Machtpolitik pur

Machtpolitik pur

von Tobias Pflüger

Lieber Leserin, lieber Leser,
„Recht – Macht – Gewalt“, so der Schwerpunkt dieses Heftes.

Vor zwei Jahren, am 24.03.1999, begann die NATO ihren Angriffskrieg gegen Jugoslawien. Lassen Sie uns kurz gemeinsam zurückdenken, wie wir, jede/r von uns den Beginn der NATO-Bombardierungen Jugoslawiens – erstmals mit voller Beteiligung der Bundeswehr – erlebt haben. Dieser Krieg war und ist ein einschneidendes Ereignis gewesen, er hat die Republik verändert. Bis heute ist er allerdings nicht richtig aufgearbeitet. Erst jetzt – nach der öffentlichen Wahrnehmung möglicher Folgen des Einsatzes von »Uran-Munition« und dem WDR-Film »Es begann mit einer Lüge« – läuft die Debatte auch in den Massenmedien vorsichtig an. Die Lügen und Tatsachenverdrehungen der NATO und des damaligen Kriegs- und heutigen Verteidigungsminister Rudolf Scharping sind endlich in den Schlagzeilen.

Ein zweiter Minister hat wesentlich zur Akzeptanz des NATO-Krieges beigetragen: Joschka Fischer. Er ist in der Kritik wegen seiner militanten Vergangenheit. Der Steine werfende Fischer wird benutzt, um die gesamte 68er-Bewegung zu diskreditieren. Aus dem konservativen Lager kommen Rücktrittsforderungen, doch die dominanten Medien der Republik nehmen Fischer auffallend in Schutz. In der FAZ findet sich eine Erklärung hierfür: „Den Fotos des Prüglers muss man die Fotos des Außenministers gegenüberstellen. Nicht daß Fischer Gründe gehabt haben mag – und welche mögen das gewesen sein? , birgt, um ein Modewort der Achtundsechziger zu zitieren, einen »Choc« der Erkenntnis, sondern die Tatsache, daß dieser Motorrad-Prügler fünfundzwanzig Jahre später als deutscher Außenminister einen Krieg mitbefehligen wird – eine äußere militärische Intervention, die ohne ihn und seine Geschichte vermutlich zu einem bürgerkriegsähnlichen Notstand im Innern geführt hätte.“

Dies muss korrigierend ergänzt werden: Fischer hat sich hier einer Geschichte bemächtigt (oder sie wurde ihm zugeschlagen), die nie seine war. Fischer war nie Pazifist, nie Militärkritiker, stand nie für die Friedensbewegung. Er hat jedoch diese Geschichte zur Kriegsbegründung instrumentalisiert und damit einen großen Teil derjenigen mundtot oder sprachlos gemacht, deren Geschichte die Friedensbewegung wirklich war. Joschka Fischer war schon immer ein Militanter, damals als »Straßenkämpfer« und 1999 als kriegrechtfertigender und zustimmender Außenminister. Nur heute sind die Auswirkungen um ein vielfaches verschärfter. Fischers angebliche Geschichte wurde benötigt um die »Heimatfront« zu verunsichern und still zu halten. „Es war doch gerade das Spezifische dieser Biographie, die dazu verhalf, den inneren Frieden zu bewahren, als im Kosovo militärisch eingegriffen wurde.“ (FAZ) Im Klartext: Fischer (und Co.) waren die deutsche Notwendigkeit, um kriegsfähig zu werden und nun zu sein.

Apropos »kriegsfähig«: Eine »Konsequenz« der europäischen Regierungen aus der deutlichen militärischen Dominanz der USA beim NATO-Krieg sind nun eine Militarisierung der Europäischen Union und ein europäisches Aufrüstungsprogramm für den Weltraum.

Strukturelle Gewalt ist m.E. das richtige Stichwort für die derzeit eskalierende Situation in Israel und den besetzten palästinensischen Gebieten. Alles sieht danach aus, daß der »low intensity conflict« zum Krieg wird. Eine Kritik aus der hiesigen Friedensbewegung und kritischen Friedensforschung an der »Belagerung« (so der neue US-Aussenminister Colin Powell) besetzter palästinensischer Gebiete und ihrer BewohnerInnen durch israelisches Militär und den regelmäßigen Völkerrechtsbrüchen der israelischen Regierungspolitik ist überfällig.

Klare Worte dazu – wie z.B. die Forderung nach vollständigem israelischen Rückzug aus den besetzten Gebieten – findet in diesem Heft Uri Avnery, der bekannte israelische Publizist und Mitglied der Friedensgruppe Gush-Shalom.

Während ich diese Zeilen schreibe, hat der neue US-Präsident George W. Bush einen »Bombeneinstand«. Ziele in der Nähe von Bagdad wurden von den USA und Großbritannien angegriffen, mit der scheinheiligen Begründung der Verletzung der (völkerrechtswidrigen) Flugverbotszone. Dass Russland, China, die arabischen Staaten und viele andere, darunter Frankreich, den Luftangriff scharf kritisieren, ist völlig berechtigt. Das Verhalten der deutschen Regierung dazu – namentlich von Fischer und Schröder – ist nur noch jämmerlich zu nennen. „Wir haben die USA nicht zu kritisieren“, ein neues Unwort des Jahres?

»Die Welt« schreibt zu den Bombenangriffen auf den Irak: „Der Angriff als erste sichtbare Regierungshandlung setzt ein Signal, das alle verstehen sollen“. Weiter heißt es: „Man muss auf allerhand gefaßt sein, denn es geht nicht nur um den Irak: Die Weltpolitik nimmt eine neue Wendung.“

Wie man sieht, eine gefährliche Wende hin zu einer »Machtpolitik pur«. Hier ist Protest und Widerstand notwendig. War sonst der NATO-Krieg gegen Jugoslawien nur der Vorbote zukünftiger Kriege?

Tobias Pflüger

Das Völkerrecht in der Entwicklung als Friedensordnung

Das Völkerrecht in der Entwicklung als Friedensordnung

von Bernhard Gräfrath

Die Entwicklung des Völkerrechts vollzieht sich in Abhängigkeit von der Entwicklung der internationalen Gesellschaft – und zwar nicht linear oder unmittelbar, sondern über die Vereinbarungen von Staaten. Sie ist daher sehr stark mit der Entwicklung der internationalen Beziehungen verbunden. Unser Autor geht ein auf die Ereignisse im letzten Jahrhundert, die sich auf die Entwicklung des Völkerrechts entscheidend ausgewirkt haben, und untersucht anschließend die aktuellen Tendenzen.
In dem vergangenen „kurzen Jahrhundert“1 hat es zwei einschneidende Ereignisse gegeben, die sich auf das Völkerrecht als Rechtsordnung bestimmend ausgewirkt haben: Das war zum einen die sozialistische Oktoberrevolution mit dem Dekret über den Frieden und der Veröffentlichung der Geheimabmachungen über die Aufteilung der imperialistischen Beute nach dem ersten Weltkrieg. Sie ebnete den Weg zur Ächtung des Krieges als Mittel der internationalen Politik, orientierte auf die Gleichberechtigung und friedliche Zusammenarbeit aller Staaten und die Entfaltung des Selbstbestimmungsrechts der Völker. Mit ihr endete eine Periode, die mit dem Westfälischen Frieden nach dem Dreißigjährigen Krieg begonnen hatte. Sie war wesentlich durch die Vorherrschaft Europas in den internationalen Beziehungen gekennzeichnet, setzte zwar den »Religionskriegen« ein Ende, beschränkte das Völkerrecht aber auf die so genannten »zivilisierten Völker«, d. h. die christlich dominierten Staaten. Das »Europäische Völkerrecht« sanktionierte den Kolonialismus der imperialistischen Mächte, die Intervention und den Krieg als Mittel zur Durchsetzung nationaler Interessen. Es ist fast in Vergessenheit geraten, dass bis 1917 das Recht zum Kriege als Kriterium staatlicher Souveränität galt und die nichteuropäischen Völker und ihr Territorium als Objekt kolonialer Ausbeutung und Eroberung angesehen wurden.

Das zweite Ereignis war der Sieg der Antihitlerkoalition im Zweiten Weltkrieg, aus dem die Organisation der Vereinten Nationen hervorging. In ihrer Charta wurde zum ersten Mal in der Geschichte die souveräne Gleichheit aller Staaten als grundlegendes Prinzip des Völkerrechts anerkannt. Es wurden grundlegende Rechtsprinzipien zwischen allen Staaten vereinbart, darunter die souveräne Gleichheit der Staaten, das Selbstbestimmungsrecht der Völker, das Verbot der Drohung mit und der Anwendung von Gewalt sowie die Pflicht zur friedlichen internationalen Zusammenarbeit und Streitbeilegung. Noch unter dem unmittelbaren Eindruck der brutalen menschenvernichtenden Gewalt, mit der die deutschen Faschisten im Zweiten Weltkrieg versucht hatten ihre Vorstellungen von der Neuordnung Europas und die Weltherrschaft durchzusetzen, war man entschlossen sicherzustellen, dass zukünftig nicht mehr die Gewalt der Mächtigen, sondern das Recht die Beziehungen zwischen den Staaten bestimmen und den Frieden gewährleisten sollte.

Versuche der USA, gestützt auf ihr damaliges Atombombenmonopol, diese Ordnung noch in ihrem Entstehen ihren Interessen unterzuordnen, scheiterten. Es dauerte jedoch fast 20 Jahre, bis es in der Praxis gelang, eine allgemeine Orientierung der internationalen Beziehungen auf die Prinzipien der Charta durchzusetzen. Der Dekolonisierungsprozess, der 1960 seinen Höhepunkt erreichte, markiert den Triumph der Völker über die imperialistische Kolonialherrschaft und gab den Menschenrechten einen neuen Stellenwert in der friedlichen internationalen Zusammenarbeit der Staaten. Er führte schließlich auch dazu, dass am 18. Dezember 1962 selbst die USA, Großbritannien und Frankreich der Resolution 1825 (XVII) der UNO-Generalversammlung zustimmen mussten, die darauf drängte, die bereits 1945 in der Charta verankerten grundlegenden Prinzipien erneut zu bekräftigen und klarer zu formulieren, um ihr Gewicht als Maßstab der internationalen Beziehungen zu verstärken. Ausdrücklich wurde in der Resolution unterstrichen, dass diese Prinzipien „für die Weiterentwicklung des Völkerrechts und für die Förderung der Herrschaft des Rechts zwischen den Völkern“ von überragender Bedeutung sind. Es war offensichtlich und wurde in der Debatte auch gesagt, dass es darum ging, auch in den internationalen Beziehungen die Herrschaft des Rechts an die Stelle der imperialistischen Willkürherrschaft zu setzen. Ein entsprechender Text wurde schließlich nach langen Verhandlungen mit der so genannten Prinzipiendeklaration als Resolution 2625 (XXV) anlässlich des 25. Jahrestages der UNO am 24. Oktober 1970 von der Generalversammlung einmütig verabschiedet.

In der öffentlichen Diskussion stehen, wenn über die Entwicklung des Völkerrechts gesprochen wird, normalerweise die Sicherheitsfragen im Vordergrund. Es wäre aber falsch dabei zu übersehen, dass Wissenschaft, Technik, Ökonomie, Kommunikation und natürlich auch die Militärtechnik mit ihrer gewaltigen Entwicklung in den letzten 50 Jahren einen großen Einfluss auf die Entwicklung des Völkerrechts ausgeübt haben. Nicht nur traditionelle Bereiche des Völkerrechts wie das Seerecht, Kriegsrecht, das Diplomaten- und Vertragsrecht haben wesentliche Veränderungen erfahren. Es sind auch völlig neue Gebiete in die Reichweite des Völkerrechts gelangt, wie z.B. das Weltraumrecht, das Luftrecht, das Umweltrecht, die Förderung und der Schutz von Menschenrechten, die Telekommunikation und wichtige Aspekte des Wirtschaftsrechts. Andere Bereiche haben eine völlig neue Bedeutung erlangt, wie z.B. die internationale Zusammenarbeit im medizinischen Bereich oder bei der Kriminalitätsbekämpfung. Ohne Zweifel ist das Netz der internationalen Zusammenarbeit der Staaten heute wesentlich umfänglicher, vielfältiger und engmaschiger, und es funktioniert weit gehend unauffällig im Hintergrund, effektiv und ohne große Schlagzeilen zu verursachen. Gerade die Vielgestaltigkeit und das schnelle Wachstum des völkerrechtlichen Regelwerks erfordert und verstärkt die Verbindlichkeit und Allgemeingültigkeit der grundlegenden Prinzipien und zwingenden Normen, die nicht durch einfachen Vertrag und schon gar nicht durch »andersartige« Praxis verändert, aufgehoben oder »weiterentwickelt« werden können. Sie halten das ganze System zusammen und gewährleisten mit der Erhaltung des Friedens seine Funktionsfähigkeit.

Allerdings ist es in all diesen Jahren nicht gelungen, die ökonomischen Beziehungen in das System einzugliedern. Alle Versuche, Regeln für eine neue internationale Wirtschaftsordnung aufzustellen und durchzusetzen, sind am Widerstand der industriell hochentwickelten Länder gescheitert, und die UN Konzeption der Entwicklungshilfe ist praktisch zur Not- und Katastrophenhilfe degeneriert. Es sind diese Defizite in der Völkerrechtsentwicklung, die heute seiner Wirksamkeit Grenzen setzen, seine Effektivität ernsthaft beeinträchtigen, sich als Hindernis für notwendige neue Regeln erweisen und nicht nur in den so genannten Entwicklungsländern die Entstehung von Konflikten begünstigen. Die Politik des Internationalen Währungsfonds und der Weltbank tragen nicht zur Entwicklung der wenig entwickelten Länder und zum Abbau ihrer »Schulden« bei sondern zum Abbau öffentlicher Einrichtungen und Betriebe, zu neuer Schuldknechtschaft, zur Polarisierung von Reichtum und Armut. Wenn es im Gefolge des ökonomischen und politischen Druckes zum Zerfall von Staaten oder zu schwer wiegenden sozialen Konflikten innerhalb eines Staates kommt, wird dies zum Vorwand genommen, das nach dem Zweiten Weltkrieg mit Millionen Toten erkämpfte Gewaltverbot ausgerechnet im Interesse des angeblichen Schutzes der Menschenrechte außer Kraft zu setzen, den Kern des gegenwärtigen Völkerrechts zu unterlaufen.

Das klassische Beispiel für diese Entwicklung war der Krieg der NATO gegen Jugoslawien und die im Zusammenhang damit entwickelte NATO-Strategie, die inzwischen auch eine EU-Strategie ist und die das Völkerrecht praktisch ignoriert. Offensichtlich befinden wir uns nach dem Untergang der sozialistischen Staaten in Europa in einer Restaurationsperiode, in der die durch NATO und EU verkörperte »Heilige Allianz« versucht, so wie im Innern der Staaten, die sozialen Sicherheitssysteme in den internationalen Beziehungen die völkerrechtlichen Fortschritte nach dem II. Weltkrieg wieder abzubauen. Das ist besonders deutlich an zwei Eckpunkten der völkerrechtlichen Entwicklung zu beobachten: am Gewaltverbot und an dem Grundsatz der Förderung der Menschenrechte.

Zur Durchsetzung des Gewaltverbots wurde in der Charta versucht, die UNO als kollektives Sicherheitssystem zu konstruieren. Im Kapitel VII enthält die Charta spezielle Regeln, deren Besonderheit darin besteht, dass sie den Sicherheitsrat ermächtigen, im Namen der Mitgliedstaaten der UNO verbindliche Beschlüsse zu fassen, wenn eine Friedensbedrohung oder -verletzung vorliegt und – wenn notwendig – ökonomische, selbst militärische Sanktionen zur Wahrung bzw. Wiederherstellung des Friedens anzuordnen. Dazu bedarf es allerdings einer Mehrheit von 9 der 15 Sicherheitsratsmitglieder, darunter der 5 ständigen Mitglieder (USA, Großbritannien, Frankreich, China, Russland). Das Vetorecht war 1945 als Sicherung gegen den Missbrauch der weit reichenden Kompetenzen des Sicherheitsrates gedacht. Über viele Jahre war jedoch damit die Beschlussfähigkeit des Sicherheitsrates durch den Kalten Krieg behindert. Nach dem Untergang der sozialistischen Staaten in Europa und der Etablierung der »Freien Marktwirtschaft« als globales ökonomisches System ist aber das ökonomische und militärische Übergewicht der USA so groß, dass das »Einstimmigkeitsprinzip« im Sicherheitsrat keine genügende Sicherheit gegen einen missbräuchlichen Einsatz der Kompetenz des Sicherheitsrates bietet. Praktisch agiert die US-Außenpolitik heute nach der Formel: Wenn möglich mit der UNO, wenn nötig ohne oder auch gegen die UNO.

In der Praxis des Sicherheitsrates sind die Bestimmungen der Charta, die Sanktionen gegen Friedensbedrohungen oder Verletzungen vorsehen, lange Zeit nicht angewandt und dann wesentlich entstellt worden. Der Sicherheitsrat hat mit schwammigen Klauseln die Anwendung militärischer Gewalt an einzelne Staaten oder Bündnissysteme delegiert (wie im Irak, in Somalia, Ost-Timor, Haiti und auch bei der Besetzung des Kosovo) und damit die Entscheidung und Kontrolle über den Einsatz militärischer Mittel aus der Hand gegeben – dazu gibt es in der Charta keine Berechtigung. Die bisherige Praxis des Sicherheitsrates ist um so bedenklicher, als er seit 1990 mit einer sehr breiten Definition der Friedensgefährdung arbeitet, die im Einzelfall als Vorwand oder Tor für völkerrechtswidrige Interventionen missbraucht werden kann.

Darüber hinaus hat sich der Sicherheitsrat Kompetenzen als Gesetzgeber und Richter angemaßt, für die es in der UNO-Charta keinerlei Rechtsgrundlage gibt. Aus der Fülle der Beispiele sei hier nur auf die Sanktionsbeschlüsse gegen Libyen hingewiesen, die Einrichtung des Strafgerichtshofes für Jugoslawien und Ruanda, die Grenzregelung zwischen Kuweit und Irak, das Reparationssystem gegen Irak, das ähnlich wie seinerzeit der Versailler Vertrag für Deutschland eine dauernde ökonomische Kontrolle und Ausbeutung des Irak vorsieht. Leider hat gerade auch die letzte Resolution des Sicherheitsrates zur Fortsetzung der Blockade des Irak (1284 (1999)) erneut bestätigt, dass Frankreich, China und Russland derzeit kein ausreichendes Gegengewicht gegen die Interessen der USA darstellen. Sie bringen ihren Unwillen über die Methoden der USA zwar durch Stimmenthaltung zum Ausdruck, haben aber zur Zeit nicht die Kraft, den völkerrechtswidrigen Aktionen der USA mit einem Veto zu begegnen. Auch im Kosovo dulden sie, dass die UN mit der Kfor als Aushängeschild für die Interessen der NATO missbraucht wird. Unter dem Druck der USA schweigt der Sicherheitsrat seit Jahren zu den Verbrechen und der fortgesetzten illegalen Besetzung Palästinas durch Israel. Dagegen hat sich der Sicherheitsrat, wann immer es im Interesse der USA lag und sie in der Lage waren, dafür im Sicherheitsrat eine Mehrheit zusammenzubringen, über seine engen »polizeilichen« Kompetenzen zur Gewährleistung des Friedens hinweggesetzt und wie eine Weltregierung agiert. Der Sicherheitsrat hat gegebenenfalls sogar die dazu notwendigen »Notverordnungen«, die im State Department entworfen wurden, wie ein »Weltgesetzgeber« erlassen. Das hat nicht nur zu schwer wiegenden Deformationen des UN-Systems geführt, sondern auch dazu beigetragen, die geltende Völkerrechtsordnung auszuhöhlen.

Wie gefährlich es z.B. ist, den Schutz der Menschenrechte als Rechtfertigung für den Einsatz militärischer Mittel, den Krieg, auszugeben, wird durch das Strategie-Konzept der NATO vom April 1999 unterstrichen. Darin wurde der NATO-Krieg gegen Jugoslawien zur Richtschnur für zukünftige militärische Aktivitäten der NATO erhoben. Ausdrücklich wird der militärische Einsatz für Fälle vorgesehen, die „nicht unter Artikel 5 (des NATO-Vertrages) fallen,“ d.h. die nicht der kollektiven Selbstverteidigung gegen einen bewaffneten Angriff oder der Erfüllung eines UN-Mandates dienen, also völkerrechtswidrig sind. Solche militärischen Aktionen werden als „Krisenreaktionseinsätze zur Konfliktverhütung und Krisenbewältigung“ schön geredet. Dabei kann es sich z.B. um ausgedehnte und lang anhaltende Luftbombardements wie im Krieg gegen Jugoslawien handeln. Zu den Risiken, die angeblich zu solchen »Krisenreaktionseinsätzen«, d.h. zum Krieg berechtigen, werden ausdrücklich gezählt: „ethnische und religiöse Rivalitäten, Gebietsstreitigkeiten, unzureichende oder fehlgeschlagene Reformbemühungen, die Verletzung von Menschenrechten und die Auflösung von Staaten…“ Dass derart begründete militärische Aktionen nach geltendem Völkerrecht verboten sind, wird in dem Strategiebeschluss der NATO sorgfältig verschwiegen.

Inzwischen ist die EU dabei, nach dem Beispiel der NATO eine »Eingreiftruppe« aufzustellen. Auch hier handelt es sich nicht mehr um ein klassisches Verteidigungsbündnis gegen einen Angriff, sondern um eine völkerrechtswidrige Interventionstruppe, die im Interesse der EU eingesetzt werden soll, wenn diese das für nötig hält. Auch diese Eingreiftruppe soll unabhängig davon eingesetzt werden, ob ein bewaffneter Angriff oder ein Mandat des Sicherheitsrates vorliegt. Obgleich eigentlich durch das Grundgesetz gebunden, betätigt sich die Bundesregierung als treibende Kraft dieser Entwicklung. Nach dem Grundgesetz dient die Bundeswehr ausschließlich der Verteidigung. Deshalb hieß bislang der zuständige Minister Verteidigungsminister und nicht Eingreifminister. Es lässt sich weder mit dem Grundgesetz noch mit dem geltenden Völkerrecht rechtfertigen, dass die Bundeswehr von einer auf die Verteidigung orientierten Armee in eine militärische Einheit verwandelt wird, die als Eingreiftruppe in fremden Ländern eingesetzt werden kann, um Krisen zu bewältigen, die die EU oder NATO u.U. selbst herbeigeführt haben. Diese Umstellung ist Teil einer Politik der Neuordnung Europas und der Welt und sucht die geltende Völkerrechtsordnung, die auf der souveränen Gleichheit der Staaten und dem Selbstbestimmungsrecht der Völker beruht, auszuhebeln.

Nun gibt es »Völkerrechtler« und natürlich Publizisten, die diese Abweichung vom geltenden Völkerrecht als moderne Entwicklung des Völkerrechts zu rechtfertigen versuchen. Sie behaupten, dass jede neue Regel unter Verletzung oder zumindest Veränderung, eben Weiterentwicklung des Rechts entstanden ist. Als typisches Beispiel der neueren Zeit wird dann auf die Entstehung der ökonomischen Zone im Seerecht verwiesen, durch die wesentliche Teile des freien Meeres der allgemeinen Nutzung entzogen wurden. Zweifellos entwickeln sich zahllose Regeln in und durch die Praxis weiter. Zu Regeln werden solche Praktiken aber erst dadurch, dass sie von den Beteiligten, das sind auch die Betroffenen, als Recht anerkannt werden. Eine Praxis, die die Aufhebung des Gewaltverbots oder der souveränen Gleichheit der Staaten beinhaltet, hat deshalb ebenso wenig wie die Wiedereinführung der Sklaverei schon von ihrem Gegenstand her eine Chance, die geltenden Regeln des Völkerrechts abzulösen. Solche Praktiken bleiben schwer wiegende Verletzungen grundlegender Prinzipien des gegenwärtigen Völkerrechts.

Ein Teil der Verwirrung, die z.Zt. systematisch genährt wird, hängt auch damit zusammen, dass man sich in der Frage der Förderung und des Schutzes der Menschenrechte unter dem Druck der herrschenden Meinung weit gehend auf die Position des Neokolonialismus, der nur den internationalen Aspekt des Neoliberalismus beschreibt, eingelassen hat. Menschenrechte sind – so scheint es – zum zentralen internationalen Thema, zum eigentlichen Inhalt internationaler Politik geworden. Häufig wird der Schutz der Menschenrechte dem geltenden Völkerrecht gegenübergestellt, um so genannte humanitäre Interventionen zu rechtfertigen. „Der Begriff »Menschenrechte« taucht dabei interessanterweise besonders dann auf, wenn es um die Rechtfertigung von Krieg und Gewalt geht.“2 Außerdem ist fast immer, wenn von Menschenrechten die Rede ist, nur der kleine Sektor von Menschenrechten gemeint, der der Entfaltung des Privateigentums dient. Es wird so getan, als würde die Allgemeine Deklaration der Menschenrechte von 1948 die Menschen nicht „als Personen betrachten, denen sowohl politische und bürgerliche Freiheiten als auch soziale, kulturelle und wirtschaftliche Rechte zustehen“ und davon ausgehen, dass „der Genuss der bürgerlichen und politischen Freiheiten und der wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Rechte miteinander untrennbar verbunden ist und ein seiner wirtschaftlichen, sozialen und kulturellen Rechte beraubter Mensch nicht eine Person ist, die die Deklaration als Ideal eines freien Mannes betrachtet.“3 Die Identifizierung der Menschenrechte mit der Wertegemeinschaft Marktwirtschaft bedeutet für immer größere Teile der Völker Minderung, oft sogar Verlust grundlegender Menschenrechte. Selbst das Recht auf Leben wird dem untergeordnet, was man daran sehen kann, dass – wie im Kosovo unter offener Verletzung des Gewaltverbots – sogar der Einsatz von Raketen, giftigen Urangeschossen und Bomben gegen wehrlose Zivilbevölkerung als Maßnahmen zum Schutz der Menschenrechte ausgegeben werden.Die Losung von der Universalität und dem Schutz der Menschenrechte wird unter den Bedingungen der freien Marktwirtschaft oft als ein Vehikel zur Rechtfertigung einer Interventionsordnung missbraucht, die die Existenz eines Weltrechts mit den Individuen als Subjekt vortäuscht, um die transnationale, sich über die Souveränität der Staaten hinwegsetzende Herrschaft des Privateigentums zu sichern. Obgleich in den Menschenrechtspakten der Vereinten Nationen vom Recht auf Privateigentum oder freie Marktwirtschaft nicht die Rede ist, geht es in der internationalen Menschenrechtsdebatte seit den 80er Jahren nicht mehr um die Rechte des Menschen, sondern um die Sicherung der Entfaltungsmöglichkeiten des Privateigentums und der so genannten freien Marktwirtschaft. Sie ist praktisch zum zentralen Menschenrecht und Kriterium von Demokratie erhoben worden, obgleich sie in keinem der Menschenrechtspakte vorkommt. „Menschenrechte werden schlicht mit kapitalistischer Marktwirtschaft und den sie kennzeichnenden politischen Herrschaftsverhältnissen identifiziert.“ (Joachim Hirsch) Immer offensichtlicher wird jedoch, dass zügellose, d.h. politisch nicht kontrollierte Marktwirtschaft die Demokratie aushöhlt und immer größere Teile des Volkes vom Genuss der Menschenrechte ausschließt. In dieser Ordnung der globalisierten Marktwirtschaft wird das Selbstbestimmungsrecht des Volkes, frei über seinen politischen Status, seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung sowie seine natürlichen Reichtümer zu bestimmen, durch das Selbstbestimmungsrecht des Kapitals ersetzt. „Der Begriff Demokratie verliert so wichtige emanzipative Bedeutungen und wird zur Legitimation eines internationalen Regimes der ökonomisch-sozialen Apartheid.“ (Joachim Hirsch)

Wenn man Demokratie mit der derzeitigen westlichen Demokratie gleichsetzt und diese als Kriterium der Gewährleistung der Menschenrechte ausgibt, kann man jede politische Herrschaftsform, die den Versuch unternimmt, den Grundsatz »Eigentum verpflichtet« durchzusetzen, als mehr oder weniger schwere Menschenrechtsverletzung ausgeben, als Berechtigung zur Intervention, als Einsatzfall für die Eingreiftruppe missbrauchen. Indem Meinungs- und Pressefreiheit den Gesetzen der freien Marktwirtschaft, der Herrschaft des Privateigentums untergeordnet werden, werden diese Freiheiten nicht nur 80 % der Bevölkerung entzogen, sondern zugleich zum Instrument zur Manipulierung des Volkes degradiert. Die Qualität einer nationalen Regierung wird nicht mehr daran gemessen, was sie für das Wohlergehen des Volkes bewirkt, sondern wie wirksam sie gewährleistet, dass aus dem Volksvermögen die Zinsen des Kapitals gezahlt werden. Regierungen, die Ausdruck des Selbstbestimmungsrechts des Volkes sein wollten und sollten, werden in immer mehr Ländern zu bloßen Bütteln von Gläubigern, zu Exekutivorganen des Internationalen Währungsfonds.

Wenn Menschenrechtsverletzungen als Grund, der Schutz der Menschenrechte als Rechtfertigung für einen Krieg ausgegeben werden, so ist das ein zynischer Etikettenschwindel, mit dem das Verhältnis von Gewaltverbot und Menschenrechten in sein Gegenteil verkehrt wird. Im geltenden Völkerrecht gibt es eine solche Rechtfertigung für den Einsatz militärischer Gewalt nicht. Außerdem ist der Menschenrechtskatalog sehr umfänglich. Es gibt zahllose Menschenrechtsverletzungen der verschiedensten Art, gegen die unterschiedliche Reaktionen vorgesehen und möglich sind. Noch niemand ist auf die Idee gekommen, die Verursachung oder Existenz von Millionen Arbeitslosen, von Obdachlosen, Rassendiskriminierung, die Todesstrafe, die Verschleppung von Gerichtsverfahren usw. als Rechtfertigung für den Einsatz von Raketen und Bomben geltend zu machen. Selbst schwere Menschenrechtsverletzungen rechtfertigen nicht den Einsatz militärischer Sanktionen, es sei denn sie nehmen die Dimension einer Friedensgefährdung an.

Vor allem aber sind das Gewaltverbot und die Regeln zum Schutz der Zivilbevölkerung in bewaffneten Konflikten selbst Menschenrechte, unveräußerliche Bestandteile des Rechts auf Leben. Förderung und Schutz der Menschenrechte lassen sich nicht von der Einhaltung und Durchsetzung des Gewaltverbots der UN-Charta trennen, zu seiner Aufhebung oder Umgehung nutzen. Schon 1982 hatte der Internationale Menschenrechtsausschuss, ein Organ des Menschenrechtspaktes für politische und Bürgerrechte, in seinem Kommentar zum Recht auf Leben erklärt: „Bereits in der Charta der Vereinten Nationen ist die Androhung oder Anwendung von Gewalt durch einen Staat gegen einen anderen Staat verboten, ausgenommen in Ausübung des unveräußerlichen Rechts auf Selbstverteidigung. Der Ausschuss ist der Auffassung, dass die Staaten die oberste Pflicht haben, Kriege, Akte des Völkermords und andere Akte massenhafter Gewalt, die willkürlich Todesopfer fordern, zur verhindern. Jede Bemühung der Staaten zur Abwendung der Gefahr eines Krieges, insbesondere eines Atomkrieges, und zur Festigung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit wäre die wichtigste Voraussetzung und Garantie für die Gewährleistung des Rechts auf Leben.“

Für den Fall, dass Menschenrechtsverletzungen zu einer Friedensbedrohung oder -verletzung werden, hat der Sicherheitsrat die Möglichkeit und die Aufgabe, das festzustellen und geeignete Maßnahmen einzuleiten. Auch dann handelt er nicht als Weltregierung sondern als Polizei, zur Sicherung oder Wiederherstellung des Friedens, damit die Betroffenen eine friedliche Lösung finden und vereinbaren können. Wenn jedoch die NATO oder einzelne Staaten für sich das Recht in Anspruch nehmen, ohne und gegebenenfalls gegen den Sicherheitsrat zu entscheiden, wann eine Krise oder ein Konflikt eine Dimension erreicht hat, die den Einsatz militärischer Mittel rechtfertigt, und auch noch zu oktroyieren, wie die Lösung des zugrundeliegenden Konflikts auszusehen hat, dann sind wir am Ende der geltenden Völkerrechtsordnung und an der Schwelle des 21. Jahrhunderts wieder im 19. Jahrhundert angelangt. Dann geht in den internationalen Beziehungen wieder Macht vor Recht. Statt von Neoliberalismus sollte man dann richtiger von Neoimperialismus sprechen.

Offensichtlich befindet sich auch die Entwicklung des Völkerrechts z. Zt. in einer Restaurationsperiode, in der versucht wird, die nach dem Zweiten Weltkrieg durchgesetzten Positionen wieder aufzuheben, zumindest aber aufzuweichen. In ihrem Kampf um Frieden und Gleichberechtigung haben die Völker – auch die ökonomisch schwachen Staaten – eine starke Position, weil sie sich in ihrem Kampf auf geltende Normen stützen können. Die weitere Entwicklung wird davon abhängen, dass sich das internationale Kräfteverhältnis verändert und es möglich wird, wesentliche Grundpositionen einer neuen internationalen Wirtschaftsordnung einzuführen und durchzusetzen. Das setzt allerdings voraus, dass es gelingt, den transnationalen Monopolen Zügel anzulegen und ein Element sozialer Gerechtigkeit in den internationalen Beziehungen einzuführen.

Anmerkungen

1) Eric Hobsbawm, Das Zeitalter der Extreme, 5. Auflage 1997. München/Wien.

2) Joachim Hirsch, Die Globalisierung der Menschenrechte, Freitag, 19.01.01, S. 11.

3) Resolution 421E(V) der Generalversammlung, vom 4. 12. 1950.

Dr. Bernhard Gräfrath ist emeritierter Professor für Völkerrecht. Er war von 1977 bis 1986 Mitglied im UN-Menschenrechtsausschuss und von 1986 bis 1990 Mitglied der UN-Völkerrechtskommission.

Uranwaffeneinsatz

Uranwaffeneinsatz

Eine humanitär-völkerrechtliche Standortbestimmung

von Manfred Mohr

In der Klage Jugoslawiens gegen einzelne NATO-Staaten (Legality of the Use of Force) vor dem Internationalen Gerichtshof (IGH) ist ein Punkt die Verwendung von DU-Waffen. Interessanterweise hatte das US-Verteidigungsministerium anfangs jede Information über DU-Einsatz auf jugoslawischem Territorium unter Verweis auf das IGH-Verfahren verweigert. Jede zu diesem Zeitpunkt gegebene Antwort könnte die Interessen der USA in diesem Verfahren beeinträchtigen. Dies kann wohl als Indiz für eine gewisse politisch-rechtliche »Unbehaglichkeit« gewertet werden. Im Übrigen ist die offizielle NATO-Haltung zur rechtlichen Bewertung von DU-Einsatz (im Kosovo) ebenso eindeutig wie knapp formuliert; in den Worten von Sprecher Mark Laity auf einer Pressekonferenz am 24.1.2001: „…DU is not illegal. It is a legal weapon of war. End of story. We used it, it's legal.“ Welche Ansatzpunkte für ein Hinterfragen dieser Position existieren, untersucht Manfred Mohr von der Deutschen Sektion der IALANA (International Association of Lawyers Against Nuclear Arms).
Von der Unterkommission der UN-Menschenrechtskommission wurden zwei Resolutionen verabschiedet, die die Problematik von »weaponry containing depleted uranium« erwähnen. Dies geschieht unter Bezugnahme auf die Menschenrechte und/oder das humanitäre Völkerrecht sowie eine entsprechende Unvereinbarkeit.1 Innerhalb des Haager Jugoslawien-Tribunals (ICTY) herrscht (noch) allgemeine Zurückhaltung vor. Das von der Anklagebehörde eingerichtete Komitee zur Untersuchung der NATO-Luftkampagne gegen Jugoslawien verwies auf die bisherige Nichteinleitung von DU-bezogenen Verfahren „in view of the uncertain state of development of the legal standards governing this area“2. Im Januar 2001 hieß es, dass bei ausreichenden Verletzungshinweisen eine Überprüfung der Position und eine Untersuchung durch die Anklagebehörde möglich wären.

Der Grundsatz der nicht unbeschränkten Wahl

Nach Art. 22 der Haager Landkriegsordnung von 1907 (HLKO) haben die Krieg Führenden kein unbeschränktes Recht in der Wahl der Mittel zur Schädigung des Feindes. Das Prinzip, das in Art. 35 Abs.1 des I. Zusatzprotokolls von 1977 zu den Genfer Abkommen (ZP I) seine Bekräftigung gefunden hat, markiert einen Grundansatz des modernen ius in bello, des humanitären Völkerrechts. Es geht von einer »humanitären Proportionalität« aus und durchbricht die (vorrangige) Geltung »militärischer Notwendigkeit«.

Der Grundsatz der nicht unbeschränkten Wahl hat den Charakter von Gewohnheitsrecht und von zwingendem Recht (ius cogens). Er ist von eigenständiger Bedeutung und wird durch spezielle Waffenverbote (in Vertrags- oder Gewohnheitsrechtsform) ergänzt bzw. umgesetzt. In seiner Ausrichtung beinhaltet er bereits die grundlegende Verpflichtung, die Regeln des humanitären Völkerrechts im Hinblick auf Kriegsmittel und -methoden zu respektieren.

Aufgrund der Wirkungen müsste allein auf der Basis dieses Prinzips der Einsatz von Uranmunition unterbleiben. Es besteht, nach meinem Dafürhalten, eine Rechtspflicht, nach Alternativen zu suchen und diese ggf. zur Anwendung zu bringen. Der Vorteil von Uranmunition liegt im – nicht mehr akzeptierten – Bereich der »militärischen Notwendigkeit«: DU, das rund doppelt so dicht ist wie (ebenfalls hochgiftiges) Blei, besitzt eine besonders hohe Durchdringungsfähigkeit. Sie wird durch seine Entzündlichkeit noch gesteigert – also gerade die Eigenschaft, die den Einsatz von Uranmunition so gefährlich macht. Schließlich fällt DU in großen Mengen an und ist von daher kostengünstig. Genau unter diesen Aspekten setzten und setzen die USA auf DU-Waffen – im Unterschied zur Bundeswehr, die Wolfram vorzieht.

Spezielle Prüfpflichten

Als unmittelbarer Ausfluss jenes Grundsatzes verpflichtet Art. 36 ZP I die Staaten, neue Waffen auf ihre Vereinbarkeit mit dem humanitären Völkerrecht zu überprüfen. Als Maßstab gilt neben dem Vertrags- auch das Gewohnheitsrecht. Der innere humanitäre Charakter des Rechts des bewaffneten Konflikts, so der IGH in seinem Kernwaffengutachten, gilt „…für alle Formen der Kriegführung und alle Arten von Waffen…, die in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.“3

Von den ca. 17-20 Staaten, die DU in ihrem Arsenal haben sollen, ist überwiegend nicht bekannt, ob und mit welchem Ergebnis sie ein entsprechendes Prüfverfahren realisiert haben. Interessanterweise haben dies – ohne Vertragspartei von ZP I zu sein – die USA getan; einmal im Jahr 1975 und einmal im Jahr 1994.4 Die 1975iger Untersuchung führte zur Empfehlung der Nichtanwendung von Uranwaffen, soweit Alternativen zur Verfügung stünden; es könnte sonst (auch) eine Gefährdung für die Zivilbevölkerung geben. Die nach dem Golfkrieg durchgeführte Untersuchung des Jahres 1994 erbrachte dagegen weit weniger Bedenken, unter Heranziehung der bekannten »low level«-, »low-dose«-Argumente.Wie erwähnt, entschied man sich im deutschen Verteidigungsministerium (etwa Mitte der 80er und erneut Mitte der 90er Jahre) gegen eine militärische DU-Nutzung. Ausschlaggebend sollen dafür politisch-psychologische Momente (Vorbeugen einer weiteren »Anti-Nuklear-Debatte«) bzw. Kostenaspekte (20 Mill. DM Investitionshöhe für eine mögliche DU-Munitions-Fertigungsanlage) gewesen sein.5 Es handelte sich mithin weniger um ein rechtlich ausgerichtetes Prüfverfahren.

Die Verfahren nach Art 36 ZP I oder direkt gestützt auf den Grundsatz der nicht unbeschränkten Mittelwahl laufen intern ab; sie können von den Staaten frei gestaltet werden. Immerhin bieten sich aber rechtliche Ansatzpunkte, um detailliertere Informationen, Untersuchungen und Bewertungen zu verlangen. Staaten, zwischenstaatliche und Nichtregierungsorganisationen können nach den Ergebnissen von Prüfverfahren fragen. Hier kann man die – für die Thematik insgesamt bedeutsame – besondere Verpflichtungsstruktur des humanitären Völkerrechts (Genfer Abkommen und ZP I ) ins Spiel bringen. Gemäß dem jeweiligen Art. 1 verpflichten sich die Vertragsparteien, die Verträge unter allen Umständen einzuhalten und ihre Einhaltung durchzusetzen. D.h., auch ein Staat ohne DU-Waffenbesitz kann und muss alles dafür tun, dass ein (völkerrechtswidriger) Einsatz von Uranmunition unterbleibt.

Das Verbot der Verursachung überflüssiger Verletzungen oder unnötiger Leiden

Als Ausdruck bzw. in Anwendung des Grundsatzes der nicht unbeschränkten Wahl dürfen die Staaten keine Waffen, Geschosse und Material einsetzen, die geeignet sind, überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden zu verursachen (Art. 23 Abs. 1 e HKLO; Art. 35 Abs. 2 ZP I). Die dahinter stehende Überlegung formulierte bereits die Petersburger Erklärung von 1868, in der Präambel: „…das einzige rechtmäßige Ziel, welches sich ein Staat in Kriegszeiten stellen kann, (ist) die Schwächung der Streitkräfte des Feindes…; …zu diesem Zweck (ist es) hinreichend …, dem Gegner eine so große Zahl von Leuten als möglich außer Gefecht zu setzen…“

Alles was darüber hinaus geht, gilt grundsätzlich als disproportional, als exzessiv. Dies ist der Fall, wenn (feindliche) Streitkräfteangehörige über das außer Gefecht Setzen hinaus durch Uranwaffeneinsatz weit und lange danach schwere gesundheitliche Schäden oder gar einen qualvollen Tod erleiden. Erst recht unverhältnismäßig ist es, wenn die Zivilbevölkerung, die sowieso nicht als solche angegriffen werden darf, einem derartigen Leiden ausgesetzt wird. Insoweit findet der hier behandelte Grundsatz indirekt auch auf Nichtkombattanten Anwendung, im Sinne einer Verschärfung der schon an sich bestehenden Schutzverpflichtung.

Aufgrund ihrer spezifischen Wirkung, ihrer negativ-exzessiven Natur ist der Einsatz der DU-Waffe im Lichte des hier behandelten Grundsatzes als völkerrechtswidrig einzustufen, auch wenn es noch kein spezielles Verbot dieser Waffe gibt. Sollten sich Waffen-(Einsatz-)Verbote erst aus bzw. mit speziellen Vereinbarungen ergeben, wäre das humanitäre Völkerrecht weit gehend wirkungslos. So hat der IGH in seinem Kernwaffengutachten die volle Anwendung der beiden »Kardinalprinzipien« dieses Rechts – des Grundsatzes der Unterscheidung zwischen Kombattanten und Nichtkombattanten sowie des hier behandelten Grundsatzes – auf die Nuklearwaffenproblematik erklärt und praktiziert, mit dem Ergebnis: Kernwaffeneinsatz steht generell im Widerspruch zum humanitären Völkerrecht (paras. 78 und ff.).

Einen Versuch, (medizinisch) näher zu bestimmen, was überflüssige Verletzungen oder unnötige Leiden sind, stellt das SirUS-Project dar.6 Eines der vom Projekt formulierten Kriterien bezieht sich auf das Fehlen allgemein anerkannter und bewährter sowie einfacher (Feldlazarett) Behandlungsmöglichkeiten. Genau davon wird man aber wohl bei den DU-Einsatzfolgen ausgehen müssen.

Als ein besonderer Aspekt tritt die Selbstschädigung oder -betroffenheit hinzu. Wie Golfkriegs- und Kosovo-Szenario zeigen, gefährdet Uranwaffeneinsatz die eigene Truppe (auch über friendly-fire-Konstellationen hinaus) bzw. die »befreundete« Bevölkerung. Dieser Umstand erleichtert es vielleicht, derartige Waffen, wie etwa im Fall von bakteriologischen Waffen, loszuwerden.

Der Grundsatz der Unterscheidung und das Verbot unterschiedsloser Angriffe

Dieser Grundsatz ist ebenso Ausdruck der Philosophie des humanitären Völkerrechts: Die Kampfhandlung ist auf das außer Gefecht Setzen des Gegners, des Kombattanten zu beschränken. Zivilbevölkerung, Zivilpersonen und zivile Objekte dürfen nicht Gegenstand von Angriffen sein. Dem entsprechend sind unterschiedslose Angriffe verboten.

Neben Kampfmethoden und -arten gibt es auch bestimmte Kampfmittel – Waffen –, deren Effekte unter keinen Umständen begrenzbar sind, wie z.B. bakteriologische Waffen. Mit solchen Waffen vorgetragene Angriffe sind nach Art. 51 Abs. 4 c ZP I als unterschiedslose Angriffe ausdrücklich verboten.

Ähnlich wie A-,B- und C-Waffen sind DU-Waffen in ihrer Wirkung nicht kontrollierbar. Sie entwickeln, nach der Anwendung, ein »eigenes Leben«, Effekte mit nicht eingrenzbarer Zeit- und Raumausdehnung sowie der Abhängigkeit von Zufallsfaktoren wie Wind und Wasser. Aufgrund ihrer unterschiedslosen Wirkung stellt die Unterkommission der UN-Menschenrechtskonvention Uranwaffen neben Massenvernichtungswaffen (Res. 1996/16, para.1). Entscheidend ist (jedoch) ihre unterschiedslose Wirkung. Insoweit kann ihre nähere Qualifizierung als Massenvernichtungs- oder konventionelle Waffe dahingestellt bleiben. Die Unterschiedslosigkeit ihrer Raum- und Zeitausdehnung ist jedenfalls typisch für eine Strahlen- bzw. Giftwaffe. Für derartige Wirkungen reichen relativ geringe Mengen aus.7

Auch hier bildet der Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit den Hintergrund für die Regel. Gemäß Art. 51 Abs. 5 Buchst. b ZP I ist eine Angriffsart als unterschiedslos anzusehen, bei der damit zu rechnen ist, dass zivile Verluste verursacht werden, die in keinem Verhältnis zum erwarteten militärischen Vorteil stehen. Selbst wenn Uranmunition eine hochwirksame, Panzer brechende Waffe darstellt, ist auf ihren Einsatz in Anbetracht der Langzeitfolgen und -schäden für den zivilen Bereich zu verzichten. Die Verseuchung des Kosovo und umgrenzender Gebiete steht in keinem Verhältnis zu den (überdies nicht sehr zahlreichen) vernichteten serbischen Panzerfahrzeugen.

Unter dem Kapitel IV »Vorsorgliche Maßnahmen« des ZPI wird ausdrücklich verlangt, von derartigen Angriffen Abstand zu nehmen (Art. 57 Abs. 2 a [iii] ). Bei der Angriffsplanung ist sicherzustellen, dass Zivilpersonen bzw. zivile Objekte nicht zu Angriffszielen werden und der Angriff nicht nach dem Protokoll verboten ist (Art. 57 Abs. 2 a [i]). Die »zero-risk«-Kriegführung im Kosovo-/Jugoslawien-Konflikt (Angriffe aus großer Höhe) hat eine Beachtung dieser Regeln zusätzlich erschwert und den Einsatz von Uranmunition noch gefährlicher werden lassen.

Das Verbot der Umweltschädigung

Das moderne humanitäre Völkerrecht, speziell ZP I, verbietet den Einsatz von Waffen, die ausgedehnte, lang anhaltende und schwere Schäden der natürlichen Umwelt verursachen (Art. 35 Abs. 3; Art. 55 Abs.1). Unabhängig von der Frage, ob diese ZP-I-Regeln (als sog. neue Regeln) nur vertragliche Bindungswirkung entfalten, ist zu beachten, dass alle drei Kriterien – kumulativ – erfüllt sein müssen. Es ist fraglich, ob diese hohe Anwendungsschwelle, insbesondere im Punkt der Schwere der Umweltschädigung, durch Uranwaffeneinsatz (etwa im Kosovo) überschritten wurde.

Nichtsdestoweniger, so der IGH in seinem Kernwaffengutachten, müssen die Staaten Umweltüberlegungen heranziehen, wenn sie bestimmen wollen, was beim Angriff auf ein legitimes militärisches Ziel notwendig und proportional ist (para. 30). Wie sonst bei der Bestimmung bzw. Abwägung humanitär-völkerrechtlicher Aspekte des Waffeneinsatzes kommen auch hinsichtlich möglicher (negativer) Umweltfolgen die allgemeinen Prinzipien der Verhältnismäßigkeit und der Unterscheidung zum Tragen.

Hinzu treten solche allgemeinen Regeln wie die des Verbots disproportionaler, nicht gerechtfertigter Eigentumszerstörung und Verwüstung (Art. 23 Abs. 1 g HLKO; Art. 6 b Statut des Internationalen Militärgerichtshofs [IMT]; Art. 3 b ICTY- Statut).

Schließlich kann, wie im angeführten IGH-Ansatz deutlich wird, das »Friedens«-Umwelt-Recht herangezogen werden. Hier ist die Anwendungsschwelle regelmäßig niedriger; »significant damage« ist ausreichend und wird bei der (angenommenen) radiologischen/toxischen Wirkung von DU erreicht. Von Relevanz sind solche Grundsätze wie der des Schädigungsverbots, der Pflicht zu Vorsichtsmaßnahmen sowie zu Warnung und Information.8

Von diesem Hintergrund und bei einer solchen Zuordnung scheint es gerechtfertigt, dass die Menschenrechts-Unterkommission auf die „physical effects on the environment“ (Res. 1996/16, Präambel-para. 5) und der Kröning-Bericht auf das Einsatzverbot von Waffen „which have lasting environmental pollution effects“9 in Verbindung mit DU hinweisen.

Das Verbot von Gift und vergifteten Waffen

Hierbei handelt es sich um ein »uraltes« Verbot, verankert u.a. in der (2.) Haager Deklaration von 1899, Art. 23 Abs. 1 a HKLO sowie dem Genfer Giftgasprotokoll von 1925. Auf die Möglichkeit einer entsprechenden Argumentation – die dann besonders fest »etabliert« ist – verweist auch der Kröning-Bericht, „(should) DU munitions be recognised as posing a lasting radioactive and chemical poisoning threat…“10

(Schwermetall-)Giftigkeit bildet den hauptsächlichen Negativeffekt von Uranwaffeneinsatz. Dies wird auch von NATO- bzw. Bundeswehrseite eingeräumt, zusammen mit dem Verweis auf mögliche »Schutzvorkehrungen« (für militärisches Personal). DU gilt allgemein als sehr giftig; die Grenzwerte sind entsprechend (äußerst) niedrig.

Über die Wolkenbildung und -ausbreitung kann m.E. auch ein Bezug zu Giftgas und das betreffende Verbot hergestellt werden. Einen solchen Ansatz (hinsichtlich Kernwaffen) verfolgt Richter Weeramantry in seiner Dissenting Opinion zum IGH-Gutachten, wobei er betont, „…that the distinction between solids, liquids and gases has never been strictly applied in military terminology to the word »gas«.“11

Der Begriff Gift bzw. Giftwaffe selbst ist in den betreffenden Regeln nicht näher definiert. Wichtige und auf DU weit gehend zutreffende Ansatzpunkte liefern die »Elements of crime«, die zu den Verbrechenstatbeständen des Statuts für den Internationalen Strafgerichtshof (ICC) verabschiedet worden sind. Hier heißt es zum Kriegsverbrechen der Gift-/Giftwaffen-Anwendung:
„1. The perpetrator employed a substance or a weapon that releases a substance as a result of its employment.
2. The substance was such that it causes death or serious damage to health in the ordinary course of events, through its toxic properties…“

Zur Problematik der Nebenwirkungen findet sich im Handbuch des Bundesverteidigungsministeriums folgende Aussage: „Unbeabsichtigte und unerhebliche giftige Nebenwirkungen von ansonsten erlaubten Kampfmitteln sind von diesem Verbot (Gift/Gas, M.M.) nicht betroffen“.12 Daraus ergeben sich (jedenfalls) für den DU-Waffeneinsatz durchaus Subsumtionsmöglichkeiten: Die betreffenden Nebenwirkungen sind nicht nur »unerheblich« und im Übrigen ist es – im Lichte der bisher entwickelten Argumentation – fraglich, ob solche Waffen »ansonsten erlaubt« sind.

Andere Regeln und Aspekte

Hier ist vor allem der Grundsatz des klassischen Haager Rechts zu nennen, wonach das Gebiet eines dritten, konfliktunbeteiligten oder neutralen Staates unverletzlich ist. Auf diesem Gebiet dürfen keine Kampfhandlungen stattfinden oder Schäden angerichtet werden. Dies bezieht sich auch auf etwaige Nebenwirkungen von Kampfhandlungen oder (absolut unzulässige) Begleitschäden. Auch dieses Prinzip, unterstreicht der IGH im Kernwaffengutachten, findet – wie die anderen Prinzipien des humanitären Völkerrechts – auf jedweden internationalen bewaffneten Konflikt Anwendung, unabhängig vom eingesetzten Waffentyp (vgl. para. 89), und es »passt« auf die Konstellation und die (möglichen) Auswirkungen von Uranwaffeneinsatz.

Nicht zuletzt sei die Martenssche Klausel erwähnt. In allen nicht von (speziellen) Übereinkünften erfassten Fällen „…verbleiben Zivilpersonen und Kombattanten unter dem Schutz und der Herrschaft der Grundsätze des Völkerrechts, wie sie sich aus feststehenden Gebräuchen, aus den Grundsätzen der Menschlichkeit und aus den Forderungen des öffentlichen Gewissens ergeben“ (Art. 1 Abs. 2 ZP I).

Die Klausel dient (hier) nicht einfach nur als eine Art Auffangnorm. Sie bietet vielmehr eine Auslegungs- und Abwägungsorientierung in Hinblick auf die humanitär- völkerrechtlichen Grundsätze, die auf die DU-Problematik Anwendung finden (wie den der Verhältnismäßigkeit).

Kriegsverbrechen (?)

Insgesamt bieten sich (tatbestandsseitig) folgende, substanziell bereits entwickelte Anknüpfungspunkte:

  • nicht gerechtfertigte, exzessive Verwüstung, Zerstörung und Schädigung (Art. 6 b IMT-Statut; Art. 2 d und 3 b ICTY-Statut; Art. 8 Abs. 2 b [iv] ICC-Statut);
  • Verursachung von Leiden oder schweren Gesundheitsbeeinträchtigungen (Art 2 c ICTY-Statut; Art. 8 Abs. 2 a [iii] ICC-Statut);
  • Einsatz von Gift, Giftwaffen oder sonstigen Waffen, die unnötige Leiden verursachen (Art. 3 a ICTY-Statut; Art. 8 Abs. 2 b [xvii] ICC-Statut);
  • Führen eines unterschiedslos wirkenden Angriffes mit unverhältnismäßigen Folgen im zivilen Bereich (Art. 85 Abs. 3 b ZP I);
  • Gebrauch verbotener Waffen (gestützt auf Art. 23 HLKO; als [weitere] „schwere Verletzung“ des humanitären Völkerrechts)13.

Diese tatbestandsmäßigen Ansätze sind weit gehend völkergewohnheitsrechtlich abgesichert.

Der Eintritt (völker-)strafrechtlicher Verantwortlichkeit für die Begehung derartiger Kriegsverbrechen setzt Vorsatz bzw. Bewusstheit darüber voraus, dass bestimmte Folgen „im normalen Verlauf der Ereignisse eintreten werden“ (Art. 30 Abs. 2 b ICC-Statut). Speziell bei unterschiedslos wirkenden Angriffen ist die vorherige Kenntnis über die nachteiligen, exzessiven Wirkungen und Konsequenzen erforderlich.

Eine solche Kenntnis konnte man aber wohl auf Seiten der alliierten Konfliktparteien mit Beginn des Golfkriegs, spätestens aber mit Einleitung der NATO-Luftoperation gegen Jugoslawien voraussetzen. Davon zeugen vorliegende Untersuchungen (z.B. in Gestalt der 1974er US-Studie) genauso wie die umfangreichen, für das Militär eingeleiteten Schutz- und Sicherheitsvorkehrungen. Auf der individuell-subjektiven Seite (eines Politikers, Militärs) ist dann jeweils der Schuld- und Kenntnisnachweis noch im Einzelnen zu führen.
Vor diesem Hintergrund ist es gerechtfertigt, wenn die Vorsitzende der Ethik-Kommission des Bundestages, Margot von Renesse, den Einsatz von Uranmunition als Kriegsverbrechen verurteilt.14 Im Sinne der umfassenden persönlichen strafrechtlichen Verantwortlichkeit für Kriegsverbrechen (z.B. nach Art. 7 ICTY-Statut) könnte auch eine Person, die im Rahmen von alliierten Kommandostrukturen (etwa der NATO) an der Planung, Vorbereitung oder Ausführung des Verbrechens beteiligt war oder dazu Beihilfe geleistet hat, verantwortlich gemacht werden.

Fast noch wichtiger und juristisch zwingender ist folgender Aspekt:

Verantwortlichkeit und Haftung

Hierbei handelt es sich um einen allgemeinen Grundsatz oder Mechanismus des Völkerrechts, der im humanitären Völkerrecht seine spezielle Ausprägung in Gestalt von Art. 3 IV. Haager Abkommen (1907) bzw. Art. 91 ZP I gefunden hat. Jeder Staat haftet für völkerrechtliche Pflichtverletzungen im umfassenden Sinne. Er hat Wiedergutmachung und ggf. Schadenersatz zu leisten; er muss für das pflichtwidrige Verhalten seiner Untergebenen (Streitkräfte-Angehörigen) eintreten. Eine mögliche (völker-)strafrechtliche Verantwortlichkeit solcher Personen befreit ihn hiervon nicht.

Dies ist nun die Grundlage für Forderungen und mögliche Ansprüche im Zusammenhang mit Uranwaffeneinsatz. Sie bewegen sich auf den verschiedensten Ebenen und in den verschiedensten Formen: im Innenverhältnis (gegenüber eigenen, möglicherweise geschädigten Soldaten) und im Außenverhältnis (etwa gegenüber betroffenen Zivilpersonen im Zielgebiet); als Ansprüche auf mehr Information, Untersuchung und Transparenz, auf Vorsichts- und Aufräummaßnahmen sowie ggf. auf Haftung und Schadenersatz, auf Wiedergutmachung im breiten Verständnis, wozu man auch die Verpflichtung zu einer Nichtwiederholung, zur künftigen Nichtanwendung solcher Waffen rechnen könnte. Das ganze Versteckspiel um die möglichen Folgen von militärischem DU-Einsatz hängt sicherlich wesentlich damit zusammen, dass eine Welle von Schadensersatzforderungen abgewehrt werden soll. Das betrifft in erster Linie das Golfkriegs-Syndrom, das wohl in der Tat auf ein Bündel von möglichen Ursachenkonstellationen zurückgeht, zu denen aber u.a. auch DU gehört.15

Es besteht u.U. eine gesamtschuldnerische, gemeinsame oder kollektive Haftung, z.B. im Fall von Militärkoalitionen. Soweit, wie bei DU-Einsatz, der Umweltbereich tangiert ist, könnte eine Haftungsverschärfung in Richtung einer verschuldensunabhängigen, objektiven oder sog. Gefährdungshaftung gegeben sein.

In diesem Rahmen bewegt sich auch das Internationale Komitee des Roten Kreuzes (IKRK), wenn es auf die völkerrechtliche Verantwortung der DU-Waffen einsetzenden Staaten hinweist, die notwendigen Untersuchungen zur vollständigen Erfassung der Wirkungen und möglichen Gesundheitsbeeinträchtigungen dieses Einsatzes festzustellen. Forderungen nach mehr Information erhoben deutsche Hilfsorganisationen wie das DRK im Kosovo, aus Sorge um die Mitarbeiter wie die Bevölkerung. Man sei über die Gefahren des DU-Einsatzes nicht aufgeklärt worden.16

Schluss

Der Einsatz von Uranwaffen läuft wesentlichen Grundsätzen des humanitären Völkerrechts zuwider, wie dem Prinzip der nicht unbeschränkten Wahl von Kriegsmitteln, dem Verbot der Verursachung überflüssiger Verletzungen und unnötigen Leidens, unterschiedslos wirkender Angriffe sowie von Giftwaffen.

Als Konsequenz besteht eine Verpflichtung, solche Waffen nicht mehr einzusetzen und für ihren Einsatz eine umfassende Verantwortung zu übernehmen. Zur Bekräftigung und Umsetzung dieser Rechtslage sollte schnellstmöglich eine spezielle Übereinkunft über die Nichtanwendung und allgemeine Ächtung von DU-Waffen erarbeitet werden.

Vorbild stellen die B- und C-Waffen-Übereinkommen sowie der Ottawa-Vertrag dar. Als eine Option oder Zwischenlösung bietet sich ein weiteres Zwischenprotokoll zum UN-Waffenübereinkommen von 1980 an.17 In jedem Fall wäre eine spezielle DU-Übereinkunft ein wirksamer Schritt zur Durchsetzung der allgemeinen Waffenverbote des humanitären Völkerrechts; für die Ächtung und Beseitigung dieser gefährlichen, inhumanen Waffe unerlässlich. Für das erfolgreiche Beschreiten eines solchen Prozesses bestehen gute Aussichten.

Der vorstehende Artikel wurde redaktionell stark gekürzt. In voller Länge erscheint er in der Zeitschrift »Humanitäres Völkerrecht – Informationsschriften«.

Zur »Gesundheitsgefährdung durch Uranmunition« siehe auch Artikel von Rolf Bertram in diesem Heft.

Anmerkungen

1) Vgl. Res. 1996/16 (para.1, Präambel-paras.1 und 6); Res. 1997/36 (Präambel-paras.1, 4 und 8).

2) Final Report to the Prosecutor by the Committee established to Review the NATO Bombing Campaign Against the Federal Republic of Jugoslavia, para 26.

3) I.C.J., Advisory Opinion, 08. July 1996, General List, No. 95, Legality of the Threat or Use of Nuclear Weapons, para. 86; deutscher Text in: IALANA (Hrsg.), Atomwaffen vor dem Internationalen Gerichtshof, Münster 1997, S. 29 ff.

4) Vgl. hierzu und zum folgenden A. McDonald, Depleted Uranium as a New Weapon, in: IALANA, Findings of the IALANA Support Group on Depleted Uranium Weapons Under International Law, Draft for Discussion, 09. September 2000, S. 4 ff.

5) Vgl. (nach) Die Welt, 09.01.01 (online); Berliner Zeitung, 18.01.01; Pressestatement R. Scharping im Anschluss an die 63. Sitzung des Verteidigungsausschusses des Deutschen Bundestages (Internet).

6) SIrUS=»superflous injury or unnecessary suffering«; vgl. zum Projekt R. Coupland/P. Herby; Review of the legality of weapons: a new Approach, in: International Review of the Red Cross, 81(1999)No. 835, S. 583 ff.

7) Im Golfkrieg wurden immerhin rund 320 und im Kosovo-Konflikt rund 9 t DU zum Einsatz gebracht. Vgl. (insgesamt) J. Kleffner, The Use of DU and the Prohibition of Indiscriminate Attacks, in: IALANA, Findings, Anm. 4, S. 7 ff.

8) Vgl. R. Desgagné, The Use of Depleted Uranium and the Protection of the Environment, in: IALANA, Findings, Anm. 4, S. 13 ff.

9) NATO Parliamentary Assembly, Civilian Affairs Committee, Kosovo and International Humanitarian Law, Volker Kröning, Special Rapporteur, November 1999, para. 24.

10) Ebenda.

11) Dissenting Opinion of Judge Weeramantry, in: IALANA, Atomwaffen, Anm. 3, S. 244.

12) Bundesministerium der Verteidigung, Humanitäres Völkerrecht in bewaffneten Konflikten – Handbuch –, para. 434.

13) Vgl. (so, nach) Handbuch, Anm. 12, para. 1209; R. Wolfrum, Zur Durchsetzung des humanitären Völkerrechts, in: D. Fleck (Hrsg.), Handbuch des humanitären Völkerrechts in bewaffneten Konflikten, München 1994, S. 432.

14) Vgl. (nach) Westdeutsche Allgemeine Zeitung, 8.1.01, S. 1.

15) Vgl. beispielsweise G. Nicolson, Gulf War Illness. Causes and Treatments, in: Armed Forces Medical Developments, 2001/2, S. 41-44. Interesanterweise hat das dänische Verteidigungsministerium mittlerweile einen Zusammenhang zwischen Golfkriegseinsatz und Krankheiten dänischer Golf-Veteranen, mit möglichen Schadensersatzkonsequenzen, anerkannt; vgl. (nach) taz, Berlin, 24.01.00, S. 9.

16) Vgl. Sorge um Mitarbeiter und Bevölkerung im Kosovo. Deutsche Hilfsorganisationen beklagen mangelnde Information über Uran-Munition, Berliner Zeitung, 13.01.01.

17) Die nächste Revisionskonferenz zum Abkommen findet in der 2. Dezemberhälfte 2001 statt.

Prof. Dr. Manfred Mohr ist Vorstandsmitglied der deutschen IALANA, Mitglied des Academic Council der IALANA/International

Neues bei der völkerrechtlichen Konfliktaufarbeitung

Neues bei der völkerrechtlichen Konfliktaufarbeitung

von Hans-Joachim Heintze

Das Völkerrecht kennt das Institut der Konfliktaufarbeitung – anders als die politische Wissenschaft – nicht. Der Begriff »Konflikt« taucht hier lediglich im Zusammenhang mit dem »bewaffneten Konflikt« auf und ist eine Umschreibung für den Krieg. Man hat diese Umschreibung gewählt, weil der »klassische« Krieg, der förmlich erklärt werden musste, aufgrund der Geltung des Gewaltverbots heute nicht mehr gefochten werden darf. Die Friedensforschern und Politologen bekannte Konfliktaufarbeitung meint aber etwas anderes. Hier geht es um Prozesse, die im Völkerrecht unter der Überschrift »friedliche Streitbeilegung« behandelt werden. Diese friedliche Streitbeilegung hat auch eine vertragsrechtliche Verankerung in der UN-Charta im Kapitel VI gefunden. Jahrelang kam diesem Kapitel wegen des Ost-West-Gegensatzes eher ein Schattendasein zu. Die wichtigste Voraussetzung, um ihm Leben einzuhauchen, ist nämlich Kooperationsbereitschaft der Streitparteien. Heute dürfte diese – allein schon wegen der Globalisierung – größer sein. Folglich tut sich auf diesem Feld einiges. Was genau, das soll im Folgenden untersucht werden.
Gemeinhin wird das Völkerrecht in der Öffentlichkeit – aber auch von Juristen – als schwache bzw. unfertige Rechtsordnung betrachtet. Ihr fehle nämlich das hervorstechendeste Kennzeichen einer Rechtsordnung, der zentrale Erzwingungsmechanismus. In der Tat, Völkerrecht lässt sich über weite Strecken nicht zwangsweise durchsetzen. Es kennt keine Polizei und keinen Staatsanwalt. Lediglich in einem Sonderfall, dem der Verletzung oder Bedrohung des Weltfriedens kann der UN-Sicherheitsrat mit Zwang gegen den Friedensstörer vorgehen. Er kann dies, muss es aber nicht. Er entscheidet ausschließlich nach der politischen Einschätzung der Mitgliedsstaaten des UN-Sicherheitsrates, was zu völlig unterschiedlichen Reaktionen des Rates bei ähnlich gelagerten Fällen geführt hat. So entschied er, in Somalia zu intervenieren, mit Sudan befasste er sich jedoch nicht. Hinsichtlich des Kosovo stellte er zwar eine Friedensbedrohung fest, legte aber keine Maßnahmen zur Überwindung dieser Situation fest. Sicher muss allein schon diese kleine Zahl von Beispielen wegen der Unterschiedlichkeit (und zumeist auch Unzulänglichkeit) der Reaktion die Frage aufwerfen, warum das Völkerrecht nicht über dem innerstaatlichen Recht vergleichbare Durchsetzungsinstanzen verfügt und warum nicht wenigstens der UN-Sicherheitsrat – wenn er nun schon über das Gewaltmonopol in den internationalen Beziehungen verfügt – durch eine stringente Praxis etwas Ordnung in die moderne Welt bringt.

Staaten sind souverän

Die Antwort ist leicht zu finden: Staaten sind – man kann es mögen oder nicht – souverän. Dies mag angesichts der Globalisierung und der Interdependenz der Staaten antiquiert erscheinen. Gleichwohl, selbst in einer so weit vorangeschrittenen Gemeinschaft supranationaler Natur wie der EU ist es nach wie vor möglich (und legitim), dass sich Frankreich dazu entschließt, vom Schengener Abkommen abzuweichen und unter Berufung auf nationale Sicherheitsinteressen und seine Souveränität wieder Personenkontrollen an seinen Staatsgrenzen durchzuführen. Die Souveränität der Staaten ist nach wie vor Grundbaustein des Völkerrechts. Eben deshalb wird Völkerrecht auch nicht wie das nationale Recht durch einen Gesetzgeber erlassen, sondern durch die Staaten freiwillig vereinbart. Folglich, so wäre es jedenfalls idealtypisch, müsste das freiwillig Vereinbarte auch ebenso freiwillig durchgesetzt werden. Das Leben lehrt, dass es nicht so ist. Staaten übernehmen offensichtlich im Interesse ihrer Reputation Verpflichtungen, die sie gar nicht gewillt sind einzuhalten. Oder ihre Interessenlage ändert sich nachdem sie einen völkerrechtlichen Vertrag geschlossen haben. Man denke lediglich an die Bundesrepublik Jugoslawien, für die der UN-Menschenrechtspakt seit 1977 verbindlich ist; dennoch war dieser Staat aktiv an der Politik der »ethnischen Säuberung« beteiligt und hat im Kosovo Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen. Auch diese menschenrechtsverachtende Politik Milosevics hat letztlich Belgrad in die internationale Isolierung geführt, aus der es erst nach einem innenpolitischen Umschwung herauskommen konnte.

Zu fragen ist also, welches letztlich die treibenden Kräfte bei der Durchsetzung des Völkerrechts sind und ob es in dieser Hinsicht neue Entwicklungen gibt.

Wachsender Einfluss der Zivilgesellschaft

Die Staaten agieren natürlich nicht im luftleeren Raum. Vielmehr hat sich seit der Gründung der Vereinten Nationen im Jahre 1945 eine grundlegende Wandlung in den internationalen Beziehungen vollzogen: die zunehmende Mitwirkung nichtstaatlicher Akteure. Durch die mögliche Mitarbeit bei der Kodifizierung des Völkerrechts z.B. durch den Beobachterstatus von NGOs in den Vereinten Nationen wurde die Allmacht der Staaten in der weltweiten Politik überwunden. Noch stärker hat sich die zunehmende Öffentlichkeit internationaler Entscheidungsprozesse ausgewirkt. Staaten sind damit in einen Rechtfertigungszwang geraten. Sie müssen legitim handeln und ihre Macht muss durch das Volk legitimiert sein. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker hat damit eine nach innen gerichtete Komponente bekommen. Durch die Menschenrechte ergibt sich zudem das Erfordernis, freie Wahlen durchzuführen und die politische Mitwirkung der Regierten sicherzustellen. Diese Entwicklung hat dazu geführt, dass Staaten ihre internationale Politik begründen müssen und sich dabei zwangsläufig auf das Völkerrecht berufen. Dabei kommt es zu unterschiedlichen Auffassungen über den Inhalt einzelner Bestimmungen. Hier setzt das Völkerrechtsinstitut der friedlichen Streitbeilegung an.

Das Prinzip und die Mittel der friedlichen Streitbeilegung

Das Prinzip der friedlichen Streitbeilegung wird in der UN-Charta ausdrücklich angesprochen. Demnach sind alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, ihre internationalen Streitigkeiten durch friedliche Mittel beizulegen. Neben dieser vertraglichen Bestimmung wird im Völkerrecht auch eine gewohnheitsrechtliche Geltung des Prinzips der friedlichen Streitbeilegung angenommen, wofür zahlreiche UN-Resolutionen ebenso Beleg sind wie multilaterale Verträge (z.B. die UN-Seerechtskonvention oder das Chemiewaffenübereinkommen). Das Prinzip beinhaltet eine Verpflichtung der Streitparteien zur aktiven Überwindung des Streites. Allerdings sind die Staaten frei in der Festlegung der Mittel der friedlichen Streitbeilegung. Es gibt dafür politische und gerichtliche Mittel.

Die politischen Mittel bestehen vor allem aus diplomatischen Verfahren. In Art. 33 UN-Charta werden Verhandlung, Untersuchung, Vermittlung und Vergleich genannt. Hinzu kommen noch die dort nicht genannten »guten Dienste«. Diese diplomatischen Verfahren sind traditionell in vielen Verträgen als erste Stufe zur Lösung von Streitfällen vorgesehen.

Die Verhandlungen sind ein für die Streitparteien wichtiges Mittel, die eigenen Interessen der anderen Seite zu verdeutlichen und deren Position kennen zu lernen. Um einen erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen zu erreichen, müssen Kompromissbereitschaft und Flexibilität vorausgesetzt werden. Sind sie erfolglos, so tritt in der Regel eine Verschärfung der Streitsituation ein.

Unter »guten Diensten« werden die Bemühungen einer Drittpartei verstanden, die Streitparteien zu einer friedlichen Lösung ihres Streites zu bewegen. Dies geschieht u.a. durch die Herstellung von Kontakten zwischen der Drittpartei und den Streitparteien oder durch die Bereitstellung von Möglichkeiten zur Durchführung von Verhandlungen. Bei der Vermittlung übernimmt eine dritte Partei eine aktive Rolle bei der Streitschlichtung. Ihr obliegt es, die Verhandlungsatmosphäre so positiv zu beeinflussen, dass eine Lösung des Streites möglich wird. Daneben greift der Vermittler in die Verhandlungen selbst ein und unterbreitet Lösungsvorschläge. Ein Beispiel eines Vermittlungsversuchs aus der jüngsten Vergangenheit ist die Initiative Präsident Clintons, einen drohenden Nahostkrieg zwischen Israel und den Palästinensern zu verhindern.

Besondere Rolle der UNO

Eine besondere Rolle kommt in der Praxis der friedlichen Streitbeilegung der UNO zu. Der Sicherheitsrat kann in jedem Stadium einer Streitigkeit geeignete Verfahren oder Methoden für deren Bereinigung empfehlen bzw. selbst einen Vermittlungsvorschlag unterbreiten. Neben dem Sicherheitsrat hat auch die Generalversammlung die Befugnis, Lösungen zur friedlichen Streitbeilegung anzubieten, wenn der Sicherheitsrat nicht mit dieser Angelegenheit befasst ist. Die Generalversammlung kann den Streit erörtern oder Empfehlungen abgeben. Obwohl sie verschiedentlich Unterorgane wie Untersuchungs-, Vermittlungs- und Vergleichskommissionen einsetzt, liegt das Schwergewicht auf der Abgabe von Empfehlungen.

Wachsende Bedeutung bei der friedlichen Streitbeilegung hat der Generalsekretär. So hat Kofi Annan 1998 eine erfolgreiche Vermittlung im Irak durchgeführt, um den UNSCOM-Mitarbeitern den Zutritt zu Präsidentenpalästen zu verschaffen und damit US-Luftangriffe gegen den Irak zu verhindern (vgl. Res. 1154 des Sicherheitsrates vom 2. März 1998).

Die UN steht im Rahmen des Kapitels VIII ihrer Charta in einer rechtlichen Beziehung zu den Regionalorganisationen. Diese spielen bei der friedlichen Streitbeilegung eine besondere Rolle, da sie Staaten desselben Kulturkreises vereinen und aufgrund ihrer regionalen Verankerung zumeist als Verhandlungspartner glaubwürdiger sind und von den Streitparteien leichter akzeptiert werden. Gleichwohl ist dies keine Gewähr dafür, dass Regionalorganisationen praktisch zwangsläufig erfolgreich sind. Im Falle Haitis beispielsweise versuchte die OAS monatelang, die Militärmachthaber von der Notwendigkeit der Rückkehr des demokratisch gewählten Präsidenten Aristide zu überzeugen. Schließlich sah sich der UN-Sicherheitsrat veranlasst, militärische Zwangsmaßnahmen gegen die Putschistenregierung anzudrohen. Ihre Durchführung wurde dann im letzten Moment durch eine Vermittlungsmission des früheren US-Präsidenten Carter verhindert.

Notwendigkeit des Fact Finding

Obwohl in unseren Informationsgesellschaften ungeheure Mengen von Nachrichten verfügbar sind, ist es oftmals schwer, sich ein tatsächliches Bild der Ereignisse zu machen. Dies betrifft insbesondere gewaltsam ausgetragene Konflikte, über die Militärs nur zensierte Berichte zulassen. So gibt es beispielsweise über die Kriegführung der NATO im Kosovo-Konflikt nach wie vor einander widersprechende Darstellungen.

Weil das erste Opfer eines Krieges stets die Wahrheit ist, kommt der Schaffung von Untersuchungskommissionen besondere Bedeutung zu. Deshalb ist es sehr zu begrüßen, dass Art. 90 des Zusatzprotokolls I zu den Genfer Rot-Kreuz-Konventionen von 1949 die Bildung einer internationalen Ermittlungskommission vorsieht, die Vorgänge untersuchen soll, von denen behauptet wird, dass sie eine schwere Verletzung im Sinne der Genfer Abkommen und des Zusatzprotokolls I sein können oder einen anderen erheblichen Verstoß gegen die Genfer Abkommen oder das Protokoll darstellen. Die Bildung dieser Kommission ist zweifellos ein Fortschritt bei dem Bestreben, mehr Transparenz in kriegerische Auseinandersetzungen zu bringen. Gleichzeitig zeigt sich aber an verschiedenen Umständen, dass die Mehrzahl der Staaten nicht an einer solchen Transparenz interessiert sind. Nur so ist erklärlich, dass die Kommission bislang noch nicht angerufen wurde, und dies, obwohl wir in der jüngsten Vergangenheit Zeugen einer Reihe von Kriegen geworden sind, in denen grausame Verbrechen begangen wurden.

Während hinsichtlich bewaffneter Konflikte nach wie vor Informationen manipuliert werden, hat sich bezüglich anderer Streitigkeiten die Bereitschaft der Staaten erhöht, Untersuchungen in größerem Umfang zuzulassen. Das zeigt sich insbesondere in Bezug auf das »fact finding«, dessen Erfolgsstory bereits in der Hochzeit des Kalten Krieges begann. Im Interesse ihrer Reputation stimmte 1983 die Sowjetunion einer ICAO Fact-Finding Investigation des Abschusses einer koreanischen Verkehrsmaschine durch sowjetische Militärflugzeuge zu und Irak und Iran duldeten Untersuchungen über den Einsatz von Giftgas in ihrem Krieg.

1988 empfahl die UN-Generalversammlung mit Res. 43/51 dem Generalsekretär die »fact finding«-Möglichkeiten zur Beilegung von internationalen Streitigkeiten zu nutzen und dabei insbesondere mit dem Einverständnis des Gaststaates »fact finding«-Kommissionen in die Gebiete zu entsenden, in denen eine Streitigkeit oder eine friedensgefährdende Situation existiert. Seither hat sich dieses Instrument eingebürgert und ist aus der modernen Diplomatie nicht mehr fortzudenken.

Wachsende Bedeutung der internationalen Gerichtsbarkeit

Die internationale Schiedsgerichtsbarkeit ist ein zwischenstaatliches Streiterledigungsverfahren, das eine für die Parteien verbindliche Entscheidung des Streites hervorbringt. Wesentliche Elemente des Schiedsverfahrens wie seine Rechtsgrundlage, die Zusammensetzung des Gerichts, die Auswahl des anwendbaren Rechts und die Ordnung des Verfahrens bleiben in der Hand der streitenden Parteien. Deshalb wird dieSchiedsgerichtsbarkeit vielfach als das dem Gedanken der Billigkeit am ehesten entsprechende Mittel zur Erledigung von Streitigkeiten angesehen.

Bereits vor dem Ersten Weltkrieg wurde der »Ständige Schiedshof« in Den Haag gegründet. Er arbeitet nicht wie ein Gericht, sondern dient als Informations- und Vermittlungsorgan, das die Errichtung von Schiedsgerichten erleichtert. Dass relativ alte Übereinkünfte über die Schiedsgerichtsbarkeit auch heute noch eine Bedeutung haben, wird beispielhaft an der jugoslawischen Klage auf vorsorgliche Maßnahmen gegen die Luftangriffe der NATO vom 02. Juni 1999 deutlich. Als rechtliche Grundlage seiner Klage gegen Belgien führte Belgrad auch das Übereinkommen zur Schlichtung, gerichtlichen Streitbeilegung und Schiedsgerichtsbarkeit zwischen Belgien und Jugoslawien vom 25. März 1930 an.

Die UNO und Regionalorganisationen unterstützen die Nutzung der internationalen Schiedsgerichtsbarkeit zur Beilegung von Streitigkeiten und haben einige Regelungen dafür geschaffen. Beachtung verdient auch, dass die OSZE 1992 eine »Convention on Conciliation and Arbitration within the OSCE« verabschiedete, die 1994 in Kraft trat. Voraussetzung für die Streitbeilegung durch das OSZE-Schiedsgericht ist die Vereinbarung der Streitparteien, so dass seine Anrufung nicht obligatorisch ist. Die Tatsache, dass bislang noch kein Fall vor das Schiedsgericht gebracht wurde, lässt Zweifel an der Sinnhaftigkeit dieses friedlichen Streitbeilegungsinstruments aufkommen. Sie werden dadurch verstärkt, dass gerade die nichtrechtliche Natur der OSZE solche rechtlichen Verfahren wie einen Fremdkörper erscheinen lässt. Gleichwohl trifft es sicher zu, dass allein die Existenz eines solchen Gerichtshofes eine generalpräventive Wirkung zeitigt.

Häufige Anrufung des IGH in der Gegenwart

Während bei der Schiedsgerichtsbarkeit die Streitparteien die Richter und das anzuwendende Recht bestimmen, ist dies bei der Gerichtsbarkeit nicht der Fall. Die Besetzung des Gerichts, das anzuwendende Recht und die Verfahrensregeln sind hier vorgegeben. Damit ist ein solcher Gerichtshof ständig anrufbar, was für die Sicherung von Rechtsansprüchen durch den Erlass vorläufiger Maßnahmen wichtig sein kann. Im Gegensatz zu den nebenamtlichen Mitgliedern des Schiedsgerichts sind die Richter eines internationalen Gerichtshofs hauptamtlich tätig. Aus der Konstruktion solcher Gerichte ergibt sich, dass sie durch Urteile und Gutachten das Völkerrecht interpretieren und weiterentwickeln. Obwohl es heute mehrere internationale Gerichte gibt (den Internationalen Seegerichtshof, den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte, den Inter-Amerikanischen Gerichtshof für Menschenrechte und den Europäischen Gerichtshof), ist das bedeutendste Organ das Hauptrechtsprechungsorgan der Vereinten Nationen, der Internationale Gerichtshof.

Als Hauptrechtsprechungsorgan entscheidet der IGH über diejenigen Streitfälle, für die nach dem IGH-Statut seine Zuständigkeit begründet ist. Außerdem kann er für die Generalversammlung und den Sicherheitsrat gutachterlich tätig werden. Andere Organe der Vereinten Nationen und Sonderorganisationen können Gutachten über Rechtsfragen, die sich in ihrem Tätigkeitsbereich stellen, vom IGH anfordern, wenn eine Ermächtigung dazu durch die Generalversammlung vorliegt.

Heute ist eine deutliche Hinwendung zur internationalen Gerichtsbarkeit erkennbar. Mittlerweile ist der IGH mit Arbeit überfrachtet. Wurde er in der Zeit des Ost-West-Gegensatzes von den Staaten gemieden, so sehen sie heute in dem Organ eine reale Chance für einen gangbaren Weg zu einer dauerhaften Streitschlichtung. Dies widerspiegelt die Veränderungen in der politischen Kultur, überfordert aber den IGH. 1999 wurden achtzehn neue Verfahren eröffnet, aber nur vier abgeschlossen. Der Gerichtshof sei, so sein Präsident Stephen M. Schwebel, durch die breite Streuung der Fälle und die häufige Beantragung vorläufigen Rechtsschutzes schlichtweg überfordert und es bedürfe einer Erhöhung seines Budgets (UN-Doc. A/54/33, S. 20f.).

Nach Art. 34 Abs. 1 des IGH-Statuts sind nur Staaten berechtigt, als Partei vor dem Gerichtshof aufzutreten. Obwohl es in der Vergangenheit insbesondere nach solchen Verfahren, in denen Internationale Organisationen, internationale Unternehmen oder Einzelpersonen in irgendeiner Weise involviert waren, Vorstöße gegeben hat, die Parteifähigkeit über den Kreis der Staaten hinaus auszudehnen, ist dies bisher nicht erfolgt. Grundsätzlich erstreckt sich die Zuständigkeit des Gerichtshofs auf alle ihm von den Parteien unterbreiteten Rechtssachen sowie auf alle in der Charta der Vereinten Nationen oder in geltenden Verträgen besonders vorgesehenen Angelegenheiten. Die Zuständigkeit des IGH kann auf vier Wegen begründet werden: Staaten können die Zuständigkeit des Gerichtshofs für einen zwischen ihnen schwebenden Streit ad hoc vereinbaren. Möglich ist aber auch, dass eine Streitpartei Klage vor dem IGH erhebt und die andere Partei ihre Zustimmung zum Verfahren erst später erteilt. Zuständig ist der IGH auch dann, wenn in bi- oder multilateralen Verträgen eine gerichtliche Streitbeilegung vorgesehen ist.

Von dem Inhalt der Klausel hängt es ab, welcher Bereich der vertraglichen Beziehungen der Zuständigkeit unterstellt werden soll. Grundsätzlich können Staaten auch solche Verträge abschließen, die alle ihre Streitigkeiten der Zuständigkeit des IGH unterwerfen. Schließlich können Staaten nach Art. 36 Abs. 2 eine Erklärung abgeben, mit der sie die Zuständigkeit des Gerichtshofs ohne besondere Übereinkunft gegenüber jedem anderen Staat anerkennen, der dieselbe Verpflichtung übernimmt. Die letzte Variante kann mit Vorbehalten versehen werden, was im Nicaragua-Fall eine erhebliche Rolle gespielt hat. Da die USA ihre Zustimmung zur obligatorischen Gerichtsbarkeit mit einem sog. Vandenberg-Vorbehalt versehen hatten, konnten Verletzungen aus multilateralen Verträgen nur dann vom IGH behandelt werden, wenn die USA dem gesondert zugestimmt hätte. Da sich die USA natürlich nicht durch Nicaragua vor dem IGH verklagen lassen wollten, verweigerten sie diese. Nicaragua verklagte daraufhin die USA wegen Verletzung von identischem Völkergewohnheitsrecht, so dass das Gericht die vorgebrachten Zuständigkeitseinreden nicht akzeptierte und die USA wegen einer Aggression gegen den mittelamerikanischen Staat verurteilt wurden.

Eine große Rolle spielte gerade in der jüngsten Vergangenheit – so bei den NATO-Angriffen auf Jugoslawien – die Beantragung »vorsorglicher Maßnahmen«. Deren Ziel ist es, die Rechte der Parteien zu sichern, die bis zur Urteilsverkündung entscheidend beeinträchtigt werden können. Während der Teheraner Geiselkrise beantragten die Vereinigten Staaten vorsorgliche Maßnahmen, mit denen die Freilassung der US-Geiseln in der Botschaft in Teheran angeordnet und ihre sofortige und sichere Ausreise aus dem Iran gesichert werden sollten. Der IGH entsprach dem amerikanischen Antrag am 15.12.1979, obwohl der Iran zu erkennen gegeben hatte, dass er an einem Verfahren nicht teilnehmen würde. Waren die USA in diesem Fall in ihren Rechten verletzt, so setzten sie sich im LaGrand-Fall über vom IGH angeordnete vorsorgliche Maßnahmen hinweg. Obwohl die USA durch den IGH aufgefordert worden waren, alle ihr zur Verfügung stehenden Maßnahmen zu ergreifen, um die Exekution der deutschen Staatsangehörigen LaGrand, die wegen Mordes von einem US-Gericht zum Tode verurteilt worden waren, aufzuschieben, ergriffen sie keine Maßnahmen. Schließlich entschloss sich Deutschland im LaGrand-Fall daraufhin, die USA wegen der Verletzung des Wiener Übereinkommens über konsularische Beziehungen, das auch Fragen des Schutzes von eigenen Staatsangehörigen im Gastland regelt, zu verklagen.

Die Streitparteien verpflichten sich mit der Unterwerfung unter die Gerichtsbarkeit des IGH, die Urteile zu respektieren und nach Treu und Glauben auszuführen. Wie im innerstaatlichen Recht ist die Durchsetzung eines IGH-Spruches ebenfalls nicht Aufgabe des Gerichts. Befolgt die unterlegene Partei das Urteil nicht, ist die davon betroffene Partei auf die allgemeinen Mittel des Völkerrechts zur Durchsetzung völkerrechtlicher Ansprüche verwiesen. In der Regel wird sowohl auf die diplomatischen Verfahren der friedlichen Streitbeilegung als auch auf die Mechanismen Internationaler Organisationen zurückgegriffen, um die unterlegene Partei zur Durchführung des Urteils zu bewegen. Letztendlich stellen die Retorsion und die Repressalie legale Mittel der Reaktion auf die Verweigerung einer durch das Urteil des IGH gebotenen Handlung dar. Gemäß Art. 94 Abs. 2 der UN-Charta könnte eine betroffene Partei auch den Sicherheitsrat mit der Frage befassen und ihn auffordern, die notwendigen Maßnahmen zur Durchsetzung eines Urteils zu ergreifen. Bislang hat die Bestimmung aber noch keine bedeutende Rolle gespielt. Die Schwäche der gesamten Konstruktion wurde deutlich, als Nicaragua seinerzeit den Rat anrief, die Befolgung des gegen die USA ergangenen Urteils durchzusetzen. Wegen des Veto-Rechts der USA war dieser Versuch von Anfang zum Scheitern verurteilt. In der Literatur wird freilich dazu vermerkt, dass die USA ohnehin das Urteil weitgehend befolgt hätten.

Individuelle völkerrechtliche Verantwortlichkeit

Rechtsdogmatisch ist das Institut der völkerrechtlichen Verantwortlichkeit strikt von der friedlichen Streitbeilegung zu trennen. Stehen sich bei der friedlichen Streitbeilegung völkerrechtlich begründete Ansprüche – beispielsweise über einen Grenzverlauf – gegenüber, so setzt die Verantwortlichkeit einen Rechtsbruch voraus, der einem Völkerrechtssubjekt zurechenbar sein muss. Es ist nicht zufällig, dass sich die UN-Charta in Kapitel VI mit der friedlichen Streitbeilegung befasst und davon abgegrenzt im Kapitel VII den Maßnahmen bei Friedensbrüchen zuwendet. Auch die Charta folgt damit dieser rechtsdogmatischen Trennung.

Da Staaten souverän sind, kann man sie auch nicht »bestrafen«. Deshalb haben der IGH und auch Schiedsgerichte keine Kompetenz zur Durchführung von Strafprozessen. Alle Verfahren vor internationalen Gerichten sind öffentlich-rechtlicher Natur. Auch die Zwangsmaßnahmen, die der UN-Sicherheitsrat nach Kapitel VII gegen einen Friedensstörer verhängen kann, haben nur das Ziel, den Rechtsbrecher im Rahmen des Systems kollektiver Sicherheit wieder zu einem rechtstreuen Verhalten zu veranlassen.

Staaten handeln durch ihre Organe, und diese werden von natürlichen Personen gebildet. Ihr hoheitliches Handeln ist in der Regel durch das Institut der Immunität geschützt. Erst in der jüngsten Vergangenheit setzt sich zunehmend der Gedanke durch, dass es hoheitliches Handeln gibt, welches nicht durch die staatliche Souveränität gedeckt ist. Dies ist bei völkerrechtlichen Verbrechen der Fall, für die natürliche Personen selbst dann strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können, wenn sie in staatlichem Auftrag gehandelt haben. Die Abstrafung kann dann durch nationale Gerichte oder internationale Strafgerichte erfolgen. Besonders die letzte Alternative erscheint bedeutsam, da in Staaten, in denen völkerrechtliche Verbrechen begangen werden, in der Regel auch nicht mit einer unabhängigen Justiz zu rechnen ist. Deshalb erlaubt das Völkerrecht in diesen Fällen eine Abweichung von dem Grundsatz der Strafhoheit über Verbrechen, die auf dem Territorium eines Staates begangen wurden.

Schließlich haben gerade die jüngsten Bürgerkriege und bewaffneten Konflikte in sog. zerfallenen Staaten, in denen keine effektiver Staatsmacht mehr existiert (»failed states«) gezeigt, dass auch nichtstaatliche Akteure gegen Völkerrecht verstoßen und deshalb wegen völkerrechtlicher Verbrechen strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden können.

Handlungszwang angesichts des Jugoslawien-Gräuels

In Nürnberg wurde 1946 erstmals die politische und militärische Führung eines Staates wegen Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit abgestraft. Bereits die erste UN-Generalversammlung bekräftigte einstimmig die Geltung des Nürnberger Statuts und seiner Rechtsprechung. Gefordert wurde im Zusammenhang mit der Ausarbeitung der Völkermordkonvention auch die Schaffung eines ständigen internationalen Strafgerichts. Das ganze Projekt geriet dann in den Strudel des Kalten Krieges. Hinter diesem konnten sich die Staaten verbergen, die einem solchen Vorhaben ohnehin sehr zurückhaltend gegenüberstanden.

Die Situation änderte sich 1992 durch die Fernsehberichte aus Jugoslawien. Als Reaktion darauf schuf der Sicherheitsrat 1993 einen internationalen ad-hoc-Strafgerichtshof zum ehemaligen Jugoslawien. Die Zuständigkeit des Tribunals war beschränkt auf schwere Verletzungen des internationalen humanitären Rechts, die im früheren Jugoslawien seit 1991 begangen wurden. Der »Schönheitsfehler«, dass das Tribunal durch eine Sicherheitsratsresolution und nicht durch einen internationalen Vertrag eingerichtet wurde, hat wohl vor allem einen praktischen Grund: Die Schaffung eines Vertrages hätte zu viel Zeit in Anspruch genommen. Gleichwohl wird in der Literatur geltend gemacht, dass das Verfahren einen gewissen »faden Nachgeschmack« hinterlassen habe. Der Sicherheitsrat habe die Gerichtsgründung nur beschlossen, weil etwas getan werden musste und er mit seinem traditionellen Latein am Ende war.

Freilich hat die spätere Praxis des Gerichts diesen Mangel wettgemacht. Die Entscheidungen des Tribunals sind überzeugend. 1998 gab es bereits zwei Urteile und vier Verfahren waren gleichzeitig im Gang. Bis April 1998 war gegen 79 Verdächtige Anklage erhoben worden. Die Zahl der in Untersuchungshaft befindlichen Personen liegt bei 26 und ist steigend. Der Mitarbeiterstab ist auf über 400 gewachsen, ein Jahresbudget von nahezu 70 Millionen US-$ steht zur Verfügung.

Das Tribunal blieb jedoch nicht von Problemen verschont. Wenig vorbildlich war die Kooperation mit Serbien, Kroatien und Bosnien, gegen deren Staatsangehörige das Tribunal Anklage erhob und deren Verfassungen die Auslieferung verbieten. Zwei Umstände haben zudem die Wirksamkeit gemindert: das Fehlen eigener Erzwingungsmechanismen und die mangelnde Bereitschaft der Staaten, Verdächtige festzunehmen, gegen die ein Haftbefehl besteht. Nach den demokratischen Veränderungen in Kroatien und schließlich auch in Serbien sind diesbezüglich jedoch Verbesserungen eingetreten bzw. zu erwarten.

Der Völkermord in Ruanda veranlasste 1994 den Sicherheitsrat zur Errichtung eines weiteren ad-hoc Tribunals, um Massenmörder zur Rechenschaft zu ziehen und so zur Wiederherstellung des Friedens beizutragen. Zuständig ist es für gravierende Verletzungen von Menschenrechten, die im Jahr 1994 in einem genau definierten Gebiet begangen worden waren. Das Statut erwähnt ausdrücklich, dass Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit auch dann bestraft werden, wenn der Konflikt – wie in Ruanda – kein internationaler, sondern ein innerstaatlicher war.

Weil Ruanda durch den Bürgerkrieg verwüstet war, wurde das Tribunal im tansanischen Arusha eingerichtet. Die administrativen Schwierigkeiten waren enorm. Über 100.000 Hutu wurden in die örtlichen Gefängnisse gepfercht und durch die neue Tutsi-Regierung des Völkermordes, der Massenvergewaltigung oder vergleichbarer Gräueltaten beschuldigt. Im Land gab es nur noch wenige Anwälte und Richter. Tutsi, die gesehen hatten, wie ihre Familien abgeschlachtet wurden, forderten, dass die Mörder hingerichtet werden sollten. Da das Statut die Todesstrafe verbietet, drohte nunmehr Tätern wegen weniger schwer wiegender Verbrechen möglicherweise die Verhängung der Todesstrafe in Eilverfahren vor nationalen Gerichten in Ruanda. Die Hauptverantwortlichen jedoch, die sich in Untersuchungshaft des ICTR befanden, mussten für die Planung des Völkermords allenfalls mit einer Gefängnisstrafe rechnen.

Trotz der enormen politischen und logistischen Hindernisse gab es allmähliche Fortschritte, da die Regierung von Ruanda entschlossen war, die Vergangenheit aufzuarbeiten und sich um eine Versöhnung zu bemühen. Frieden und Gerechtigkeit sollten durch Rechtsstaatlichkeit erreicht werden. Allerdings ist nicht zu übersehen, dass hinsichtlich der Einrichtung und Tätigkeit des Gerichtshofes auch ein erhebliches Maß an Pragmatismus im Spiel war.

Gleichwohl war es logistisch unmöglich, den mehr als einhunderttausend Menschen, die zeitweise in ruandischen Gefängnissen einsaßen und der Beteiligung am Völkermord angeklagt waren, einen fairen und vollständigen Prozess zu machen. Nur eine Auswahl von Hauptverantwortlichen konnte strafrechtlich zur Rechenschaft gezogen werden. Die Anführer, die den Völkermord geplant und initiiert haben, mussten jedoch im Interesse der Gerechtigkeit und der Glaubwürdigkeit bestraft werden. Insofern ist es auch zu begrüßen, dass der frühere Ministerpräsident verurteilt wurde.

Die Zukunft: ein ständiger internationaler Strafgerichtshof

Ad-hoc-Tribunale richtete der Sicherheitsrat nach dem jeweiligen Geschehen ein, um die Straftäter für eine begrenzte Zahl von Verbrechen zur Rechenschaft zu ziehen, die während einer begrenzten Zeit in einem bestimmten Gebiet begangen wurden. Eine Aneinanderreihung von ad-hoc-Tribunalen ist daher kein wirksamer Weg, um universelle Gerechtigkeit zu erreichen. Dafür muss ein ständiger Strafgerichtshof geschaffen werden. Er soll tätig werden, wenn nationale Gerichte nicht in der Lage sind, völkerrechtliche Verbrechen zu ahnden. Abgestraft werden sollen Völkermord, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Demgegenüber fallen Verbrechen, zu deren Eindämmung spezielle Verträge bestehen, nicht in den Tätigkeitsbereich. Solche Delikte sind terroristische Handlungen, Anschläge gegen UN-Personal und Drogenhandel.

Um Einrichtung und Zuständigkeit gab es ein zähes Ringen. Insbesondere die USA machten aus ihrer Abneigung gegen ein solches Gericht keinen Hehl und scheuten sich auch nicht, damit Positionen von so genannten Schurkenstaaten wie dem Irak und dem Iran zu teilen. Die Verabschiedung des Statuts durch eine Staatenkonferenz in Rom im Sommer 1998 darf deshalb als entscheidender Durchbruch zur Schaffung einer wirksamen universellen Strafgerichtsbarkeit gewertet werden, so dass ein neues Kapitel in der Völkerrechtsgeschichte aufgeschlagen wurde.

Nunmehr bedarf es der Ratifikation durch 60 Staaten, damit das Statut in Kraft treten kann. Der Prozess der Ratifizierung wird allerdings noch einige Zeit benötigen, da viele Staaten ihre Strafrechtsordnungen oder gar Verfassungen ändern müssen, um zu ermöglichen, dass auch eigene Staatsangehörige an das internationale Strafgericht ausgeliefert werden können. Bisher (Stand Ende 2000) haben 123 Staaten das Statut unterzeichnet, darunter alle Mitgliedstaaten der EU. 25 Staaten haben bereits ratifiziert (darunter Italien, Frankreich, Belgien, Luxemburg, Spanien und Deutschland). Die Bundesrepublik Deutschland hat das Statut am 10. Dezember 1998, dem 50. Jahrestag der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, unterzeichnet. Die Ratifikationsurkunde wurde am 11. Dezember 2000 in New York hinterlegt.

Schlussbemerkung

Die allgemeine Hinwendung der Staatengemeinschaft zu den verschiedensten Formen der Gerichtsbarkeit als Methoden der Streitbeilegung ist ganz sicher Ausdruck der Zurückdrängung staatlicher Souveränität. Staaten unterwerfen sich internationalen Verfahren, um ihre Streitigkeiten friedlich und auf der Grundlage des Rechts beizulegen. Staaten sind nicht mehr in der Lage, für Kriegs- und Menschlichkeitsverbrechern den Schutz der Immunität zu missbrauchen. Beide Entwicklungen kommen nun, mehr als eine Dekade nach der Überwindung des Ost-West-Gegensatzes, immer mehr zum Tragen. Fragt man nach den Ursachen dieser Entwicklung, so sind sie offenkundig: Der zunehmende Einfluss der weltweiten Zivilgesellschaft und Globalisierung bringen mit sich, dass Staaten um ihre Reputation bemüht sein müssen, weil die Legitimation der Staatsmacht immer stärker zur Grundlage der Akzeptanz von Staaten wird.

Dr. Hans-Joachim Heintze ist wiss. Mitarbeiter des Instituts für Friedenssicherung und humanitäres Völkerrecht der Ruhruniversität Dortmund. U.a. arbeitet er dort in verschiedenen europäischen Studienprojekten, wie z.B. dem European master's Degree in Human Rights and Democratization mit.

Die USA und der Internationale Strafgerichtshof

Die USA und der Internationale Strafgerichtshof

von Genevieve Libonati

Kurz nach der Gründung der Vereinten Nationen (UN) nahm deren Internationale Rechtskommission (International Law Commission, ILC) ihre Tätigkeit auf. Sie war von der Vollversammlung beauftragt zu untersuchen, ob die Schaffung eines internationalen Gerichtsorgans mach- und wünschbar sei, um Personen zu verfolgen, die sich des Genozids im Zusammenhang mit Vertragsbrüchen schuldig gemacht hatten.1 Unter den Bedingungen des Kalten Krieges, wurde die Arbeit des Ausschusses an einem Statutenentwurf allerdings ohne Ergebnis eingestellt. Die Aussetzung wurde auf die fehlende Übereinstimmung zur Definition von Aggression geschoben. Tatsächlich wollten weder die Vereinigten Staaten noch die Sowjetunion ihre Staatsbürger vor ein Gericht gestellt sehen, auf das die andere Supermacht Einfluss ausüben könnte. Die wichtigsten Einwände gegen ein Internationales Strafgericht (ICC) waren: Es verletze die nationale Souveränität, breche Art. 2 (7) der UN-Charta durch Einmischung in innere Angelegenheiten und seine Tätigkeit überschneide sich mit der des Internationalen Gerichtshofs und des Sicherheitsrates.2
Erst am 17. Juli 1998 kam es zur Beschlussfassung über die Einrichtung eines Internationalen Strafgerichts (International Criminal Court, ICC). Die Vertreter der US-Regierung hatten seit 1995 eine wichtige Rolle bei der Abfassung der Statuten von Rom gespielt. Doch bei der Etablierung des ICC stimmten sie zusammen mit China, Libyen, Irak, Yemen, Qatar und Israel gegen diese Statuten. Die vorliegende Fallstudie untersucht, wie die verschiedenen Akteure bei der Gestaltung der US-Politik gegenüber einer internationalen Institution interagieren.

Michail Gorbatschow eröffnete 1987 erneut die Debatte über einen Internationalen Strafgerichtshof mit einem Brief an den UN-Generalsekretär, in dem er „eine neue Politik“ ankündigte, die „einen weltweiten, umfassenden Sicherheitsplan erheischt, der die Stärkung der Geltung des Rechts einschließt und die Rechtsprechung internationaler Gerichte anerkennt“.3 Eine Gruppe karibischer Staaten unter Führung von Trinidad und Tobago forderte dann, die Entwicklung eines ICC wieder auf die UN-Agenda zu setzen mit dem Ziel, strafrechtlich gegen den illegalen Drogenhandel vorzugehen. Die Internationale Rechtskommission der UNO stellte sich erneut die Aufgabe, einen Statutenentwurf zu erarbeiten und präsentierte in ihrem Jahresbericht von 1994 eine Schlussversion.4 Danach begann die Arbeit der Vorbereitungskomitees (PrepComs) für die im Juni 1998 stattfindende internationale Konferenz Bevollmächtigter.

Die US-Außen-, Justiz- und Verteidigungsministerien einigten sich rasch auf eine frühe Oppositionshaltung gegen den Vorschlag von Trinidad und Tobago. Die Haltung des State Department reflektierte einen Rest von Misstrauen gegen internationale Gerichte, das aus der Behandlung des »Nicaragua case« vor dem Internationalen Gerichtshof übrig geblieben war. Der Widerstand des Justizministerium resultierte aus der Annahme, die Einrichtung eines ICC werde die laufenden Bemühungen des Ministeriums unterminieren, internationales Recht zu erzwingen, einschließlich seines kontroversen Anspruchs, internationale Kriminelle auch im Ausland einseitig festzunehmen.5 Die Opposition des Verteidigungsministeriums spiegelte das Bedenken, ein internationaler Strafgerichtshof könnte versuchen, US-amerikanische Militärs wegen kontroverser Vorgehensweisen wie der Invasion von Panama von 1989 oder der Bombardierung von Tripolis 1986 zu verfolgen, die beide international breit verurteilt worden waren.6

Doch 1992 änderte sich die US-Politik signifikant. Angesichts der serbischen Aggression in Bosnien und des Drucks, etwas zu tun gegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit, übernahmen die Vereinigten Staaten im Sicherheitsrat mit dem Vorschlag die Diskussionsführung, einen »ad-hoc-Strafgerichtshof« für das frühere Jugoslawien einzurichten. Ein Jahr später unterstützten die USA als Antwort auf die internationalen Rufe, »etwas zu tun«, die Schaffung des »ad-hoc-Tribunals« für Ruanda. In »ad-hoc-Tribunalen«, die vom Sicherheitsrat eingerichtet würden und die sich mit territorialer und zeitweiliger Rechtsprechung zu befassen hätten, sahen sie ein nützliches Instrument für die Vereinigten Staaten. Als Ständiges Mitglied des Sicherheitsrates konnten die USA mit ihrem Veto garantieren, dass US-amerikanische FunktionsträgerInnen ihrer Rechtsprechung nicht unterworfen würden.7 Trotzdem hat der Sicherheitsrat seit der Einrichtung des Internationalen Tribunals für Ruanda keine weiteren Strafgerichte mehr etabliert. Eine Art »Erschöpfung« setzte ein aufgrund des zeitaufwändigen Prozesses, diese temporären Gerichte zu schaffen. Trotz der weitergehenden Verhandlungen müssen Tribunale für Kambodscha und Sierra Leone erst noch eingerichtet werden.8

Zugleich förderten die Tribunale zu Jugoslawien und Ruanda aber die Unterstützung für die Etablierung eines ständigen Gerichts, das vom jeweiligen politischen Willen der Mitglieder des Sicherheitsrates unabhängig ist und über eine ständige Leitung und Büros verfügt. Die Vereinigten Staaten nahmen in der Zeit, die der Konferenz von Rom vorausging, eine sehr aktive Rolle im UN-Rechtsausschuss ILC und den »PrepComs« ein, und US-amerikanische Rechtsgrundsätze sind im Rom-Statut wiederzufinden. Wenige Monate vor der Rom-Konferenz sprach Präsident Clinton vor Opfern des Genozids in Ruanda und forderte einen Internationalen Strafgerichtshof, um die Verantwortlichen für solche Grausamkeiten vor ihm zur Rechenschaft zu ziehen.9 Trotzdem votierten die USA bei der Abstimmung im Sicherheitsrat am Ende der fünfwöchigen Konferenz gegen das Rom-Statut. Die Annahme des Rom-Statuts des Internationalen Gerichtshofs im Juli 1998 war trotz der vielen Konzessionen, die die USA bei der Textentwicklung des Statuts erreicht hatten, eine Niederlage für die US-Diplomatie.In Rom versuchten die Autoren des Statuts, eine unabhängige und effektive Institution zu schaffen. Das Statut beinhaltet Elemente wie die „entschlossene finanzielle Unterstützung, die Zusammenarbeit mit ErmittlerInnen, die sofortige Auslieferung Beschuldigter an das Tribunal und die unmissverständliche Verpflichtung auf faire, offene Verhandlungen, bei denen die Rechte der Angeklagten geschützt sind“ um die Effektivität der Verfahren zu garantieren.10 Ein Großteil des Erfolgs des ICC hängt ab von der politischen Unterstützung und Kooperation der Staaten. Der ICC sollte nach einer Ratifizierung des Rom-Statuts durch sechzig Staaten eingerichtet werden.

Drei Prinzipien prägen das Statut. Das erste ist das Prinzip der Komplementarität; es bedeutet, dass das Gericht nur dann die Rechtsprechung übernehmen darf, wenn die nationalen Rechtssysteme unfähig oder unwillig sind, sie auszuüben.11 Mit anderen Worten: Das Gericht kann seine Rechtsprechungsfunktion nicht realisieren, wenn der entsprechende Staat schon mit der Ermittlung oder Anklage der Verbrechen begonnen hat. Die Rechtsprechung des ICC ergänzt die nationaler Gerichte, ist ihr aber nicht übergeordnet. „Das Verständnis der Mehrheit der teilnehmenden Staaten ging dahin, dass die Staaten ein vitales Interesse daran haben, für die Verfolgung von Verletzungen ihres Rechtes verantwortlich und verantwortungsfähig zu sein. Die internationale Gemeinschaft hatte ein vergleichbares Interesse insofern, als von den nationalen Systemen erwartet wird, dass sie die Einhaltung der internationalen Standards gewährleisten und sie durchsetzen.“12

Das zweite Prinzip hält fest, dass die Rechtsprechung des ICC nur „über die schwersten Verbrechen von internationalem Belang“ ausgeübt wird: Genozid, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen (Art. 5).13 Mithilfe der Auswahl dieses Kerns von Verbrechen hofften die Autoren des Statutenentwurfs, „dass dieses Prinzip eine breite Akzeptanz des Gerichts bei den Staaten fördern und in der Konsequenz dessen Glaubwürdigkeit, moralische Autorität und Effektivität erhöhen werde.“14 Zusätzlich sollte das Gericht nicht mit Fällen überlastet werden, die von nationalen Gerichten adäquat behandelt werden könnten. Das Gericht soll auch Aggressionsverbrechen behandeln. Da die Staaten allerdings keine befriedigende Definition von Aggression erzielten, wird dieser Aspekt in sieben Jahren bei der Statuten-Überprüfungskonferenz überdacht werden und einen komplizierten Antragsprozess durchlaufen.15 Darüber hinaus können die Staaten dann hinsichtlich der Rechtsprechung des Gerichts zu Kriegsverbrechen für einen Zeitraum von sieben Jahren nach Ratifikation des Statuts auch eine andere Entscheidung treffen.

Das dritte Prinzip, auf dem das Statut basiert, besagt, dass sein Text so weit wie möglich innerhalb des gewohnten internationalen Rechts bleiben soll. Auch dies wiederum sollte dem Zweck möglichst breiter Akzeptanz des Statuts dienen.16 Dieses Herangehen wird besonders deutlich bei der Definition der Verbrechen.

Das Rom-Statut sieht ein zweispuriges Rechtsprechungssystem vor (Art. 13). Die erste Spur „würden Situationen darstellen, die seitens des Sicherheitsrates an das Gericht herangetragen werden“, wenn dieser gemäß Kapitel VII der UN-Charta agiert .17 Nach der UN-Charta würde diese Route, die eine Sicherheitsrats-Entscheidung erfordert, die UN-Mitgliedsstaaten dazu verpflichten, mit dem ICC zusammen zu arbeiten. Nach der zweiten Spur kann eine staatliche Parteiseite dem Gericht eine Situation vortragen, oder der unabhängige Ankläger kann proprio motu (auf seine/ihre eigene Initiative) Ermittlungen initiieren. In solchen Fällen ist die Zustimmung entweder des Staates, aus dem der/die Angeklagte stammt, oder jenes Staates, auf dessen Territorium das Verbrechen begangen wurde, erforderlich dafür, dass das Gericht in die Jurisdiktion eintritt (Art. 12).

Zur Machtkontrolle des Gerichts sind verschiedene Mechanismen eingebaut. Wenn beispielsweise der unabhängige Ankläger zu der Schlussfolgerung kommt, dass es eine berechtigte Grundlage dafür gibt, Ermittlungsverfahren aufzunehmen, muss er einer Vor-Prozess-Kammer die Beweise dafür zur Zustimmung vorlegen (Art. 15). Während dieses Prozesses kann der Staat seinerseits jederzeit eigene gründliche Untersuchungen aufnehmen; in diesem Fall würde das Gericht den Fall niederlegen. Sowohl der Staat, der für die Rechtsprechung zuständig ist, wie der/die Angeklagte können die Zulässigkeit der Fallbehandlung bzw. die Rechtsprechung des Gerichts in Frage stellen (Art. 18 und 19). Darüber hinaus kann der Sicherheitsrat das Verfahren des Gerichts in jedem Fall für einen verlängerbaren Zeitraum von zwölf Monaten aussetzen. Eine solche Entscheidung des Sicherheitsrates fiele unter die üblichen Abstimmungsverfahren des Rates und würde daher die Zustimmung der fünf Ständigen Mitglieder erfordern (Art. 16).

David Scheffer, US-Sonderbotschafter für Kriegsverbrechen und Leiter der US-Delegation in Rom, befand sich bei diesen Verhandlungen in einer extrem schwierigen Situation. Während Scheffer sich seit Jahren für eine Etablierung des Strafgerichts eingesetzt hatte, war seine Delegation schon mit der Warnung von Senator Jesse Helms nach Rom gekommen, ein Vertrag, der auch nur den Hauch einer Möglichkeit offen ließe, dass ein US-Amerikaner seiner Rechtsprechung unterworfen werde, wäre „bei Ankunft tot.“18Das Pentagon positionierte sich ähnlich: „So weit das Pentagon betroffen ist, engagieren wir uns sehr dafür abzusichern, dass es einen hundertprozentigen Schutz für unsere Streitkräfte gibt, die immerhin überall auf dem Globus eingesetzt sind. Mit Sicherheit ist es auch unsere Sorge zu garantieren, dass keine willkürliche Ausübung der Rechtsprechung vorkommt, die auf irgendeine Art unser eigenes Rechtssystem untergraben würde. “19 Pentagon-Vertreter befürchteten, dass US-Soldaten aufgrund der den USA zugewiesenen Rolle als globalem Peacekeeper einem höherer Risiko ausgesetzt sind, zum Gegenstand leichtfertiger oder politisch motivierter Anrufung des ICC zu werden. Während das Prinzip der Komplementarität US-Truppen davor schützen würde, unter die Rechtsprechung des ICC zu fallen, verweisen Beamte des Verteidigungsbereichs darauf, dass solch ein Risiko vom Militär fordern würde, jeden möglichen Anspruch – ob nun mit Wahrheitsgehalt oder politisch motiviert – zu prüfen, den ein anderer Staat erheben könnte. Dies würde ein ineffizientes Ermittlungssystem und eine Menge Schreibarbeit erfordern und die Moral der Truppe verschlechtern.20 Darüber könne es zu Verfahren gegen US-Offiziere kommen, aufgrund von Handlungen, die diese nicht als illegal angesehen hätten. Es würde aber ziemlich schwierig, legitime Anhörungen über eine Handlungsweise durchzuführen, die jemand nicht als illegal ansieht. Umgekehrt könnte der ICC dann feststellen, die Untersuchung werde nicht ernsthaft geführt.21 Die NATO-Bombardierung Serbiens und die Anrufung des Internationalen Gerichtshofes durch das frühere Jugoslawien ist ein Beispiel in dem US-Gerichte das betreffende Handeln sicher nicht verfolgt hätten, davon ausgehend, dass die entsprechenden Anordnungen als im Rahmen des Völkerrechts liegend angesehen werden. Damit hätten aber US-Führungspersönlichkeiten – und zwar potenziell militärische wie politische – vor dem ICC unter Anklage gestellt werden können; dies aber sehen Pentagon-Vertreter als unannehmbar an.

Am 31. März und 1. April 1998 verbreitete das Pentagon unter mehr als hundert ausländischen Militärattachés in Washington ein Memorandum, in dem diese gebeten wurden, ihre Verteidigungsministerien auf seine Bedenken aufmerksam zu machen hinsichtlich der Rechtsprechung des ICC, der Definition von Verbrechen, staatlicher Zusammenarbeit und nationaler Sicherheitsfragen.22 Darüber hinaus, so wird berichtet, traf sich Verteidigungsminister Cohen während der Konferenz mit seinem deutschen Partner, um mit ihm über die Rechtsprechung des ICC zu sprechen. Obwohl die Demarche vertraulich war, erweckten Cohens für das Meeting vorbereitete Stichworte durchaus den Eindruck, er sei darauf vorbereitet, eine Verminderung der US-Truppenpräsenz in Europa anzudrohen, falls die Befürchtungen der USA bezüglich des ICC nicht geteilt würden.23

Letztendlich blieb der Versuch der US-Delegation trotzdem erfolglos. Die anderen Delegationen waren nicht gewillt, die Stärke des ICC zugunsten der potenziellen Unterstützung der Vereinigten Staaten zu opfern. Denn selbst für den Fall, dass sie in diesem einen Punkt das Zugeständnis gemacht hätten, blieb unklar, ob die USA den Vertrag überhaupt unterzeichnen würden. Außerdem hätte ein Gericht, das der Zustimmung des Herkunftsstaates des Angeklagten bedürfte, den »Pol Pots« und »Saddam Husseins« auch zukünftig die Möglichkeit gegeben, ohne Strafandrohung abscheuliche Verbrechen zu begehen.

Mit Ausnahme von Jesse Helms wurden Bedenken des US-Kongresses hinsichtlich des ICC bis zur Tagung von Rom nicht laut geäußert. Im Gegenteil: Mehrere Kongress-Gesetze unterstrichen den Bedarf nach einem internationalen Strafgerichtshof. Sowohl das Sammelgesetz über Diplomatische Sicherheit und Antiterrorismus (Omnibus Diplomatic Security and Antiterrorism Act) von 1986 als auch das Gesetz gegen Drogenmissbrauch von 1988 (Anti-Drug Abuse Act) fordern, dass für entsprechende Untersuchungen ein internationaler Strafgerichtshof zuständig sein soll.24 Darüber hinaus plädierte der Kongress 1991 dafür, die USA sollten den Bedarf der Errichtung eines ICC klären25, und das Gesetz über Auswärtige Beziehungen in den Haushaltsjahren 1994 und 1995 beinhaltet die generelle Unterstützung des Senats zur Schaffung eines ICC.26 Kürzlich erst kam das Kriegsverbrechens-Gesetz von 1996 US-Verpflichtungen hinsichtlich der Genfer Konvention von 1949 nach, Strafvorschriften für spezielle Kriegsverbrechen vorzuhalten. Der Repräsentantenhaus-Bericht, der diesem Gesetz beigefügt war, hielt fest, dass „die Verfolgung [von Kriegsverbrechen] von den darin involvierten Nationen oder von einem internationalen Gericht bearbeitet werden kann“.27Kurz vor der Konferenz von Rom äußerte sich Senator Arlen Spector (Republikaner, Pennsylvania), Mitglied des Justizausschusses des Senats, noch dahin gehend, die Schaffung des ICC aus vollem Herzen zu unterstützen.28 Die Atmosphäre beim Hearing des Auswärtigen Senats-Ausschusses am 23. Juli 1998 über das Statut von Rom war jedoch deutlich kühler. Als „irreparabel fehlerhaft“ und sogar „gefährlich“ wurde der Vertrag eingeschätzt sowie als nicht „hinreichend dafür, die Interessen unserer Nation zu schützen“.29 Senator Jesse Helms forderte die USA auf, dem Statut gegenüber „aggressiv zu opponieren“. Er schlug vor, die Administration solle von ihren Alliierten Sicherheiten dafür verlangen, dass sie US-Streitkräfte nicht an das Gericht auslieferten und empfahl, Vereinbarungen über den Status von US-Streitkräften im Ausland (Status of Forces Agreements, SOF) neu auszuhandeln.30Das Allgemeine Gesetz über Zuweisungen (Omnibus Appropriations Act) von 1998 widerspiegelt den Argwohn des Auswärtigen Ausschusses des Senats gegenüber dem Statut von Rom. Dieses Gesetz schränkt den Beitritt der USA zu jeglichem neu geschaffenen internationalen Gericht außer durch einen internationalen Vertrag oder ein Kongress-Gesetz ein.31 Das Gesetz über den Schutz der Mitglieder amerikanischer Dienste von 2000 (American Servicemembers' Protection Act of 2000), das in die 106. Kongress-Session eingebracht wurde32, greift sogar noch weiter: Die Verabschiedung des Gesetzes würde jede US-Regierungsstelle daran hindern, mit dem ICC zu kooperieren, macht den USA zur Bedingung, die dauerhafte Immunität US-amerikanischen Personals gegenüber der Rechtsprechung des ICC noch vor der Teilnahme der USA an irgendeiner UN-Peacekeeping-Aktivität zu gewährleisten, und untersagt jegliche Militärhilfe an Vertragsstaaten des Vertrages mit Ausnahme von NATO-Mitgliedsstaaten und wichtigen Nicht-NATO-Verbündeten.Am 31. Dezember 2000 – dem letztmöglichen Tag zur Zeichnung der Statuten ohne gleichzeitige Ratifizierung des Vertrages – unterzeichnete Präsident Clinton das Statut von Rom. Bis Februar 2001 ratifizierten 28 Staaten den Vertrag, 139 haben ihn gezeichnet. Schon hat Senator Helms von der neuen Bush-Administration gefordert, das Statut zu »entzeichnen« und das Gesetz über den Schutz der Mitglieder amerikanischer Dienste in Kraft treten zu lassen.33

Welche Schritte wird nun die Bush-Administration hinsichtlich des ICC unternehmen? Da mit einer Ratifizierung des Gesetzes im Moment nicht zu rechnen ist, können BefürworterInnen des Gerichts nur hoffen, dass die US-Regierung nichts tut. Die USA müssen den Vertrag nicht innerhalb einer bestimmen Frist ratifizieren. Als Signatarstaat des Statuts können sie multilaterale Verhandlungen bei der Schaffung des Gerichts auch so beeinflussen.

Die US-Politik unterstützte internationale Institutionen immer nur solange, wie diese für die USA nützlich waren. Sollten für die Bush-Administration die negativen Faktoren beim ICC überwiegen, so besteht das Risiko, dass sie eine offen gegen den ICC gerichtete Position einnimmt. Andererseits steht das Verhalten der USA gegenüber dem ICC in direkter Beziehung zur Legitimität der »führenden Rolle der USA«. Wie heißt es doch in Joseph Nye's Konzept einer »weichen Macht«: „Ein Staat, der auf der Macht seiner politischen Ideale ruht, kann nur so weit von diesen Idealen abweichen, dass er die Fähigkeit zur Vertrauensbildung nach innen und international nicht verliert.“34

Im Verhalten der US-Regierung zum ICC, in ihrer Politik gegenüber der UNO und ihren verschiedenen Organisationen und Konferenzen, zur Reform der Weltbank und des IWF – um nur einiges zu nennen – wird diese „Fähigkeit zur internationalen Vertrauensbildung“ auf die Probe gestellt, hier muss sie vor der internationalen Gemeinschaft bestehen. Die neue Administration unter Bush hat die Wahl: Entweder befördert sie die multilaterale Kooperation oder sie begibt sich neuerlich auf einen eher isolationistischen Weg.

Anmerkungen

1) Vgl. GA Res. 260 B (III), UN Doc. A/810 (9. Dezember 1948).

2) Vgl. Marquardt, Paul D., Law Without Borders: The Constitutionality of an International Criminal Court. Columbia Journal of Transnational Law. Vol. 33 (1995), S. 73-148 (85); vgl. auch Bhattacharyya Rupa, Establishing a Rule-of-Law International Criminal Justice System. Texas International Law Journal. Vol. 31, No. 1 (Winter 1996), S. 57-99 (74).

3) Ferenz, Benjamin, An International Criminal Code and Court: Where They Stand and Where They're Going. Columbia Journal of Transnational Law. Vol. 30 (1992), S. 375-99 (379).

4) Vgl. Report of the International Law Commission on the Work of Its Forty-Sixth Session, UN Doc. A/49/10 (1994).

5) Vgl. United States v. Alvarez Machain, 504 U.S. 655, 112 S. Ct. 2188 (1992).

6) Scharf, Michael P., The Politics Behind the U.S. Opposition to the International Criminal Court. New England International & Comparative Law Annual. Vol. 5 (1999) (1-2); im Internet unter: http://www.nesl.edu/annual/vol5/scharf.htm.

7) Vgl. Ibid, S. 2.

8) Ibid. Vgl. auch Crossette, Barbara, Sierra Leone Will Be Site of Tribunals on Atrocities. The New York Times. (6 October 2000).

9) Remarks by President Clinton to Genocide Survivors, Assistance Workers and U.S. and Rwandan Government Officials. White House Office of the Press Secretary (25. März 1998).

10) Stoelting, David, Status Report on the International Criminal Court. Hoefstra Law and Policy Symposium. Vol. 3 (1999): S. 233-83 (236).

11) Vgl. The Statute of Rome UN Doc. A/CONF.183/9 (im Internet unter http://www.un.org/law/icc/statute/). Vgl. hier die Artikel 17-19.

12) Arsanjani, Mahnoush H., The Rome Statute of the International Criminal Court. American Journal of International Law. Vol. 93 (January 1999), S. 22-43 (25).

13) The states present in Rome could not reach agreement on the definitions of „treaty crimes“ such as drug trafficking and terrorism and decided to exclude these crimes from the jurisdiction of the ICC until a possible later date.

14) Arsanjani, supra note 12, S. 25.

15) Art. 5.2 und 123. States Party may not introduce an amendment to the Statute for a period of seven years, after which it will require the approval of seven-eighths of the States Party. In order for the amendment to enter into force again seven-eighths of the States Party must ratify it. As to amendments to Article 5, Any amendment to article 5 of this Statute shall enter into force for those States Parties which have accepted the amendment one year after the deposit of their instruments of ratification or acceptance. In respect of a State Party which has not accepted the amendment, the Court shall not exercise its jurisdiction regarding a crime covered by the amendment when committed by that State Party's nationals or on its territory“ (Article 121.5).

16) Vgl. Arsanjani, supra note 12, S. 25.

17) Vorbereitetes Statement von Michael Scharf in: Hearing before the Subcommittee on International Operations of the Committee on Foreign Relations, United States Senate, 105th Congress on »Is a U.N. International Criminal Court in the U.S. National Interest?« (23 July 1998), (hereafter Senate Hearing), S. 72-4 (73).

18) B = Vgl.Weschler, Lawrence. Exceptional Cases in Rome: The United States and the Struggle for an ICC. in: Sewall, Sarah B. and Carl Kaysen (Eds.), The United States and the International Criminal Court, Lanham, MD, 2000, S. 85-111 (91).

19) Bemerkungen von Verteidigungsminister Cohen im NATO-Hauptquartier in Brüssel, Belgien (11. Juni 1999); im Internet unter DefenseLink News, www.defenselink.mil.

20) Nash, William L., The ICC and the Deployment of American Armed Forces. (Draft), Workshop on the ICC and US National Security, American Academy of Arts and Sciences, Chicago-Kent College of Law, (28.-29. Januar 1999), S. 10.

21) Vgl. Scheffer, David, Remarks before the Sixth Committee of the Fifty-third General Assembly, New York, NY (21. Oktober 1998); im Internet unter www.state.gov/www/policy_remarks/1998/.

22) Vgl. Grigorian, Ellen, The International Criminal Court Treaty: Description, Policy Issues, and Congressional Concerns. Congressional Research Report (6. Januar 1999), Appendix C, S. 30-3.

23) Vgl. Roth, Kennth, The Court the US Doesn't Want. The New York Review of Books. (19. November 1998), S.. 45-50 (48); auch Haq, Farhan, Battle Over Criminal Court Not Over. Global Information Network, Inter Press Service, (4. Dezember 1998), zugänglich auf Lexis-Nexis; auch Weschler, supra note 18, S.104.

24) Vgl. Section 1201 (d) der Omnibus Diplomatic Security and Terrorism Act of 1986, Pub. L. No. 99-399, 100 Stat. 896; und Abs. 4108 des Anti-Drug Abuse Act of 1988, Pub. L. No. 100-690, 102 Stat. 4267.

25) Vgl. Section 599E des Foreign Operations, Export Financing, and Related Programs Appropriations Act of 1991, Pub. L. No. 101-513, 104 Stat. 2067.

26) Vgl. Abs. 517-519 des Foreign Relations Act for Fiscal Years 1994 und 1995 of 1994, Pub. L. No. 103-236.

27) H.R. Rep. No. 104-689, 104th Congress, 2nd Session (1996), S. 2173.

28) Vgl. Spector, Arlen, Congress Supports an International Criminal Court. American University International Law Review. Vol. 13, No. 6 (1998), S. 1415-18.

29) B = Bemerkungen von Senator Rod Grams (Republikaner, Michigan) in: Senate Hearing, p. 1.

30) B = Bemerkungen von Senator Jesse Helms (Republikaner, North Carol.), in: Senate Hearing, S. 5-8.

31) B = Vgl. Section 2502 of the Omnibus Appropriations Act of 1998, Pub. L. No. 105-277.

32) Vgl. H.R. 2381 (29 June 1999) and S. 2726, 106th Congress, 2nd Session.

33) B = Vgl. Helms, Jesse, Towards a Compassionate Conservative Foreign Policy. Address at the American Enterprise Institute (11. Januar 2001).

34) B = Vgl. Sewall, Sarah B., Carl Kaysen and Michael P. Scharf. The United States and the International Criminal Court: An Overview: In Sewall, Sarah B. and Carl Kaysen (Eds.) (vgl. Fussnote 18), S. 4.

Genevieve Libonati, Dipl.Pol., M.A. ist Program Manager des Washingtoner Büros der Friedrich Ebert-Stiftung.

Übersetzung aus dem Englischen: Dr. Claudia Stellmach, Bonn.