1296 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben binnen zweier Wochen den Appell der Herausgeber dieser Zeitschrift „Die historische Chance zur Abrüstung nutzen“ unterzeichnet. öffentliches Eingreifen in die Belange der Sicherheits- und Militärpolitik ist Moment der politischen Kultur der Wissenschaft geworden. Der Wissenschaftleraufruf war Teil einer Mehrheitsmeinung hierzulande. Dagegen läßt sich auf Dauer schlecht regieren.
Blockiert das bundesrepublikanische Beharren auf Beibehaltung der Pershing Ia Option ein Abkommen über die Abrüstung landgestützter Nuklearwaffen der Reichweiten 500 bis 1.000 bzw. 1.000 bis 5.000 km (sogenannte „doppelte Null-Lösung“)? Jedenfalls hat die Sowjetunion wiederholt kundgetan, daß sie die westliche Interpretation – wonach es sich bei der Pershing Ia um ein „Drittstaaten-System“ handelt, das von einer sowjetisch-amerikanischen Vereinbarung ausgespart bleiben müsse – nicht akzeptiert.
Zur SDI-Studie der Amerikanischen Physikalischen Gesellschaft
Endlich liegt er vor, der SDI-Bericht der American Physical Society (APS). Nach langwierigen Sicherheitsüberprüfungen durch das Pentagon hat es die Standesorganisation der amerikanischen Physiker geschafft, zu einem Thema fundiert Stellung zu beziehen, das die Gemüter der Naturwissenschaftler seit Jahren erhitzt. Die Studie „science and technology of directed energy weapons“ versucht, „objektiv aufzuzeigen, was nötig ist, um die Vorstellungen von Präsident Reagan zu verwirklichen, und dem gegenüberzustellen, was bereits heute technisch machbar ist.“1 Auf über 400 Seiten belegt die APS-Studiengruppe detailliert, daß die dafür erforderlichen Technologien im Bereich der Strahlenwaffen um mehrere Größenordnungen von dem Ziel entfernt sind, Atomwaffen unwirksam zu machen. An die Stationierung einer substantiellen Abwehr-Komponente mit Strahlenwaffen ist nicht vor dem Jahr 2000 zu denken.
Die Entscheidung der Bundesregierung vom 3.6.87, die AlRBUS-Industrie mit Steuermilliarden in erklecklichem Umfang zu subventionieren, kommt nicht überraschend. Allenfalls erstaunt die Offenheit, in der diese Politik ohne die sonst üblichen Versuche der Umetikettierung („Zukunftsvorsorge", „Arbeitsplatzsicherung“, „Beitrag zum Umweltschutz“ etc.) durchgezogen wird. Alles neoliberale (Wahlkampf-) Gerede von wegen Deregulierung, Rückzug des Staates, mehr Markt wird durch die realpolitische Praxis der Bundesregierung Lügen gestraft. Der staatsinterventionistische Flügel dieser Regierung tritt, gestärkt durch das Ergebnis der jüngsten Landtagswahlen, mit deutlich gewachsenem Selbstbewußtsein auf. Deregulierung findet ausschließlich in den politischen Feldern (Sozial-, Gesundheits-, Arbeitsmarkt-, Umweltpolitik u.a.) und ökonomischen Krisenberichten statt, die nur schwer mit den Umsatzinteressen der großen High-Tech-Konzerne einerseits, den globalpolitisch ausgerichteten „Wir sind wieder wer“-Ambitionen der Bundesregierung andererseits in Einklang zu bringen sind.
Trägt man über einer Zeitskala den qualitativen Zuwachs an Waffenarten auf, so stellt man fest, daß für die vergangenen 20.000 Jahre der Menschheitsgeschichte folgende Tendenz zu beobachten ist. Bis zur Einführung der ersten Fernwaffen, wie Pfeil und Bogen bzw. Speer, waren Tausende von Jahren vergangen, ohne eine qualitative Waffenweiterentwicklung. Mit diesen Waffen erhöhte sich ihr Einsatzeffekt und erhielt eine neue qualitative Dimension, als es gelang, mehr physikalische Prinzipien beim Bau von Waffen zu verwenden, etwa unter Beachtung der Hebelgesetze (etwa um 1000 v.u.Z.). Mit der Einführung der Feuerwaffen, ca. 2000 Jahre nach der vollen Entfaltung der klassischen Belagerungstechnik, fand die erste Revolution des Militärwesens statt, verbunden mit einer enormen Steigerung der Zerstörungskraft von Waffen. Nur ca. 500 Jahre später führte der erste Weltkrieg, unter drastischer Einbeziehung von Dynamit, Maschinenwaffen, Panzern und Flugzeugen, der Menschheit vor Augen, welche gewaltige Potenzierung an Vernichtungskraft durch die Waffenentwicklung erreicht wurde. Und nur weniger als 30 Jahre nach jenem denkwürdigen Friedensschluß von Versailles wurde im gleißenden Lichtblitz der ersten Atombombe über Hiroshima erstmals ein apokalyptisches Schicksal der Menschheit überdeutlich sichtbar, als Konsequenz eines erneut großen qualitativen Sprunges in der Waffentechnik. Seitdem kann man, in einem etwa 10-jährigen Rhythmus, eine vollständige und kontinuierliche Erneuerung der gesamten Waffentechnik beobachten, und manches spricht dafür, daß dieser Effekt noch intensiver wird, nur begrenzt durch z.T. enorme Entwicklungszeiten für moderne Waffensysteme, wenn es nicht gelingt, diesem von Menschen initiierten Wahnsinn in die Arme zu fallen.
Wenn von Rüstungsforschung die Rede ist, kommt das Gespräch schnell auf die USA und dortige Projekte zu sprechen. Die Rüstungsforschung der Bundesrepublik ist zumeist weithin unbekannt und mangels Informationen selten Gegenstand von Diskussionen. Der verbreitete Mangel an Fakten dürfte zum einen mit einer Tabuisierung des Themas zusammenhängen und zum anderen aber auch damit, daß sich Kritik viel eher an atomaren Erstschlagwaffen entzünden kann als an konventionellen Systemen. Dennoch findet auch in unserem Land die Entwicklung von Waffen statt, die vor allem für offensive Angriffskonzepte taugen. Die grobe Struktur der bundesdeutschen Rüstungsforschung und eines mit dieser kritikwürdigen Projekte werden im folgenden geschildert.
Mit Urteil vom 16.6.87 beendete das Landgericht in Hannover eine seit bald zwei Jahren laufende erbitterte Auseinandersetzung Forschungsvorhaben an der Tierärztlichen Hochschule Hannover.
Das Schlachtfeld der Zukunft wird, folgt man dem Air-Land-Battle-Konzept der US-Army, von enormer Zerstörungskraft gekennzeichnet sein, die zu großer Verwirrung und einem hohen Angstpotential unter allen Beteiligten führen wird.
Auch als Nobelpreisträger weiß man nicht alles – insbesondere kennt man nicht die Abhängigkeiten und Randbedingungen, die politische Entscheidungen beeinflussen. Aber als logisch denkender Mensch weiß ich mit Sicherheit, daß das Wettrüsten und das Anhäufen von Zehntausenden von atomaren Sprengköpfen in den Arsenalen der Großmächte und insbesondere die Gefahr einer unkontrollierten Ausbreitung atomarer Waffen nicht mehr dem Konzept der Friedenssicherung durch Abschreckung dient, sondern in wachsendem Maße eine Bedrohung der Menschheit darstellt.
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