In einer Situation von Drohung und Gegendrohung wird Rüstung zu einem in sich logischen und unbegrenzten Prozeß, der sich in seiner Zwangsläufigkeit von der ursprünglichen Zielsetzung einer Friedenssicherung verselbständigt und den Frieden stärker bedrohen kann als die ursprüngliche Gefahr, die durch Rüstung gebannt werden sollte.
Im Zeichen der Stationierung stehen die Wissenschaftler, die sich in den letzten Jahren als Teil der Friedensbewegung und -öffentlichkeit engagiert haben, vor denselben Problemen wie diese Bewegung selbst: der Drohung (mit) der Resignation; innere Zersplitterung; parlamentarischer Vereinnahmung; endlich Entpolitisierung. Für manche gilt das Schicksal außerparlamentarischer Oppositionsbewegungen in den 50er und 60er Jahren als geschichtliches Beispiel dafür, daß große gesellschaftliche Bewegungen, wenn sie im ersten Anlauf ihr Ziel nicht erreichen, aufgrund ihrer inneren Zersplitterung und Spontaneität gleichsam mit innerer Notwendigkeit zusammenbrechen müssen.
Unter dieser Überschrift veröffentlichte die Unterzeichnergruppe des Mainzer Appells wenige Tage vor der Bundestagsdebatte am 21. November einen Brief an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages als Anzeige, in dem es unter anderem heißt:
Daß dem auf Sensationen erpichten Tagesjournalismus die vielfältigen Aktivitäten der Friedensbewegung in der Aktionswoche vom 17. - 22. 10. zum Teil entgangen sind nimmt nicht wunder. Die Berichterstattung scheint einem standardisierten Vorher/Nachher-Muster zu folgen: Zuerst die bedrohlichen Beschwörungen vom „Krawallherbst“, dann die Verniedlichung, als wäre kaum etwas passiert.
Prof. Dr. Günter Hager
Der Marburger Zivilrechtler G. Hager äußerte auf einer Podiumsdiskussion in Marburg,daß ein Stationierungsgesetz seines Erachtens dringend geboten sei. „Es entsprichteiner neueren Rechtsprechung des Verfassungsgerichts, daß die Grundrechte in denGrenzbereichen von Technik und Politik, wo also eine materielle Überprüfung kaum mehrmöglich ist, die Grundrechte dadurch aktualisiert werden, d. h. Leben gewinnen, daß dieEntscheidungen in einem bestimmten Verfahren fällen müssen. Paradebeispiel: Bei derGenehmigung von Atomkraftwerken haben wir ein Anhörungsverfahren. In diesemAnhörungsverfahren aktualisiert sich das Recht auf Leben. Aus diesem Gedanken folgt ganzzwingend, daß der Bundestag in dieser Frage das letzte Wort haben muß. Ich könnte mirsogar vorstellen, daß dieser Verfahrensgesichtspunkt es erforderlich macht, eineVolksbefragung durchzufahren.“
Die Schwächung der Volkswirtschaften der NATO-Länder durch Inflation sei nur eingetreten, so erklärte US-Verteidigungsminister Weinberger kurz nach seinem Amtsantritt, weil es am Willen fehlte, die Sozialprogramme in Schranken zu halten. Kräftige Erhöhungen des Rüstungsetats und drastische Streichungen von Sozialprogrammen gehörten zu den ersten Amtshandlungen von Ronald Reagan. Doch nicht nur aus Washington hört man die Botschaft von der Notwendigkeit des Rüstens zu Lasten anderer Bereiche. Wird dieses Konzept zu einem gesellschaftlichen Modell, das die Phase der Reformen ablöst?
Der folgenden Dokumentation liegt eine Auswertung der vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVtdg) herausgegebenen „Forschungsberichte aus der Wehrtechnik“ (314), der „Forschungsberichte aus der Wehrmedizin“ (44), sowie von 247 weiteren Veröffentlichungen zugrunde, die in der Bibliographie „Deutsche Forschungsberichte aus Naturwissenschaft und Technik“ erfaßt wurden und explizit eine Verbindung mit dem BMVtdg nennen.
Hochschullehrer, wiss. Mitarbeiter, Studenten und sonstige Bedienstete der Technischen Universität Berlin haben an das Konzil einen Antrag auf Einrichtung eines Friedenforschungsinstituts an der TU Berlin gestellt. Der Antrag wurde am 10.11. behandelt und angenommen. Die Begründung enthält interessante Ausführungen zum aktuellen Zusammenhang von Computertechnologie und Rüstung. Sie wurde von Michaela Reisin, Dipl. Inform., verfaßt.
Die militärische Indienstnahme der Soziologie in den USA zwischen dem Zweiten Weltkrieg und dem Vietnamkrieg (1945-1965)
In der Titelfrage klingt bereits durch, daß die Soziologie womöglich nicht nur eine Friedenswissenschaft ist, als die sie hier und da wahrgenommen werden mag, eher vielleicht von ihrer Geschichte und Funktion her eine Befriedungswissenschaft entstanden im 19. Jahrhundert zur Befriedung des immer selbstbewußter und auch politisch immer einflußreicher werdenden Industrieproletariats für das Bürgertum.
Aber eine direkt militärisch-aggressive Ausprägung der Soziologie, eine kriegerische Soziologie gar - ist die vorstellbar? Hat es die gegeben? Und gibt es sie?