Das Hohelied des neuen politischen Denkens braucht an dieser Stelle nicht gesungen zu werden. Wir bemühen uns darum. Dazu gehört allerdings auch, sich mit überlebten Dingen wie Massenvernichtungswaffen und Militärstrategien zu beschäftigen. Versuchen wir also eine Problemskizze: Womit haben wir in den nächsten Jahren zu tun?
Zu grundsätzlichen Fragen sozialdemokratischer Außen- und Sicherheitspolitik nahm der Stellvertretende Vorsitzende der SPD-Fraktion im Deutschen Bundestag, Horst Ehmke, in einem Gespräch mit dem Informationsdienst Wissenschaft und Frieden Stellung. Ehmke bejaht das langfristige Ziel einer atomwaffenfreien Welt, skizziert zugleich die Schritte, die dahin führen können. Detaillierter äußert er sich zur Europa-Konzeption der SPD und zum Problem der französischen Atomwaffen.
Nach dem Gipfeltreffen zwischen US-Präsident Reagan und dem sowjetischen Generalsekretär Gorbatschow in Washington im Dezember 1987 konzentrierte sich die politische Aufmerksamkeit und das öffentliche Interesse verstärkt auf den Bereich der strategischen Nuklearrüstung und eine mögliche neue Rüstungskontroll-Vereinbarung. Das INF-Abkommen weckte Hoffnungen, daß Rüstungskontrolle in den sowjetisch-amerikanischen Beziehungen zu weiteren Abrüstungsschritten führen könnte. Präsident Reagan sprach gar von der Aussicht auf einen neuen historischen „Vertrag“. Unter dem Gesichtspunkt der Abrüstung war Rüstungskontrolle in der Vergangenheit jedoch wenig erfolgreich.
Viel ist nicht herausgekommen bei der „rückhaltlosen und lückenlosen Aufklärung“ der Vorgänge in Hanau und Mol, die die Regierenden vor einem halben Jahr täglich versprachen. Immerhin aber das: In der Produktion von Pointen ist das Bundesumweltministerium kaum zu übertreffen. Letztes Jahr hatte Walter Wallmann noch im Bonner Amt den Klassiker geprägt, das bundesdeutsche Plutonium werde Gramm für Gramm überwacht. Dieses Jahr formulierte sein Nachfolger Töpfer das geflügelte Wort: „ich suche auch hier wirklich die Urmehrheit – auch auf die Gefahr hin, daß wir sie finden“.(„Spiegel“, 11.1.88)
Der amerikanische Physiker John P. Holdren hielt sich 1987/88 ein halbes Jahr in Europa auf. Er ist Professor in der Arbeitsgruppe „Energie und Ressourcen“ an der Universität Berkeley/Kalifornien. Er war Physiker an der Theoriegruppe der Abteilung für magnetische Fusion am Lawrence Livermore Laboratorium, Senior Research Fellow am Labor für Umweltqualität und der Abteilung für Sozialwissenschaften am Californian Institute of Technology. John Holdren beschäftigte sich in über 180 Publikationen mit Plasmatheorie, Energietechnik und Politik, Ökologie, regionalen und globalen Umweltfragen, Bevölkerungspolitik, Technologie, Entwicklungspolitik und nuklearer Rüstungskontrolle. J. Holdren ist Chairman des Exekutivkomitees der renommierten Pugwash-Bewegung, einem internationalen Zusammenschluß von Wissenschaftlern in Sachen Friedens-, Abrüstungs- und Überlebensfragen, und er war Vorsitzen der der Federation of Arnerican Scientists (FAS). In Zusammenhang mit einem Gespräch über die Rolle der Wissenschaft im Nuklearzeitalter führten die Physiker Wolfgang Liebert und Götz Neuneck vom Institut für Interdisziplinäre Forschung und Ökologie - Düsseldorf in Sternberg am dortigen Max-Planck-Institut das folgende Interview.
Ich will mich in diesem Artikel beziehen auf den Beitrag von Gernot Böhme im Infodienst 2/87, der, wie es scheint, im folgenden zu wenig Beachtung gefunden hat. Dabei ist mein Ausgangspunkt jedoch ein anderer: eine "gemessen an friedlichen Zwecken Überkapazität an Wissenschaft und Technik" vermag ich nicht zu erkennen. Im Gegenteil, Frieden ist heute das hervorragendste wissenschaftliche und auch technische Problem, hier ist das gesamte humanistische Potential der Wissenschaft und ihrer Träger gefordert: Wie kann Abrüstung zuverlässig verifiziert werden? Wie können die Feindbilder und damit die Triebkräfte weiterer Aufrüstung abgebaut werden? Wie können Konzepte globaler und politisch kontrollierter Sicherheit aussehen? Welche Schritte zur Entwicklung einer neuen Abrüstungstechnik (z.B. zur Vernichtung des spaltbaren Materials oder der Chemiewaffen) sind nötig? Und über allem die Frage, wie die globalen Menschheitsprobleme (Ökologie, Entwicklung, Ernährung, Energie,…) gelöst werden können. Die Rolle der Wissenschaft zur Lösung all dieser Fragen wächst – es gibt heute nicht nur eine „Verwissenschaftlichung des Krieges“, wie Böhme schreibt, sondern eine Verwissenschaftlichung aller gesellschaftlichen Probleme und vor allem ihrer Lösungsmuster.
Am 17. April 1985 präsentierte der französische Außenminister Roland Dumas dem französischen Kabinett eine Mitteilung von Staatspräsident Mitterand, in welcher dieser die unverzügliche Schaffung einer europäischen Technologiegemeinschaft Eureka vorschlug.1 Mit Blick auf die politische und technologische Herausforderung durch Japan und die USA – hier insbesondere im Zusammenhang mit dem Weltraumvorhaben SDI – forderte Mitterrand eine kohärente europäische Zusammenarbeit auf den Gebieten Optronik, Neue Materialien, Superrechner, Hochleistungslaser, künstliche Intelligenz und superschnelle Mikroelektronik.2
Noch immer gilt, was R. Kabel Mitte der siebziger Jahre formuliert hat: „Die Friedenspädagogik sollte bescheidener auftreten. Die Existenz des Wortes Friedenserziehung bedeutet ja noch nicht, daß die mit ihm bezeichnete Sache auch möglich ist.“1 In der Tat: die schizophrene Situation der Friedenspädagogik, nämlich, daß es eine Praxis der Friedenserziehung gibt, aber keine auch nur ansatzweise befriedigende Theoriebildung dazu, läßt Kennern der Szene gerade in letzter Zeit immer öfter die Haare zu Berge stehen.