief aufzufordern, diesem Beispiel zu folgen und die Zivilklausel ebenfalls in der Grundordnung zu verankern. Das ist rechtlich problemlos möglich. Im Rahmen des KIT-Gesetzes nach Landesrecht gibt es weiterhin eine Grundsatzung des Universitätsteils, die gerade in Arbeit ist.

Der INES-Appell für eine KIT-Zivilklausel und der Vortrag von Subrata Ghoshroy haben dazu geführt, dass die Idee einer in den Statuten verankerten Friedensbindung nach dem Modell der Zivilklausel auch international immer mehr Anklang findet. Der über die KIT-Problematik hinausführende Internationale Appell gegen Forschung und Lehre für militärische Zwecke und für Zivilklauseln an den Hochschulen wurde im Rahmen eines Treffens von Nichtregierungsvertretern bei der NVV-Überprüfungskonferenz 2010 in New York vorgestellt und stieß auf einhellige Unterstützung. Weitere Erstunterzeichner konnten im August 2010 bei den Feierlichkeiten zum Jahrestag des Atombombenabwurfs in Hiroshima geworben werden. Damit wird eine neue Dimension eröffnet, die globale Verantwortung der Wissenschaften in das öffentliche Bewusstsein zu rücken.

Ironie der Geschichte

Die herrschende deutsche Politik der 1960er Jahre betrachtete die Beschränkung auf die zivile Nutzung der Kernenergie als notwendiges Übel, das bei nächster Gelegenheit beiseite geräumt werden sollte. Adenauer und Strauß wollten die deutsche Atombombe. Der Einstieg in den Kompetenzerwerb für Kernwaffenzwecke wurde mit der zivilen Bindung nicht behindert. Und für »zuverlässiges« Führungspersonal wurde gesorgt. Im Fall Karlsruhe waren das für die wissenschaftliche Leitung der Gesellschaft für Kernforschung zwei Rüstungswissenschaftler aus der NS-Zeit (einer davon, Dr. Walther Schnurr,7 war Hitlers Sprengstoff-Experte und half in den 1950er Jahren dem argentinischen Diktator Peron beim Atombombenbau) und für die administrative Leitung zwei NS-Juristen (einer davon, Dr. Rudolf Greifeld,8 war im besetzten Frankreich in der Wehrmachtverwaltung Groß-Paris u.a. für Drancy zuständig, das Durchgangslager zur Hölle Auschwitz, Anfang der 1970er Jahre wegen antisemitischer Äußerungen in den vorzeitigen Ruhestand versetzt).

Es kam anders: Die innenpolitische Gegenwehr, die sich z. B. 1957 im Göttinger Appell manifestierte, und die Furcht in den Nachbarländern vor einer neuen deutschen Machtentfaltung war zu groß. Neue Aufgabenfelder, anderes Führungspersonal und der jahrzehntelange unermüdliche Kampf um friedliche Orientierung und betriebliche Demokratie im (Kern-) Forschungszentrum haben aus dem Paragrafen »Zivilklausel« einen ansehnlichen Exportartikel gemacht.

Kerntechnische Kompetenz und Killer-Roboter

Betreffend KIT gibt es allerdings keinerlei Gründe, sich zurückzulehnen. Im Gegenteil: Der Widerstand der Landesregierung und neuerdings auch der Bundesregierung gegen eine einheitliche KIT-Zivilklausel hält an. Gegen das selbst verordnete KIT-Trennungsgebot – Großforschung & Kernforschung hier, Universitätsforschung da – wurde mit der Gründung eines Kerntechnik-Instituts im Universitätsteil gleich zu Beginn verstoßen. Die beiden einzigen Hochschul-Befürworter für den Ausstieg aus dem Kernenergie-Ausstieg sind KIT-Präsident Prof. Hippler und der Präsident der TU München, Prof. Herrmann (die TU München betreibt den Forschungsreaktor FRMII mit Waffenuran). Ein Schelm, wer dabei an den kerntechnischen Kompetenzerhalt für weitergehende Zwecke denkt. Zur Beruhigung kann die eingangs zitierte neue NATO-Strategie wohl kaum beitragen. Und die Bundesregierung9 besteht auf der »nuklearen Teilhabe«, was auch immer das morgen bedeuten mag, wenn der deutsche Machtanteil im Kriegsbündnis NATO weiter zunimmt.

Was die konventionelle Rüstung angeht, beschreitet das KIT auch merkwürdige Pfade. Für das von Rheinmetall Defence angeführte europäische Rüstungsprojekt »unbemannte kognitive Fahrzeuge« (»Killer-Roboter«, Stichwort: „Drohnen für unsere Streitkräfte zu Lande, zu Wasser und in der Luft“) wurde ein 10 Mio. Euro teures, angeblich rein ziviles KIT-Forschungsprojekt aus der Taufe gehoben, gesteuert von zwei Projektleitern, die seit Jahren direkt in der Rüstungsforschung tätig sind.10 Der High-Tech-Drohnenkrieg11 der Zukunft wird in zivil-militärisch-industriellen Hochschulforschungskomplexen wie KIT Karlsruhe, CoTeSys München und Science Park Augsburg vorbereitet. Wenn, ja wenn die Studierenden und Beschäftigten mit Unterstützung der Öffentlichkeit diesem Kurs nichts entgegensetzen.

Gestaltungsaufgabe Frieden

Krieg und Militarisierung abzulehnen ist der erste notwendige Schritt. Die ebenso notwendige, aber schwerere Aufgabe ist es, den Frieden zu gestalten und dafür geeignete Formen zu finden. Die Zivilklausel hat sich als eine solche Gestaltungsform mit hohem Mobilisierungspotential herausgebildet.

Auf einem bundesweiten Vernetzungstreffen beim AStA der Universität Kassel wurde im Oktober 2010 das »Bündnis Zivilklausel« gegründet. Für 27.-29. Mai 2011 wird von mehreren Organisationen und Gremien12 zu einem großen Friedenskongress »Nein zur Militarisierung von Forschung und Lehre – Ja zur Zivilklausel« mit internationaler Beteiligung eingeladen. In Gewerkschaftsbeschlüssen13 wird die Aufnahme der Klausel in die Landeshochschulgesetze gefordert.

Der angekündigte Internationale Appell gegen Forschung und Lehre für militärische Zwecke und für Zivilklauseln an den Hochschulen ist bis jetzt (Stand November 2010) neben dem Bürgermeister von Hiroshima von den Nobelpreisträger/innen Paul Crutzen, Mairead Corrigan Maguire, Harry Kroto und Jack Steinberger sowie von Daniel Ellsberg (USA, »Pentagon Papers«) und dem langjährigen früheren Direktor des Max-Planck-Instituts für Meteorologie Hartmut Grassl unterzeichnet worden.

Die Zivilklausel verpflichtet die Hochschulleitungen und schützt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ist aber kein Ersatz für das Gewissen und schon gar nicht für Wachsamkeit. Die konsequenteste Form des Widerstands, die massenhaft erklärte Selbstverpflichtung, jegliche Kriegsbeteiligung in Lehre und Forschung abzulehnen, kann durch diese Kampagne befördert werden.

Zweifellos ist die Bewegung gegen die Militarisierung des Bildungsbereichs von großer gesellschaftlicher Tragweite. Die Fortschritte sind ermutigend, müssen aber verstärkt werden. Ansporn können die Proteste gegen »Stuttgart 21« und die Castor-Transporte sein. Dass die Verhältnisse nicht so bleiben, wie sie sind, und sich rasch ändern können, dafür sei an die Proteste gegen den Vietnamkrieg und die Atomraketen-Stationierung erinnert.

Anmerkungen

1) Das neue Strategische Konzept der NATO kann von www.nato.int/cps/en/natolive/events_66529.htm abgerufen werden.

2) Erhard Denninger: Gutachten im Auftrag der Hans-Böckler-Stiftung zur Zulässigkeit der Zivilklausel, März 2009.

3) Betriebsrat Forschungszentrum Karlsruhe: Dokumentation »HGF-Tradition Zivilforschung – Nein zu ‚dual use’«, Juni 2002; http://hikwww1.fzk.de/br/content/pdf/HGF-Zivil-140602.pdf.

4) Webdokumentation »Zivilklausel oder Militärforschung«; www.stattweb.de/files/DokuKITcivil.pdf.

5) Dietrich Schulze: Hochschulen und Militärforschung. Friedenswerkstätten oder zivilmilitärische Forschungskomplexe, in: W&F 3-2009.

6) International Network of Engineers and Scientists for Global Responsibility (INES) Campaign 2009, »Abandonment of Military Research & Civil Clause«; www.inesglobal.com/abandonment-of-military-research.phtml.

7) Gordon Edwards: Canada’s Nuclear Industry and the Myth of the Peaceful Atom, Chapter 6, Canada and the Nuclear Arms Race, 1983. Bürgerinitiative Umweltschutz Hamm e.V.: Nukleare »Rattenlinie«, THTR Rundbrief Nr.112, April 2007.

8) Serge Klarsfeld, Deutsche Dokumente 1941-1944. Die Endlösung der Judenfrage in Frankreich, 1977, S.13. Ärgernis am ILL Grenoble – 350 französische Wissenschaftler fordern die Abberufung von R. Greifeld, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26.11.1975.

9) André Scheer, Kanzleramt will Atomwaffen behalten – Wikileaks dokumentiert, junge Welt 01.12.2010.

10) Dietrich Schulze, Neues vom Karlsruhe Institute of Technology (KIT), unsere zeit, 08.01.2010.

11) Michael Haid: Ferngesteuerte Killer, junge Welt, 12.11.2010. P.W. Singer: Der ferngesteuerte Krieg, Spektrum der Wissenschaften 26.11.2010; www.spektrum.de/artikel/1050008&_z=798888. Loring Wirbel: Kriegsführung mit Drohnen, W&F 3-2010.

12) ver.di, GEW, NaturwissenschaftlerInnen-Initiative »Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit«, International Association of Lawyers Against Nuclear Arms (IALANA), Bund demokratischer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler (BdWi) und AStA der TU Braunschweig.

13) Beschlüsse der Delegiertenkonferenz ver.di Mittelbaden-Nordschwarzwald vom 23.10.2010; http://stattweb.de/files/civil/ Doku20101023.pdf.

Dr.-Ing. Dietrich Schulze ist Beiratsmitglied der NaturwissenschaftlerInnen-Initiative »Verantwortung für Frieden und Zukunftsfähigkeit«. Er war von 1966-2005 wissenschaftlicher Mitarbeiter und von 1984-2005 Betriebsratsvorsitzender des Forschungszentrums Karlsruhe.

erschienen in: Wissenschaft & Frieden 2011/1 Moderne Kriegsführung, Seite 50–53