Gender im Visier

Gender im Visier

von María Cárdenas

Als wir uns in der Redaktion für den Themenschwerpunkt »Gender« entschieden, waren wir zunächst gespalten. Die Entscheidung dafür beruhte auf dem Gedanken, »es müsse mal wieder etwas dazu geschrieben werden«, wir fragten wir uns aber auch, ob wir zu diesem vermeintlich so allgegenwärtigen Thema in W&F nicht schon alles gesagt hätten. Die Institutionalisierung von Frauen- und Geschlechterforschung, internationale Resolutionen, wie 1325 des UN-Sicherheitsrates (Meinzolt sowie Seifert in diesem Heft), nationale Gesetzeserlässe gegen Diskriminierung, für die Gleichberechtigung der Geschlechter und zum Teil auch der LGBTQI (Lesben, Schwule, Bisexuelle, Trans, Queer und Intersexuelle) sowie für sexuelle Selbstbestimmung scheinen selbst in die konservativsten Kreise der Welt vorzudringen. Geberfinanzierte Projekte der internationalen (Entwicklungs-) Zusammenarbeit setzen in vielen Ländern seit Jahren eine gendersensible Durchführung voraus und fördern de jure oder de facto Gendergleichheit durch Projekte, die von der »Guten Regierungsführung« bis hin zu Katasterreformen gehen. Ist die Berücksichtigung von Gender obsolet geworden? Keinesfalls.

Wir leben nicht nur in einer Zeit, in der sich innergesellschaftliche und internationale Konflikte scheinbar täglich verschärfen, an den so unverrückbar geglaubten Fundamenten der (relativen) deutschen Einheit und der Europäischen Union rütteln und an unsere eigene Haustür klopfen. »Gender«, d.h. die soziale Kategorie Geschlecht und Fragen der sexuellen Orientierung und Selbstbestimmung, ist darüber hinaus auch tief verwurzelt in unseren gesellschaftlichen Konfliktlinien und wirkt in die Wahrnehmung von Konflikten und ihrer Lösung hinein. In Kolumbien hat die Panikmache vor einer »Gender-Ideologie« jüngst zu einer Aushöhlung des weltweit progressivsten Friedensabkommens geführt und Ende Juni die Wahl von Ivan Duque als neuem Präsidenten gefördert – dessen Partei unter Ex-Präsident Alvaro Uribe versprach, das, was vom Friedensabkommen übrig ist, „in Stücke zu schlagen“.

Doch wo genau liegt der Zusammenhang zwischen Gender und Konflikt bzw. Krieg? Gender darf nicht losgelöst von anderen sozialklassifikatorischen Kategorien, wie vermeintlicher oder realer Herkunft, phänotypischen Merkmalen, ethnischer Zugehörigkeit, Religion und Klasse, gedacht werden. Vielmehr entfaltet Gender erst in der Intersektionalität eine Wirkungsmacht für Krieg und Frieden und für den Diskurs darüber, der immer stärker von antifeministischem und gleichermaßen rechtskonservativem Autoritarismus dominiert wird. Militarisierte Männlichkeitsbilder dienen somit auch dem Zweck, ins Rutschen gekommene patriarchale Machtstrukturen erneut zu festigen, wie Ralf Buchterkirchen historisch am deutschen und Alejandra Londoño ganz aktuell am kolumbianischen Fall zeigen.

In dieser Konjunktur haben anti-feministische und neopatriarchale Diskurse und die Rückkehr zur alt-neuen militärischen Männlichkeit mit Verweis auf die Rettung gesellschaftlicher Werte auch in Deutschland, Europa und den USA an Land gewonnen. Dies äußert sich in sinkenden Budgets für feministische und queere Forschung, hat remilitarisierende Ausmaße und fördert Konflikte, Fremdenfeindlichkeit und Rassismus durch Diskurse zur Bewertung der »Gefährlichkeit« und »Integrationsfähigkeit« von (männlichen) Asylbewerbern, das Aufstocken der militärischen Ausgaben und die ansteigende Akzeptanz von »racial/male profiling«. Traditionelle Genderrollen und die ihnen innewohnende sexuelle Gewalt sind nicht nur ein Problem in Nachkriegszeiten (Hornberger), sondern wirken sich auch auf die Nutzung und das Verständnis von Kriegstechnik aus, wie Ray Acheson uns eindringlich zeigt.

Die linke und die Friedensbewegung tragen hier eine Mitverantwortung, da sie es bislang nicht vermögen, selbstbewusst und ernsthaft ein transversales und inklusives Genderverständnis als Voraussetzung für positiven Frieden zu verteidigen und zu verinnerlichen, und stattdessen rechtem patriarchalem Gedankengut eher hinterherlaufen und Gender als »zweitrangiges Problem« hintanstellen (Brunner und Londoño). In der Wissenschaft wurde zwar die Rolle der Frau ausdifferenziert und ihre aktive Teilhabe an Kriegsgeschehen und Friedensbildung hervorgehoben, jedoch der gesellschaftliche Nexus von militärischer Männlichkeit kaum dekonstruiert (Bausch und Rehmann). Das aktuelle und erschütternde Beispiel des kolumbianischen Friedensabkommens, das auch eine Neuverhandlung der gesellschaftlichen Verhältnisse vorsah, beweist, dass ohne eine Abkehr von Geschlecht als zentralem Herrschaftsinstrument auch keine Hinwendung zu positivem Frieden möglich sein kann.

Gender ist im Visier – militärisch, diskursiv und politisch. Die Heftartikel zeigen, dass Genderanalysen keine Fußnoten sein dürfen“ (Acheson). Nur wenn Krieg/Gewalt und Gender ernsthaft zusammengedacht werden, können wir als Friedensbemühte Gewalt und Krieg verstehen und damit auch erst dazu beitragen, sie nachhaltig zu überwinden.

Ihre
María Cárdenas

Männlichkeit im Militär


Männlichkeit im Militär

Historische Zugänge und Ansatzpunkte für die Friedensarbeit

von Ralf Buchterkirchen

Anhand der Konstruktion hegemonialer Männlichkeit im Militär wird in diesem Beitrag untersucht, wie Geschlecht als Kategorie genutzt wird, um widerständiges Verhalten zu sanktionieren und zu verhindern. Ausgangspunkt ist dabei der Umgang der NS-Militärjustiz mit Deserteuren und so genannten Wehrkraftzersetzern. Aus diesem Blickwinkel wird herausgearbeitet, welche Folgen sich aus diesen Erkenntnissen für die Friedensarbeit ziehen lassen.

Der Militärstand und seine Manifestation nach außen – die Uniform – stehen für eine Institution, in der Gewalt, die über den zivilen Rahmen der bürgerlichen Gesellschaft hinaus geht, Akzeptanz findet. Die zivile Sphäre und das Militär sind sich so wesensfremd, dass Überschneidungen tunlichst vermieden werden. Das führt zu gegenseitiger Abgrenzung und verhindert zivilgesellschaftliche Interventionen in den Militärstand. Dies traf insbesondere vor Einführung der ­Wehrpflicht zu. Damals trugen Söldner – zum Kriegshandwerk ausgebildete und flexibel verfügbare Einheiten – die militärischen Konflikte aus. Sie agierten komplett getrennt von der zivilen Gesellschaft und mit einem eigenen Strafsystem und Selbstverständnis – und wurden in der zivilen Gesellschaft verachtet.

Dies änderte sich mit der Einführung der Wehrpflicht ab Ende des 18. Jahrhunderts. Sie führte zu weitreichenden Verschränkungen zwischen dem zivilen und dem militärischen Bereich, die von der Einführung eines bürgerlichen Reserveoffizierkorps bis hin zur Abschaffung von Körperstrafen reichten. Im Kern blieben sich der zivile und der militärische Bereich dennoch fremd, insbesondere weil die »Kernkompetenz« des Soldaten – die Ausübung von Gewalt – im Zivilen nicht geschätzt wird.

Im Militär hingegen wird die physische Gewalt gezielt ein- und ausgeübt; es geht darum, die Tötungshemmung gegenüber Menschen zu überwinden, auf Befehl (und nicht aufgrund eigener Entscheidung) zu töten und dabei die Angst vor dem eigenen Tod zu überwinden. Dies wird über gruppendynamische Prozesse, wie Kameradschaft, über die Kasernierung und eine Disziplinarordnung, die bis zur Todesandrohung bei »Feigheit vor dem Feind« reichen konnte, bewerkstelligt. Disziplinierung und Sanktionen sind entsprechend wichtige Grundpfeiler der militärischen Sozialisation. Dabei geht es nicht nur darum, »Gehorsam zu lernen«, sondern den eigenen Charakter komplett umzubauen, bis hin zur Selbstverleugnung. (Siehe dazu Steube, S.: Militär und Männlichkeit, S. 10, in dieser Ausgabe.)

Entwicklung von Männlichkeit im Militär

Erste Wehrpflichtentwürfe des preußischen Staates sahen vor, dass neben Gefängnis auch der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte drohte, wenn sich ein Staatsbürger der Wehrpflicht entzog. Und in der Tat war die Begeisterung für den Zwangsdienst selbst im ökonomisch schlecht gestellten Proletariat gering.1 Warum sollten sich junge Männer zu einem Dienst verpflichten lassen, der ihnen nur Lebenszeit, vielleicht sogar das Leben selbst raubte? Neben Druck kam daher auch die Propagandamaschine zum Einsatz: Einerseits wurde an die Männlichkeit appelliert,2 andererseits wurde Krieg immer weniger als »Krieg der Regierungen« denn als »Krieg der Nationen« dargestellt.

Damit verfolgten die Herrschenden zwei Ziele: Zum einen wurde Krieg zur »Volkssache«, und es erfolgte eine Überhöhung des Kämpferischen: Es galt, »seinen Mann zu stehen«. Zum anderen konnte über die Abgrenzung zum Nichtmann/Nichtmilitär auch ein sozialer Status erlangt werden, der im zivilen Leben verwehrt blieb. Der Wehrdienst verknüpfte das »Positivbild« des Soldaten (stark, tapfer, männlich) mit dem Nationalen, mit »Patriotismus«. Da von der Wehrpflicht weite Teile der Bevölkerung betroffen waren, verschwand bald das Negativimage des Militärs, und es setzte ein Gefühl von größerer Gleichheit unabhängig vom eigentlichen sozialen Stand ein. Von größter Bedeutung war dabei: Männer gehörten der Institution Militär an, weil sie Männer waren. Das führte zur Selbstvergewisserung der eigenen Männlichkeit und zur Abgrenzung gegenüber Weiblichkeit. Die Wehrpflicht wurde so zur Institution, die den Jüngling zum Manne bildet. Die Einführung der Wehrpflicht formte die Körper und das Denken ganzer Generationen. Der soldatische Habitus wurde auch zum zivilen Vorbild für Männlichkeit (Fritsche 2015, S. 61 ff.).

Wir haben es also mit Einführung der Wehrpflicht mit einem völlig neuen Rollen- und Selbstverständnis zu tun – übrigens in Bezug auf beide sozial vorgesehenen Geschlechter. Neben der militärischen männlichen Sicht entstand die weibliche, die – zumindest für die bürgerlich Privilegierten – auf Kinder und Familie ausgerichtet war. Männer standen in den Familien den Frauen vor, beherrschten sie. Erzieherinnen und Mütter hatten die Aufgabe, diese »Werte« an die Kinder weiterzuvermitteln. Das mit der Wehrpflicht gefestigte Geschlechterbild wurde immer weniger in Frage gestellt, ja, geradezu ahistorisch als schon immer dagewesen gesetzt.

Wie stabil dieses geprägte Bild von Männlichkeit war, zeigt die militärische Niederlage im Ersten Weltkrieg. Schuld an der Niederlage – so die weitverbreitete und kaum hinterfragte Ansicht – waren nicht die »starken Männer«, die »ehrenhaften Soldaten«. Schuld waren die »Schwächlinge«, »Vaterlandsverräter« – also die Kriegsmüden, Sozialdemokraten, Kommunisten, die »Heimatfront«. Die Mär von der im Felde unbesiegten Armee ging um. Diese »Dolchstoßlegende« erlaubte es den Soldaten (und vor allem den Offizieren), ihre Männlichkeit und »Ehre« zu erhalten. Der Historiker Wolfram Wette beschreibt das Gefühl der Soldaten wie folgt:

„Freikorpskämpfer und Freikorpsautor Friedrich Wilhelm Heinz notierte: ‚Man redet uns vor, dass der Krieg nun zu Ende sei. Wir lachten darüber. Denn der Krieg, das waren wir selbst. Seine Flamme brannte in uns fort und umzog unser ganzes Tun mit dem glühenden und unheimlichen Bannkreis der Zerstörung.‘ Aus dieser Perspektive betrachtet, traf der verlorene Krieg das Männlichkeitsgefühl mehrerer deutscher Männergenerationen an der empfindlichsten Stelle, nämlich in der Überzeugung zu Kriegern und Siegern geboren zu sein. Daher weigerten sich die soldatischen Männer, die Realität der Niederlage Deutschlands und des Kriegsendes zur Kenntnis zu nehmen. Sie spürten, dass sie nicht mehr für das zivile Leben taugten und dass sie mit dem Frieden nichts anzufangen wussten. Er erschien ihnen als Bedrohung, als eine Neuauflage der trostlosen Zeit vor 1914. Daher fühlten sie sich unter einem inneren Zwang weiterkämpfen zu müssen, egal wo und egal gegen wen. Sie glaubten, sie hätten einen Anspruch auf ein Leben in der Gewalt.“ (Wette 2011, S. 145 f.)

Die aus dem Krieg wiederkehrenden Soldaten fanden nur schwer oder gar nicht in die zivile Welt zurück. Viele verdingten sich in Freikorps und anderen männerbündischen Vereinen. Dies wiederum bewirkte eine starke Militarisierung der gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der Weimarer Zeit, insbesondere aufseiten der Antidemokraten. In Kombination mit dem Bild des »Schanddiktates von Versailles« und der Dolchstoßlegende war dies eine der Grundlagen für die kommende NS-Diktatur.

Deserteure und »Wehrkraft­zersetzer« als Antipoden zum soldatischen Leitbild

Die Gleichsetzung von Männlichkeit und Soldat war ein zentrales Element der sich herausbildenden militärischen Ordnung. Nun wurde aber nicht der »Soldatenberuf« bzw. die Wehrdienstzeit an sich militärisch und in wachsendem Maße auch gesellschaftlich als förderlich angesehen, vielmehr wurde der dem Drill, der Disziplin und vor allem der Unterwerfung in einer hierarchischen Ordnung innewohnende Erziehungseffekt zunehmend positiv bewertet. Hinzu kam als strukturierendes Element die Kameradschaft, die mithelfen sollte, eigene Netzwerke bzw. Wohlfühlstationen zu haben und sich gegen die Nichtkameraden abzugrenzen; ihre Bedeutung wurde noch durch die heldische Überhöhung der »eigenen Kameradschaft« und die Abwertung des Gegners verschärft.

Das heroische Männlichkeitsbild als soldatisches Leitbild wurde zudem rassistisch aufgeladen; dies verstärkte sich mit dem Aufkommen des Nationalsozialismus. Kameradschaft galt als Vorbild für die »Volksgemeinschaft« und war Ausgangspunkt für das soldatische Freund/Feind-Denken: In der NS-Zeit – wie bereits in der Endphase der Weimarer Republik – wurde in der Gesellschaft die Idee einer »arischen Herrenrasse« und die Vernichtung des Judentums propagiert; insbesondere jüdische Männer wurden als vermeintliche »Schwächlinge« diskreditiert. Das Bild der »überlegenen Herrenrasse« sorgte für einen gewaltigen Konformitätsdruck unter den Soldaten und hilft, das Dogma vom »Kämpfen bis zum Untergang« zu verstehen.

Schon vorher genutzt, kam durch die NS-Ideologie verstärkt einem weiteren Begriff große Bedeutung zu: der »Manneszucht«. »Manneszucht« umschrieb den bedingungslosen militärischen Gehorsam und stand für alle Eigenschaften, die ein Wehrmachtssoldat zu zeigen hatte: Tapferkeit, Opferbereitschaft, Kollektivismus, Treue, Mut, Kameradschaft, Loyalität. Dem entgegen standen unsoldatische, ergo unmännliche, Tugenden, wie Individualismus, Aufmüpfigkeit, eigenes Denken und Handeln oder »Feigheit vor dem Feind«. »Manneszucht« war eine Zusammenfassung dessen, was das Militär von funktionierenden Soldaten erwartete. Die »Aufrechterhaltung der Manneszucht« war ein grundlegendes Merkmal der einschlägigen Militärjustiz der NS-Zeit. In der Fassung der Kriegssonderstrafrechtsverordnung vom 18.3.1943 hieß es etwa: „Personen, die dem Kriegsverfahren unterliegen, sind wegen strafbarer Handlungen gegen die Manneszucht oder das Gebot soldatischen Mutes unter Überschreitung des regelmäßigen Strafrahmens mit Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren, mit lebenslangem Zuchthaus oder mit dem Tode zu bestrafen, wenn es die Aufrechterhaltung der Manneszucht oder die Sicherheit der Truppe erfordert.“

Dieser Straftatbestand entzog sich einer objektiven Bewertung – und er wurde im Nationalsozialismus exzessiv herangezogen. Die Begriffe »gesundes Volksempfinden« und »Manneszucht« waren rasch bei der Hand. So äußerte beispielsweise der Soldat Otto Rischbieter im Kreise seiner Mitsoldaten 1941, mit dem Angriff auf die Sowjetunion sei der Krieg verloren. Er wurde denunziert, wegen Wehrkraftzersetzung zum Tode verurteilt und im Zuchthaus Brandenburg hingerichtet. Robert Gauweiler, ein hannoverscher Kommunist, wurde 1944 wegen der Äußerung „Diesen Krieg verlieren wir“ von anderen Soldaten angezeigt, von einem Militärgericht verurteilt und hingerichtet. Die Urteilsbegründung – Notwendigkeit der Aufrechterhaltung der Manneszucht – zeigt, wie massiv die Angst vor der Missachtung gesetzter Geschlechterbilder und der mit diesen verknüpften militärischen Ordnung den Umgang der Nationalsozialisten mit Gehorsamsverweigerung bestimmte. (Alle Beispiele aus Buchterkirchen 2011.) Während des Zweiten Weltkrieges wurden ca. 30.000 Todesurteile wegen Gehorsamsverweigerung gefällt, davon ca. 20.000 wegen Desertion und ca. 5.000 bis 6.000 wegen des Vorwurfs der Wehrkraftzersetzung. Etwa 21.000 dieser Urteile wurden vollstreckt.3

Die Rolle von Männlichkeit in der Wehrmacht lässt sich am besten am Beispiel derer aufzeigen, denen die Männlichkeit abgesprochen wurde: »Drückeberger«, »Vaterlandsverräter«, »Schwächlinge«, »Feiglinge«, »Volksschädlinge« sind die Begriffe, die in der NS-Zeit für sie genutzt wurden. Gemeint sind Deserteure, die aus unterschiedlichen Gründen nicht mehr mitmachen wollten oder konnten. Die Wortwahl zeigt, dass die Haltung der Deserteure im Nationalsozialismus als »entmannend« abgewertet wurde. Zudem wurden den Deserteuren als Teil des Urteils die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt, ebenso die »Wehrwürdigkeit«. (Als »wehrunwürdig« wurden Personen bezeichnet, die zivil oder militärgesetzlich zu Zuchthausstrafen verurteilt worden waren oder als »Staatsfeinde« galten.) Die Verurteilten wurden also aus der Männergemeinschaft ausgestoßen, bevor sie hingerichtet wurden. Mit der Abwertung der »Wehrkraftzersetzer«, die der Kriegsdienstverweigerung, der Selbstverstümmelung oder einer »zersetzenden« Äußerung beschuldigt wurden, und der Deserteure wurde symbolisch die soldatische Ehre der Truppe wiederhergestellt und der Druck auf potentielle Abweichler erhöht. Geschlechternormen dienten hier als Handlungsinstrument. Mit dem bis zum Ende kämpfenden, »ehrenvollen«, »manneszüchtigen«‚ »sauberen«, »mannhaften« Soldaten lässt sich u.a. die Legende der »sauberen Wehrmacht« erklären.

In der gesellschaftlichen Pyramide standen Deserteure weit unten. Selbst »arische« Frauen, in der Hierarchiepyramide weit hinter den »arischen« Männern, galten als ehrenhafter. Der im Nationalsozialismus in Bezug auf nicht ausreichend vorzufindenden Gehorsam abfällig verwendete Begriff der »Weiblichkeit« war eine Metapher für das Andere, Nicht-Militärische. Über diese Abgrenzung des Anderen wurde des Weiteren die männlich-heterosexuelle Norm abgesichert.

Diese Norm fand ihren Ausdruck ebenfalls in der Justiz. Viele Kriegsgerichtsurteile suchten eine »Gemeinschädlichkeit« zu konstruieren und nachzuweisen. Menschenverachtende Bewertungen der Verurteilten mit Begriffen wie »Psychopath«, »asozial«, »minderwertig« und »Wehrmachtsschädling«‚ »Volksfeind«, »Zersetzer« finden sich häufig in Kriegsgerichtsakten.4 Maria Fritsche verweist darauf, dass Desertion u.a. durch den Wehrmachtsrichter und späteren (in der Bundesrepublik) Rektor der Universität Marburg, Erich Schwinge, außerdem pathologisiert und ein direkter Zusammenhang zwischen Schwachsinn, psychischer Labilität und Desertion hergestellt wurde. Desertion sei also nicht als Akt der Auflehnung, sondern als krankhafte unmännliche Reaktion bewertet worden (Fritsche 2015, S. 69).

Die Flucht aus der Armee erfolgte vielfach aus dem Heimaturlaub. Dort war Zeit für Reflexion, man war dem Irrsinn des Krieges für eine kurze Zeit entflohen, man bewegte sich nicht in den gewohnten Männer- und Kameradschaftsstrukturen.

Gesellschaftliche Reaktion

Die gesellschaftlichen Reaktionen während des Krieges ließen diese tief verinnerlichte Männlichkeitskonstruktion dauernd zum Vorschein kommen. In Gnadengesuchen und den wenigen vorhandenen Briefen ist viel von »Scham« die Rede. Auch heute noch kommt es bei Recherchen zu Deserteuren vor, dass man auf eine Mauer des Schweigens stößt oder darüber berichtet wird, dass nie über die betroffenen Angehörigen gesprochen wurde, sie tabu waren. Auch in der gesellschaftspolitischen Auseinandersetzung wurde das gesellschaftliche Tabu erst in den 1990er Jahren aufgebrochen, und es konnte eine Rehabilitierung der wegen Wehrkraftzersetzung oder Fahnenflucht Hingerichteten erfolgen.

Die derzeit stattfindende Veränderung des Soldatenbildes in der Bundeswehr ist hingegen zwiegespalten. Die Öffnung der Armee für Frauen hat keine wesentlichen Veränderungen männlicher Normen gebracht, vielmehr wurden die Frauen in der Bundeswehr in die männlichen Strukturen integriert, sie wurden im sozialen Sinne »vermännlicht«. Gegenwärtig scheint es einige Veränderungen zu geben, die jedoch eher werbenden Ursprung haben: Hochqualifizierte IT-Expert*innen lassen sich eben nicht mit martialischer Kameradschaft gewinnen. Die Bundeswehr lässt sich nicht mit der Wehrmacht vergleichen, Strukturen von hegemonialer Männlichkeit, Sozialisation auf Basis von Befehl und Gehorsam und die daraus folgenden Männlichkeitsideale sind aber bis heute Kern des Selbstverständnisses. Nicht nur die in letzter Zeit regelmäßig auftauchenden Skandale um Initiationsriten u.ä. sind dafür Indikatoren.

Erkenntnisse für die Friedensarbeit

Eine grundlegende Erkenntnis aus dem bislang Gesagten ist die untrennbare Verwobenheit von Militär und Männlichkeit. Das Konstrukt »Männlichkeit« ist konstituierend für das Militär. Daraus folgt, dass es bei der Friedensarbeit (auch) darum gehen muss, die Männlichkeitsentwürfe der Gesellschaft zu ändern. »Geschlecht« muss pluraler und individueller definiert werden, und vorgefertigte Rollen und Verhaltensmuster sind in Frage zu stellen. Dirck Linck schreibt in Bezug auf den Vietnam-Krieg:

„Der heldenhafte Körper geriet nicht zufällig in den Blick; er war den Jugendlichen extrem präsent als massenmedial zirkulierender Körper, der in Vietnam tötete und aus Vietnam als fetischisierter Leichnam zurückkehrte. Als vollkommener Ehemann. Er war Teil der inneren Codierungen der Jugendlichen, deren Widersprüchlichkeit neue Identifikationen hervortrieb. Wer jetzt noch auf der Suche nach Identität war, orientierte sich an »Weiblichkeit« und verweigerte den Kriegsdienst.“ (Linck 2016, S. 79).

Der starke Fokus auf der soldatischen Männlichkeit ist eine Achillesferse des Militärischen. Mit ihrer Hinterfragung, Lächerlichmachung und dem Aufzeigen der Absurdität dieser soldatischen Männlichkeitskonstrukte lässt sich militärisches Denken und Handeln in Frage stellen. Nicht ohne Grund wurden die vielen Skandale über entwürdigende Rituale jahrelang nicht aufgedeckt – sie gehörten scheinbar dazu. Erst die Infragestellung dieser Männlichkeitsnormen aus der Zivilgesellschaft heraus führte zur Aufklärung der ritualisierten Vorkommnisse.

Aus diesem Widerspruch zwischen dem eigenen Empfinden und der geforderten Unterordnung unter konservative Rollenbilder lassen sich Ansätze emanzipatorischer Friedensarbeit ableiten. Dazu gehört es für Männer, ein eigenes Verständnis von Männlichkeit und Geschlecht zu entwickeln. Hier könnte die Auseinandersetzung mit dem Deserteursthema weiterhelfen. Positive Bezugspunkte zu Menschen, die sich dem Töten verweigern, schaffen, ohne sie zu Helden zu überhöhen, alternative Vorbilder. Der Deserteur Willi Rehse war beispielsweise ein typischer Jugendlicher, der gerne Grenzen auslotete (Verspätungen beim Zapfenstreich, Besuch der Freundin in der Kaserne …), was zu einer Eskalation der Strafen führte, an deren Ende seine Hinrichtung stand.5 Seine Geschichte enthält für heutige Heranwachsende viele Berührungspunkte zur eigenen Biographie. Rehse taugt nicht als Held im klassischen Sinne, zeigt aber plastisch die Absurdität des Militärs auf. Hier kann Erinnerungsarbeit einen wichtigen Baustein zur Erkenntnis und Selbsterkenntnis leisten. Durch die Einbeziehung der Kategorie Geschlecht lassen sich Erinnerungsarbeit und Lernorte neu aufstellen und besetzen und damit auch Gegenstrategien im Sinne eines »Nie wieder!« entwickeln. Ebenfalls zu überlegen wäre, wie mit diesem Fokus auch das öffentliche Gedenken anders gestaltet werden könnte.

Anmerkungen

1) Für die bürgerlichen Privilegierten kamen zunehmend Möglichkeiten auf, ihre Kinder vom Wehrdienst freizukaufen. Die Führungspositionen im preußischen Militär waren hingegen eine Domäne des Adels (in Frankreich des privilegierten Bürgertums). Vgl. ausführlich Hartmann 2011.

2) Ausführlich zur Konstruktion von Männlichkeit im Militär siehe Frevert 2001.

3) Dazu kommen noch 4.000-8.000 Hinrichtungen durch Standgerichte während der letzten Kriegstage.

4) Plastisches Beispiel dafür ist der Kanonier Oppermann in Buchterkirchen 2011, S. 90 ff.

5) Die Geschichte Willi Rehses ist noch nicht aufgeschrieben. Das wird 2019 in einer schulpädagogischen Arbeit erfolgen.

Literatur

Buchterkirchen, R.: (2011): „… und wenn sie mich an die Wand stellen“ – Desertion, Wehrkraftzersetzung und »Kriegsverrat« von Soldaten in und aus Hannover 1933-1945. Neustadt: Edition Region und Geschichte.

Frevert, U. (2001): Die kasernierte Nation. München: C.H. Beck.

Fritsche, M. (2004): Entziehungen – Österreichische Deserteure und Selbstverstümmler in der Deutschen Wehrmacht. Wien: bohlau.

Fritsche, M. (2015): Männlichkeit als Forschungskategorie. In: Bade, C.; Skowronski, L.; Viebig, M.: NS-Militärjustiz im Zweiten Weltkrieg. Dresden: VR unipress, S. 61-77.

Hartmann, H. (2011): Der Volkskörper bei der Musterung – Militärstatistik und Demographie in Europa vor dem Ersten Weltkrieg. Göttingen: Wallstein Verlag.

Linck, D. (2016): Creatures – Aufsätze zu Homosexualität und Literatur. Hamburg: männerschwarm.

Wette, W. (2011): Militarismus in Deutschland. Frankfurt am Main: Fischer Taschenbuch Verlag.

Ralf Buchterkirchen, Wirtschaftsinformatiker aus Hannover, ist Bundessprecher*in der DFG-VK und forscht ehrenamtlich zu Deserteuren, Wehrkraftzersetzern und wegen Kriegsverrat verurteilten Soldaten. Er betreibt das Blog verqueert.de, auf dem er zu queeren und antimilitaristischen Themen schreibt.

Nachgefragt: Was ist epistemische Gewalt?


Nachgefragt: Was ist epistemische Gewalt?

Ein Interview mit Claudia Brunner

von Thomas Mickan

Claudia Brunner ist Assistenzprofessorin am Zentrum für Friedensforschung und Friedensbildung der Alpen-Adria-Universität Klagenfurt. Die Sozialwissenschaftlerin beschäftigt sich mit dem Zusammenhang zwischen politischer und epistemischer Gewalt, einem in der Friedens- und Konfliktforschung noch wenig bekannten Begriff. Worum geht es dabei?

Thomas Mickan für W&F: Was ist denn überhaupt epistemische Gewalt?

Der Begriff bezeichnet jene Gewaltförmigkeit, die mit unserem Wissen zu tun hat. Diese verortet er in einer globalen Dimension von Ungleichverhältnissen, die immer auch Gewaltverhältnisse sind. Das klingt paradox, erstens, weil Wissen – das Epistemische – ja geradezu als Gegenmittel zu Gewalt verstanden wird, und zweitens, weil sich Wissenschaft als universelle Sprache der Gewaltlosigkeit zu inszenieren weiß. Diese Selbstverständlichkeit in Frage zu stellen ist eine Stärke des Begriffs »epistemische Gewalt«.

TM: Wozu brauchen wir den?

Ich denke, dass wir generell wieder mehr mit weiten Gewaltkonzepten arbeiten sollten, um die unterschiedlichsten Facetten gewaltförmiger Verhältnisse besser problematisieren zu können. Strukturelle, kulturelle oder symbolische Gewalt sind als Begriffe lange bekannt, werden in tonangebender Forschung und Politik jedoch immer wieder zugunsten eines engen Verständnisses von Gewalt vernachlässigt.

Dass und wie unterschiedliche Gewaltphänomene zusammenhängen, können wir über eine Infragestellung dominanten und damit normalisierten Wissens besser erkennen. Nicht zuletzt geht es auch darum, die Metropolen von Wissen und Macht im Globalen Norden/Westen als für Gewalt relevante Orte zu markieren. Kritische Friedensforschung und weite Gewaltkonzepte tun das ja immer schon. Der Begriff »epistemische Gewalt« schärft diese Perspektive und fordert zugleich ein, die eigene Wissensproduktion zu hinterfragen.

TM: Was unterscheidet epistemische Gewalt von struktureller Gewalt?

Im Grunde sind die Konzepte eng verwandt, doch sie werden selten gemeinsam genannt. Beide kommen aus der Kritik am Kapitalismus, und beide haben die globale Dimension systemischer Ungleichheit im Blick – doch auf unterschiedliche Weise. Während strukturelle Gewalt in der Tradition Johan Galtungs vorrangig auf materielle Ressourcen, Institutionen und Ordnungen fokussiert, fragt epistemische Gewalt im Anschluss an Gayatri Spivak intensiver nach den Wissensbeständen, die diesen Ordnungen zugrunde liegen. Man könnte auch sagen, dass das Konzept strukturelle Gewalt am Erbe der Aufklärung festhält, wohingegen die Analyse epistemischer Gewalt dieses Erbe in die Gewaltkritik miteinschließt.

TM: Ist die/Deine Forschung zu epistemischer Gewalt einer bestimmten Theorietradition oder Forschungsströmung verpflichtet oder besonders nah?

Es sind insbesondere feministische, post- und dekoloniale Theoretiker*innen, die den Begriff prägen und benutzen. Wenig überraschend sind das kritische Wissen(schaft-)straditionen, die sich aus widerständigen sozialen Bewegungen entwickelt haben. Diese verlaufen als Ringen nicht nur um Anerkennung und Partizipation am Bestehenden, sondern auch um dessen substanziellen Wandel. Weil die herrschenden Ideen immer auch die Ideen der Herrschenden sind, bedeutet Kritik daher auch, diese Selbstverständlichkeiten herauszufordern.

Zentral für das Konzept epistemischer Gewalt ist die Analyse von Rassismus und Sexismus, weil diese die globale Arbeits- und Ressourcen(ver-)teilung eines globalisierten kapitalistischen Weltsystems organisieren und naturalisieren. Dessen Anfänge liegen in der kolonialen Expansion Europas seit dem so genannten »langen 16. Jahrhundert«. Die war nicht nur mit Geld und Waffen zu machen, sondern benötigte zunehmend universalisiertes Wissen und entsprechende Normen, um die Ausbeutung von Menschen und Ressourcen ebenso wie die Vernichtung von alternativen Wissens- und Seinsweisen zu rechtfertigen.

TM: Wie kann Friedensforschung (­epistemische) Gewalt sein?

Friedensforschung hat ein Bild von Wissen(schaft), Bildung und damit letztlich auch von sich selbst, das als Gegenpol zu Gewalt dient und auch zu deren Überwindung beitragen soll. Gewalt ist dabei meist anderswo, anderswer und anderswas – hat also mit Analyse, Theorie und Begriffen der Friedensforschung selbst scheinbar nichts zu tun. Mit diesem Wissen wird aber auch Politik für dieses Anderswo gemacht, sei es als »humanitäre Intervention« gegenüber »gescheiterten Staaten«, als »Entwicklungspolitik«, zur Herstellung von »innerer Sicherheit» oder zu »Peacebuilding«. Aber auch Friedenspädagogik ist weitgehend einem eurozentrischen Universalismus verpflichtet, der bisweilen mehr mit Befriedung als mit Befreiung zu tun hat.

Die Grundlagen dieser konzeptionellen Zugriffe auf Ungleichheits- und Gewaltverhältnisse sind wie alle Wissenschaften tief verwurzelt in der euro- und androzentrischen Tradition der Moderne, deren »dunkle Unterseite«, die anhaltende Kolonialität von Macht, Wissen und Sein, dabei nicht zur Sprache kommt. Gerade dorthin richtet der Begriff »epistemische Gewalt« den Blick, um nach angemesseneren Wegen zu einem »positiven Frieden« zu suchen.

TM: Muss die FuK mehr Selbstreflexivität üben, um dieser »Gefahr« zu entgehen, oder wie kann gute Praxis im Umgang mit epistemischer Gewalt aussehen?

Ich spreche mit Gaby Dietze lieber von Hegemonieselbstkritik als von Selbstreflexivität. Friedensforschung muss ihren eigenen Anteil an der Normalisierung von Gewaltverhältnissen an weiten Gewaltbegriffen messen, anstatt implizit die Annahme der eigenen Gewaltfreiheit zu verabsolutieren. Dabei kann sie weiterhin von feministischen, post- und dekolonialen Stimmen sowie von sozialen Bewegungen lernen, die in täglichen Auseinandersetzungen um Würde, Gerechtigkeit und eine weniger von Gewalt durchdrungene Zukunft ringen.

Weiterführende Literatur von Claudia Brunner

2013: Situiert und seinsverbunden in der »Geopolitik des Wissens« – Politisch-epistemische Überlegungen zur Zukunft der Wissenssoziologie. Zeitschrift für Diskursforschung, Jg. 1, Nr. 3, S. 226-45.

2016: Das Konzept epistemische Gewalt als Element einer transdisziplinären Friedens- und Konflikttheorie. In: Wintersteiner, W.; Wolf, L. (Hrsg): Friedensforschung in Österreich – Bilanz und Perspektiven. Klagenfurt: Drava, S. 38-53.

2016: Gewalt weiter denken in der Kolonialität des Wissens. In: Ziai, A. (Hrsg.): Postkoloniale Politikwissenschaft – Theoretische und empirische Zugänge. Bielefeld: transcript, S. 90-108.

2017: Friedensforschung und (De-)Kolonialität. ZeFKo – Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung, Jg. 6, Nr. 1, S. 149-63.

2017: Von Selbstreflexion zu Hegemonieselbstkritik. Sicherheit und Frieden, Jg. 35, Nr. 4, S. 196-201.

2018: Epistemische Gewalt – Konturierung eines Begriffs für die Friedens- und Konfliktforschung. In: Dittmer, C. (Hrsg.): Dekoloniale und Postkoloniale Perspektiven in der Friedensforschung – Verortungen in einem ambivalenten Diskursraum. Baden-Baden: Nomos (ZeFKo – Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung, Sonderband 2), S. 25-59.

Eine Projektbeschreibung und Publikationen zum Thema finden sich unter epistemicviolence.info.

Thomas Mickan ist Politikwissenschaftler, Beirat der Informationsstelle Militarisierung und Mitglied der W&F-Redaktion.

Wissenschaft im Dienste des Militärs

In den verschiedensten Facetten war das Thema »Wissenschaft im Dienste des Militärs« bereits in der Schwerpunktsetzung früherer W&F-Ausgaben und Dossiers präsent. Zum Beispiel:

3-2005: Verantwortung der Wissenschaft

4-2006: Zivil-militärische Zusammenarbeit

3-2009: Okkupation des Zivilen

4-2012: Rüstung – Forschung und Industrie

1-2016: Forschen für den Frieden

Dossier 50: Einstein weiterdenken – Sein Einsatz für Frieden und Abrüstung und die Verantwortung der Wissenschaft.

Dossier 78: Zivilklauseln – Lernen und Forschen für den Frieden

Dossier 79: Kriegführung im Cyberspace

Dossier 85: Transhumanismus und Militär

Die Verantwortung der Wissenschaft, zivil-militärische Zusammenarbeit, Dual-use – das sind Themen, die in W&F immer wieder außerhalb der Schwerpunktthemen berücksichtigt werden, auch mit Blick zurück in die Geschichte und über Europa hinaus. Eine kleine Auswahl aus den letzten zehn Jahren:

2-2007: Nanotechnologieforschung in Lateinamerika – Der Einfluss des US-Militärs

3-2009: Hochschulen und Militärforschung

1-2010: Wissenschaftler, Verantwortung und der Krieg

1-2010: Der Bau der ersten Atombomben und die Motive der beteiligten ­Wissenschaftler

3-2010: Zivilklauseln für alle Hochschulen

1-2011: Militarisierung der Hochschulen verhindern

2-2011: Militärisch-industrieller Komplex im Wandel

4-2012: Der MIK der Europäischen Union

4-2012: Zivil-militärische Sicherheitsforschung

1-2013: Forschen für den Krieg. Psychologische Aspekte der Rüstungsforschung im Nationalsozialismus

3-2014: Physiker im Ersten Weltkrieg – Die Verlobung von moderner Wissenschaft, Industrie und Militärforschung

2-2015: Drohnen – Eine unaufhaltsame Entwicklung?

2-2015: Militarisierung des Cyberspace

3-2016: Kooperation zwischen Hochschule Bremen und Bundeswehr

2-2017: Zivilklausel auf Japanisch. Japanische Universitäten ächten Militär­forschung

Zusammengestellt von Jürgen Nieth