Die USA, der Iran und Israel

Die USA, der Iran und Israel

von Otfried Nassauer

John Bolton hat eine Mission. Der amerikanische UN-Botschafter will, dass der UN-Sicherheitsrat so scharf wie möglich gegen den Iran vorgeht. Sanktionen sollen so früh wie möglich auf die Tagesordnung kommen. Prophylaktisch droht er sogar dem Sicherheitsrat: Für den sei das Ganze ein »Test«. Der Test, ob der Sicherheitsrat den Anforderungen der USA genügt.

Doch Bolton hat auch ein Problem. Nicht alle denken so wie der Neokonservative. Als der Sicherheitsrat sich jüngst mit dem Iran befasste, einigte er sich auf eine Erklärung seines Präsidenten, nicht auf eine Resolution. Dreißig Tage gab das Gremium dem Iran Zeit, um seine Anreicherungsforschung wieder zu beenden und mit der Internationalen Atomenergiebehörde umfassend zusammen zu arbeiten. Aussagen darüber, was passiert, wenn die Iraner dieser Forderung nicht nachkommen, machte der Sicherheitsrat nicht. Darüber gibt es keine Einigkeit.

Bolton hat allerdings auch keinen leichten Stand. Er gilt als einer der wichtigsten Architekten der US-Begründung für den Krieg gegen den Irak. Er bog die Fakten in Sachen Irak so zurecht, wie es ihm gerade passte. Jeder traut ihm zu, dass er in Sachen Iran genauso vorgeht.

Bolton verkörpert damit jenes Dilemma, in das sich die Regierung Bush selbst gebracht hat: Sie führt einen weltweiten »Krieg gegen den Terrorismus«, in der moslemischen Welt aber wächst der Eindruck, in Wirklichkeit gehe es um einen Kreuzzug gegen den Islam. Sie marschierte in Bagdad ein und konnte die »Kriegsgründe« nicht belegen. An die Stelle einer brutalen Diktatur traten nicht Demokratie, Rechtssicherheit und Menschenrechte, sondern alltägliche Gewalt und Unsicherheit. Statt Stabilität entstanden Freiräume für militante und terroristische Gruppen. Die US-Armee ist für Folterexzesse verantwortlich, die es auf Jahre jedem amerikanischen Präsidenten unmöglich machen müssen, glaubwürdig von Menschenrechten und Demokratisierung zu reden.

Und nun also dasselbe Spiel noch einmal? Nur im Iran?

George W. Bush und seine Regierung haben derzeit allen Grund, vorsichtig zu agieren. Und tatsächlich deutet einiges darauf hin, dass die Parole in Sachen Krieg gegen den Iran »derzeit noch nicht« heißt. Ein übereilter Militärschlag ist von der Sache her für die US-Regierung nicht nötig und hinsichtlich seiner Auswirkungen momentan unkalkulierbar.

Der Iran liefert den USA international Pluspunkte auf dem Silbertablett. Er attackiert Israel und verteidigt ein wirtschaftlich zweifelhaftes Atomprogramm. Er verwickelt sich in Streit mit seinen europäischen und russischen Verhandlungspartnern und strapaziert deren Geduld.

Der Iran ist für George W. Bush ein dankbarer Gegner. Den diplomatischen Konflikt mit dem Iran zu eskalieren, bringt Vorteile: Da der Streit in den Sicherheitsrat eingebracht wurde, kann Washington nun mit seinem Veto verhindern, dass er für beendet erklärt wird. Wenn es Bush gelänge, den Iran unter internationale Sanktionen zu stellen, dann hätte er mehr erreicht als all seine Vorgänger. Washington geht es nicht vorrangig um das iranische Atomprogramm oder um eine iranische Unterstützung des irakischen Widerstandes sowie von Terrorgruppen, die USA wollen einen Regierungswechsel im Iran. Der Streit um das iranische Atomprogramm ist dafür ein gutes Vehikel. Im Iran ist das Atomprogramm zu einem Symbol dafür geworden, nationalen Stolz zu demonstrieren. Washington muss nur noch überzogene Forderungen stellen und mögliche Kompromisse ablehnen, damit auch der Iran sich kompromisslos zeigt. Washington braucht derzeit keine Kompromisse, sondern den Streit, um seinem Ziel einer Ablösung der Ajatollahs näher zu kommen. Eine Eskalation des Konfliktes schließt aber immer auch perspektivisch die Gefahr des Krieges ein. So zitiert Seymor Hersh im »New Yorker« (08.04.06) einen hohen Berater im US- Verteidigungsministerium: „Das Weiße Haus glaubt, dass der einzige Weg zur Lösung des Problems darin bestehe, die Machtstruktur im Iran zu ändern – und das bedeutet Krieg.“

Gefahr verschärfend kommt hinzu: Die USA sind nicht nur treibende Kraft der Eskalation, sie sind auch getriebene Supermacht. Israel droht damit, im Alleingang militärisch gegen den Iran vorzugehen. Die Israelis beharren darauf, dass schnell gehandelt werden muss, sonst könne Teheran schon bald der Weg zur Bombe nicht mehr verwehrt werden.

Sollte Israel aber den Iran angreifen, dann würde Washington politisch in der islamischen Welt mitverantwortlich gemacht. Da bleiben Bush nur zwei Alternativen: Druck auf Israel oder Aufbau glaubwürdiger militärischer Handlungsoptionen und die Betonung des Willens zu militärischem Handeln. Die Bush-Administration präferiert offensichtlich die zweite Variante, und in Israel weiß man, dass diese israelfreundliche US-Regierung nur noch bis 2008 im Amt sein wird. Beides prägt nicht nur die Bedrohungsanalyse, sondern auch die Zeitpläne.

Otfried Nassauer leitet das Berliner Informationszentrum für Transatlantische Sicherheit, BITS (www.bits.de)

Strahlende Strategen

Strahlende Strategen

Irans Nuklearprogramm und transatlantische Interessenlagen

von André Bank

Irans Atomprogramm beschäftigt zur Zeit die Außen- und Militärpolitiker von Teheran bis Tel Aviv, von Washington bis Berlin, Paris und London: Wie und mit welchen Mitteln kann der Bau iranischer Nuklearwaffen verhindert werden? André Bank über die längerfristigen Interessen und Strategien der wichtigsten am Atomkonflikt beteiligten Akteure: Irans pragmatische Konservative, die zweite Bush-Administration und die drei EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien, die seit 2003 als »Vermittler« auftreten.

Anders als die Atommächte Israel, Pakistan und Indien hat der Iran den nuklearen Nichtverbreitungsvertrag (NVV), auch Atomwaffensperrvertrag genannt, 1970 ratifiziert und damit sein Atomprogramm der Kontrolle durch die Internationale Atomenergiebehörde (IAEA) unterstellt. In den 1960er und 70er Jahren hatte das pro-westliche Schah-Regime Zugang zu ziviler Nukleartechnologie erhalten – nicht zuletzt aus der Bundesrepublik. Nach der islamischen Revolution von 1979 ruhte dann das iranische Atomprogramm; es wurde erst 1984 – während des Kriegs mit dem Irak – wieder aufgenommen. Seit Mitte der 1990er Jahre hat sich die iranische Führung besonders Russland, China und Nordkorea in Fragen der Atomtechnologie zugewandt.1

Die Entwicklung des iranischen Nuklearprogramms

Die aktuellen Auseinandersetzungen wurden dadurch eingeleitet, dass die IAEA im August 2002 eine geheime Anlage zur Urananreicherung in Natanz und eine geheime Schwerwasserproduktionsstätte in Arak entdeckte. Die einsetzenden Meinungsverschiedenheiten zwischen der iranischen Führung und der IAEA verschärften sich, als der Direktor der iranischen Atomenergieorganisation, Reza Aghazadeh, im Mai 2003 – zeitgleich mit amerikanischen Drohungen gegen den Iran nach dem formellen Ende des Irak-Kriegs – erklärte, dass es nicht nur Teherans Intention sei, mit Unterstützung Russlands bis Ende 2005 den Leichtwasserreaktor in Bushehr am Persischen Golf fertig zu stellen, sondern auch den vollständigen Nuklearkreislauf zu entwickeln. Die nationale Unabhängigkeit beinhalte das Recht auf die zivile Nutzung der Nukleartechnologie. Eine umfassende Implementierung dieser Pläne würde den Iran in die Lage versetzen, Nuklearwaffen herzustellen und den Atomwaffensperrvertrag aufzukündigen.2

Die Drohung der iranischen Führung und die harschen Gegenreaktionen aus Washington riefen Mitte 2003 die drei EU-Staaten Deutschland, Frankreich und Großbritannien als Vermittler auf den Plan. Die intensiven Verhandlungen zwischen der EU-3 und der iranischen Führung mündeten am 21. Oktober 2003 in der »Teheraner Erklärung«. In dieser verpflichtet sich der Iran zur kompletten Offenlegung des Nuklearprogramms sowie zur Unterzeichnung des Zusatzprotokolls zum Atomwaffensperrvertrag, das restriktivere IAEA-Inspektionen erlaubt. Von den EU-Staaten wurde dem Iran dafür der Zugang zu moderner Technologie in Aussicht gestellt.3 Die einsetzende Phase der Entspannung war jedoch nur von kurzer Dauer, da IAEA-Chef Muhammad al-Baradei bereits Ende Februar 2004 eindeutige Hinweise auf iranische Geheimexperimente zum Auslösen einer atomaren Kettenreaktion mit Polonium vorlegte.4 Dieser Verstoß sowie iranische Versäumnisse, wie die bis dato noch ausstehende Ratifizierung des Zusatzprotokolls, wurden in der IAEA-Resolution vom 13. März 2004 aufgeführt. Im Gegenzug kündigte der iranische Chefunterhändler Hassan Rouhani an, die IAEA-Inspektionen der iranischen Atomanlagen vorerst auszusetzen.5

Dieses Katz-und-Maus-Spiel zwischen der iranischen Führung auf der einen, der EU-3 und der IAEA auf der anderen Seite, setzte sich bis Anfang 2005 fort.6 Mitte Juni 2004 legte Rouhani dem IAEA-Gouverneursrat dann eine mehr als tausendseitige Dokumentation vor, mit der nachgewiesen werden sollte, dass Irans Atomprogramm ausschließlich friedlichen Zwecken dient. Die IAEA widersprach und wies auf die unbekannte Herkunft von waffenfähigem Uran in Natanz sowie auf die ungemeldete Existenz moderner Gaszentrifugen hin. In ihrer Resolution vom 18. September 2004 drohte sie der iranischen Führung, bei Missachtung der Vereinbarungen den UN-Sicherheitsrat anzurufen, was ein verschärftes Sanktionsregime nach sich hätte ziehen können.7 In einer Absichtserklärung zwischen der EU-3 und Iran vom 15. November 2004 verpflichtete sich der Iran zur temporären Aussetzung der Urananreicherung. Im Gegenzug erklären die drei EU-Staaten, Irans Beitritt zur Welthandelsorganisation zu unterstützen, bei der zivilen Nuklearnutzung zu kooperieren und der Islamischen Republik eindeutige Sicherheitsgarantien zu gewährleisten.8 Seit der November-Erklärung ist es zwar zu mehreren iranisch-europäischen Gesprächsrunden gekommen, die jedoch bis Februar 2005 keine größeren Ergebnisse zeitigten. Das Tauziehen um Details und Verfahrensfragen geht also vorerst weiter.

Irans Atomprogramm und die pragmatischen Konservativen

Seit Mitte der 1990er Jahre bestimmt die Nuklearfrage die interne Strategiedebatte im Irak.9 Zwischen den Konservativen unter Revolutionsführer Khamene‘i und den Reformern unter Präsident Khatami herrscht Konsens über Irans Recht auf den Besitz moderner Nukleartechnologie und die strategische Bedeutung des Atomprogramms als defensive Sicherheitsgarantie. Unterschiede bestehen in der Art der öffentlichen Rechtfertigung des Nuklearprogramms, etwa wenn Khamene‘i die nationale Sicherheit und Unabhängigkeit herausstellt, während Khatami stärker ökonomische Aspekte betont.10

Die lose Fraktion der so genannten pragmatischen Konservativen ist ein weiterer zentraler Entscheidungsträger.11 Ihre beiden wichtigsten Vertreter sind der Generalsekretär des Nationalen Sicherheitsrats und enge Vertraute Khamene‘is, Hassan Rouhani, der als heißester Präsidentschaftskandidat für die Wahlen am 17. Juni 2005 gilt, sowie Ali Akbar Hashemi Rafsanjani, der Chef des Schlichtungsrats und ehemalige Staatspräsident. Als Repräsentant der einflussreichen Handelsbourgeoisie pocht Rafsanjani auf eine wirtschaftliche Öffnung, vor allem gegenüber der EU, sowie auf einen weiteren Ausbau der Handelsbeziehungen zu Russland, Indien und China. Gerade China hat für ihn Vorbildcharakter, da es wirtschaftliche Öffnung mit autoritärer Herrschaft verbindet und damit an weltpolitischer Bedeutung zu gewinnen scheint. Trotzdem teilt Rafsanjanis mit den anderen Teilen des Establishments die Ansicht, dass Regimesicherheit nur mit einer defensiven Atomwaffenoption zu erreichen ist.

Offensichtlich geht es darum, unter dem Deckmantel eines zivilen Nuklearprogramms relativ kurzfristig ein atomares Abschreckungspotenzial gegen mögliche US-Angriffe zu entwickeln. Dabei wird eine Doppelstrategie verfolgt, die einerseits darauf abzielt, das eigene Nuklearprogramm nach und nach auszubauen und sich andererseits durch Verhandlungen mit den drei EU-Staaten und der IAEA vor Sanktionen oder Militärschlägen zu schützen. Daneben könnte sich das iranische Atomwaffenprogramm in zukünftigen Verhandlungen mit den USA, die angesichts des anti-amerikanischen Selbstverständnisses der Islamischen Republik (noch) ein Tabu darstellen, zudem als entscheidender »bargaining chip« im Austausch gegen eine umfassende Sicherheitsgarantie erweisen. Spätestens in diesem Stadium würde dann auch die von Rafsanjani geforderte, umfassende wirtschaftliche Öffnung auf die Agenda kommen.

Transatlantische Befindlichkeiten

In den letzten Monaten ist die Haltung der drei EU-Staaten gegenüber dem Iran fordernder geworden. Ursache ist sicher nicht nur der schleppende Verhandlungsverlauf, sondern auch das Bemühen, der transatlantischen Aussöhnung über einen gemeinsamen Schulterschluss im iranischen Atomkonflikt ein Stück näher zu kommen.12 Schließlich dürften die USA und die drei EU-Staaten darin übereinstimmen, dass eine iranische Atombombe verhindert werden muss, da sie die atomare Vormachtstellung Israels im Nahen und Mittleren Osten beenden und eine nukleare Rüstungsspirale forcieren würde. Allerdings haben die EU-Staaten auch eigene regional- und wirtschaftspolitische Interessen. So sind sie an der Aufrechterhaltung der Rolle der Islamischen Republik als regionalem Stabilitätsanker sowie als Garant europäischer Energiesicherheit interessiert. Zudem besitzen europäische Unternehmen bisher auf dem iranischen Markt einen entscheidenden Wettbewerbsvorteil gegenüber US-Firmen, die aufgrund der umfassenden Sanktionen außen vor bleiben. Angesichts dieser vielschichtigen Interessenlage verfolgen die EU-3 im Atomkonflikt eine Strategie des »konditionierten Engagements«, die aus Anreiz- (Hilfe bei ziviler Nukleartechnologie) und moderaten Sanktionsmechanismen (Verhandlungsstopp bei Handels- und Kooperationsabkommen) besteht und auf die graduelle Veränderung der iranischen Position abzielt.13

Die US-Administration geht ihrerseits davon aus, dass eine iranische Atombombe unter allen Umständen verhindert werden muss.14 Da ihr primäres Interesse der Zementierung des regionalen Nuklearwaffenmonopols Israels und der eigenen hegemonialen Stellung im Nahen und Mittleren Osten gilt, hält sie sich alle Optionen offen, Militärschläge gegen iranische Atomanlagen und Raketenfabriken inklusive.15 Ob diese durchgeführt werden, hängt dann nicht zuletzt davon ab, welche Kräfte sich in der Bush-Administration durchsetzen. Zur Zeit lassen sich – vereinfacht gesagt – zwei einflussreiche Positionen unterscheiden: Neokonservative Hardliner wie Michael Ledeen vom American Enterprise Institute fordern als schnellstmögliche Lösung des Atomkonflikts einen gewaltsamen Regimewechsel in Teheran.16 Sie stehen Vizepräsident Cheney sowie Teilen des Pentagon nahe und koordinieren ihre Stimmungsmache in der »Coalition for Democracy in Iran«, der unter anderem auch Ex-CIA-Chef James Woolsey angehört.17 Die Gegenposition wird am prominentesten von Kenneth Pollack von der moderateren Brookings Institution vertreten. Pollack spricht sich aus historischen, militärischen, innen- und regionalpolitischen Gründen eindeutig gegen eine Iraninvasion der USA aus. Stattdessen fordert er eine mehrstufige Politik der Vereinbarungen in direkten bilateralen Verhandlungen zwischen der US-Regierung und der iranischen Führung.18

Die teilweise divergierenden Interessenlagen zwischen den EU-Staaten und der Bush-Regierung erschweren die Entwicklung einer gemeinsamen Strategie im iranischen Atomkonflikt. Trotzdem wird aber seit der iranisch-europäischen Absichtserklärung vom 15. November 2004 zunehmend eine »Good-Cop, Bad-Cop«-Arbeitsteilung deutlich.19 Die drei europäischen Staaten bieten positive Kooperationsanreize, die US-Regierung sorgt für die militärischen Drohgebärden.

Strahlende Aussichten

Nach Betrachtung der längerfristigen Interessenlagen und Strategien der drei zentralen Parteien in der iranischen Nuklearfrage zeigt sich, dass eine nachhaltige Konfliktlösung – im Sinne einer nuklearwaffenfreien Zone im Nahen und Mittleren Osten – von keiner Seite angestrebt wird. Kurzfristig geht es Irans pragmatischen Konservativen um die Sicherung des eigenen Regimes durch Nuklearwaffen. Die möglicherweise einzige Chance, sie hiervon abzubringen, wäre eine amerikanische Nichtangriffsgarantie. Diese steht jedoch in einem unvereinbaren Widerspruch zum primären Interesse der US-Regierung, die gegenwärtig existierende regionale Machtasymmetrie und somit letztlich die eigene Hegemonialstellung aufrechtzuerhalten. Und schließlich kann auch die Rolle der EU-3 im iranischen Atomkonflikt angesichts vielschichtiger Eigeninteressen und der zuletzt aggressiveren Rhetorik gegenüber Teheran nicht als »unparteiisch vermittelnd« angesehen werden. Die Gefahr »strahlender Aussichten« bleibt wohl weiter real .

Anmerkungen

1) Vgl. Akbari, Semiramis: Iran zwischen amerikanischem und innenpolitischem Druck – Rückfall ins Mittelalter oder pragmatischer Aufbruch? Frankfurt/Main, HSFK-Report 1/2004, S. 26-28.

2) Vgl. Thränert, Oliver: Stopping the Unstoppable? European Efforts to Prevent an Iranian Bomb, in: Reissner, Johannes / Whitlock, Eugene: Iran and its Neighbors: Diverging Views on a Strategic Region – Vol. II, Berlin, SWP, März 2004, S. 43.

3) Vgl. Statement by the Iranian Government and visiting EU Foreign Ministers, 21.10.2003 (www.iaea.org).

4) Vgl. Implementation of the NPT Safeguards Agreement in the Islamic Republic of Iran, Report by the Director General, 24.2.2004 (www.iaea.org).

5) Vgl. Bank, André: Atempause für Irans Führung – Äußerer Pragmatismus und innere Kontrolle sichern den Status Quo, in: Ausdruck – Das IMI-Magazin, April 2004, S. 18-19.

6) Vgl. Nirumand, Bahman: Iranisches Katz-und-Maus-Spiel, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Oktober 2004, S. 1171-1174.

7) Vgl. Implementation of the NPT Safeguards Agreement in the Islamic Republic of Iran, Resolution adopted by the Board, 18.9.2004 (www.iaea.org).

8) Vgl. Massarrat, Mohssen: Iran: Atom-Konflikt auf Raten, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, Januar 2005, S. 25.

9) Vgl. Chubin, Shahram: Whither Iran? Reform, Domestic Politics and National Security, Oxford, Adelphi Paper 342, 2002, S. 71-85.

10) Es ist ziemlich offensichtlich, dass das iranische Atomprogramm aus energie- und wirtschaftspolitischer Sicht wenig Sinn macht. Vgl. Massarrat, Mohssen: Teherans Atompolitik – Die Balance of Power und das regionale Sicherheitsdilemma, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, April 2004, S. 473-475. Allerdings ist eine solche Begründung im Rahmen des Atomwaffensperrvertrags rechtlich kaum zu beanstanden.

11) Vgl. Taykeyh, Ray / Gvosdev, Nikolas K.: Pragmatism in the Midst of Iranian Turmoil, in: The Washington Quarterly, Autumn 2004, S. 33-56.

12) Vgl. Einhorn, Robert J.: A Transatlantic Strategy on Iran‘s Nuclear Program, in: The Washington Quarterly, Autumn 2004, S. 21-32.

13) Vgl. Reissner, Johannes: Europas Beziehungen zu Iran, in: Aus Politik und Zeitgeschichte, B 9/2004, S. 48-54.

14) Vgl. Massarrat, Mohssen: a.a.O., April 2004, S. 476.

15) Seymour Hersh zufolge hat das US-Pentagon hierzu spätestens seit Sommer 2004 geheime Kommandos zur Bestimmung von mindestens drei Dutzend Angriffszielen (nukleare und chemische Arsenale sowie Raketenfabriken) in den Iran entsandt. Vgl. sein: The Coming Wars – What the Pentagon can now do in secret, in: The New Yorker, 24.-31.1.2005. Ali Akbar Dareini spricht davon, dass unbemannte US-Spionagedrohnen seit 2004 iranischen Atomanlagen sowie Luftabwehrstellungen inspizieren. Vgl. sein: Iran rejects demand on nuclear reactor, in: Washington Post, 13.2.2005. Möglicherweise könnte ein Militärschlag gegen die iranischen Atomanlagen aber auch von Israel ausgehen. Ein Indiz hierfür wäre die Lieferung von 500 BLU-109 Sprengköpfen, so genannten Bunkerknackern, durch die USA an Israel im September 2004. Vgl. Wagner, Jürgen: US-Waffenhilfe für israelische Präventivschläge gegen den Iran?, in: Ausdruck – Das IMI-Magazin, Oktober 2004, S. 19-20.

16) Vgl. exemplarisch Ledeen, Michael: Faster, Please – Iran needs change. We need to help – now, in: National Review Online, 7.2.2005.

17) Vgl. www.c-d-i.org.

18) Vgl. Pollack, Kenneth M.: The Persian Puzzle – The Conflict Between Iran and America, New York 2004, S. 374-432.

19) Vgl. Sanger, David E.: A ,Good-Cop, Bad-Cop‘ Approach on Iran, in: New York Times, 21.11.2004.

André Bank ist Doktorand am Zentrum für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg und Beirat der Informationsstelle Militarisierung.

Menschenrechte sind universal

Menschenrechte sind universal

von Tobias Pflüger

Israel und Palästina – viele machen es so, wie ich es lange Zeit auch gehalten habe, sie wollen sich zu diesem Konflikt nicht verhalten: Zu kompliziert, oberflächlich gesehen die Wiederkehr des immer gleichen, emotional und historisch zu belastet und scheinbar kein Ausweg in Sicht.

Hinzu kommt, dass die Diskussionen um das Konfliktgebiet Israel – Palästina durch eine Debatte über realen und vermeintlichen Antisemitismus überlagert werden. Ist es für Deutsche möglich, israelische Regierungspolitik zu kritisieren, oder ist eine Kritik an der Regierungspolitik Israels schon Antisemitismus?

Mir persönlich ist wichtig, dass die Menschen im Konfliktgebiet vor Ort – in Israel und Palästina – im Mittelpunkt der Debatte stehen, und deshalb ist für mich eine Kritik an der brutalen Besatzungspolitik der Regierung Scharon unverzichtbar. Dabei geht es nicht um Kritik an »den Juden« oder um eine Infragestellung des Existenzrechts Israels, sondern um Kritik an konkreter israelischer (Kriegs-) Politik.

Wir müssen uns für ein Ende der direkten Gewalt in Israel und Palästina einsetzen, das heißt jedes Attentat von palästinensischer Seite genauso verurteilen wie jedes Attentat der israelischen Siedler oder des israelischen Staates (z.B. die gezielten »Liquidierungen«).

Doch das genügt nicht: Notwendig ist vor allem eine Beendigung der strukturellen Gewalt in der Region – ein Ende der Absperrungen, der Bombardierungen palästinensischer Wohnbereiche durch israelisches Militär, ein Ende der Sonderrechte israelischer Siedler im besetzten Gebiet, z.B. bei der Straßen- und Wassernutzung sowie der Landnahme.

Menschenrechte sind universal. Wer nach der Formel vorgeht: »Israel darf nicht kritisiert werden«, entweder aus historischen Gründen oder religiöser Motivation, verschließt die Augen gegenüber den realen Gewalt- und Machtverhältnissen vor Ort, gegenüber den Menschenrechtsverletzungen von israelischer Regierung und Militär. Er lässt zu, dass Nahost instrumentalisiert wird für hiesige Debatten, dass historische deutsche Schuld auf dem Rücken der Palästinenser ausgetragen wird.

Wir haben aufgrund unserer Geschichte eine besondere Verpflichtung gegenüber jüdischen Menschen und es gilt jedem Antisemitismus bereits im Ansatz entgegen zutreten. Konsequent gegen Rassismus und Antisemitismus vorzugehen bedeutet aber auch, alle ausgrenzenden Mechanismen in unserem Denken anzugehen: Nicht nur den Antisemitismus bekämpfen sondern auch nicht zulassen, dass in manchen »Plädoyers für Israel« rassistische Muster produziert werden, z.B. gegen »den Islam« und »die Araber«.

Die israelische Regierung eskaliert vor dem Hintergrund des »Krieges gegen den Terrorismus« den Konflikt. Einiges spricht aber auch dafür, dass die Hardliner beider Seiten – auf der israelischen Seite Scharon und die militanten Siedler und auf palästinensischen Seite die Hamas und der Islamische Jihad – sich gegenseitig brauchen, um jeden Ansatz einer Deeskalation zu torpedieren. Auch das sollten diejenigen bedenken, die in unserem Land eine »blinde« Solidarität mit dem palästinensischen Widerstand üben und die palästinensische Intifada verherrlichen, mit all ihren Auswüchsen wie dem fatalen Märtyrerkult und dem Machismus der Gewalt. Unsere Solidarität verdienen der zivile Widerstand der palästinensischen Seite – den es auch reichlich gibt – und die israelischen Friedensgruppen, wie Gush-Shalom.

Meine Hoffung liegt bei der immer stärker werdenden israelischen Friedensbewegung. In diesem Jahr gab es bereits mehrere Demonstrationen mit jeweils zehntausenden Teilnehmer/innen, die ein Ende der Besatzung forderten. Und ein neuer Faktor ist hinzugekommen, der zentral werden könnte: Immer mehr israelische SoldatInnen und Offiziere wollen die brutale Besatzungspolitik nicht mehr mitmachen und verweigern den Dienst in den besetzten Gebieten.

Politisch ist der zentrale Punkt im Nahen Osten der vollständige Rückzug Israels aus den besetzten Gebieten, sprich aus West Bank und Gazastreifen. Die Siedlungspolitik steht deshalb in dieser W&F-Ausgabe auch in mehreren Artikeln im Mittelpunkt. Die israelischen Siedlungen müssen perspektivisch aufgegeben oder in einen zukünftigen Staat Palästina eingegliedert werden, auch wenn das in Israel selbst erhebliche Probleme aufwerfen wird.

Insgesamt haben wir versucht Schlaglichter zu werfen auf die Innen-, Außen- und Militärpolitik Israels. Nicht behandelt haben wir die Politik der arabischen Staaten und der PLO gegenüber Israel in der Vergangenheit und heute, das wäre für den Blick auf die aktuelle Situation zwar sehr interessant, hätte aber unseren Rahmen gesprengt. Es versteht sich von selbst, dass die Artikel die Meinung der Autor/innen wiedergeben. Nicht in jedem Fall stimmen diese mit der Redaktion überein.

Ihr Tobias Pflüger