Dossier 87

AfD, PEGIDA & Co.

Entstehung und Aufstieg einer völkisch-autoritären Massenbewegung

von Fabian Virchow

Beilage zu Wissenschaft und Frieden 4-2018
Herausgegeben von der Informationsstelle Wissenschaft und Frieden
in Zusammenarbeit mit dem Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf (FORENA)

Mit dem Einzug der »Alternative für Deutschland« (AfD) auch in die Landtage von Bayern und Hessen im Oktober 2018 ist die völkisch-autoritäre Partei flächendeckend parlamentarisch vertreten und hat damit Zugang zu einer Vielfalt von Ressourcen: Informationen, Geld, Personal und Medien. Führende Vertreter*innen der AfD treten auf der Straße inzwischen offen gemeinsam mit Muslimhasser*innen und gewaltbereiten rechten Hooligans auf. Immer wieder machen ihre Vertreter durch antisemitische und offen rassistische Stellungnahmen und Äußerungen auf sich aufmerksam. Der politischen Zustimmung hat dies bisher kaum geschadet. Die im kommenden Jahr bevorstehenden Wahlen zum Europäischen Parlament sowie zu den Landtagen in Bremen, Thüringen, Brandenburg und Sachsen werden der Partei weitere Erfolge bescheren. Dies wird die Gefahr vergrößern, dass insbesondere die CDU/CSU der Besetzung von Themen aus rechtskonservativer Perspektive weiter nachgibt. Bereits jetzt droht ernsthaft die Gefahr, dass es der in Parlamenten und auf der Straße agierenden völkisch-autoritären Massenbewegung gelingt, völkische und autoritäre Sichtweisen in gesellschaftlichen Debatten, politischen Entscheidungsprozessen und im Alltagsverhalten nachhaltig zu verankern.

Seit Bestehen der Bundesrepublik Deutschland gab es Versuche der Etablierung einer dezidiert völkisch-autoritären Partei; den jeweiligen Organisationen1 war teils aufgrund interner Streitigkeiten, teils aufgrund einer Strategie der Stigmatisierung durch Zivilgesellschaft, staatliche Kontrollinstanzen und Medien bis ins 21. Jahrhundert kein dauerhafter Erfolg beschieden. Die Einstellungsforschung – insbesondere im Anschluss an die SINUS-Studie der frühen 1980er Jahre2 – zeigte über die letzten Jahrzehnte aber konstant auf, dass es einen stabilen Sockel nationalistisch-autoritärer und rassistisch-antifeministischer Einstellungen in der Bevölkerung gibt.3 Diese haben sich in Wahlergebnissen meist nur eingeschränkt niedergeschlagen, da auf eine Stimmabgabe ganz verzichtet wurde oder die Bindung an CDU/CSU, SPD, FDP und Die Grünen sowie später in gewissem Ausmaß auch an PDS beziehungsweise DIE LINKE mangels erfolgsversprechender Alternativen noch ausreichte.4 Parteiprojekte rechts von der CDU/CSU, wie die »Republikaner« oder der »Bund Freier Bürger«, scheiterten auch aufgrund ihrer Radikalisierung nach rechts, bei anderen blieb der vorübergehende Erfolg lokal begrenzt (z.B. »Schill-Partei«, »Pro Köln«).5 Gleichwohl sammelte sich im Spektrum der extremen Rechten ein umfangreiches Erfahrungswissen hinsichtlich der (Miss-) Erfolgsbedingungen eines solchen Parteiprojektes an.6

Gründung und Entwicklung der AfD

In der Bundesrepublik Deutschland konnten die bestehenden Parteien, Organisationen und Bewegungen rechts von der CDU/CSU zunächst nur wenig von der Krise der Eurozone profitieren. Dies blieb einem erst kurz existierenden politischen Akteur vorbehalten: Die im Frühjahr 2013 gegründete »Alternative für Deutschland« bezog ihren Parteinamen propagandistisch geschickt auf das insbesondere von Kanzlerin Angela Merkel formulierte Credo, die Euro-Rettungspolitik sei »alternativlos«. Auch die Koalition von CDU und SPD und die vielfach zugunsten gemeinsamer Regierungsarbeit zurücktretenden spezifischen politischen Profile der beiden Regierungsparteien verstärkten die günstige Ausgangslage für die AfD. In dieser wurden sowohl Angehörige des wirtschaftlichen Establishments aktiv, wie beispielweise der frühere Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Hans-Olaf Henkel, der der Partei in der Frühphase mit einem Darlehen von einer Million Euro half, als auch zahlreiche Funktionsträger aus der »zweiten Reihe« von CDU und FDP. Mit der Parteigründung am 6. Februar 2013 wurde an den bislang vergeblichen Versuch angeschlossen, bei Wahlen eine nationalistische Partei gegen die Eurorettungspolitik zu etablieren.7 Zudem bot die Partei bereits in der Frühphase auch Nationalkonservativen, neurechten Kräften und früheren Aktivist*innen rechtspopulistischer Kleinstparteien eine Möglichkeit der Betätigung und Einflussnahme.

Als Zusammenschluss unterschiedlicher rechter Milieus – marktradikal, nationalliberal, christlich-fundamentalistisch und neurechts – wies die AfD von Beginn an eine politische Spannbreite auf und zog vor allem ehemalige CDU-, CSU- und FDP-Mitglieder und Akteur*innen früherer extrem rechter Parteien, wie dem »Bund freier Bürger« (BFB), der Partei »Die Freiheit« (DF), den »Republikanern« und der »Schill-Partei«, an.8 Zur politischen ­Strömung der Neuen Rechten pflegt die AfD enge Verbindungen über deren Wochenzeitung »Junge Freiheit«, die die AfD von Beginn an publizistisch unterstützte und sich zu einer informellen Parteizeitung entwickelt hat.

In der Frühphase wurde die Partei vor allem aufgrund ihrer Kritik an der EU und der Gemeinschaftswährung Euro wahrgenommen. Dabei verband sie wirtschaftsliberale mit nationalpopulistischen Argumentationsfiguren, sodass mit David Bebnowski von einem »Wettbewerbspopulismus« gesprochen werden kann: „In wettbewerbspopulistischen Argumentationen wird die Überlegenheit ökonomisch erfolgreicherer Gruppen – im Falle der AfD: Nationalstaaten – auf Grundlage ihrer ökonomischen Leistungsfähigkeit konstruiert und gleichzeitig mit kulturellen Stereotypen kurzgeschlossen. Auf diese Weise wird die Aufwertung der eigenen Position bei gleichzeitiger kultureller Abwertung des »Anderen« erreicht.9 In den europapolitischen Positionen der AfD lassen sich für diese Phase vier Dichotomien identifizieren, entlang derer sich die Partei aufgestellt hat: »souveräne Nation« versus »europäischer Überstaat«, »Subsidiarität« versus »Brüsseler Zentralismus«, »Bürger« versus »Eliten« sowie »deutsche Zahler« versus »ausländische Nehmer«.10

Blieb der AfD bei der Bundestagswahl am 22. September 2013 und der zeitgleich stattfindenden Landtagswahl in Hessen der Einzug in diese Parlamente noch verwehrt, so konnte sie nach der Wahl zum Europäischen Parlament am 25. Mai 2014 mit 7,1 Prozent der Stimmen sieben Abgeordnete nach Brüssel entsenden. Einen erheblichen Teil der Stimmen gewann sie von konservativen und wirtschaftsliberalen Wähler*innen, die sich weder durch die FDP noch durch die Unionsparteien vertreten fühlten.

Im Sommer 2015 lag die AfD in Wahlumfragen unter fünf Prozent, schärfte aber nach dem Sturz Bernd Luckes im Juli 2015 ihr parteipolitisches Profil zu einem Rechtspopulismus mit völkisch-nationalistischen Merkmalsprägungen. Die AfD versuchte erfolgreich, sich als »Anti-Flüchtlings-Partei« ein Alleinstellungsmerkmal zu schaffen, und ist damit zum politischen Profiteur der rassistischen Protestwelle geworden. Nicht ohne Grund bezeichnete der damalige Brandenburger AfD-Vorsitzender Alexander Gauland – seit Dezember 2017 einer der beiden Parteivorsitzenden – die Flüchtlingsdebatte als „Geschenk“ für seine Partei.11 Gegenüber dem Bonner General-Anzeiger erklärte der Meinungsforscher Manfred Güllner: „Die Flüchtlingsfrage ist für die AfD wie ein Magnet, ein Wählermagnet. Ihre Wähler kommen aus einem gesellschaftlichen Segment, dem es objektiv wirtschaftlich gut geht, das aber zugleich von starken Abstiegsängsten geprägt ist. Diese Menschen sind verängstigt, sie fühlen sich bedroht, fürchten, ins Proletariat abzugleiten. Nun suchen sie Sündenböcke, und finden sie in den Flüchtlingen.12

Die Wahlerfolge der AfD bei einer Reihe von Landtagswahlen in den Jahren 2015 und 2016 sind daher nur bedingt auf die Kritik an der EU und auf die Positionierung der Partei zur Eurozonenkrise zurückzuführen. Vielmehr sind sie Resultat einer Fokussierung auf migrations-, asyl- und flüchtlingspolitische Fragen seit dem Sommer 2015. In Kombination mit der Kritik am Islam stellen diese seitdem die zentrale Mobilisierungsressource der politischen Rechten in Deutschland dar – ob bewegungsförmig oder als Partei agierend. Denn anders als die Zugehörigkeit zur EU, die – eine entsprechende politische Mehrheit und Entscheidung vorausgesetzt – rückgängig gemacht werden könnte, führt die Anwesenheit von »Fremden« in der Weltsicht von Rassist*innen zu schweren Konflikten einerseits und zum gesellschaftlichen Niedergang aufgrund der behaupteten Inferiorität der »Fremden« bzw. nicht revidierbarer »Rassenmischung« andererseits. Mit ihren Kampagnen für eine strikte Begrenzung von Asyl und Einwanderung sowie ihrer Hetze gegen die Bundeskanzlerin befeuert die AfD den Aufstand des flüchtlingsfeindlichen Wutbürgertums. Bei den hessischen Kommunalwahlen im März 2016 wurde sichtbar, dass die NPD und die »Republikaner« nur dort, wo die AfD nicht zur Wahl antrat, das rassistische Wählerpotenzial an sich zu binden vermochten. Standen alle drei rechten Parteien zur Wahl, setzte sich die AfD durch. Dies bedeutet: Die AfD hat sich zum parteipolitischen Kulminationspunkt des einwanderungsfeindlichen rechten Milieus entwickelt. Zugleich radikalisiert die Partei dieses wachsende politische Protestmilieu mit rechtspopulistischen Kampagnen und Tabubrüchen.

Mit Ablauf des Jahres 2018 ist die AfD in allen bundesdeutschen Parlamenten in Bund und Ländern vertreten und nutzt diese parlamentarische Repräsentanz zur Provokation und zu konfrontativ-aggressivem Auftreten.13 Die Radikalisierung der AfD zugunsten einer offen extrem rechten Positionierung und der Schulterschluss mit beziehungsweise die Beteiligung an rassistischen und zu Gewalt neigenden Straßenmobilisierungen haben ein Niveau erreicht, das vor wenigen Jahren noch undenkbar schien. Eingedenk der vielfachen Erfahrungen der Stigmatisierung extrem rechter Parteiprojekte war die dezidiert bürgerlich-konservative Inszenierung der AfD-Frühphase dazu geeignet, diesen Mechanismus weitgehend ins Leere laufen zu lassen.

Der Austritt eines Teils des Lucke-Flügels im Nachgang zum Parteitag in Essen im Juli 2015 und der Rückzug von Frauke Petry und vereinzelt anderen irritierten jene Teile des AfD-tragenden Netzwerkes, die – wie etwa die »Junge Freiheit« – zunächst einen dadurch bedingten Verlust an Zustimmung fürchteten, nicht nachhaltig. Die Entwicklung nach rechts tat der Partei bisher keinen Abbruch; der »elder statesman« der AfD, Alexander Gauland, deckt die extrem rechte Flanke der AfD und bagatellisiert entsprechende Kritik.

Die zu erwartenden Erfolge der AfD bei der Wahl zum Europäischen Parlament Ende Mai 2019 sowie bei den im Herbst desselben Jahres folgenden Landtagswahlen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen werden das Selbstbewusstsein der Partei noch stärken und ihr – und damit indirekt auch den mit ihr vernetzten nicht-parlamentarischen Akteur*innen – zusätzliche Ressourcen zuführen.14 Zentrale Personen und Netzwerke dieser rechten Massenbewegung werden zudem weiter lernen, die demokratischen Parteien unter Druck zu setzen und der Ankündigung des AfD-Parteichefs vom Abend der Bundestagswahl 2017, man werde die anderen Bundestagsparteien, „jagen“,15 entsprechende Aktivitäten folgen zu lassen. Wiederholt schlug etwa der Chefredakteur der extrem rechten Zeitschrift »Compact«, Jürgen Elsässer, vor, man möge doch auf Ebene der Bundesländer Volksbegehren organisieren, um bei Themen, über die auf Landesebene (mit-) entschieden wird – etwa bei den Abschiebungen – politischen Druck zu erzeugen.16 Gerade in den Bundesländern, in denen zivilgesellschaftliche Strukturen schwach ausgebildet sind, und angesichts eines weit verbreiteten Trends zur Befürwortung einer restriktiveren Asylpolitik auch bei den bürgerlichen Parteien und deren Wähler*innen lässt ein solches Szenario wenig Gutes erwarten, knüpft es doch an jüngere rassistische Straßenmobilisierungen an.

Rassistische Straßenmobilisierung

Die gewaltsame Eskalation politischer Konflikte in Nordafrika und im Nahen Osten sowie ein weiterhin bestehendes erhebliches Wohlstandsgefälle führten insbesondere im Jahr 2015 zu einer beträchtlichen Steigerung der Zahl nach Europa Flüchtender. Die Dublin-II-Verordnung aus dem Jahr 2003, die es der Bundesrepublik Deutschland aufgrund fehlender EU-Außengrenzen erleichtert hatte, die Zahl der Asylsuchenden vergleichsweise gering zu halten, wurde wirkungslos. Die große Zahl von Geflüchteten stellte Kommunen vor ernsthafte Herausforderungen (z.B. Unterbringung, Sprachkurse). Die in Deutschland Ankommenden wurden im Rahmen bürgerschaftlichen Engagements vielfach willkommen geheißen und unterstützt. Allerdings ist diese »Willkommenskultur« in der öffentlichen Wahrnehmung deutlich zurückgetreten; rasch bestimmten – nicht zuletzt angeheizt durch die Berichterstattung der BILD-Zeitung – Verunsicherung und Skepsis vieler Menschen, ob »wir das schaffen«, sowie Ablehnung und gewalttätige rassistische Zuspitzung das politische Klima. Die extreme Rechte erlangte in den letzten Jahren mit den Themen »Flucht« und »Asyl« eine neue Mobilisierungsfähigkeit und setzt derzeit alle zur Verfügung stehenden Ressourcen und Mittel ein, um im Rahmen einer restriktiven Asyl- und Flüchtlingspolitik ein sofortiges Ende der Aufnahme von Schutzsuchenden durchzusetzen und die Anzahl der im Land befindlichen Geflüchteten rasch wieder zu verringern.

Allerdings zeichnete sich schon im Jahr 2013 ab, dass die extreme und rassistische Rechte ihre Protestaktionen gegen Geflüchtete und eine liberale Asyl- und Migrationspolitik intensivieren würde. In Berlin Marzahn-Hellersdorf machte u.a. die NPD unter dem Motto »Nein zum Heim« gegen die Unterbringung von Geflüchteten mobil; im sächsischen Schneeberg beteiligten sich Ende 2013 am so genannten »Schneeberger Lichtellauf«, einem de facto von der NPD maßgeblich organisierten Fackelmarsch, rund 1.800 Personen. Im Oktober 2014 begannen die wöchentlichen Umzüge der »Patriotischen Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes« (PEGIDA)17 in Dresden, die anders als die zahlreichen und bundesweit organisierten Nachahmer-Aktionen besondere Mobilisierungsstärke und Dauerhaftigkeit aufwiesen,18 aber schließlich in stark ritualisierten Abläufen mündeten.

Die PEGIDA-Aufmärsche sind in diesem Kontext als Indikator für ein mit rassistischen Positionen mobilisierbares Potential zu interpretieren: PEGIDA schuf den Resonanzrahmen für die aktuell sich zuspitzende rassistische Eskalationsspirale auf der Straße. Angesichts von Legitimations- und Repräsentationsdefiziten der demokratischen Parteien, die sich in manchen konservativen und sozial abgehängten Milieus zu tiefem Misstrauen gegen demokratische Strukturen und Entscheidungsprozesse verdichtet haben, verdeutlichen die Mobilisierungserfolge von PEGIDA überdies der organisierten extremen Rechten, dass sie Zustimmung weit über den Kreis der bisher von ihr erreichten Personen finden kann. Im Rahmen der PEGIDA-Aufmärsche, aber auch der Demonstrationen der AfD in Erfurt und in anderen Städten, findet sich so eine diffuse Melange aus »Wutbürgern« und extrem rechten Agitatoren, die zu einem »nationalen Aufstand« mobilisieren, den sie als Notwehrhandlung rechtfertigen. Die ausgerechnet an einem 9. November von der Dresdener PEGIDA-Bühne herab formulierte Forderung, „den deutschen Schuldkomplex der 12-jährigen Nazi-Herrschaft für offiziell beendet“ 19 zu erklären, macht in der Wortwahl und der Aussage den Anschluss an eine extrem rechte Weltdeutung20 unübersehbar.

Die PEGIDA-Gruppe um Lutz Bachmann scheiterte mit dem Versuch, im Sinne eines politischen Franchise-Projektes von Dresden aus bundesweit ein von ihr kontrolliertes Netzwerk von PEGIDA-Ablegern aufzubauen. Dennoch inspirierte PEGIDA zahlreiche Individuen und Initiativen quer durch die Bundesrepublik zur Durchführung ähnlicher wöchentlich durchgeführter Mahnwachen, Kundgebungen und Demonstrationen. In einigen Städten, etwa Leipzig und Erfurt, wurden mehrfach auch vierstellige Teilnahmezahlen erreicht. In einigen Städten, so in Berlin, München und Duisburg, gab es – obgleich letztlich mit bescheidener Resonanz – eine hohe Kontinuität in der Durchführung solcher Aktivitäten. So fanden bisher Tausende solcher Veranstaltungen statt, organisiert von Gruppen wie »Bekenntnis für Deutschland«, »Mönchengladbach steht auf«, »Das Eichsfeld wehrt sich«, »Bürgerforum Altenburger Land«, »Volksbewegung Nordthüringen«, »Zukunft Heimat«, »Demokratischer Aufbruch Sächsische Schweiz«, »Heimat und Tradition Chemnitz«, »Markrans’er kämpfen – mit Herz und Verstand« oder auch »Bürgerwehr Landkreis Konstanz«. Vielfach stellten organisierte Rechtsextreme die Struktur für die Aktionen, die nach außen dennoch als Bürgerengagement präsentiert wurden.

Im Jahr 2018 hat sich, beispielhaft an den rassistischen Massenmobilisierungen in Chemnitz im August, die Handlungsfähigkeit der rechten Strukturen erwiesen. Rechte Hooligans, Neonazis, AfD und in lokalen migrationsfeindlichen Initiativen eingebundene Personen schaffen es in kurzer Zeit, Hunderte, ja Tausende auf die Straße zu bringen. Die noch vor einigen Jahren bestehende Scheu, offen gemeinsam mit Neonazis durch die Straßen zu ziehen, ist weitgehend verschwunden.

Die Kundgebungen und Demonstrationen – häufig in kleinen Orten und Städten – werden denjenigen als öffentliche Plattformen angeboten, die ihrer Verunsicherung, ihrer Ablehnung oder ihrem Hass Ausdruck verleihen wollen. Nicht immer treten die Organisator*innen dabei offen als NPD oder Kader neonazistischer Netzwerke auf; gerne stellen sie sich als »besorgte Bürger« vor und versuchen dann, die Stimmung rassistisch aufzuladen. Solche Konstellationen sind es, die der Leipziger Polizeipräsident Bernd Merbitz meinte, als er bereits Anfang 2016 von „Pogromstimmung“ sprach: „Wir steuern auf eine Situation zu, in der gewaltbereite Stimmungsmacher die Angst der Menschen bewusst nutzen, um Hysterie gegen die Asylpolitik zu schüren und Gewalt gegen die Flüchtlinge zu rechtfertigen.21

Entgrenzung der Gewalt

In zahlreichen antimuslimischen und einwanderungsfeindlichen Blogeinträgen und Internetforen war im Sommer 2015 zu verfolgen, wie die wachsende Zahl von Geflüchteten, die nach Europa und damit zum Teil auch nach Deutschland kam, als drohende bzw. beginnende »Apokalypse« wahrgenommen wurde, an deren Ende die »Zerstörung Europas« oder die »Vernichtung des deutschen Volkes« stünde. Diese Interpretation wird nachvollziehbar, wenn man sich vergegenwärtig, dass völkisches und rassistisches Denken auf Kategorisierungen und damit verbundenen Wertungen beruht, die zur Schlussfolgerung der Unvereinbarkeit und des Niedergangs im Falle der »Vermischung von Ethnien« führt. Der 2010 erschienen Bestseller Thilo Sarrazins mit dem Titel »Deutschland schafft sich ab«, außerordentlich präsent aufgrund seiner mehrwöchigen Popularisierung durch die BILD-Zeitung, leistete mit seinem Untergangsszenario, das an Traditionen der politischen Eugenik und der Rassenhygiene anknüpft,22 einen erheblichen Beitrag zur Belebung offen rassistischer Wortmeldungen.23 Im Herbst 2010 erklärten bei einer vom Meinungsforschungsinstitut »Emnid« durchgeführten repräsentativen Befragung 18 Prozent, dass sie einer »Sarrazin-Partei« ihre Stimme geben würden.24

„Die Deutschen bzw. ihre Vorfahren, die Germanen“, so hieß es Ende 2016 im Editorial einer extrem rechten Zeitschrift, seien eines der „wenigen Völker auf dem Erdball, deren genetischer Code seit 8000 Jahren so gut wie unverändert ist, obwohl wir viele Besatzungen und Besetzungen durchlebt und durchlitten haben“.25 Phantasmen wie diese sind für rassistisches Denken unverzichtbar in doppeltem Sinne: Zum einen stellen sie entgegen der empirischen Evidenz schlicht die Grundlage der Weltdeutung dar, zum anderen ist die »Reinheitsbehauptung« notwendig, um den Kampf nicht verloren zu geben. In dieser Logik ist der Niedergang nicht mehr aufzuhalten, wenn die »Vermischung« schon zu weit fortgeschritten ist.

Weil rassistisches und völkisches Denken die Einwanderung und dauerhafte Anwesenheit von ehemaligen Migrant*innen zu einer existentiellen Frage macht, ist in ihm die Rechtfertigung für den Einsatz von Gewalt bereits angelegt. Regelmäßig als »Notwehr« verbrämt, ist die rassistisch motivierte Gewalt Anfang der 1990er Jahre und erneut Mitte der 2010er Jahre in Deutschland eskaliert, jeweils angesichts einer beträchtlich steigenden Zahl Schutzsuchender. Diese Gewaltpraxis ist durch Entgrenzungen charakterisiert: Ihr Umfang ist seit 2014 um ein Vielfaches angestiegen, der Einsatz von Sprengstoffen hat zugenommen, die Gewalt richtet sich auch gegen Menschen, die von den Angreifenden als Repräsentant*innen einer liberalen Asylpolitik angesehen werden – wie die jetzige Oberbürgermeisterin der Stadt Köln – oder Geflüchtete im Alltag unterstützen. Entgrenzung lässt sich jedoch auch dahingehend konstatieren, dass diese rassistische Gewalt nicht nur von Angehörigen der rechten Szene ausgeübt wird, sondern auch von bisher unauffälligen Bürger*innen.

Über 1.000 rassistisch motivierte Vorfälle und Straftaten gegen Flüchtlingsunterkünfte verzeichneten die Sicherheitsbehörden für das Jahr 2015; in den Folgejahren kam es nach Angaben von Pro Asyl und der Amadeu Antonio Stiftung zu 3.768 flüchtlingsfeindlichen Vorfällen, darunter 116 Brandanschläge und 595 tätliche Übergriffe, (2016) bzw. 1.713 Fällen (2017), darunter 23 Brandanschläge und 1.364 sonstige Übergriffe, wie Sprengstoffanschläge, Steinwürfe, Schüsse, aber auch Hakenkreuz-Schmierereien, andere Formen von Volksverhetzung und weitere Hass-Propaganda.26

Der rechtspopulistische sowie extrem rechte Diskurs enthält an zentraler Stelle die Erzählung, dass die aktuelle Asylpolitik der Bundesregierung den »Volkstod« bringe und die Verantwortlichen daher gegen das Grundgesetz verstießen, das ihnen aufgebe, zum »Wohl des deutschen Volkes« zu handeln. Angesichts dieser Entwicklung, für deren Charakterisierung Begriffe wie »Umvolkung« oder auch »der große Austausch« benutzt werden,27 sei es legitim und notwendig, sich auf das in Art. 20 Abs. 4 des Grundgesetzes niedergelegte Widerstandsrecht zu berufen. Bereits 2015 argumentierte der früher der NPD verbundene Jurist Dr. Dr. Thor von Waldstein in einer Schrift entsprechend: Die Regierung entrechte und beseitige das deutsche Volk, „indem dessen ethnische Homogenität und Substanz binnen kurzer Zeit zugunsten eines »Landes der Verschiedenen« zerstört werden sollen“.28 Angesichts einer fehlenden rechtsstaatlichen Handlungsalternative, so sein Fazit, seien bestimmte Handlungen jenseits des Einsatzes von Gewalt gegen Personen durch Deutsche als Subjekte des Widerstands legitim(iert).

Die Strategie der politischen Zuspitzung und der praktischen Selbstermächtigung von rechts war in der jüngsten Zeit mehrmals zu beobachten, so etwa bei der Blockade von Bussen, die Geflüchtete in ihre Unterkunft bringen sollten. Den Organisator*innen geht es dabei darum, die Legitimität und Anerkennung der staatlichen Instanzen seitens der an den Protesten Teilnehmenden aufzuweichen und – zunächst auf niedrigem Niveau – Einfluss auf die Machtverteilung zu nehmen, z.B. durch Nicht-Kooperation. Dies lässt sich am Beispiel einer flüchtlingsfeindlichen Demonstration in Dresden-Laubegast verdeutlichen, das als »bürgerliches Widerstandsnest« charakterisiert wird: „Ab 19:00 Uhr versammelten sich zunehmend mehr Bürger vor dem künftigen »Vier-Sterne-Heim«. Es gab keine Ansprachen oder Reden, nach 15 Minuten setze sich die etwa 250 Köpfe zählende Menge mit einigen jüngeren Teilnehmern an der Spitze in Bewegung. Der Polizei wurde auf Nachfragen kein Anmelder der Demonstration mitgeteilt, sie wurde lediglich über die 2,5 km lange Route des Spaziergangs entlang der Hauptstraße in Kenntnis gesetzt. Zunächst wollten die maximal 10 Polizisten die 250 Teilnehmer in Richtung Bürgersteig abdrängen, was einfach ignoriert wurde. Somit mußte ein Polizeifahrzeug vorwegfahren und den Weg frei machen. Den Zug eröffneten zwei Mütter mit Kinderwagen. Nachdem die Machtfrage zugunsten der Laubegaster beantwortet war, wurden zahlreiche Fackeln entzündet, Deutschlandfahnen und Sachsenfahnen ausgerollt. Der ganze Zug machte plötzlich einen sehr wehrhaften und selbstbewußten Eindruck. Ein Hauch von 1989 wehte durch die Straßen.29

Die insbesondere bei den nationalistischen Protesten in Ostdeutschland vielfach anzutreffende Bezugnahme auf »1989« soll den Aktivitäten nicht nur Legitimation verschaffen, sondern verweist auf einen weiteren Aspekt: die Möglichkeit des Sturzes eines als stabil erscheinenden politischen Systems. Angesichts der Entstehung der völkisch-nationalistischen Massenbewegung und ihrer vielfältigen Artikulationen und Erfolge außerhalb und innerhalb der Parlamente ist die oben beschriebene nachgerade apokalyptische Einschätzung aus dem Sommer 2015 vielerorts einem historischen Optimismus der Bewegungsaktivist*innen gewichen, eine grundlegende Wende gesellschaftlicher Ordnung im Sinne der Herstellung von Homogenität und »Reinheit« durch den Ausschluss des »Fremden« herbeiführen zu können.

NPD, neonazistische »Kameradschafts«-Strukturen, Kleinparteien und Organisationen wie »Die Rechte« und »Der III. Weg« erproben die aggressive und auf Konfrontation auch mit der Staatsgewalt setzende Zuspitzung der Spannungslagen und Konflikte. Die Blockade von Reisebussen, die Geflüchtete in ihre Unterkünfte bringen sollen, oder die Selbstermächtigung als »Grenzschützer« sind Ausdruck einer Strategie der Spannung, die den behaupteten »Staatsnotstand« herbeiführen und für möglichst viele Beteiligte erlebbar machen soll – um dann noch drastischere Maßnahmen als einzig plausible Handlungsoption erscheinen zu lassen.

Von der Krise profitieren

„Jede Feststellung der Krise“, so der neurechte Historiker Karlheinz Weißmann im Vorfeld der sich seit Sommer 2007 abzeichnenden Finanzmarktkrise in einem Artikel der Zeitschrift »Sezession«, sei „eine polemische Feststellung“, da „der Feststellende die Lage für gefährlich und veränderungsbedürftig hält“.30 Weißmann erinnerte in seinen Ausführungen nicht nur an einen auf die gemeinsame Wurzel der beiden Begriffe im altgriechischen Verb »krínein« zurückgehenden Zusammenhang zwischen Kritik und Krise, sondern postuliert, dass „alles mit der Kritik beginnen“ müsse, bevor die Leidenschaft zu ihrem Recht kommt, die »großen Individuen« auftreten und der Himmel »einen anderen Ton« annimmt“.

Die in seinen Ausführungen enthaltenen Andeutungen zu den »großen Individuen« und den veränderten Tonlagen verweisen auf den Kunsthistoriker Jacob Burckhardt (1818-1897) und dessen postum veröffentlichtes Werk »Weltgeschichtliche Betrachtungen«. Weißmann gilt als Schüler und Biograph Armin Mohlers – einem der Vordenker der so genannten »Neuen Rechten« – und war als Mitbegründer und langjähriger Leiter des »Instituts für Staatspolitik« in Schnellroda31 einer der Doyens der »Neuen Rechten« in der Bundesrepublik Deutschland. Dass er sich als „überzeugter Antiliberaler, Antiwestler und Antifeminist“ 32 in seinen Betrachtungen zur Krise auf Burckhardt bezieht, kann angesichts von dessen Diagnose des 19. Jahrhunderts als Periode der Dekadenz im Kontext von Industrialisierung und Massenkultur sowie eines Szenarios, in dem Europa Gefahr von außen – insbesondere in Gestalt der Türken und des Islam – drohe und Fremdes „fast durchwegs von Inferiositätsannahmen begleitet“ 33 wird, wenig verwundern. Weißmann und anderen Vertretern dieser Denkschule geht es darum, aus „dem weiten Feld konservativer Publizistik vergangener Jahrzehnte, ja Jahrhunderte, […] jene Ideen und Positionen“ aufzugreifen, die „zur weltanschaulichen Untermauerung heutigen, die Zukunft gestaltenden Handelns notwendig seien“.34 Dies gilt auch für die Annahme Burckhardts, wonach zunächst der umwälzende Gedanke breite Zustimmung finden muss, bevor Protest gegen die bestehende Ordnung wirksam einsetzen kann.

Mit Burckhardt formuliert Weißmann das »Lob der Krise«, d.h. der mit Leidenschaft entfesselten Kräfte, die in den Individuen wie in den Massen geweckt werden, die die großen Männer der Weltgeschichte hervorbrächten und eine vielfach gehegte Scheu vor »Störung« beseitigten. Auch in der »Scheu vor Störung« sieht Weißmann die besondere Aktualität Burckhardts, wenngleich er bereits von »Brückenköpfen« spricht, die errichtet worden seien, so etwa in der Prophezeiung der „Invasion der afrikanischen und asiatischen Massen35 durch den Soziologen Gunnar Heinsohn. Hoffnungsvoll sieht Weißmann der »Umwälzung« entgegen, die sich zwar erst undeutlich abzeichne, aber nicht auf die Veränderung des Parteienproporzes beschränkt bleibe. Mit der Krise trete auch – hier ist der Bezug auf Carl ­Schmitt offensichtlich – der »Ernstfall« ein, der Heroismus, Gemeinschaftssinn und Opferbereitschaft erfordere.

Im selben Heft der »Sezession« befasst sich der Soziologe Jost Bauch, zeitweise Vizepräsident des rechtskonservativen »Studienzentrums Weikersheim«, mit der Frage, wer die Verhältnisse zum Tanzen36 bringen könne. Markiert er den Konservativen zunächst als „Konter-Revolutionär“, so gilt seine Aufmerksamkeit hinsichtlich des „Subjekts einer konservativen Kehre“ drei gesellschaftlichen Gruppen. Hierzu zählt er zunächst die „Traditionell-Konservativen des bürgerlichen Lagers, die zwar vielfach die CDU/CSU wählten, sich von dieser aber in ihrer Ablehnung multikultureller und multiethnischer Gesellschaften, der Zentralität heteronormativer Familienmodelle, des Schutzes der nationalen Industrie in Zeiten der Globalisierung sowie im Einsatz für ein gegliedertes Bildungssystem und für christlich-abendländische Werte nicht mehr hinreichend vertreten fühlten. Die zweite Gruppe, die Bauch eigentlich als Teil der ersten Gruppe verortet, sei die wachsende Zahl arbeitsloser Akademiker, denen trotz Verinnerlichung bürgerlicher Werte das Erreichen ihres Lebensziels verwehrt würde und die daher eine „natürliche« Klientel für eine konservative Wende“ darstellen würden. Schließlich bestehe die dritte Zielgruppe in der „rapide wachsende[n] Schar der sozial Ausgeschlossenen“, die sich zwar zunächst an der politischen Linken orientierten oder nicht mehr an Wahlen teilnehmen würde, aber für „konservative Politikgestaltung“ ansprechbar sei, wenn es dieser gelänge, „sich genügend trennscharf von der Politik der »sozialen Kälte« des Neoliberalismus abzugrenzen und gleichzeitig nachzuweisen, dass die Probleme der sozial Exkludierten linker Politik geschuldet sind, die beispielsweise durch die Ermöglichung einer unkontrollierbaren Zuwanderung die »industrielle Reservearmee«, wie es bei Marx heißt, erweitert und damit Lohndumping und Arbeitslosigkeit mit verursacht“ 37 habe. Wenn auch unterschieden durch die bevorzugte Verwendung des Begriffs »national« an Stelle von »konservativ«, so sind Parallelen dieser Sichtweise zur strategischen Ausrichtung der NPD, insbesondere hinsichtlich der Überlegungen zur »Nationalisierung der sozialen Fragen« angesichts von Globalisierungsprozessen, nicht zu übersehen.38 In der AfD formiert sich derzeit eine Strömung, die dem neoliberalen Profil einen völkischen »Antikapitalismus« zur Seite stellen will.39

Noch mit Blick auf die Einführung des Arbeitslosengeldes II im Zuge der so genannten Hartz-IV-Maßnahmen formulierte ein Autor in der NPD-Parteizeitung »Deutsche Stimme« bereits 2003 den erwarteten Nutzen, den sich die Partei von einer Vertiefung ökonomischer, sozialer und politischer Krisen erhoffte: „Nur eine radikale Verschärfung der Systemkrise bietet die Chance zur Überwindung eben dieses Systems, nur eine Zuspitzung der Systemkrise führt zu dem ersehnten Umschlagpunkt in eine neue, eine deutsche Ordnung […] nur die Not als Lehrmeisterin verdummter Massen kann die Volksgemeinschaft als Mangel- und Solidargemeinschaft wieder auferstehen lassen.40

Solche Krisenthematisierungen sind allerdings Teil eines umfassenderen Krisen- und Dekadenzdiskurses, der von extrem rechten und rechtspopulistischen Strömungen in Deutschland und Österreich gepflegt wird. Folgt man ihm, dann finden sich zahlreiche explizite oder implizite Anspielungen und Denkfiguren, die sich in der Erzählung zusammenfügen, dass in der Vergangenheit “[u]nverzichtbare Tugenden wie Leistungsbereitschaft, Pflichtbewußtsein, Disziplin, Einordnungsvermögen in größere Ordnungen […] zugunsten eines schrankenlosen Individualismus und materialistischen Egoismus abgewertet [wurden], der nur noch Ansprüche kennt“.41 Dieser »Verfall der Werte« wird als ein zentrales Charakteristikum wie als untrüglicher Indikator für den Niedergang »abendländischer« beziehungsweise »deutscher« Kultur und Gesellschaften verstanden und stellt in der Verbindung der Topoi Dekadenz, Apokalypse und Heroismus einen „Evergreen aus der langen Tradition des revolutionären Konservatismus42 dar. Als zentrale Akteur*innen, die für den behaupteten gesellschaftlichen Niedergang verantwortlich gemacht werden, gelten der extremen Rechten und den rechtspopulistischen Protagonist*innen im deutschsprachigen Nachkriegskontext »die 68er«, die in Verlängerung der US-amerikanischen Re-Education auf Axiomen »natürlicher Ungleichheit« aufsetzende Gesellschaftsmodelle abgewertet hätten.43 Ohne die durch die 68er-Bewegung herbeigeführte „nachhaltige […] Verschiebung der kulturellen Paradigmen44, also jener „beispiellose[n] Substanzvernichtung und Schwächung all dessen, was noch vor der Dekadenz bewahrte: Stärke der Institutionen und Strenge der Justiz, Verteidigung der Hochkultur und Sorgfalt der Erziehung, Leistungsgedanke und Mißtrauen gegenüber der Utopie“,45 wäre – so der langjährige NPD-Funktionär Karl Richter – „die Bundesrepublik und wären die Deutschen heute nicht das, was sie sind: fremdbestimmt, rückgratlos, linksliberal bis zum Erbrechen, ein Volk ohne Visionen und Überlebenswillen“.46

Ursachen des völkisch-autoritären Geländegewinns

Im späten 20. Jahrhundert führte insbesondere der mit der Ideologie des Neoliberalismus und seinem Paradigma der Entfesselung des Marktes und der Anrufung individueller Eigenverantwortung verbundene Globalisierungsschub in zahlreichen Staaten zu umfangreichen Strukturveränderungen. Vielfach wurde auf die »Zwänge der Globalisierung« und die Notwendigkeit der Behauptung im internationalen Wettbewerb verwiesen, wenn Einschränkungen sozialer Sicherungssysteme und arbeitsrechtlicher Vereinbarungen politisch entschieden wurden. Die von Unternehmen und Aktienbesitzer*innen aufzubringenden Steuern wurden reduziert und zentrale Staatsaufgaben im Zuge einer restriktiven Ausgabenpolitik abgebaut. In Haushalten mit niedrigen Einkommen und prekären Beschäftigungsverhältnissen, aber auch bei einem wachsenden Teil der Mittelschichten führte dies zu Gefühlen der Verunsicherung und Bedrohung. Diese haben sich noch einmal durch die offen zutage tretende sozioökonomische Krise, wie etwa die im Jahr 2007 beginnende Finanzmarktkrise, verfestigt, nicht zuletzt, da das – für die Nachkriegsstabilisierung der Bundesrepublik Deutschland bedeutsame – Versprechen des ökonomischen und sozialen Aufstiegs an Überzeugungskraft verlor.

Die Verunsicherung in den Lebensverhältnissen und das Auftreten vielfältiger Kontrollverluste47 fallen häufig mit einem gravierenden Vertrauensverlust in die politischen Parteien zusammen und können als ursächlich mitverantwortlich für die Entwicklung bzw. Verfestigung von extrem rechts affinen Einstellungen bzw. von Wahlerfolgen extrem rechter bzw. rechtspopulistischer Parteien betrachtet werden.48 Jüngere Untersuchungen zu den Wähler*innen der AfD machen deutlich, dass die Entscheidung zur Wahl der Partei weniger auf eine objektiv schwierige ökonomische Lage zurückgeht, sondern vor allem mit der subjektiven Wahrnehmung der eigenen Lebenslage korreliert, die deutlich pessimistischer ist als im Bevölkerungsdurchschnitt.49 AfD-Wähler*innen zeichnen sich zudem vielfach durch das Erleben eines Kontrollverlustes aus, der sich aus dem Gefühl des Ausgeliefertsein gegenüber technologischen Innovationen und der Abgehobenheit und des Versagens politischer Institutionen speist, etwa bezüglich der Sicherung der Staatsgrenzen gegenüber Immigration und Kriminalität. Entsprechend attraktiv kann ein Politikangebot sein, das Autoritarismus und einwanderungsfeindliche Positionen betont. Insbesondere sind Beschäftigte, deren Arbeitsverhältnisse keinem Tarifvertrag unterliegen bzw. durch Befristung geprägt sind, deutlich eher bereit, die AfD zu wählen, als Personen in festen und tariflich gebundenen Beschäftigungsverhältnissen.50 Andere Erhebungen verweisen darauf, dass tendenziell bei Personen mit mittlerer und höherer Statuslage eine stärkere AfD-Wahlabsicht besteht, die mit den wirtschaftsliberalen Zielen der Partei erklärbar sein könnte.51

Die Finanzmarktkrise war ein wichtiger Markstein für den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien in Europa in den vergangenen zehn Jahren, führte jedoch nicht in allen betroffenen Staaten in gleicher Weise zum Erstarken entsprechender Akteur*innen.52 Vielfach löste die für neoliberale Globalisierungsprozesse wesentliche Zunahme der Personenfreizügigkeit skeptische bis feindliche Reaktionen aus; so ist für die Bundesrepublik Deutschland insbesondere die Entwicklung in den Politikfeldern Migration und Asyl für das jüngste Erstarken des Rechtspopulismus bedeutsam. Hier wurde das Ideal eines homogenen »deutschen Volkes«, das tief in der deutschen Geschichte verankert ist,53 erst vor vergleichsweise kurzer Zeit systematischer infrage gestellt, und zwar mit der Reform des Staatsangehörigkeitsgesetzes im Jahr 2000. Insofern ist es wenig verwunderlich, dass eine beträchtliche Minderheit der Bevölkerung skeptisch bis entschieden ablehnend gegen Einwanderung eingestellt ist.

Die Vorstellung einer homogenen Gemeinschaft, die mittels Gegnerschaft gegen »die Fremden«, »die Unproduktiven« oder »die EU-Bürokraten« hergestellt wird, kann die eigenen Erfahrungen der Verunsicherung, des Kontrollverlustes und der Abwertung von Biografien subjektiv abfedern. Nationalistische und autoritäre Politikangebote erscheinen als plausible Alternative zu der selbst empfundenen sozialen Ausgrenzung und entsprechenden prekären Alltagserfahrungen.

Mit Blick auf die Entwicklung in Deutschland machte Horst Kahrs darauf aufmerksam, dass Konservatismus, Liberalismus und Sozialismus als die drei klassischen gesellschaftspolitischen Strömungen keine konsistenten Deutungs- und Orientierungsangebote mehr hervorbrächten, die zwischen dem politischen System, der realen Entwicklung der kapitalistischen Gesellschaft und den Alltags- und Lebenswelten Plausibilität herstellten:54

  • Der Konservatismus mit seinen Grundpfeilern Familie, Nation, Disziplin, christliche Religion und bis zu einem gewissen Ausmaß patriarchale Fürsorge fände sich in der jüngeren Entwicklung insbesondere der CDU und in deren Entscheidungen, etwa zur Wehrpflicht, zur gesteuerten Einwanderung aufgrund von Unternehmensinteressen oder zur Pluralisierung der Familienmodelle, nicht mehr wieder, sodass deren Politik als „prinzipienlose Anpassung an sich ständig verändernde komplexe wirtschaftliche Bedingungen und Anforderungen55 wahrgenommen werde.
  • Der Liberalismus habe insbesondere in der Euro-Schuldenkrise und der Bankenrettung bei denjenigen an Glaubwürdigkeit verloren, die dem Credo der FDP zum marktradikalen Umbau der Gesellschaft gefolgt waren und dann unter ordnungspolitischen Gesichtspunkten irritiert zur Kenntnis nahmen, dass den Banken, weil »systemrelevant«, geholfen wurde, während Selbständige und Familienunternehmer nur begrenzte Möglichkeiten hatten, das Risiko auf die Allgemeinheit abzuwälzen.
  • Für Sozialismus und Sozialdemokratie, deren Weltdeutung sich um Betrieb, Klassenzugehörigkeit sowie Sozialstaat und Sozialeigentum strukturierte, konstatiert Kahrs eine bereits in der zweiten Hälfte der 1980er Jahre einsetzende Entfremdung gegenüber der SPD, die im Zuge der Hartz-IV-Maßnahmen der frühen 2000er Jahre noch einmal vertieft wurden, weil sich in diesen die Parteinahme zugunsten des Milieus der sozialen Aufsteiger und gegen das traditionelle Arbeitermilieu gezeigt habe: „Allmählich verdichteten sich daraus die Erfahrungen des eigenen Bedeutungsverlustes, der Ohnmacht, der Hilflosigkeit, der Repräsentationslosigkeit“,56 die sich zunächst in Wahlenthaltung, in jüngerer Zeit als Stimmabgabe für die AfD manifestierten.

Die genannte Selbstwertverletzung ist in Ostdeutschland vielfach noch massiver.57 Im Zuge der Verwirklichung der »deutschen Einheit« wurden in den Industriegebieten der ehemaligen DDR in sehr kurzer Zeit Hunderttausende Arbeitsplätze abgeschafft und Biographien abgewertet. Der Protest gegen Arbeitsplatzverlust und die Einforderung der Anerkennung von Lebens- und Arbeitsleistung in der DDR (sowie nach der Vereinigung der beiden deutschen Staaten) blieb ungehört und im Westen Deutschlands vielfach unbeachtet.

Mit der AfD existiert in Deutschland derzeit eine nativistische Sammlungsbewegung, die diese zum Teil über einen längeren Zeitraum erfahrenen Abwertungen und Verunsicherungen verschiedener sozialer Schichten erfolgreich anspricht und ein Angebot zur Aufhebung dieser Deklassierung durch die Aufwertung der Zugehörigkeiten zu »Volk«/»Nation« und »Männlichkeit« und einen damit verbundenen Ressourcen- oder Statusgewinn anbietet. Die Diskursmaschinen des Rechtspopulismus tragen das massiv in die Öffentlichkeit in „zahllose[n] Alltagsgeschichten über kleine und große Ungerechtigkeiten, für die »die da oben« verantwortlich waren. Und natürlich handelten diese kleinen, schmutzigen Geschichtchen immer auch von »Ausländern«, die nur im Land seien, um es auszunutzen und seine Bewohner zu berauben“.58

Der Frage des Alltagsbewusstseins nehmen sich auch Klaus Dörre et al. an, die in ihrer empirischen Studie zur völkisch-populistischen Orientierung betrieblich aktiver und gewerkschaftlich organisierter Arbeiter zeigen konnten, dass sich diese trotz vergleichsweiser guter Konjunkturlage und abnehmender Arbeitslosigkeit mit einem Postwachstumskapitalismus konfrontiert sehen, der ihnen einen weiteren sozialen und ökonomischen Aufstieg nicht ermöglicht.59 Zugleich nehmen sie vielfach Geflüchtete und (Arbeits-) Migrant*innen als Sicherheitsrisiko und als Gruppe wahr, deren angebliche Bevorzugung das Leistungsprinzip außer Kraft setzt. Anders als Arbeiterbewegungen des Marx’schen Typus, denen es um die Verbesserung kollektiver Positionen im sozialen Raum gehe, handele es sich hier um Bewegungen des Polanyi’schen Typus, die „primär Schutz vor marktgetriebener Konkurrenz ein[klagen]“ und sich „gegen eine diffuse Marktmacht“ 60 richten. Die Revolte bleibt lediglich gedacht, weil sie auf die Wiederherstellung nicht wieder herstellbarer Verhältnisse zielt, und spaltet zudem die Belegschaften.

Das im Frühjahr 2016 im Rahmen des AfD-Parteitages in Stuttgart beschlossene Grundsatzprogramm dürfte den meisten Wähler*innen im Detail unbekannt sein. Die AfD wird vielmehr als »Marke« gewählt, mit der spezifische Schlagworte verbunden sind. Zu nennen sind insbesondere ein »Demokratieversprechen« (Wir verschaffen den nicht mehr Gehörten eine Stimme“; „Mut zur Wahrheit“; Forderung nach Volksabstimmungen), die Ablehnung einer liberalen Migrations- und Asylpolitik sowie religiöser Pluralität, die Renationalisierung (EU, Außenpolitik, nationale Identität) sowie die traditionellen heteronormativen Gesellschaftsmodelle.

Die Hinwendung zu rechtspopulistischen Parteien mit ihrer Melange aus neoliberaler Grundlinie und sozialprotektionistischen Versatzstücken stellt die im neoliberalen Kapitalismus wie im Rassismus angelegte Überzeugung, dass Ungleichheit (und de facto Ungleichwertigkeit) von Menschen sinnvoll und unvermeidbar sind, jedoch nicht infrage. Soziale Positionen und Zugehörigkeit werden dabei entweder als biologisch vorgegeben betrachtet oder als gerechtes Ergebnis von Konkurrenzsituationen gedacht, in die Menschen gestellt sind, wie beispielsweise auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt.

Ist ein Ende der Dynamik des rechten Aufschwungs absehbar?

Die Vielfalt und Breite völkisch-autoritärer Straßenproteste und Gewalt können kaum überraschen. Die alte Bundesrepublik hat eine lange Geschichte des Rassismus und extrem rechter Aktivitäten; in der DDR gab es hinsichtlich der »Vertragsarbeiter*innen« keine Ansätze, ihre Anwesenheit mit einem alltäglich gelebten Internationalismus zu verbinden. Ablehnung gegenüber »Fremden« war und ist deutlich erkennbar.61 Insbesondere in Ostdeutschland gibt es mit der „Genera­tion Hoyerswerda“ 62 zudem eine beträchtliche Zahl von Personen, die zunächst ein politisches System stürzten und in den Folgejahren durch den Einsatz rassistisch motivierter Massengewalt in Rostock und Hoyerswerda restriktive Entscheidungen in der Asylpolitik durchsetzten. Diese staatlich kaum sanktionierte Erfahrung ist im kollektiven Bewusstsein tief verankert, geht in die Organisierung der aktuellen Aktionen ein und verbindet sich mit der Erfahrung aus der PEGIDA-Mobilisierung, bei der die Referenzen an ein »neues ’89« nicht zu übersehen waren.

Im Unterschied zu den frühen 1990er Jahren stabilisieren zwei Entwicklungen die völkisch-autoritäre Massenbewegung: die nach weit rechts gerückte, in den Parlamenten vertretene AfD sowie ein breites Netzwerk extrem rechter und antimuslimischer Publikationen on- und offline.

Während in der AfD Teile der Partei laut über realpolitische Machtoptionen als Teil eines neuen konservativen Blocks nachdenken, erprobt der bekennend neurechte Parteiflügel Mobilisierung und Aufstand auf der Straße als rechte »Bewegungspartei«. Jenseits solcher Differenzen agiert die AfD faktisch als parteipolitischer Kristallisationspunkt der neuen einwanderungsfeindlichen sozialen Bewegung von rechts und wähnt sich zugleich auf dem Weg zu einem deutschen Pendant der »Freiheitlichen Partei Österreichs« (FPÖ), die seit 2017 an der österreichischen Bundesregierung beteiligt ist.

Hinsichtlich ihrer inhaltlichen und strategischen Ausrichtung steht die AfD zunehmend unter dem Einfluss neurechter Netzwerke. Innerparteilich spielt die Gruppierung »Der Flügel« eine zentrale Rolle. Mit der »Erfurter Resolution« hatte dieser Zusammenschluss maßgeblich zum Sturz des früheren Parteivorsitzenden Bernd Lucke beigetragen und zugleich die eigene nationalistisch-rassistische Stoßrichtung verdeutlicht. Die Resolution wendet sich dezidiert gegen die interkulturelle Verfasstheit der bundesdeutschen Gesellschaft. Die Unterzeichner begreifen sich als „Widerstandsbewegung gegen die weitere Aushöhlung der Souveränität und der Identität Deutschlands“.63 Einem Selbstverständnis als »Widerstandsbewegung« folgend erheben die Akteure dieses AfD-Flügels Anspruch auf die Formierung der Partei zu einer kämpferischen Bewegungspartei. So definierte Björn Höcke, Landesvorsitzender der AfD Thüringen und deren Spitzenkandidat für die Landtagswahl 2019, die AfD wiederholt als „fundamentaloppositionelle Bewegungspartei“.64

Wie eine Studie des »Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung« zeigt, ist es der AfD gelungen, im Zeitraum von 2014 bis 2016 bereits eine Stammwählerschaft in der Größenordnung von vier bis fünf Prozent aufzubauen. Unter Rückgriff auf Daten des »Sozio-ökonomischen Panels«, einer regelmäßigen repräsentativen Befragung von Privathaushalten, zeigt sich für Personen mit Parteibindung, die der AfD zuneigen, im Zeitverlauf eine deutliche Steigerung der Anziehungskraft bei Arbeiter*innen (von zwei auf elf Prozent) und bei Arbeitslosen (von einem auf fünfzehn Prozent). Setzte sich die AfD-Anhängerschaft bei der Bundestagswahl 2013 zu über 80 Prozent aus Wähler*innen der AfD, der NPD, der »Republikaner« und sonstiger Parteien zusammen, war dies im Jahr 2016 nur noch etwa ein Drittel. „In etwa gleichen Teilen von je mehr als 20 Prozent sind die restlichen WählerInnen von SPD, B90/Die Grünen und Linke […] sowie WählerInnen von Union und FDP […]. 17 Prozent sind ehemalige NichtwählerInnen.65 Dass die AfD mit ihren völkischen und nationalistischen Positionen auch Anklang bei den Wähler*innen anderer Parteien findet, bestätigt die Annahme, dass Personen mit entsprechenden Einstellungen dort gebunden waren, solange bestimmte Themen nicht prominent verhandelt wurden und es keine dezidierte Rechtspartei gab.

Inzwischen hat die AfD auf der Straße auch offiziell den Schulterschluss mit PEGIDA vollzogen, und ihre Aktivist*innen beteiligen sich vielerorts an den Aktionen gegen Geflüchtete und für eine restriktivere Asyl- und Migrationspolitik. Entgegen allen Dementis gibt es auch zahlreiche Verbindungen mit der extrem rechten »Identitären Bewegung«. Inspiriert insbesondere durch die Besetzung des Dachs einer im Bau befindlichen Moschee im französischen Poitiers am 20. November 2012 durch die Gruppe »Génération Identitaire« sowie ein Video mit dem Titel »Déclaration de guerre« (Kriegserklärung), bildeten sich auch in anderen europäischen Staaten Gruppen der »Identitären«. Tatsächlich haben sich diese selbst professionell als Marke aufgebaut, die stark auf visuelle, häufig auch popkulturelle Elemente nutzende Agitation setzt. Das politische Profil der »Identitären Bewegung« stützt sich auf einen kulturalistischen Rassismus, Familienfundamentalismus und Antifeminismus sowie eine Idealisierung von Kriegergemeinschaften am Beispiel Spartas. Häufig kalkulieren sie die Handlungslogik und Mechanismen der Medien ein, um mit wenig Aufwand und strafrechtlichem Risiko große Resonanz zu erzielen. Die kurzzeitige Besetzung des Brandenburger Tores als einem der nationalen Symbole Deutschlands wurde entsprechend von vielen Medien prominent dargestellt.

Rechte Publikationsorgane, wie »Compact«, »Junge Freiheit« oder «Sezession«, dienen im Einklang mit zahlreichen rassistischen Internetplattformen als Parallelinformationsquelle zur Selbstbestätigung und als Mobilisierungsforen für die Zuspitzung einer flüchtlingsfeindlichen, rassistischen Protestkultur, die zum Aufstand unter völkisch-nationalistischen Vorzeichen aufruft.

Aufstieg und Etablierung der AfD und die rassistischen Massenproteste auf den Straßen zeugen von einer signifikanten nationalistisch-autoritären Tendenz in Deutschland, die zu einer Re-Etablierung autoritärer und nationalistischer Paradigmen in Politik und Gesellschaft führen und das politische und normative Koordinatensystem der Nachkriegsbundesrepublik nachhaltig verändern (können). Diese Bewegung ist auch in gesellschaftliche Sphären vorgedrungen, in denen offen extrem rechtes Auftreten bisher nicht möglich war und setzen – bisher vor allem in Ostdeutschland – gesellschaftliche Großorganisationen unter Druck, sich einer Praxis der Solidarität mit Geflüchteten zu verweigern.

Inzwischen geben der AfD in vielerlei Hinsicht Akteure der extremen Rechten, wie Björn Höcke, Götz Kubitschek und Jürgen Elsässer, den Takt vor. Gauland sprach nach der Wahl zum bayerischen Landtag vom Ziel der Regierungsbeteiligung, diese soll aber aus einer Position der Stärke heraus erfolgen. Eine solche Beteiligung ist wohl nirgendwo ernsthaft in Sicht, solange Angela Merkel an der Spitze der CDU steht; dennoch lässt sich die im Aufstieg der AfD und dem Auftreten einer rassistischen Massenbewegung zum Ausdruck kommende wie von ihr massiv betriebene Verschiebung des politisch-kulturellen Koordinatensystems nach rechts bereits ohne eine solche Beteiligung deutlich erkennen. Dies kann an dieser Stelle nicht systematisch dargestellt und entwickelt, aber an einigen Beispielen verdeutlicht werden:

  • Vielfach wird übersehen, dass jenseits des Merkel’schen Diktums »Wir schaffen das« in der Asyl- und Flüchtlingspolitik eine ganze Bandbreite an weiteren Restriktionen umgesetzt wurde. Die scharfe Anti-Asyl- und Anti-Einwanderungspolitik einer CSU um Horst Seehofer ist neben der fortgesetzten Relevanz völkisch-nationalistischer Denkmuster auch in Kreisen von CDU und CSU nicht zuletzt dem Versuch geschuldet, dadurch der AfD Wähler*innen abspenstig zu machen.
  • Vorsichtige Ansätze einer liberalen Einwanderungs- und Staatsbürgerschaftspolitik, wie sie im Jahr 2000 mit der Änderung des Staatsangehörigkeits-Gesetzes von 1913 (Ergänzung um das Geburtsortsprinzip) oder der unter demokratietheoretischen Gesichtspunkten eigentlich selbstverständliche Einführung eines allgemeinen Wahlrechts für Ausländer*innen zumindest auf kommunaler Ebene etabliert wurden, werden entweder in Frage gestellt (so jüngst durch die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer) oder sind völlig von der politischen Tagesordnung verschwunden.
  • Das offensivere Auftreten der so genannten »Lebensschützer«-Bewegung und die politisch wie juristisch geführte Kampagne gegen Ärzt*innen, die zu den Möglichkeiten des Schwangerschaftsabbruchs informieren, verdeutlicht, dass von rechts eine neue Kampffront eröffnet wurde, die auch deshalb möglich ist, weil die tatsächliche Aufhebung der Strafbarkeit des Schwangerschaftsabbruchs nicht durchgesetzt wurde.
  • Die Kritik am Erdogan-Regime wird von rechts weniger in Sorge um das weitreichende Demokratiedefizit und die Durchsetzung autoritärer Strukturen in der Türkei geführt, sondern vor dem Hintergrund des bereits lange verfolgten Ziels, einen Beitritt des Landes zur EU und zu den damit verbundenen Regelungen der »Personenfreizügigkeit« auf lange Sicht unmöglich zu machen.
  • Als könne es aus demokratischer und humanitärer Perspektive eine Neutralität gegenüber menschenrechtsfeindlichen Positionen und Praxen geben, wird eine Kritik an Positionen der AfD in der politischen Bildungsarbeit zunehmend erschwert, zum Teil lässt sich ein Zurückweichen aufgrund von politischem Opportunismus beobachten. Die CDU beteiligt sich im Einklang mit der AfD an politischen Angriffen auf Projekte, die auch Rassismus und Nationalismus in der gesellschaftlichen Mitte zum Gegenstand der Kritik machen.
  • Die Berichterstattung zahlreicher Boulevard-Medien, die Ausmaß und Struktur der (Gewalt-) Kriminalität in Deutschland maßlos überzeichnen und als wesentlich migrantisch verursachtes Problem darstellen, bedient die autoritäre Regression, die der AfD zugutekommt.

Das Potential für eine faschistische Massenbewegung ist vorhanden; die Aufgabe, diese wieder in die Schranken zu weisen, wird wohl zwanzig Jahre in Anspruch nehmen – wenn sie denn entschlossen und konsequent angegangen wird.

Anmerkungen

1) Vgl. die jeweiligen Überblicksdarstellungen:
Henning Hansen (2007): Die Sozialistische Reichspartei – Aufstieg und Scheitern einer rechtsextremen Partei. Düsseldorf: Droste.
Oliver Sowinski (1998): Die Deutsche Reichspartei 1950-1965. Frankfurt a.M.: Peter Lang.
Robert Ackermann (2012): Warum die NPD keinen Erfolg haben kann – Organisation, Programm und Kommunikation einer rechtsextremen Partei. Opladen: Budrich.
Uwe Hoffmann (1999): Die NPD – Entwicklung, Ideologie und Struktur. Frankfurt a.M.: Peter Lang.
Stephan Thomczyk (2001): Der dritte politische Etablierungsversuch der Republikaner nach 1994. Konstanz: Hartung-Gorre Verlag.
Marco Carini/Andreas Speit (2002): Ronald Schill – Der Rechtssprecher. Hamburg: Konkret Literatur-Verlag.
Alexander Häusler (Hrsg.) (2008): Rechtspopulismus als »Bürgerbewegung« – Kampagnen gegen Islam und Moscheebau und kommunale Gegenstrategien. Wiesbaden: VS.

2) SINUS Markt- und Sozialforschung (1981): 5 Millionen Deutsche: „Wir sollten wieder einen Führer haben …“ – Die SINUS-Studie über rechtsextremistische Einstellungen bei den Deutschen. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt.

3) Vgl. zuletzt Oliver Decker/Johannes Kiess/Elmar Brähler (Hrsg.) (2016): Die enthemmte Mitte – Autoritäre und rechtsextreme Einstellung in Deutschland. Gießen: Psychosozial-Verlag.
Andreas Zick/Beate Küpper/Daniela Krause (2016): Gespaltene Mitte – Feindselige Zustände. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung.

4) Vgl. Horst Kahrs (2016): Die Linke und die »enthemmte Mitte«. RLS-Arbeitspapier 5/2016. Berlin: RLS.

5) Vgl. Frank Decker (2000): Über das Scheitern des neuen Rechtspopulismus in Deutschland – Republikaner, Statt-Partei und der Bund freier Bürger. Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft 29, S. 237-255.

6) Katharina Behrend (1996): NPD – REP. Die Rolle nationalistischer Bewegungen im politischen System der Bundesrepublik Deutschland am Beispiel von NPD und Republikaner im historischen Vergleich. Regensburg: Roderer.
Institut für Staatspolitik (2007): Parteigründung von rechts. Schnellroda: Antaios.

7) Tobias Frank (2015): Die AfD bei der Bundestagswahl 2013 – Determinanten und Erklärungen ihres Wahlerfolgs. Marburg: Tectum.

8) Alexander Häusler/Rainer Roeser (2015): Die rechten »Mut«-Bürger – Entstehung, Entwicklung, Personal & Positionen der »Alternative für Deutschland«. Hamburg: VSA, S. 28-41.

9) David Bebnowski (2015): Die Alternative für Deutschland – Aufstieg und gesellschaftliche Repräsentanz einer rechten populistischen Partei. Wiesbaden: Springer VS, S. 29.

10) Ebd., S. 47 f.

11) AfD-Vize Gauland sieht Flüchtlingskrise als Geschenk. SPIEGEL ONLINE, 12.12.2015.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/afd-alexander-gauland-sieht-fluechtlingskrise-als-geschenk-a-1067356.html

12) Kai Pfundt (2016): „Die AfD-Wähler suchen Sündenböcke“ – Interview mit Forsa-Chef Manfred Güllner. Bonner General-Anzeiger, 15.2.2016.
http://www.general-anzeiger-bonn.de/news/politik/deutschland/Die-AfD-W%C3 %A4hler-suchen-S%C3 %BCndenb%C3 %B6cke-article3184840.html

13) Christoph Butterwegge/Gudrun Hentges/Gerd Wiegel (2018): Rechtspopulismus im Parlament – Polemik, Agitation und Propaganda der AfD. Frankfurt a.M.: Westend.

14) Nach dem Einzug der AfD in den Deutschen Bundestag 2017 veranschlagte die Rheinische Post die finanziellen Mittel, die der AfD in den folgenden Jahren in Land und Bund zur Verfügung stehen, auf ca. 400 Millionen Euro. Jeder weitere Einzug in ein Landesparlament und jede Verbesserung der Prozentzahlen beim Wiedereinzug lassen diese Mittel weiter ansteigen.

15) „Da wir ja nun offensichtlich drittstärkste Partei sind, kann sich diese Bundesregierung […] warm anziehen. Wir werden sie jagen, wir werden Frau Merkel oder wen auch immer jagen – und wir werden uns unser Land und unser Volk zurückholen.“ Alexander Gauland am 24.09.2017 zitiert nach br.de: Kampfansage nach Bundestagswahl – AfD-Politiker Gauland über Merkel: „Wir werden sie jagen“, 24.9.2017.
https://www.br.de/bundestagswahl/afd-politiker-gauland-ueber-merkel-wir-werden-sie-jagen-100.html

16) „Die patriotischen Parteien in Europa müssen sich damit abfinden, dass sie auf absehbare Zeit in keinem Land stärkste Kraft werden können. […] Als Leichtgewicht wird man in einem Kabinett aber nur am Katzentisch Platz nehmen dürfen – oder Opposition bleiben müssen. In diesem Fall kann man zwar […] als Protestpartei die besseren Ergebnisse erzielen, aber gewinnt ebenso wenig Einfluss auf die Gesetze und deren Umsetzung wie als Bummerl in einer Koalition. Wie rauskommen aus dem Dilemma? Es gibt noch einen anderen Weg zur Macht als den parlamentarischen, nämlich den plebiszitären. […] Asylpolitik fällt zwar in die Bundeskompetenz – aber die polizeiliche Durchführung ist Ländersache. Warum nicht in Sachsen und anderswo auf plebiszitärem Weg ein scharfes Abschiebegesetz an die Urnen bringen? Da würden sogar viele Wähler der Altparteien mitziehen.“ Jürgen Elsässer, Compact 11/2017, S. 3.

17) Lars Geiges/Stine Marg/Franz Walter/Julia Kopp (2015): PEGIDA – Die schmutzige Seite der Zivilgesellschaft. Bielefeld: transcript.
Hans Vorländer/Maik Herold/Steven Schäller (2016): PEGIDA – Entstehung, Zusammensetzung und Deutung einer Empörungsbewegung. Wiesbaden: Springer VS.
Karl-Siegbert Rehberg/Franziska Kunz/Tino Schlinzig (Hrsg.) (2016): PEGIDA – Rechtspopulismus zwischen Fremdenangst und »Wende«-Enttäuschung? Bielefeld: transcript.
Julian Schenke/Christopher Schmitz/Stine Marg/Katharina Trittel (2018): PEGIDA-Effekte? Jugend zwischen Polarisierung und politischer Unberührtheit. Bielefeld: transcript.

18) Fabian Virchow (2016): PEGIDA – Understanding the emergence and essence of nativist protest in Dresden. Journal of Intercultural Studies, Vol. 37, No. 6, S. 541-555.

19) Pegida Facebook (2015): Rede von Tatjana Festerling am Montag, 9.11.2015 (inzwischen nicht mehr abrufbar).
https://www.facebook.com/pegidaevdresden/posts/1008681939170229:0.

20) Vgl. Bente Gießelmann/Robin Heun/Benjamin Kerst/Lenard Suermann/Fabian Virchow (Hrsg.) (2016): Handwörterbuch rechtsextremer Kampfbegriffe. Schwalbach/Ts.: Wochenschau-Verlag.

21) cht/dpa: Polizeipräsident warnt vor Pogromstimmung. SPIEGEL ONLINE, 1.2.2016.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sachsen-polizei-warnt-vor-pogromstimmung-a-1075096.html

22) Vgl. Michael Haller/Martin Niggeschmidt (Hrsg.) (2012): Der Mythos vom Niedergang der Intelligenz – Von Galton zu Sarrazin: Die Denkmuster und Denkfehler der Eugenik. Wiesbaden: Springer VS.

23) Thorsten Gerald Schneiders (2013): In schlechtes Licht gerückt – Das Araberbild bei Thilo Sarrazin. In: Ders. (Hrsg.): Die Araber im 21. Jahrhundert – Politik, Gesellschaft, Kultur. Wiesbaden: Springer VS, S. 391-411.

24) jjc (2012010): Umfrage sieht großes Potential für Protestpartei. SPIEGEL ONLINE, 5.9.2010.
http://www.spiegel.de/politik/deutschland/sarrazin-debatte-umfrage-sieht-grosses-potential-fuer-protestpartei-a-715751.html

25) Gert Sudholt (2016): Ein Volk ohne Beispiel. Deutsche Geschichte, No. 6/2016, S. 4-5.

26) Vgl. Pro Asyl (2017): Gewalt gegen Flüchtlinge 2017 – Von Entwarnung kann keine Rede sein. 28.12.2017.
https://www.proasyl.de/news/gewalt-gegen-fluechtlinge-2017-von-entwarnung-kann-keine-rede-sein

27) Helmut Kellershohn (2016): Umvolkung. In: Gießelmann et al. (Hrsg.): Handwörterbuch rechtsextremer Kampfbegriffe, S. 282-297.

28) Thor von Waldstein (2015): Zum politischen Widerstandsrecht der Deutschen – Eine juristische Orientierungshilfe. Fassung vom 25.10.2015, S. 22; online unter sezession.de.
http://sezession.de/wp-content/uploads/2015/10/widerstandsrecht-waldstein1.pdf

29) Christoph Hofmayer (2015): Widerstandsschritte (7): Spontandemo in Laubegast. Gastbeitrag auf sezession.de vom 12.11.2015.
http://sezession.de/52121/widerstandsschritte-7-spontandemo-in-laubegast

30) Karlheinz Weißmann (2006): Lob der Krise. Sezession, Nr. 12, S. 8-12.

31) Helmut Kellershohn (2009): Widerstand und Provokation – Strategische Optionen im Umkreis des »Instituts für Staatspolitik«. In: Stephan Braun/Alexander Geisler/Matin Gerster (Hrsg.): Strategien der extremen Rechten – Hintergründe – Analysen – Antworten. Wiesbaden: Springer VS, S. 259-289.

32) Gerhard Schäfer (1999): Karlheinz Weißmann – Gildenschafter zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus. In: Christoph Butterwegge/Gudrun Hentges (Hrsg.): Alte und neue Rechte an den Hochschulen. Münster: Agenda, S. 130-146, hier S. 130.

33) Aram Mattioli (2001): Jakob Burckhardt und die Grenzen der Humanität. Wien/Linz/Weitra/München: Edition München – Bibliothek der Provinz.

34) Martin Langebach/Jan Raabe (2016). Die »Neue Rechte« in der Bundesrepublik Deutschland. In: Fabian Virchow/Martin Langebach/Alexander Häusler (Hrsg.): Handbuch Rechtsextremismus. Wiesbaden: Springer VS, S. 561-592, hier S. 582.

35) Karlheinz Weißmann (2006): Lob der Krise. Sezession, Nr. 12, S. 12.

36) Jost Bauch (2006): Wer bringt die Verhältnisse zum Tanzen? Sezession, Nr. 12, S. 14-20.

37) Ebd., S. 20.

38) Fabian Virchow (2007): Von der »antikapitalistischen Sehnsucht des deutschen Volkes« – Zur Selbstinszenierung des Neofaschismus als Anwalt der »kleinen Leute«. Utopiekreativ, Nr. 198, S. 352-360.
Ders. (2007): Die extreme Rechte als globalisierungskritische Bewegung? In: Arne Niederbacher und Ivonne Bemerburg (Hrsg.): Die Globalisierung und ihre Kritik(er). Wiesbaden: Springer VS, S. 215-232.

39) Helmut Kellershohn (2018): Die Sozial- und wirtschaftspolitische Debatte der AfD und der Neuen Rechten. DISS-Journal, Nr. 35, S. 6-10.
Tim Ackermann (2018): „Den sozialistischen Auftrag übernehmen, den die Linke verraten hat“. Sozialpopulismus und völkischer »Antikapitalismus« – Rechte Angriffe auf die Gewerkschaften bei der Betriebsratswahl 2018. DISS-Journal, Nr. 35, S. 11-14.

40) Thoralf Trenkmann (2003): Abdankung der wirtschaftlichen Vernunft. Deutsche Stimme, Nr. 8, S. 8.

41) F.F. (2002): Frankfurter Schule als Ursache des Bildungsnotstandes. Das Freie Forum, Nr. 3, S. 7-9.

42) Kurt Lenk (2005): Das Problem der Dekadenz seit Georges Sorel. In: Heiko Kauffmann/Helmut Kellershohn/Jobst Paul (Hrsg.): Völkische Bande – Dekadenz und Wiedergeburt. Analysen rechter Ideologie. Münster: Unrast, S. 49-63, hier S. 50.

43) Fabian Virchow (2018): „Brecht den roten Uni-Terror!“ – »1968« im Visier der extremen Rechten. FORENA Working Paper 2018-01. Düsseldorf: FORENA.

44) IfS – Institut für Staatspolitik (2008): ’68 – Ursachen und Folgen. Albersroda: IfS, S. 29.

45) Karlheinz Weissmann (2009): Gründungsmythos in Gefahr. Junge Freiheit, Nr. 24, S. 13.

46) Karl Richter (2008): Die 68er und ihr Werk. In: Gesellschaft für freie Publizistik (Hrsg.): Vierzig Jahre Volkszerstörung – »1968« und die Folgen. Oberboihingen: GfP, S. 6-12, hier S. 6.

47) Wilhelm Heitmeyer (2001): Autoritärer Kapitalismus, Demokratieentleerung und Rechtspopulismus. In: Dieter Loch/ders. (Hrsg.): Schattenseiten der Globalisierung. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 497-534, hier S. 506 ff.

48) Hans-Georg Betz (2001): Radikaler Rechtspopulismus im Spannungsfeld zwischen neoliberalistischen Wirtschaftskonzepten und antiliberaler autoritärer Ideologie. In: Dieter Loch/Wilhelm Heitmeyer (Hrsg.): Schattenseiten der Globalisierung. Frankfurt a.M.: Suhrkamp, S. 167-185.
Jörg Flecker/Gudrun Hentges (2004): Rechtspopulistische Konjunkturen in Europa – sozio­ökonomischer Wandel und politische Orientierungen. In: Joachim Bischoff/Klaus Dörre/E. Gauthier (Hrsg.): Moderner Rechtspopulismus. Hamburg: VSA, S. 119-148.

49) Knut Bergmann/Matthias Diermeier/Judith Niehues (2017): Die AfD – Eine Partei der sich ausgeliefert fühlenden Durchschnittsverdiener? Zeitschrift für Parlamentsfrage, Nr. 1, S. 57-75.

50) Richard Hilmer/Bettina Kohlrausch/Rita Müller-Hilmer/Jérémie Gagné (2017): Einstellung und soziale Lebenslage. Working Paper 044. Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung.

51) Holger Lengfeld (2017): Die »Alternative für Deutschland« – eine Partei der Modernisierungsverlierer? Kölner Zeitschrift für Soziologie und Sozialpsychologie 69, S. 209-232.

52) Hanspeter Kriesi/Takis S. Pappas (Hrsg.) (2015): European Populism in the Shadow of the Great Recession. Colchester: ECPR Press.

53) Petra Wlecklik (1993): Multikultur statt Deutschtum? Bonn: Protext Verlag.
Lutz Hoffmann (1994): Das deutsche Volk und seine Feinde. Die völkische Droge – Aktualität und Entstehungsgeschichte. Köln: PapyRossa.

54) Horst Kahrs (2018): Politische Suchbewegungen in Zeiten tiefer sozialer Transformation. In: Martin Beck/Ingo Stützle (Hrsg.): Die neuen Bonapartisten – Mit Marx den Aufstieg von Trump & Co. verstehen. Berlin: Karl Dietz Verlag, S. 129-148.

55) Ebd., S. 135.

56) Ebd., S. 141.

57) Dieter Sauer/Ursula Stöger/Joachim Bischoff/Richard Detje/Bernhard Müller (2018): Rechtspopulismus und Gewerkschaften. Hamburg: VSA.

58) Sebastian Reinfeldt (2018): »Rebellierende Selbstunterwerfung« – Gab es jüngst einen 18. Brumaire in Österreich? In: Martin Beck/Ingo Stützle (Hrsg.): Die neuen Bonapartisten – Mit Marx den Aufstieg von Trump & Co. verstehen. Berlin: Karl Dietz Verlag, S. 149-167, hier S. 156.

59) Klaus Dörre/Sophie Bose/John Lütten/Jakob Köster (2018): Arbeiterbewegung von rechts? Motive und Grenzen einer imaginären Revolte. Berliner Journal für Soziologie.
https://doi.org/10.1007/s11609-018-0352-z

60) Ebd, S. 25.

61) Vgl. dimap – das Institut für Markt- und Politikforschung GmbH (2016): Sachsen-Monitor 2016. Bonn: dimap.
https://www.staatsregierung.sachsen.de/download/staatsregierung/Ergebnisbericht_Sachsen-Monitor_2016.pdf
Heinrich Best/Steffen Niehoff/Axel Salheiser/Lars Vogel (2016): Politische Kultur im Freistaat Thüringen. Gemischte Gefühle – Thüringen nach der »Flüchtlingskrise«. Ergebnisse des Thüringen-Monitor 2016. Jena: FSU.
https://www.thueringen.de/mam/th1/tsk/thuringen-monitor_2016_mit_anhang.pdf

62) Heike Kleffner/Anna Spangenberg (Hrsg.) (2016): Generation Hoyerswerda – Das Netzwerk militanter Neonazis in Brandenburg. Berlin: be.bra Verlag.

63) Der Flügel (2015): Die »Erfurter Resolution« – Wortlaut und Erstunterzeichner. derfluegel.de.
https://www.derfluegel.de/2015/03/14/die-erfurter-resolution-wortlaut-und-erstunterzeichner/

64) ZEIT ONLINE (2016): Höcke bedankt sich bei Pegida. 9.4.2016.
https://www.zeit.de/politik/deutschland/2016-04/afd-bjoern-hoecke-pegida-wegbereiter-wahlerfolg

65) Martin Kroh/Karolina Fetz (2016): Das Profil der AfD-AnhängerInnen hat sich seit Gründung der Partei deutlich verändert. DIW-Wochenbericht, Nr. 34/2016, S. 711-719, hier S. 717.

Fabian Virchow ist Professor für Politikwissenschaft an der Hochschule Düsseldorf und leitet dort den Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus (forena.de). Von 2007 bis 2010 war er verantwortlicher Redakteur von »Wissenschaft und Frieden«. Zuletzt war er Mitherausgeber des »Handbuch Rechtsextremismus« (Springer VS) und des »Handwörterbuch Kampfbegriffe der extremen Rechten« (Wochenschau-Verlag) sowie Autor einer Publikation zur Geschichte des Rechtsterrorismus in der Bundesrepublik Deutschland (Landeszentrale für politische Bildung Thüringen). Die beiden letztgenannten erscheinen in Kürze in überarbeiteten Neuauflagen.

FORENA

Der Forschungsschwerpunkt Rechtsextremismus/Neonazismus der Fachhochschule Düsseldorf (FORENA) existiert seit 1987. Die Auseinandersetzung mit der organisierten extremen Rechten, mit Rassismus und Antisemitismus ist Teil des Lehrangebots im Fachbereich Sozial- und Kulturwissenschaften. Aktuelle Forschungsprojekte befassen sich z.B. mit der »Alternative für Deutschland« (AfD), mit der Wirkung von Verboten extrem rechter Vereinigungen, aber auch mit Praxen der Erinnerung an rechte Gewalt. Im Zweijahresabstand vergibt FORENA Preise an thematisch einschlägig arbeitende junge Wissenschaftler*innen. Zudem existiert an der Hochschule Düsseldorf ein Erinnerungs- und Lernort, da auf dem Gelände in den frühen 1940er Jahren der Sammelpunkt der jüdischen Bevölkerung war, von wo die Menschen deportiert wurden. FORENA gibt bei Springer/VS eine Buchreihe zur extremen Rechten heraus und informiert regelmäßig im FORENA-FORUM über seine Arbeit. In der neuen Reihe »Working Paper« ist jetzt das erste Heft zur Sichtweise der extremen Rechten auf die 68er-Bewegung erschienen.

Mehr Informationen unter www.forena.de