Bundeswehr und Rechtsextremismus
von Paul Schäfer
in Zusammenarbeit mit der Informationsstelle Wissenschaft und Frieden e.V. (IWIF) und der Informationsstelle Militarisierung e.V. (IMI)
»Eine Serie von Einzelfällen«
Am 17. März 1997 zieht eine Gruppe von neun Soldaten eines Panzeraufklärungsbataillons durch die Innenstadt von Detmold, grölt ausländerfeindliche Parolen und mißhandelt Türken, einen US-Amerikaner, einen Italiener.
Zwei Tage später wird bekannt, daß Soldaten während einer Ausbildung für Kriseneinsätze 1996 in Hammelburg Videos mit abstoßenden Gewalt- und Nazi-Szenen gedreht haben.
Etwa ein halbes Jahr später werden bei den Gebirgsjägern in Schneeberg ähnliche Videos entdeckt.
Am 28.11.1997 registriert die Bundestagsabgeordnete der GRÜNEN, Angelika Beer, im Traditionsraum der Luftlandetruppe in Büchel NS-Wehrmacht-Darstellungen – ohne jegliche kritische Einordnung.
Am 1.12.97 posieren Soldaten mit Reichskriegsflagge und Nazi-Symbolen auf der Titelseite des STERN. Aufgenommen auf einer Unteroffiziers-Beförderungsfeier an der Luftlande-Schule in Altenstadt.
Am 6.12.97 wird ruchbar, daß der bekannte Rechtsterrorist und Nazi Manfred Roeder im Januar 1995 an der Führungsakademie (FüAk) in Hamburg einen Vortrag gehalten hat. Auch Materiallieferungen der Bundeswehr an Roeder und Co. werden bekannt. Eine Veranstaltung mit Kriegsveteranen, einschließlich eines Angehörigen der Waffen-SS, soll an der FüAk stattgefunden haben.
Am 21.12.97 veröffentlicht die BILD-Zeitung die Eidesstattliche Erklärung eines Gefreiten, der schwere Beschuldigungen über Vorfälle bei den Fallschirmjägern in Varel erhebt. Weitere Zeugen bestätigen, daß es „rechtsradikale Feiern“ bzw. Entgleisungen gegeben habe.
Nach und nach sickern immer mehr Meldungen über rechtsextremistische Vorfälle in der Bundeswehr durch. Der SPIEGEL informiert seine Leserinnen und Leser am 2.2.1998 über einen vertraulichen Bericht des Militärischen Abschirmdienstes für das Verteidigungsministerium, in dem die Zunahme rechtsradikaler Propaganda- und Gewaltdelikte dokumentiert sei.
Die Reaktion des Bundesministeriums der Verteidigung (BMVg) auf diese Ereignisse, bzw. die vermuteten Ereignisse ist stereotyp:
Es handele sich um Einzelfälle; für Rechtsextremismus in der Bundeswehr gäbe es ansonsten keinerlei Indizien. Alles werde schonungslos aufgeklärt und geahndet. Im übrigen, wird hinzugefügt, sei die Bundeswehr ein Spiegelbild der Gesellschaft. Die Vorkommnisse zeigten nur, daß Probleme und Fehlentwicklungen der Gesellschaft in die Bundeswehr hineingetragen würden.
Immerhin sieht sich die Hardthöhe zu hektischer Betriebsamkeit veranlaßt; der Minister sucht sich als Herr der Lage zu präsentieren. Soldaten werden disziplinarrechtlich belangt bzw. entlassen und strafversetzt. Durch die Verschärfung der Dienstaufsicht auf allen Ebenen sollen künftige Vorkommnisse im Keim erstickt werden. Minister Rühe will Rechtsextreme durch eine Art Gesinnungs-TÜV für einzuziehende Wehrpflichtige fernhalten. Übrig bleibt davon die bessere Information der Truppe über straffällig gewordene Rechtsextremisten bzw. über Funktionäre rechtsextremistischer Parteien. Der Generalinspekteur des Bundeswehr beruft in Windeseile eine Arbeitsgruppe »Rechtsextremismus« ein und legt einen ersten Maßnahmekatalog vor, der die Bereiche Aufklärung, Politische Bildung, Öffentlichkeitsarbeit und Führungspraxis umfaßt.
I. Die Einsetzung des Untersuchungsausschusses des Deutschen Bundestages
Alarmiert durch den Roeder-Auftritt an der FüAk berät der Verteidigungsausschuß am 10. Dezember 1997 ausführlich über das Thema »Rechtsextremismus in der Bundeswehr«. Die Oppositionsparteien fordern zu diesem Zeitpunkt die Einsetzung einer Unabhängigen Kommisssion. Die GRÜNEN verschärfen im Anschluß an die Beratungen ihre Kritik und fordern die Einsetzung des Verteidigungsausschusses als Untersuchungsausschuß des Parlaments gemäß Artikel 45a, Abs. 2, GG. Die SPD schließt sich diesem Verlangen nach einigem Zögern an.
Bereits zwei Tage später, am 12.12.1997, wird die Einsetzung beschlossen. Da dafür nur die Zustimmung eines Viertels der Mitglieder des Parlaments nötig ist, kann die Regierungskoalition nichts dagegen tun. Die Konstituierung wird auf den 14. Januar 1998 festgelegt.
Dort verständigt sich der Ausschuß auf Basis eines Antrags der SPD-Fraktion über den Untersuchungsauftrag.
Gegenstand soll die innere Lage der Bundeswehr anhand der geistigen Orientierung der Vorgesetzten und ihrer Bindung an die freiheitlich-demokratische Grundordnung sein, untersucht am Beispiel der Vorfälle »Roeder« und der Materiallieferungen an dessen Deutsch-Russisches Gemeinschaftswerk (DRGW). Weiter soll es um Menschenbild, Führungsverhalten, Stellenwert von Aus- und Weiterbildung, vor allem anhand der Ereignisse in Schneeberg, Hammelburg, Detmold, Altenstadt, Landsberg und Varel, gehen. Die SPD will den Zustand der Inneren Führung und die Realität des Traditionsverhaltens in den Streitkräften geprüft wissen. Schließlich soll die Verantwortung des Ministers der Verteidigung für diese Vorfälle ins Visier genommen werden.
Die GRÜNEN setzen in ihrem Antrag etwas andere Akzente. Untersucht werden sollten u.a.
- „rechtsextreme, gewalttätige, fremdenfeindliche oder nationalautoritäre Vorkommnisse“;
- die Frage der Herausbildung subkultureller Netzwerke oder Gruppen in der Bundeswehr;
- die Praxis der Traditionspflege, auch anhand des Bezugs zur Wehrmacht, z.B. anhand der Verbindungen zwischen Traditionsverbänden der Wehrmacht und Bundeswehr;
- die Frage, inwieweit der veränderte Auftrag der Bundeswehr sich begünstigend auf die Vorkommnisse ausgewirkt habe.
CDU/CSU und FDP machen von vornherein deutlich, daß sie die Einsetzung des Untersuchungsausschusses für überflüssig halten. Die Bundeswehr werde damit nur unter „Generalverdacht“ gestellt. Teile der Medien und die Opposition betrieben eine gezielte Kampagne gegen die Bundeswehr, um den Imagegewinn, den die Truppe durch die Einsätze in Bosnien und an der Oder erringen konnte, wieder wettzumachen.
Inzwischen ist die Beweisaufnahme des Untersuchungsausschusses abgeschlossen. Die unterschiedlichen Bewertungen der Ergebnisse sollen bis zur Sommerpause vorgelegt werden.
Die Grundaussagen stehen bereits fest:
l<~>Die Sprecher der Koalition werten die Einsetzung des Ausschusses als „Schlag ins Wasser“. Die Vorwürfe über „braune Strukturen“ in der Bundeswehr seien nicht bestätigt worden.
l<~>Die SPD ist bemüht, bei den Rechtsextremismus-Vorwürfen zurückzurudern. Ihr war es ohnehin mehr darum gegangen, sich im Wahljahr als Kraft zur Modernisierung der Streitkräfte zu präsentieren. Reformen in den Bereichen Innere Führung, Ausbildung, Effektivierung der Strukturen geraten daher in den Vordergrund. Die SPD verweist auf eine Reihe von Weisungen und Erlasse der politischen und militärischen Führung der Bundeswehr, mit denen seit Dezember 1997 die Politische Bildung verbessert, bei der Traditionspflege nachgesteuert und Maßnahmen gegen den Rechtsextremismus eingeleitet worden sind. Dies sei auch Ergebnis des von der Opposition durchgesetzen Untersuchungsausschusses.
l<~>Die Grünen merken nach den Beweiserhebungen zwar an, daß „der Rechtsextremismus kein Problem der Bundeswehr“ sei. Sie bleiben aber der Meinung, daß es in der Bundeswehr eine Grauzone gebe, in der sich strukturbegünstigt Rechtsextremismus ausbreiten könne.
l<~>Die Meinung, daß es keinen Grund zur Entwarnung gebe, wird durch die Abgeordneten der PDS geteilt.
II. Bestandsaufnahme
Der Vorwurf des Rechtsextremismus ist in Bezug auf die Bundeswehr natürlich besonders brisant. Es liegt auf der Hand, welche Gefahren daraus für die Demokratie erwachsen würden. Daher muß der Frage, wie es tatsächlich mit rechtsextremistischen Tendenzen und Gefährdungen in dieser Großorganisation steht, sorgfältig nachgegangen werden.
l<~>Mißt man diese Tendenzen nur anhand der Vorfälle, die vom Militärischen Abschirmdienst als »Besondere Vorkommnisse« (BV) registriert sind? Wenn man um quantitative Erfassung bemüht ist, stellt sich die Frage: Wie hoch ist die Dunkelziffer der nicht gemeldeten Vorfälle? Wieviele Meldungen über Vorfälle wurden durch Drohungen oder Disziplinarmaßnahmen im Vorfeld unter den Teppich gekehrt?
l<~>Oder müssen andere Indikatoren ins Spiel gebracht werden, um verläßliche Aussagen über mögliche »Fehlentwicklungen« zu erhalten?
1. Die Besonderen Vorkommnisse (BV)
Geht man von den erfaßten Vorfällen aus, ergibt sich folgendes Bild:
- In den Jahren 1990/91 wird gerade mal eine Handvoll Vorfälle gemeldet.
- Ab 1992 ergibt sich eine sprunghafte Zunahme von Delikten – offensichtlich parallel zur Zunahme rechter Gewalttaten in der Gesellschaft.
- Zwischen 1992 und 1996 werden knapp 300 Fälle gemeldet, die Zahl der beweisbaren Vorkommnisse liegt etwas unter 200.
- Eine erhebliche Zunahme ergibt sich beim Meldeaufkommen 1997: Fast zweihundert Vorkommnisse werden identifiziert. Darunter vorwiegend Propagandadelikte, allerdings auch 11 Fälle von Gewaltanwendung.
- Für den ganzen Zeitraum gilt: Die Taten wurden überwiegend von Wehrpflichtigen ausgeübt, darunter wieder mehrheitlich von Grundwehrdienstleistenden. Der Anteil von Zeitsoldaten an dieser Tätergruppe ist gering. Nur ein Teil der Vergehen wurde im Dienst begangen. Rechte Gesinnungs- und Gewalttäter haben sich meist mit ihren Kameraden in Zivil zu Straftaten zusammengefunden.
Um den qualitativen Sprung 1997 richtig einordnen zu können, muß beachtet werden, daß die Enthüllungen in der Öffentlichkeit und die ersten Reaktionen der militärischen Führung (u.a. Brief des Generalinspekteurs in der ersten Jahreshälfte) eine Sensibilisierung in den Streitkräften bewirkt haben. Dies führte dazu, daß viel mehr gemeldet wird. Daß sich die Zahl der BV wirklich in dieser Größenordnung vermehrt hat, ist daher nur bedingt anzunehmen. Weiter ist darauf zu achten, daß das Medienecho auch »übersensible« Reaktionen hervorgerufen hat. Manche Vorwürfe bestätigten sich nicht. Mitunter waren Mißverständnisse im Spiel (die „Sieg Heil“–Rufe bei einer Reservisten-Feier an der FüAk entpuppten sich als Reservisten-Vereins-Ruf „Wild-Sau“). In einigen Fällen wurde die kritisch gewordene Öffentlichkeit von Rekruten mißbraucht, die sich beim Bund benachteiligt fühlten und »heimzahlen« wollten.
Dennoch muß von einer Zunahme rechtsradikaler Vorfälle ausgegangen werden. Die Liste der Fälle ist mehr als unerfreulich. Die Palette reicht von rechtsradikalen, rassistischen, antisemitischen Äußerungen („Heil Hitler“– oder „Sieg Heil“-Rufe, „Türkenschwein“, „Polacken“) über ausländerfeindliche, neonazistische Agitation (Nazi-Symbole am Körper oder am Spind, Zeigen der Reichskriegsflagge, Vertrieb von rechten Zeitschriften) bis zu Schlägereien mit Ausländern und der Beteiligung an Brandanschlägen auf Asylantenheime.
Eine Parallelbewegung zwischen den registrierten Vorfällen in der Bundeswehr und in der Gesellschaft ist unverkennbar. Zwischen 1991 und 1993 erleben wir eine starke Zunahme der Fremdenfeindlichkeit in der deutschen Gesellschaft, die den rechtsradikalen Organisationen Auftrieb verschafft und sie zu Gewaltaktionen anstachelt. Erst die Gegenaktionen der kritischen Öffentlichkeit und dadurch bewirkte Maßnahmen des Staates (Organisationsverbote, polizeiliches Eingreifen etc.) bringen ein zeitweiliges Abschwellen der rechten Straftaten. Auch die rechtstaatlich fragwürdige und moralisch nicht hinnehmbare Aushebelung des Grundrechts auf Asyl im Oktober 1993 führt dazu, daß das Thema der rechten Brandstifter vorübergehend in den Hintergrund gerät.
In den letzten beiden Jahren sind wir mit einer neuerlichen Eskalation rechter Gewalt konfrontiert. Die anhaltende Massenarbeitslosigkeit und soziale Zerrüttungen, vor allem in den neuen Bundesländern, haben das ihre dazu getan, daß sich rechtes Protestpotential bilden konnte. Der Verfassungsschutz hat daher im Jahre 1997 einen erheblichen Zulauf in der Neonazi- und Skinheadszene registriert. Dieser starke Anstieg läßt sich anhand der Berichte des Bundesamtes für den Verfassungsschutz auch bei den Gewalt- und sonstigen Straftaten feststellen.
Die Vertreter der Regierungsparteien kamen im Untersuchungsausschuß zu dem Schluß: Natürlich seien die Streitkräfte mit diesem gesellschaftlichen Problem konfrontiert. Aber die Anzahl der Delikte sei im Bereich der Bundeswehr vergleichsweise niedrig. Auch sei die Gesamtzahl der vom MAD erfaßten Rechtsextremisten in der Bundeswehr gering.
Doch solche Schlüsse sind voreilig. Zum einen haben die Recherchen des Untersuchungsausschusses offengelegt, daß einige Vorkommnisse lange unter der Decke gehalten werden konnten. In einer Truppe, in der Korpsgeist gefragt ist, in der starke Unterordnungsverhältnisse herrschen, kann davon ausgegangen werden, daß die Dunkelziffer erheblich ist.
Zum anderen wußte der MAD davon zu berichten, daß seit einiger Zeit in der rechten Szene die Losung ausgegeben worden sei, beim Bund „auf Sehrohrtiefe“ zu gehen. Tarnen und täuschen ist also angesagt.
Vor allem aber darf entschieden bezweifelt werden, ob man mit der Auflistung der Besonderen Vorkommnisse das wirkliche Ausmaß rechtsextremistischer Gefahren zureichend erfassen kann. Vielleicht muß sich rechtsradikale Gesinnung gar nicht durch besonders abweichendes Verhalten äußern?
2. Orientierungen und Einstellungen
Erforderlich wären verläßliche Erhebungen über Einstellungen der Soldaten und deren Entwicklungen während der Dienstzeit. Genau solche Untersuchungen werden aber im Rahmen der Bundeswehr seit einigen Jahren nicht mehr durchgeführt. Minister Rühe steht auf dem obskuren Standpunkt, er wolle nicht, daß auf diese Weise die Bundeswehr verdächtigt werde: An empirischen Untersuchungen über Jugendliche, die zum Bund wollen, sei man interessiert, aber nicht an gesonderten Befragungen innerhalb der Truppe.
Wegen dieser (auch im Rahmen des Untersuchungsausschusses wiederholt beklagten »Forschungsebbe«) weiß man zu wenig über Einstellungen und Orientierungen der Wehrpflichtigen, der Unteroffiziere und des Offizierskorps. Da in einer hierarchischen Großorganisation die Vorgesetztenebene entscheidend ist, wären gerade hier Analysen interessant. Aber auch die Frage, wie es bei den Unteroffizieren aussieht, ist wichtig, bilden diese doch das entscheidende Bindeglied zwischen Führung und Mannschaften.
In der militärsoziologischen Forschung ist eine Typologisierung der verschiedenen Orientierungsmuster unter den Soldaten versucht worden. Gessenharter/Fröchling etwa unterscheiden zwischen
a) dem demokratisch-reformierten Typus,
b) dem „Militär sui generis“Typus (an autoritären Attüden orientiert, das Besondere des Soldatentums akzentuierend, zum Geschichtsrevisionismus neigend und „extremistisch gefährdet“),
und c) dem technokratisch-funktionalistischen Typus.1
Nur eine differenzierte sozialwissenschaftliche Studie könnte ermessen, inwieweit diese Typologisierung trägt und welchen Anteil der jeweilige Typ unter den Bundeswehr-Angehörigen hätte. Das BMVg scheint daran nicht interessiert.
Im Oktober 1997 zog eine Untersuchung über Studierende an den Bundeswehrhochschulen (Offizierslaufbahn!) die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf sich.2 Die Studie, die am Hochschuldidaktischen Zentrum der Bundeswehrhochschule Hamburg in Verbindung mit der Universität Konstanz durchgeführt wurde, verglich die Einstellungen bei Studierenden an Bundeswehreinrichtungen und zivilen Universitäten. Die Ergebnisse überraschen nicht.
l<~>Mit großem Abstand wird von den Studierenden der Bundeswehr die christlich-konservative Position favorisiert (75%).
l<~>21% kennzeichnen ihre Einstellung als „national-konservativ“. Bei den Soldaten mit dem Berufsziel Offizier (im Unterschied zu Soldat auf Zeit) ist diese Verortung besonders stark ausgeprägt.
l<~>Die Cluster-Analyse der Forschungsgruppe bestätigt diese Zuordnungen. Über 10 % der Studierenden der UniBw werden als „rechtskonservativ“ eingestuft. Zur rechtesten Gruppe „national–konservativ“ werden 6,2 Prozent gerechnet.
l<~>Die Studie bestätigt bekannte Erfahrungswerte: Die Soldaten stellen, verglichen mit der Gesellschaft, eine nicht unbeträchtlich nach rechts verschobene »Population« dar. Dies ist auch leicht nachvollziehbar. Zeit- und Berufssoldaten hängen an Werten, die gemeinhin als konservativ gelten: Hierarchische Führungsstrukturen, das Prinzip von Befehl und Gehorsam, Sekundärtugenden wie Ordnung und Disziplin, usw.3 Diese »Rechtsverschiebung« wird vor allem im Bereich der Unteroffiziere auch dadurch verstärkt, daß deren Rekrutierungsbasis überwiegend im ländlichen Milieu liegt.4 Insoweit werden mit der Studie »Normalitäten« beschrieben, die für alle Streitkräfte der Welt gelten dürften.
Daß aber über 20 % der befragten Bundeswehr-Studierenden als national-konservativ, bzw. rechtskonservativ eingeordnet werden, läßt aufmerken. Leider bricht die Untersuchung an dem Punkt ab, der hier von besonderem Interesse ist: Wieviel Prozent des festgestellten Typus des nationalkonservativen Soldaten sind als rechtsextrem einzuschätzen? Und wo sind die möglichen Übergänge?
Wir sind also bis dato auf Vermutungen angewiesen. Rechtsextreme Orientierungen fänden sich in der Bundeswehr nur zu gleichen Teilen oder schlimmstenfalls etwas oberhalb der Werte der gesamten männlichen Altersgruppe, haben Vertreter von Verfassungsschutz und MAD gemutmaßt. Es sei von einer Zahl zwischen 3 und 4 % auszugehen. Die jüngsten Wahlergebnisse in Sachsen-Anhalt (30 % der Wähler zwischen 18 und 30 Jahren stimmten für die rechtsradikale DVU) sind ein Indiz dafür, daß sich diese Werte auch rasch verschieben können.
3. Die besondere Militärkultur
Die Frage, ob die Bundeswehr rechtslastig und rechtsextrem gefährdet ist, kann mit Bezug auf die Erkenntnisse der staatlichen Beobachtungsbehörden und der empirischen Sozialforschung nicht hinreichend beantwortet werden. Erforderlich wären strukturell-funktionale Untersuchungen über die politische Entwicklung der Streitkräfte im gesamtgesellschaftlichen und internationalen Kontext (Definition des Auftrags, der Rolle der Armee, ihrer Legitimation), über die damit verbundenen ideologischen Prozesse (geistige Orientierung, historische Einordnung etc.) und über das auf die Streitkräfte unmittelbar einwirkende gesellschaftliche Umfeld.
Dabei müßte natürlich die diesbezüglichen Deklarationen von Regierung und Militärführung (Reden, Weisungen, Erlasse) und die wehrbezogene Publizistik ausgewertet werden. Wissenschaftler wie Detlef Bald, Wolfgang R. Vogt oder Wolfram Wette haben seit 1990 Studien vorgelegt, die sich mit der seitdem sukzessive veränderten Rolle und Funktion der deutschen Streitkräfte beschäftigt haben. Eine Kette von Indizien hat sie dazu gebracht, Alarm zu schlagen. Der neue Auftrag der Bundeswehr, sich an Kriegen auch außerhalb der Landes- und Bündnisverteidigung zu beteiligen, bringe auch die Wiederbelebung des militärischen Traditionalismus mit sich. Es sei wieder der Typus des »Kämpfers« gefragt sei, der sich vor allem auf seine handwerklich-technischen Fähigkeiten stütze, der die Normen und Werte der Zivilgesellschaft als Beschränkung seiner Handlungsfähigkeit empfinde.5
Diese Frage wurde im Untersuchungsausschuß zwar immer wieder gestreift, aber letztlich spielte sie eine untergeordnete Rolle. Dabei liegt hier ein Kern des Problems: Inwieweit sind Streitkräfte, die auf Kriegseinsätze konditioniert werden, für rechtsextreme Orientierungen »strukturell« besonders anfällig. Der Politologe Ernst O. Czempiel hat zu Recht daraufhingewiesen, daß eine Betrachtung der Oberflächenerscheinungen (faschistoides Gebaren von Soldaten, Beteiligung an Gewaltakten) viel zu kurz greift. Die Strukturprobleme, die mit der Besonderheit des Militärs verbunden sind, müssen in den Blick genommen werden.
Die Spezifik des Militärischen ergibt sich bereits aus dem Tötungsauftrag des Soldaten. Was in der Gesellschaft verabscheuungs- und strafwürdig ist, gereicht Soldaten zu Ruhm und Ehre. Der Heldenkult ist offenkundig ein Versuch, diese ethische Diskrepanz zu überbrücken. Damit ist aber nur ein Teil einer besonderen Militärkultur, eines besonderen militärischen Geistes (»military mind«) angesprochen.
„Dieses militärische Denken ist nicht kriegstreibend, jedenfalls nicht per se. Aber es wird geprägt von der ständigen Nähe zur Gewalt, zur ständigen Präsenz des Krieges.
Zwischen der militärischen Kultur und den Oberflächenerscheinungen von Rechtsradikalismus und Gewaltanwendung an den sozialen Rändern der Bundeswehr gibt es keine direkte Beziehung. Eine indirekte gibt es aber sehr wohl.“ 6 In einer „Wiederbelebung einer eigenen militärischen Kultur“ sieht Czempiel die eigentliche Gefährdung der Bundeswehr.
Die Defizite der parlamentarischen Untersuchung sind damit benannt. Von interessierter Seite auf die Klärung besonders spektakulärer Vorfälle eingeengt, gerieten diese strukturellen Anfälligkeiten der Streitkräfte, die indirekten Beziehungen zwischen Militärkultur und Rechtsextremismus, nahezu völlig aus dem Blick. Erhellend waren in dieser Hinsicht indes die Erörterungen über das Traditionsverständnis der Fallschirmjäger. Vor diesem Hintergrund beeilten sich Minister und Generalinspekteur, zu erklären, daß von einer „Wiederbelebung einer eigenen militärischen Kultur“ nicht die Rede sein könne. Richtig sei vielmehr, daß sich die Ausrichtung der Truppe an den Prinzipien der Inneren Führung, am Leitbild des »Staatsbürgers in Uniform« bei den Auslandseinsätzen bewährt habe. Daran würde festgehalten. Zweifel an dieser These sind erlaubt.
4. Die untersuchten Vorfälle
Der Untersuchungsausschuß hat sich vor allem um fünf Vorgänge gekümmert:
- die Materiallieferungen aus Bundeswehrbeständen an das »Deutsch-Russische Gemeinschaftswerk« (DRGW) des Nazis Manfred Roeder im Jahre 1994/95,
- dessen Vortrag an der Hamburger Führungsakademie der Bundeswehr am 24. Januar 1995,
- die Anwesenheit eines ehemaligen Mitglieds der Waffen-SS in der FüAk bei einer Vortragsveranstaltung »Hilfe für Parfino«,
- die Vorfälle an der Luftlandeschule Altenstadt/Schongau bzw. bei der Fallschirmjägertruppe in Landsberg/Lech,
- die Vorfälle im Fallschirmjägerbataillon (FSchJgBtl) 313 in Varel.
· Materiallieferungen an das DRGW
Mit Schreiben vom 21.12.1993 hatte Roeders DRGW beim Materialamt des Heeres um die Überlassung von Bundeswehr-Material (Fahrzeuge, Werkzeuge etc.) gebeten. Es sollte um humanitäre Hilfe für »Nord-Ostpreußen« gehen. Nach einigem Hin und Her und kaum nachvollziehbaren organisatorischen Pannen erhalten Roeders Gesinnungsfreunde u.a. einen LKW und einen Kübelwagen. Sie holen die Fahrzeuge am 2. Januar 1995 ab und deponieren sie auf dem Gelände der Führungsakademie in Hamburg!
Keiner der beteiligten Stellen ist der verurteilte Terrorist Roeder ein Begriff; die Erwähnung Roeders und des DRGW im Verfassungsschutzbericht 1993 ist unbekannt. Im Materialamt des Heeres und beim Führungsstab des Heeres finden sich nur bereitwillige Helfer für die „bedrängten Rußlanddeutschen in Königsberg“. Die Diktion „Nord-Ostpreußen“ erregt keinerlei Verdacht. Dieser Vorgang wird sich beim Roeder-Vortrag an der FüAk wiederholen.
Eine Weisung des damaligen Parlamentarischen Staatssekretärs Schönbohm im BMVg 1993, bei der humanitären Hilfe für Mittel- und Osteuropa auf rechtsradikale Bestrebungen aufzupassen, erweist sich als wirkungslos. Warnungen aus der Deutschen Botschaft in Moskau werden ebensowenig beachtet, kritische Presseberichte über rechtslastige Bestrebungen in der russischen Oblast Kaliningrad nicht zur Kenntnis genommen.
Das Auswärtige Amt bestätigt stattdessen „das dringende Bundesinteresse“ bei dem Hilfsbegehren des DRGW.
Außenminister Kinkel hat die Fehler inzwischen bedauert. Die deutsche Außenpolitik unterstütze zwar die Hilfe für Rußlanddeutsche. Eine gezielte deutsche Ansiedlungspolitik im Raum um Kaliningrad gäbe es jedoch nicht. Auch Minister Rühe behauptete, die Lieferungen an Roeder stünden diametral zur deutschen Außenpolitik. Belastete Zeugen haben im Untersuchungsausschuß jedoch wiederholt auf die Initiativen des Staatssekretärs Waffenschmidt aus dem BMI für die Rußlanddeutschen hingewiesen; dies sei gerade 1993 politisches Thema gewesen. Auch bei dem Roeder-Vortrag an der FüAk wird dies eine Rolle spielen.
Sind die Hilfsleistungen an rechtsradikale Kreise wirklich nur ein Versehen? Schon wieder kann ein prominenter »rechtskonservativer« Wortführer unter der Überschrift „Moskau muß Königsberg wieder freigeben“ schreiben:
„Die geopolitische Logik verlangt eine klare Entscheidung … Stabilität kann es in der Region nur geben, wenn Rußland diese Beute des Zweiten Weltkrieges aufgibt …“ 7
Es steht zu fürchten, daß Prof. Werner Kaltefleiter nur ausspricht, was im konservativen Milieu gedacht wird. Der rechte Nationalismus nährt sich schon lange davon, daß deutsche Außen- und Innenpolitik vor »Deutschtümelei« nicht zurückschreckt.
· Vortrag »Hilfe für Parfino«
Am 5.3.1994 hält ein angesehener Hamburger Kaufmann einen Vortrag in den Räumen der FüAk. Es geht um Kriegsgräberfürsorge in Rußland und humanitäre Hilfe. Das ganze entwickelt sich zu einem Kameradschaftsabend der im Gebiet von Demjansk beteiligten Wehrmachtstruppen. Eingeschlossen ein Vertreter der 3. SS-Division Totenkopf.
Aus dieser Veranstaltung entwickelt sich der Kontakt, der Röder den Weg in die FüAk ebnet. Es ist müßig, die gesamten Vorgänge rekonstruieren zu wollen. Drei Erkenntnisse lassen sich dennoch ziehen:
- Aus dem rechten Traditionsmilieu wurden und werden Versuche unternommen, enge Verbindungen zum Offizierskorps der Bundeswehr herzustellen.
- Vertreter dieses Korps erweisen sich als naiv-konservativ genug, um diesen Herren die Tür zu öffnen.
- Die oberen Etagen der Bundeswehr sind bemüht, solche Verbindungen nach Möglichkeit zu unterbinden oder zu begrenzen (in diesem Falle gab es Auflagen, gegen die verstoßen wurde), drücken aber bei Vorkommnissen schon mal beide Augen zu.
· Roeder-Vortrag an der Führungsakademie der Bundeswehr
Manfred Röder spricht am 24. Januar 1995 an der FüAk zum Thema: „Die Übersiedelung der Rußlanddeutschen in den Raum Königsberg“. Es handelt sich dabei nicht um eine Veranstaltung im Bereich Lehre, sondern um eine Weiterbildungsveranstaltung im Bereich der Stabsoffiziere. Den Beteiligten fallen keinerlei rechtsextreme Tendenzen bei dem Vortragenden auf. Monate später wird per Zufall ein Lehrgangsteilnehmer an der Akademie auf den Vorfall aufmerksam. Er informiert den Chef des Stabes über Roeder. Beratungen im Kreis der Stabsoffiziere enden damit, daß dem Leiter der Akademie bzw. dessen Vorgesetzten nicht gemeldet wird. Über die Sache soll »Gras wachsen«.
Die Befragungen im UA haben sich auch damit beschäftigt, wieso der Vorgang so lange verborgen bleiben konnte. Der Kommandeurder FüAk zeigte sich bestürzt und konnte sich nicht erklären, wieso nicht gemeldet wurde. Dieser Vorgang wird sich in anderen Fällen wiederholen. Wie aber ist es um die geistige Offenheit einer Einrichtung bestellt, wenn Untergebene und Vorgesetzte schweigen, statt sich der Auseinandersetzung zu stellen?
Rühe und die Kommandeure der FüAk haben den Vorfall damit relativiert, daß es sich bei dem Stab nur um den »Hinterhof« der Akademie handele. Im Bereich der Lehre, der international renommiert, kompetent und pluralistisch ausgerichtet sei, hätte dies nicht vorkommen können. Dies mag sein. Der neue Leiter der Akademie präsentiert sich als redegewandter und weltläufiger Mann. Doch die Frage bleibt, wie es kommt, daß Stabsoffiziere, die sich mit Militärgeschichte beschäftigt haben, bei entscheidenden Fragen (der Wehrmacht-Vergangenheit) passen müssen und, daß gerade die aufzurücken scheinen, deren besondere Eigenschaft »besondere Loyalität« zu sein scheint.8
· Die Vorgänge in Altenstadt/Landsberg
Aus Altenstadt, Landsberg und Varel wurde eine ganze Reihe von Vorfällen mit rechtsradikalem Hintergrund bekannt. Zum Teil reichten diese Vorgänge bis Anfang der 90er Jahre zurück. Dies legte die Frage nahe, inwieweit Fallschirmjäger- und Luftlandetruppen besonders anfällig für rechte Einstellungen und Verhaltensmuster sind. Zugleich drängte sich gerade bei diesen Truppenteilen der Verdacht auf, dies könnte mit dem veränderten Auftrag der Truppe zu tun haben: Der Einsatz von Fallschirmjägern und Luftlandeeinheiten steht ja meist am Beginn militärischer Interventionen.
Am 13. Dezember 1994 schrieb der damalige Wehrbeauftragte Alfred Biehle, in Ergänzung seines Jahresberichts, einen Brief an Minister Rühe, in dem er auf Fehlentwicklungen im Traditionsverständnis der Bundeswehr hinwies. „Ich kann mich des Eindrucks nicht erwehren, daß Soldaten der Bundeswehr – nicht nur in diesen Fällen – völlig unreflektiert Zuflucht in eine überkommene Tradition der früheren Wehrmacht suchen.“ Biehle hatte u.a. darüber berichtet, daß Rekruten in einem Bataillon Erinnerungsurkunden mit den »Zehn Geboten des Fallschirmjägers« ausgehändigt worden seien und daß in einem Traditionsraum der Unteroffiziere einer Luftlandeeinheit der letzte Wehrmachtsbericht vom 9.Mai 1945 und der letzte Tagesbefehl des Generals Heidrich an seine Fallschirmjäger (“Wir … fühlen uns nicht geschlagen…“) aushänge. In den »Zehn Geboten« finden sich solch martialischen Sätze wie:
„Für Dich soll die Schlacht Erfüllung sein…. Sei behende wie ein Windhund, so zäh wie Leder, so hart wie Kruppstahl, nur so wirst du die Verkörperung des deutschen Kriegers sein.“
Rühe antwortete am 20. Januar 1995, daß die geschilderten Fälle in krasser Weise den Richtlinien zum Traditionsverständnis und dem demokratischen Selbstverständnis der Streitkräfte widersprächen.
Weiter heißt es: „Die in Ihrem Schreiben aufgeführten Fälle sind nicht symptomatisch für die gesamte Bundeswehr. Die Beispiele zeigen aber eine Fehlentwicklung im Bereich der Luftlandeverbände auf. Gegen diese Entwicklung hat der Inspekteur des Heeres Maßnahmen eingeleitet.“
Der Minister glaubt das Problem erledigt. 1995 kann Rühe bei der Verabschiedung des Wehrbeauftragten Biehle stolz verkünden: „Gemeinsam mit dem Wehrbauftragten habe ich in den letzten Jahren alles getan, um rechtsextremistisches Gedankengut aus der Bundeswehr fernzuhalten. Dies ist gelungen.“ Der Minister irrte. Die Rechtsdrift konnte sich fortsetzen. Auch und gerade unter den Fallschirmjägern.
Minister Rühe und die Kommandeure der betreffenden Truppenteile haben im Ausschuß wiederholt betont, daß ihnen die besonderen Probleme der FSchJg bewußt seien.
- FSchJg verstünden sich als Elitetruppe. Ihr Einsatz verlange nicht nur besonderen Mut, sondern auch absolute Verläßlichkeit untereinander. Dies erkläre den besonderen Korpsgeist in diesen Einheiten;
- da Fallschirmjäger erstmals im Zweiten Weltkrieg eingesetzt worden seien, hätten die deutschen FSchJg keine andere Tradition als die der Wehrmacht.
Damit wurde freilich das Problem wieder auf das falsche Gleis geschoben. Als ob es die »strukturellen Anfälligkeiten« nur in diesem Bereich gäbe.
Richtig ist, und dies haben die Untersuchungen des Ausschusses zweifelsfrei ergeben, daß die FSchJg-Truppen ein besonders eigentümliches Verhältnis zur Tradition haben.
- Die »Zehn Gebote der deutschen Fallschirmjäger« zirkulierten in großem Umfange in den Kasernen.
- Ein markiges Poster »Klage nicht, kämpfe« mit der Abbildung eines Wehrmacht-Fallschirmspringers war in früheren Jahren äußerst beliebt und klebte an zahlreichen Spinden.
- CDs und Platten mit verbotenen Wehrmachtsliedern wurden in den Kasinos vertrieben.
- „Landser-Hefte werden viel gelesen bei uns“, so ein als Zeuge vernommener Rekrut.
- Die Luftlandeschule beging (wie auch der Bund Deutscher Fallschirmjäger) alljährlich den »Kreta-Tag«. Am 20. Mai, dem Jahrestag des Beginns der wahnwitzigen »Operation Merkur« zur Eroberung der Insel Kreta 1941, bei der 3000 von 8000 beteiligten FSchJg den Tod fanden, wurde der Opfer unter den deutschen Soldaten gedacht und ihr Heldenmut gerühmt. Aufklärung über die unsinnige wie verbrecherische Aktion und über die Folge-Opfer unter der Zivilbevölkerung? Fehlanzeige.
Die abstoßenden Bilder, die der STERN und FOCUS-TV im Dezember 97 zeigten, waren bei Feiern in den Jahren 1991 und 1993 an der Luftlandeschule Altenstadt im Schongau aufgenommen worden. Zwischen 1990 und 1998 gab es in Altenstadt 14 rechtsextremistische Vorfälle, bei denen fast immer eine Gruppe von Unteroffizieren eine »tragende Rolle« spielte. Nachdem die »Entgleisungen« bei diversen Feiern und Saufgelagen ans Tageslicht gekommen waren, fanden die schließlich eingeschalteten staatlichen Behörden bei den Beschuldigten nicht nur reichhaltiges NS-Propagandamaterial, sondern z.T. auch erhebliche Waffenbestände. Es kann angenommen werden, daß diese »informellen Führer« auch auf Rekruten einwirken konnten.
Zuletzt war anläßlich eines Lehrgangs in Altenstadt eine Gruppe auf dem Oktoberfest 1995 von der Theresienwiese zum Hauptbahnhof gezogen, hatte Wehrmachtslieder gegrölt und wiederholt „Jude verrecke“ und „Sieg Heil“ gerufen. Angeführt wurde sie von einem Oberfeldwebel, der auch im STERN abgelichtet war und der bei nahezu allen Vorkommnissen eine Rolle spielte. Die beteiligten Soldaten kamen aus den Truppenstandorten Landsberg, Calw, Saarlouis und Varel. In der Öffentlichkeit wurde bei der Aufdeckung der Ereignisse besonders registriert, daß zu diesem Zeitpunkt drei der beteiligten Soldaten beim Kommando Spezialkräfte in Calw tätig waren. Immerhin: Inzwischen sind alle verstrickten »Kameraden« aus der Bundeswehr entlassen worden.
Bemerkenswert aber auch: Einer von ihnen war ausdrücklich zur »höheren Verwendung« empfohlen worden. Ein ausgezeichnetes Zeugnis wurde auch dem erwähnten Oberfeldwebel von seinen Vorgesetzten ausgestellt. Die von dem damaligen Kommandeur der LLS Altenstadt mitgezeichnete Beurteilung schwelgt in gestanzten Formulierungen: „pflichtbewußter“, „verantwortungsvoller und anstrengungsbereiter Führer“, „stets vorbildlich“, „solides Fachwissen“, „begeisterter Fallschirmjäger“ usw. Der Soldat sei „rege am Zeitgeschehen interessiert. Sein besonderes Interesse gilt der Militärgeschichte.“ Sein Kommandeur, Oberst Quante, aber auch die anderen Vorgesetzten wollen von den rechtsradikalen Obsessionen ihres Zöglings nichts gewußt haben.
Vielleicht hat der Oberst auch mit verhohlener Sympathie weggeschaut. Er präsentiert sich bei den Vernehmungen als schneidiger Offizier alten Schlages. Nach seiner Pensionierung hat er eine neue Betätigung gefunden. Er ist jetzt als Berater des scharf rechtsorientierten „Bundes Freier Bürger“ tätig. Die Frage ist nur allzu berechtigt, welche Signale eine Luftlandeschule an die Soldaten aussendet, die alljährlich einen »Kreta-Appell« abhält, die dem Chef der damaligen FSchJg-Truppe der Wehrmacht, Generaloberst Student, mit einer Gedenktafel unkritisch Reverenz erweist und in der eine Straße nach dem in Griechenland nach 1945 hingerichteten Kriegsverbrecher Bruno Bräuer benannt ist.
Immerhin: Der Nachfolger Quantes, Oberst Friedrich Jeschonnek, hat den Kreta-Tag 1998 abgeschafft („ich halte nichts von Antreteappellen“) und durch Diskusssionen über Hintergründe und Zusammenhänge der fatalen Operation ersetzt. Die Traditionssammlung an der Schule ist überprüft worden. Über die Umbenennung der Straßennamen wird derzeit diskutiert.
Erst in den letzten beiden Jahren wird – so der Eindruck – der allzu krassen, »rechten“ Traditionspflege entgegengetreten. Wie konsequent, wird sich zeigen.
· Frieslandkaserne Varel
Durch zwei Berichte in der BILD-Zeitung am 21.12.1997 und am 4.1.1998 waren Varel und das 3. FSchJgBtl 313 ins Zwielicht geraten. Der Sohn des früheren Ministers Krause hatte über Verstöße gegen die Prinzipien der Inneren Führung und über rechtsradikale Aktionen berichtet. Andere Rekruten konnten diese Vorwürfe nur teilweise bestätigen, meldeten aber zugleich andere Vorkommnisse. Die sofort vom BMVg eingesetzte Riechmann-Kommission kam nach der Befragung von 650 Soldaten Anfang Februar 1998 zu dem Ergebnis, daß durch einige Gruppenführer in erheblichem Umfang gegen vernünftige Grundsätze der Menschenführung verstoßen worden war, die Behauptungen über Rechtsextremismus in dieser Truppe aber nicht belegt werden könnten. (Das Verteidigungsministerium brauchte die Ergebnisse dieser Untersuchung nicht abzuwarten. Am 22.12.1997, drei Tage nach der BILD-Veröffentlichung, erklärte der Pressesprecher des BMVg, Hans-Dieter Wichter: „Das Ergebnis: Auch nachdem rund achtzig Soldaten des Fallschirmjägerbataillons noch am Wochenende intensiv vernommen bzw. angehört wurden, lassen sich die schweren Beschuldigungen von Krause nicht aufrecht erhalten.“ Stattdessen, so wurde gesagt, wolle sich der Gefreite nur an der Bundeswehr rächen.)
Immerhin wurde eingeräumt, daß sich nicht mehr zweifelsfrei klären lasse, ob bei einer Feier im August 1997 rechtsradikale Musik gespielt worden sei oder nicht.
Die ganze Wahrheit wird nicht mehr ans Tageslicht kommen. Durch die Weihnachtszeit konnten Zeugen erst mit erheblichem zeitlichen Abstand zu den »Enthüllungsberichten« vernommen werden. Eine Truppe von Zeugen mußte vor der Vernehmung antreten! (diese Praxis wurde nach diesem Mißgriff abgestellt). Schließlich: Die Vernehmungsprotokolle machen nicht den Eindruck, daß in allen Fällen besonders tiefschürfend ermittelt wurde.
Die Vorwürfe bezüglich Vandalismus, Schikanen gegen Untergebene und dgl., Verstöße im Bereich der Inneren Führung also, haben sich zum Teil bestätigt; die Beteiligten wurden disziplinar geahndet. Auffallend, daß alle Vorwürfe, die auf Rechtsextremismus hindeuten, von den Befragten der Riechmann-Kommission schnell und pauschal, z.T. ungefragt, dementiert werden („habe nichts Rechtsradikales bemerkt“ usw.). Offensichtlich hat das Klima während des Presserummels im Dezember bei den Soldaten in der Weise gewirkt, daß man meinte, vor allem an diesem (Angriffs-)Punkt dichthalten zu müssen.
Der Eindruck bleibt, daß BMVg und MAD um Bagatellisierung bemüht sind. Dabei sind rechtsradikale Affinitäten beschuldigter Stabsunteroffiziere nur schwer zu übersehen. Bei einem der Unteroffiziere wurde ein Axtstiel mit der Bezeichnung »Zigullenkeule« und Inschriften aufgefunden, die auf rechtsradikale und ausländerfeindliche Gesinnung schließen lassen. Ein Gefreiter berichtete über Bezeichnungen wie »Losungswort: Alpha Hotel« (= Adolf Hitler), »Wolfsschanze« (Führers Hauptquartier), die im betreffenden Bataillon gang und gäbe gewesen seien. Auch soll ein Ausbilder bei Schießübungen mal gesagt haben: „Stell` Dir vor, es wäre ein Jude, dann triffst Du!“ Solche Dinge, die zeigen, daß Wehrmacht- oder NS-Bezüge im Bundeswehr-Alltag häufig vorkommen dürften, lassen sich schwer nachweisen – und vielen Rekruten wird dabei nichts Besonderes auffallen. Auch in Varel wurde bis 1996 der »Kreta-Tag« begangen.
III. Begriffsklärungen
1. Rechtsextremismus
Bevor man sich einer genaueren Bewertung der Vorgänge nähern kann, sollte geklärt werden, was unter Rechtsextremismus zu verstehen ist. An dieser Stelle kann natürlich kein umfassender Einblick in die aktuelle Forschungslage gegeben werden. Es seien daher nur die Bestimmungsmerkmale „Nationalismus, Autoritarismus, Antipluralismus und die Ideologie der Ungleichheit“ 9 genannt. Backes/Moreau bezeichnen die „Abwehrhaltung gegenüber dem Ethos fundamentaler Menschengleichheit“ als „den Generalnenner aller rechtsextremen Kräfte.“10 In die gleiche Richtung zielt die von Gessenharter/Fröchling vorgenommene Bestimmung, der Kern rechtsextremer Ideologie sei die Bevorzugung des Kollektivs vor dem Individuum. Von da aus führe der Weg zur Ablehnung einer pluralistischen, freiheitlichen Gesellschaftsverfassung.
Der Verfassungsschutz gibt folgende Definition „Rechtsextremistische Bestrebungen sind von der ideologischen Vorstellung geprägt, daß die ethnische Zugehörigkeit zu einer Nation, Rasse oder Region die größte Bedeutung für das Individuum besitzt. Ihr sind alle anderen Interessen und Werte, auch Menschenrechte, untergeordnet. Diese Weltanschauung lehnt es ab, alle Menschen als grundsätzlich gleich anzusehen, und wertet Minderheiten durch Rassismus und Fremdenfeindlichkeit ab. Rechtsextremisten streben ein politisches System an, in dem als angeblich natürliche Ordnung Staat und Volk als Einheit verschmelzen (»Volksgemeinschafts«-Ideologie)“.11
Die Rechtsprechung hat bisweilen zwischen Extremismus und Radikalismus unterschieden und dafür das Unterscheidungsmerkmal »Gewalt« bzw. »Gewaltbereitschaft« bemüht. Das Kriterium mag für strafrechtliche Grenzziehungen relevant sein; in der geistig-politischen Auseinandersetzung hilft es nicht weiter. Schließlich gab und gibt es eine Arbeitsteilung zwischen rechten Schlägertrupps und geistigen Wegbereitern.
2. Neue radikale Rechte
Die Extremismusforscher Gessenharter und Fröchling, aber auch andere, sprechen von einer zweiten Strömung, die sich vor allem in den achtziger Jahren herausgebildet habe: Die Neue Rechte. Sie wird im ideologischen und organisatorischen Zwischen- und Übergangsbereich zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus angesiedelt. Das Markenzeichen dieser neuen radikalen Rechten ist, daß sie in dieser Hinsicht eine Scharnierfunktion ausübt.
Die Neue Rechte wird zum einen als Organisationsgeflecht (Studienzentrum Weikersheim, Zeitschriften criticon, Nation Europa, Junge Freiheit), zum anderen als Akteur einer politisch-kulturellen Implementationsstrategie angesehen.
Die Neue Rechte teilt mit dem Rechtsextremismus die Gegnerschaft zum demokratischen Verfassungsstaat. Als gemeinsame ideologische Wurzel aller Akteure im rechten Lager sind anzusehen: Antiliberalismus, elitäre Ideologie der Ungleichheit, Staatsautoritarismus, Homogenitätsstreben, Freund-Feind-Politikverständnis und völkischer Nationalismus. Die Neue Rechte bezieht sich dabei vorzugsweise auf die Vertreter der sog. »Konservativen Revolution« in der Weimarer Republik (E.J. Jung,. A. Moeller van den Bruck, Carl Schmitt), die ihrerseits geistige Wegbereiter des Nationalsozialismus waren. Sie ist dabei bemüht, diese Thesen im modernen und moderaten Gewand zu präsentieren.
Auch der Verfassungsschutz mußte sich in jüngerer Zeit dieser Strömung zuwenden. Unter der Rubrik „Intellektualisierung des Rechtsextremismus“ heißt es:
„Die Vertreter des intellektuellen Rechtsextremismus vermeiden es, ihre ideologischen Fernziele deutlich zu nennen und konkret die Forderung nach Überwindung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung zu stellen. Ihre Taktik besteht vielmehr darin, die Grenzen zwischen konservativen Vorstellungen einerseits und extremistischen Ideologieelementen zu verwischen.“ Als Beispiel dieser „Erosion der Abgrenzung zwischen Demokraten und Extremisten“ wird die Zeitschrift Junge Freiheit genannt.12
Insgesamt bleibt dieser Bereich aber unausgeleuchtet. Warum? In konservativen Publikationen wird bisweilen die Existenz dieser Richtung ganz geleugnet. Dort ist die Rede von einer „ominösen neuen, radikalen Rechten“.13
Von Bedeutung ist die Neue Rechte nicht nur wegen ihrer Funktion, rechtsradikale Auffassungen im konservativen Lager hoffähig zu machen. Sie hat auf die gesamte Rechte beispielgebend gewirkt. Als ihre Spezialität hat sie die Methode der politischen Mimikry ausgebildet: „Die Fähigkeit, in die Offensive zu gehen, muß entwickelt werden und dazu die Fähigkeit, die Situation zu beurteilen, ob hier der offene Angriff oder die politische Mimikry gefordert ist.“ 14
Auch die Republikaner und andere Organisationen und Vertreter der rechten Publizistik haben es sich angewöhnt, in der Regel Aussagen zu vermeiden, die verfassungs- und strafrechtliche Verfolgungen nach sich ziehen könnten. Beispiel: Ausschwitz wird nicht pauschal geleugnet, aber relativiert.
3. Ideologische Übergänge zwischen Rechtsextremismus und Konservatismus
Auf die Antifa-Szene ist der Verfassungsschutz nicht gut zu sprechen:
„Unterschiede zwischen Demokraten und Rechtsextremisten werden systematisch ausgeblendet, um Teile des konservativen politischen Spektrums als rechtsextremistisch diffamieren zu können.“ 15
Es soll an dieser Stelle nicht über das Differenzierungs(un)vermögen auf der Linken gesprochen werden. Natürlich muß zwischen konservativen und rechtsradikalen, bzw. rechtsextremistischen Auffassungen klar getrennt werden. Wenn aber der konservativ geprägte Verfassungsschutz nach Unterscheidung ruft, muß der Verdacht aufkommen, daß die Erosion der Abgrenzung zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus weiter tabu bleiben sollen.
Wo sind die Unterschiede, wo die Gemeinsamkeiten?
Die vom BVerfG im Verbot der SRP 1952 entwickelte Formel von der Freiheitlich-Demokratischen Grundordnung – die Bundesrepublik als demokratischer Verfassungsstaat mit dem Kanon der Grundrechte als Kern – ist sicher ein wichtiges Instrument, um zwischen Demokraten und Rechtsextremisten zu unterscheiden. In der Wirklichkeit allerdings sieht es komplizierter aus. Die o.g. Merkmale rechtsradikaler Gesinnung kommen nicht nur in reiner Gestalt vor. Es gibt »Teilidentitäten«. Sind völkisch-nationale Anwandlungen noch verfassungskonform oder nicht?
Zum anderen wird es bei der Bewertung politischer Vorgänge bzw. staatlicher Handlungen immer wieder sehr unterschiedliche Interpretationen geben. Also: Welche Rolle spielen Menschenrechte in der aktuellen Asyl- und Ausländerpolitik in Deutschland? Sind Verschärfungen im Asylbewerberleistungsgesetz oder die Forderung nach der Abschiebung straffällig gewordener Ausländer mit dem Menschenrechtskanon des GG vereinbar oder nicht?
Man erkennt daran, daß die Schwäche solcher, an der Jurisdiktion ausgerichteter Normierungen darin liegt, daß der breite Grauzonenbereich zwischen Rechtskonservatismus und Extremismus nicht ausreichend erfaßt wird.
· Nationalismus
Rechte sehen die Nation als »Abstammungsgemeinschaft«, als eine Entität, die folgerichtig die Angehörigen anderer Völker bzw. Ethnien ausschließt. Die Nation ist so Ergebnis einer quasi-natürlichen Ordnung. Der Stellenwert der Nation mag »rechts von der Mitte« unterschiedlich bewertet werden; gemeinsam ist der feste Glaube, daß der Zusammenhalt der Individuen eines Gemeinwesens nur durch die Nation und starke Nationalstaaten gewährleistet werden kann. Wenn der Fraktionsvorsitzende der CDU/CSU die Nation als „Not- und Schicksalsgemeinschaft“ beschwört, General a.D. Schultze-Rhonhof zur Entwicklung eines deutschen „Solidaritätspatriotismus“ aufruft, geht es immer um das gleiche Thema: Die Nation wird als das Bindemittel angesehen, das die Bevölkerung gerade in Krisenzeiten zusammen halten und soziale Widersprüche vergessen machen soll.
Ein Grundthema des rechten Diskurses in Deutschland ist die Klage darüber, daß sich in der Bundesrepublik Deutschland, aber auch in der DDR, nach 1945 eine »Büßermentalität« herausgebildet habe, die bis heute das Wiederentstehen eines »normalen« Nationalbewußtseins verhindert habe. Diese unterdrückte deutsche Identität wird zugleich verantwortlich für jene machtpolitische Beschränkung gemacht, die es gerade zu überwinden gelte.
Alle Publikationen auf der Rechten bemühen diese These unaufhörlich. Widerhall haben haben sie bereits in den achtziger Jahren bei konservativen Politikern wie seinerzeit Franz Josef Strauß, bei konservativen Wissenschaftlern und Publizisten wie Hans-Peter Schwarz („Von der Machtbesessenheit zur Machtvergessenheit“) und Arnulf Baring gefunden. Mit den Umbrüchen 1989/90 hat sich diese Resonanz in die »gesellschaftliche Mitte« ausgedehnt.
Häufig wird dieser Befund mit der »Umerziehung« durch die Alliierten nach 1945 in Verbindung gebracht. Der Haß auf die Re-Education ist Rechtsextremisten und der Neuen Rechten (gegen die »Westbindung« Deutschlands) gemein, wird in abgeschwächter Form aber auch von Rechtskonservativen übernommen (s.u.).
· Fremden- und Ausländerfeindlichkeit
Die Kehrseite dieses Nationalismus ist eine latente bis manifeste Fremdenfeindlichkeit, die sich bis weit in die Reihen der Unionsparteien als Ablehnung einer multikulturellen Gesellschaft zeigt. Die Warnungen eines Edmund Stoiber vor der „durchraßten Gesellschaft“ waren kein einmaliger Ausrutscher, sondern Ausdruck einer geistigen Befindlichkeit eines Teils des konservativen Lagers. Berlins Innensenator Jörg Schönbohm, zuvor Generalleutnant, Inspekteur des Heeres und Staatssekretär auf der Hardthöhe, verlangt von den in Deutschland lebenden ausländischen Mitbürgern eine Identifizierung mit dem deutschen Staat und „dem deutschen Kulturkreis“. Er warnt vor einer „Fremdkörperbildung“, die die deutsche Lebenswelt und Kultur mehr und mehr zurückdränge.16
Während die Politik der Bundesregierung deklaratorisch um Mäßigung und Toleranz bemüht ist, setzt die praktische Politik auf Abschottung, Abschreckung und Abschiebung. Und gibt damit Stichworte für ganz Rechtsaußen.
· Geschichtsrevisionismus
„Der zeitgeschichtliche Revisionismus blieb ein wichtiges rechtsextremistisches Agitationsthema.“, stellt der letzte Verfassungsschutzbericht fest. Davon zeugte nicht nur der Sturmlauf gegen die Ausstellung »Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944«. Die Relativierung der NS-Verbrechen nimmt in allen rechten Publikationen breiten Raum ein, wird in immergleichen Varianten wiederholt. Die Rechtsextremisten und die Neue Rechte spüren, daß sie politisch nur eine Chance haben, wenn sie den Makel der deutschen Vergangenheit vergessen machen können. Aber auch in den militärischen Traditionalistenkreisen ist der Geschichtsrevisionismus von überragender Bedeutung. Davon wird weiter unten noch die Rede sein. Thesen der Revisionisten sind auch im rechtskonservativen Lager kein Tabu. So benutzte der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Norbert Geis, in einer Bundestagsdebatte umstandslos den Terminus „Stalins Vernichtungskrieg“ und griff damit den Titel eines Buches auf, das ein früherer Direktor des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes 1995 veröffentlicht hatte. Inhalt: Der von Hitler befohlene Überfall sei nur ein Präventivkrieg gewesen, um dem drohenden Überfall durch Stalins Truppen zuvorzukommen.
· Antiliberalismus
Während die Neonazis unverhohlen ihre Abscheu gegenüber dem demokratischen Verfassungsstaat formulieren, belassen es die Neurechten bei Andeutungen und Verbrämungen. In Veröffentlichungen der REPs (Die Republikaner) findet sich z.B. Invektiven gegen „das Gift des Liberalismus“. Ein Autor der Jungen Freiheit bspw. bemerkt lakonisch, daß der Artikel 1 des Grundgesetzes („Die Würde des Menschen ist unantastbar.“) eine liebenswerte Floskel sei, der man nicht allzu viel Bedeutung zumessen sollte. Individualrechte und »Wertepluralismus« werden gerne als Produkte einer Schönwetterdemokratie verspottet. Spätestens in Krisenzeiten jedoch müßten die Gemeinschaftswerte, deren Verkörperung v.a. im starken Staat gesehen wird, in den Vordergrund treten.
Auch die Mehrzahl der Konservativen hat einen starken Hang zum Vorrang der Gemeinschaftswerte. Auch sie betont den starken Staat, der, weil er seine Bürger schütze, auch deren Loyalität und Einordnung verlange dürfe. Die Tür nach rechts wird mit der »wehrhaften Demokratie«, die sich im Großen Lauschangriff, im Ausbau polizeilicher Befugnisse und der weiteren Aushöhlung des Grundgesetzes zeigt, weit aufgemacht.
IV. Zwischen Kontinuität und Bruch
In ihrem jüngsten Jahresbericht (1997) schrieb die Wehrbeauftragte des Deutschen Bundestages, Claire Marienfeld (CDU): „… beobachte ich mit Sorge, daß innerhalb der Bundeswehr gleichwohl die gebotene Distanz zur deutschen Wehrmacht insgesamt, aber auch zu einzelnen Personen aus der deutschen Wehrmacht nicht immer und überall eingehalten wird.“
Sie handelte sich dafür die Schelte des Verteidigungsministers ein. Doch Claire Marienfeld ist eine besonnene Frau, die viel in Kasernen und anderen Einrichtungen der Bundeswehr herumkommt. Sie weiß, wovon sie spricht. Sie hat ihre Sorge auch konkret belegt und auf bedenkliche Traditionssammlungen in Kasernen hingewiesen. Oft würden Darstellungen der Wehrmachtsgeschichte die angemessene historische Einordnung vermissen lassen. Die Führung der Bundeswehr hat selber ein ungutes Gefühl: Generalinspekteur Bagger bestätigte vor dem Untersuchungsausschuß, daß gegenwärtig diese Traditionsräume einer erneuten Prüfung unterzogen würden.
„Noch kritischer sollen sie unter die Lupe genommen werden, die Traditionsräume und Militarial-Sammlungen…“, haben Rühe und Bagger erklären lassen; „Unsicherheiten in der Handhabung von Exponaten“ gelte es „auszuräumen“.17
1. Die Anfänge: Persilschein für die Wehrmacht
Das Problem, wie sie mit der Wehrmachtsgeschichte umgehen sollte, beschäftigte die Bundeswehr von Anfang an. Kein Wunder, wurde die Armee doch vor allem mit Wehrmacht-Offizieren aufgebaut. Über 10.000 Offiziere der Wehrmacht, darunter einige hundert Ritterkreuzträger, waren führend beteiligt. Die Integration der alten Offiziere hatte ihren Preis. Die Gründergeneration verlangte, daß sie für ihre eigene militärische Vergangenheit exkulpiert werden sollte. Der spätere Generalinspekteur der Bundeswehr, Heusinger, hatte gegenüber Kanzler Adenauer kategorisch betont, der Wiederaufbau der Streitkräfte sei nicht möglich, wenn das deutsche Volk weiter „geistig entwaffnet würde“. Gemeint war, daß die Politik die Wehrmacht von allen Verdachten freisprechen sollte.
Die USA hatten schon viel früher begonnen, mit Nazi-Offizieren zusammenzuarbeiten. Deren Kenntnisse schienen im beginnenden Kalten Krieg gegen die Sowjetunion nützlich. Und bei der hinter den Kulissen seit 1949 begonnenen Aufstellung deutscher Streitkräfte waren sie ohnehin unverzichtbar.18
In der Himmeroder Denkschrift (1950), die die Re-Militarisierung öffentlich einleitete, forderten die späteren Generale Heusinger, Röttinger, Speidel u.a. eine „Ehrenerklärung für den deutschen Soldaten von seiten der Bundesregierung und der Volksvertretung“. Adenauer ließ sich nicht allzulange bitten. Die Legende von der »sauberen Wehrmacht« war geschaffen.
Auch wurde es den ehemaligen Offizieren (und nicht nur ihnen) leicht gemacht, sich unter dem Vorzeichen des sich entwickelnden Kalten Krieges in den Rahmen der »freiheitlich-demokratischen Grundordnung des Westens« einzupassen. Es ging wieder gegen den Erzfeind im Osten – gegen den (»jüdischen«) Bolschewismus. Es galt, die verlorene Schlacht wettzumachen.
Generalinspekteur Bagger hat vor dem Untersuchungsausschuß den Prozeß der Bundeswehr-Aufstellung in rosigem Licht gezeichnet. Schließlich sei mit dem Personalgutachterausschuß, in dem vom Parlament gewählte unabhängige Persönlichkeiten über die Einstellung der neuen Bundeswehr-Offiziere zu entscheiden hatten, ein einzigartiges Kontrollinstrument geschaffen worden. Keine andere Berufsgruppe habe sich solchen Exerzitien unterziehen müssen. Das trifft zu. Wie anders erklärt sich die erstaunliche Kontinuität der Eliten in Wirtschaft, Justiz und Beamtenschaft? Aber wie konnte ein Mann wie Heusinger durchrutschen, der erster Generalinspekteur der Bundeswehr werden durfte, der es bis zum Leiter der Operationsabteilung des Heeres gebracht hatte und in dieser Eigenschaften an der Ausarbeitung der Aggressionspläne der Hitler-Wehrmacht (z.B. Operation Barbarossa) beteiligt war? Richtig ist, daß die Belastung so mancher Offiziere zum Teil erst viel später ans Tageslicht kam. Aber warum? Die Aufarbeitung der Wehrmachtsvergangenheit war eben (zu) lange Zeit tabu.19
Unter den Gründervätern der Bundeswehr waren einige herausragende Personen, wie die Generäle Baudissin und de Maiziere, die einen Bruch mit Traditionen des preußisch-deutschen Militarismus und der Wehrmacht vollziehen wollten. Ihnen verdankt die Bundeswehr die Grundkonzeption der »Inneren Führung« (Staatsbürger in Uniform). Die größere Gruppe der Offiziere aber wollte die alten Traditionen bewahren. Ihr Leitbild vom »Soldaten an sich« sollte durch die Wahrheit über die Wehrmachtsverbren keinen Schaden nehmen. Die Auseinandersetzungen der beiden »Grundrichtungen« begleiten die Geschichte der Bundeswehr. Lange Zeit wurde über das Verhältnis zu den Männern des Widerstandes vom 20. Juli 1944 gestritten, denn wer von der »sauberen Wehrmacht« ausgeht, kann das Attentat auf Hitler nur als Verrat empfinden. Außerdem kollidierte der Widerstand im traditionellen Verständnis mit dem Treue-Eid der Soldaten und dem Befehl-Gehorsam-Prinzip. Ende der 60er Jahre eskalierte der Streit darüber, ob weiter an den Prinzipien der Inneren Führung festgehalten werden solle oder nicht. Die Generale Schnez und Karst wollten zurück zur Pflege des (über-)historischen Soldatentums und zur Eigenständigkeit der militärischen Sphäre. Sie verachteten die Werte und Normen der »Zivilgesellschaft«. Dieser Konflikt beschäftigt die Bundeswehr bis heute. Und immer spielt das Traditionsverständnis der Bundeswehr eine entscheidende Rolle.
2. Die Traditionserlasse 1965 und 1982
Einen ersten Versuch zur Klärung des Traditionsverständnisses wagt der christdemokratische Minister von Hassel in seinem Traditionserlaß von 1965. Die brisanten Fragen bleiben aber ausgespart. Viel ist von Vaterlandsliebe, Gehorsam und Pflichterfüllung, von soldatischer Tüchtigkeit die Rede, jedoch kein Wort über die Wehrmacht. Es finden sich nur Hinweise darauf, daß bei den Beziehungen zu ehemaligen Wehrmachtsverbänden und -soldaten Zurückhaltung geraten sei. Es dauerte siebzehn Jahre, bis der sozialdemokratische Minister Apel 1982 klarstellte: „In den Nationalsozialismus waren Streitkräfte teils schuldhaft verstrickt, teils wurden sie schuldlos mißbraucht. Ein Unrechtsregime, wie das Dritte Reich, kann Tradition nicht begründen.“ Auch die Aussage, daß sich alles militärische Tun an den Normen des Rechtsstaates und des Völkerrechts zu orientieren habe, hob sich wohltuend von den moraltriefenden Floskeln des Vorgänger-Erlasses ab.
Punkt 22 der Richtlinien zum Traditionsverständnis und zur Traditionspflege in der Bundeswehr besagt: „Begegnungen im Rahmen der Traditionspflege dürfen nur mit solchen Personen und Verbänden erfolgen, die in ihrer politischen Grundeinstellung den Werten und Zielvorstellungen unserer verfassungsmäßigen Ordnung verpflichtet sind.“
Weiter unten werden wir sehen, ob die Praxis mit dieser Festlegung übereinstimmt.
3. Der Streit um die Wehrmachtsausstellung
Im August 1994 verkündet das Bundesverfassungsgericht sein Urteil über die Zulässigkeit der Tucholsky-Aussage „Soldaten sind Mörder“. Im Januar 1995 legen Bündnisgrüne und SPD im Bundestag Anträge zur Rehabilitierung und Entschädigung der Wehrmachtdeserteure vor. Beide Ereignisse treffen das Selbstverständnis der rechten Traditionalisten und erhitzen die Gemüter. Zum Kristallisationspunkt der Auseinandersetzung aber wird die Ausstellung des Hamburger Instituts für Sozialforschung »Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht« Sie tritt im Sommer 1995 von Frankfurt über München ihre Reise durch die Republik an. Gerade in München macht das rechte Lager mobil. Alt- und Neonazis demonstrieren, die soldatischen Traditionsverbände rufen zu Kundgebungen auf und die CSU protestiert. Der Bundestag sieht sich zu einer Debatte über die Ausstellung veranlaßt, in der Verteidigungsminister Rühe wiederholt, was er auf der Kommandeurstagung im Oktober 1995 in München vorgetragen hatte: „Die Wehrmacht war als Organisation des Dritten Reiches in ihrer Spitze, mit Truppenteilen und mit Soldaten in Verbrechen des Nationalsozialismus verstrickt. Als Institution kann sie deshalb keine Tradition begründen.“ 20
In einer internen Beurteilung kommt der Führungsstab der Streitkräfte zu dem Urteil, daß die Ausstellung auf Tatsachen beruhe, den historischen Forschungsstand wiedergebe und infolgedessen die Aussagen des Traditionserlasses von 1982 bestätige.
Dennoch scheint der Bundeswehrführung die öffentliche Debatte nicht allzu gelegen zu kommen. Nach anfänglicher Offenheit (Soldatengruppen besichtigen in Uniform die Ausstellung in Frankfurt), tritt die Hardthöhe auf die Bremse. Über Hintergründe kann nur spekuliert werden. Vielleicht hat die Regierung rechtem Druck nachgegeben, vielleicht hat sich auch bei ihr die von rechts lancierte Auffassung durchgesetzt, die »pauschale« Kritik an der Wehrmacht zersetze am Ende auch die Wehrbereitschaft der Bundeswehr-Soldaten.
Ein anderer Grund für dieses Ausweichen könnte sein, damit der Zerrissenheit im konservativen Lager begegnen zu wollen. Denn die Auseinandersetzungen um die Ausstellung und mehr noch um die Rehabilitierung der Wehrmachtdeserteure haben deutliche Differenzierungen gezeigt. Während ein Teil der Unionsabgeordneten einer Rehabilitierung der Deserteure und »Wehrkraftzersetzer« zustimmt, andere „unter Bedenken“ zustimmen, lehnt eine beträchtliche Zahl einen solchen Schritt auch 52 Jahre nach Kriegsende ab. Darunter die Staatssekretäre im Verteidigungsministerium, Wilz und Rose (CDU) und der Vorsitzende des Verteidigungsausschusses Rossmanith (CSU). Wilz erklärt dazu u.a.: „Darüberhinaus bin ich von der Sorge erfüllt, daß die Entschließung … für die Zukunft nicht ohne negative Auswirkungen für unsere Streitkräfte bleiben könnte.“ 21
4. Traditionspflege heute:
Nach der Vorlage des erwähnten Jahresberichts der Wehrbeauftragten und der Einsetzung des Unterausschusses setzte auf der Hardthöhe, aber auch in den Garnisonen, Betriebsamkeit in Sachen Traditionsverständnis ein. Nachsteuern hieß die Defensive.
Generalinspekteur Bagger mußte vor dem Untersuchungsausschuß einräumen, daß bei einigen Einheiten der Traditionserlaß von 1982 nicht bekannt oder nicht mehr auffindbar war.22
Er unternahm in seinem Statement den Versuch, das aktuelle Traditionsverständnis der Bundeswehr zu umreißen:
- Soldatenpflichten hätten ihren sittlichen Wert erst durch die Ausrichtung an den Zielen „Frieden, Freiheit, Recht und Menschenwürde“;
- als Konsequenz aus der deutschen Geschichte könne es keine ungebrochene deutsche militärische Tradition geben;
- Kernpunkte des Traditionsverständnisses bildeten:
- die preußischen Reformer
- der militärische Widerstand gegen die NS-Diktatur
- wertebezogene soldatische Tugenden
- die Innere Führung
- die Tradition des Schützens, Rettens, Helfens
- die Gründerväter (Baudissin, de Maiziere, Heusinger).
Es gebe keinen Anlaß, eine Verbindung zwischen Traditionsverständnis, geistiger Orientierung der Streitkräfte und rechtsextremistischen Vorfällen herzustellen, betonte Bagger.
Es kann vermutet werden, daß Rühe, Bagger und andere »aufgeklärte« Konservative die Traditionspflege in den Streitkräften tatsächlich modernisieren wollen. Ihr Ziel ist es, die Bundeswehr als eine »normale«, interventionsfähige Armee innerhalb von NATO und WEU zu etablieren. Nach diesem Kalkül sollte die Bundeswehr verstärkt auf ihre eigene, über vierzigjährige Geschichte und auf die Erfahrungen der NATO-Verbündeten setzen. Die Wehrmacht-Vergangenheit wird in erster Linie als Ballast empfunden, der aktuelle militärische Optionen einschränke. Allzu rigoros will man bei der Modernisierung aber nicht vorgehen. Die Kritik soll nach Möglichkeit nicht auf den preußisch-deutschen Militarismus ausgeweitet werden. Damit bleibt weitgehend unerklärt, wieso die Wehrmacht sich nahezu reibungslos in Hitlers Regime einpassen ließ.
Die Formel, daß die Wehrmacht von einem verbrecherischen Regime mißbraucht worden sei, öffnet darüber hinaus den Weg, ausschließlich der Politik den Schwarzen Peter zuzuschieben. Umso leichter kann dann das Hohe Lied soldatischer Tugenden wie Treue, Tapferkeit, Pflichterfüllung und Kameradschaft gesungen werden; Tugenden, die auch „in früheren deutschen Armeen von vielen vorbildlich vorgelebt worden“ seien. (H. Bagger, ebd.)
Ein konsequenter Bruch mit Militarismus und Wehrmachttradition steht also nicht an. Dies auch deshalb nicht, weil die »Modernisierer« nicht im Traum daran denken, das Bündnis mit den alten und neuen Traditionalisten aufzukündigen. Diese Beziehungen sollen weiter gepflegt werden. „Wir müssen auch den Alten Herren eine Heimat geben“ 23 wird ein Offizier zitiert. Allerdings wird auf Mäßigung gedrängt. Brigadegeneral Christian Millotat hat die dazu passende Formel geprägt: „Die Bundeswehr darf sich nicht dazu bringen lassen, die Wehrmacht pauschal zu verdammen. Frühere Wehrmachtsangehörige dürfen aber auch die Bundeswehr nicht für ihre Zwecke instrumentalisieren.“ Und weiter: „Es wäre tragisch, wenn Angehörige der früheren Wehrmacht, die der Bundeswehr positiv gegenüberstehen, als falsche Freunde der Armee apostrophiert würden. Geschähe dies, würden die heutigen Soldaten wichtiger historischer Wurzeln beraubt.“ 24
Welche Wurzeln die Bundeswehr weiter pflegen möchte, dokumentieren die Namen ihrer Kasernen. Von ca. 500 Kasernen sind 37 nach »Helden« der Wehrmacht und 40 nach »Helden« wilhelminischer Eroberungen und Kriege benannt. Die Namensliste reicht von Kaiser Wilhelm, über dessen Kolonialoffizier Lettow-Vorbeck, über den Nazi-Heimatdichter Walter Flex bis zum Jagdflieger in Diensten der Legion Condor, Werner Mölders. Hinzu kommen zweifelhafte, an alte Revanchepolitik erinnernde Bezeichnungen (Ostmark, Pommern) Gerade 11 Kasernen sind nach den Männern des Widerstandes benannt.
Es bedurfte erheblichen öffentlichen Drucks, bis die nach den Nazi-Größen Dietl und Kübler benannten Kasernen im Oktober 1995 den Namen wechselten. Das BMVg setzte diese Änderung gegen erheblichen und andauernden lokalen Widerstand durch.
Brigadegeneral Millotat stellte im erwähnten Beitrag fest: „Wenn jetzt Verstrickungen enthüllt werden, die bei den Kasernenbenennungen den Verantwortlichen nicht bekannt waren, können Bundeswehrkasernen nicht länger den Namen solcher Offiziere tragen.“ Man darf gespannt sein, ob jetzt beispielsweise die Umbenennung der Mackensen-Kaserne ins Auge gefasst wird. Mackensen war es, der bis zuletzt an Hitler festhielt und die Verschwörung des 20. Juli als „fluchwürdiges Attentat“ 25 bezeichnete. Der Bundestag beschloß am 24.4.1998, daß Kasernen nicht nach Angehörigen der Legion Condor benannt werden sollten. Noch immer gibt es zwei Kasernen, die nach dem Jagdflieger Werner Mölders benannt sind, der von Hitler für seine Abschüsse in Spanien ausgezeichnet wurde.
Am 18. Dezember 1997 berichtete das Fernsehmagazin Monitor, daß auf dem Truppenübungsplatz Bergen-Hohne Biwak- und Gefechtsplätze nach Orten benannt seien, die in den ehemaligen deutschen Ostgebieten – vorwiegend dem ehemaligen Ostpreußen – lägen. Die Bundesregierung bestätigte den Sachverhalt (32 Biwakplätze/Versorgungspunkte) und ergänzte, dies sei auch an anderen Orten der Fall.26 Anlaß zu Änderungen sieht die Regierung nicht. Die Namensgebung diene der Erinnerung an die „verlorene Heimat“. Sie fände ihre Entsprechung auch darin, daß viele Straßen und Plätze nach ehemals deutschen Städten und Landschaften benannt seien. Dieser Begründung könnte man sich gegebenenfalls ohne Arg annähern – wäre da nicht die besondere, westdeutsche Vergangenheit: Erst mit den Ostverträgen in den 70er Jahren hat sich die BRD zur Anerkennung der Nachkriegsrealitäten verpflichtet. Noch immer gibt es im rechten Lager und bei den Vertriebenenverbänden starke Strömungen, die einer Revanchepolitik nicht gänzlich abgeschworen haben. In diesem Kontext bleiben solche Benennungen mehr als problematisch.
V. Bundeswehr und rechter Rand
1. Die soldatischen Traditionsverbände
Die in der Bundesrepublik existierenden Traditionsverbände der Wehrmacht bzw. andere soldatische Traditionsverbände sind zahlreich, nicht gerade einflußlos und scheuen das Licht der Öffentlichkeit. In Berichten der Bundesregierung sind sie nie Thema, auch nicht in den einschlägigen Berichten des Verfassungsschutzes. Auch die Wehrbeauftragten-Berichte geben darüber keine Auskunft. Ab und zu bewegt ein kleinerer Skandal die Republik: Wenn die Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger bei der Bundeswehr in Hammelburg zu Gast ist oder wenn die Bundeswehr die Teilnahme an einer Veranstaltung einer Wehrmachtseinheit absagen muß.
Eine Untersuchung dieser Verbände über deren ideologisch-politische Ausrichtung, über deren mögliche rechtsextreme Durchsetzung und deren offene Zusammenarbeit mit rechtsextremen Organisationen, Denkfabriken und Zeitungen steht noch aus. In der Beantwortung diverser parlamentarischer Anfragen hat die Bundesregierung rechtsextremistische Tendenzen in diesen Traditionsverbänden bestritten oder dargelegt, daß man nichts Näheres wisse.
Im folgenden kann daher nur der Versuch gemacht werden, Material zu den Traditionsverbänden zusammenzutragen. Es soll auch aufgezeigt werden, daß es intensivere Verbindungen zur Bundeswehr gibt, als die Bundesregierung bis dato zugibt.
Die HIAG
Der»Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS e.V. – Hilfsgemeinschaft auf Gegenseitigkeit (HIAG)« hatte bis in die siebziger Jahre hinein erheblichen Einfluß im Netzwerk der Soldaten- und Traditionsverbände, aber auch in die Parteien hinein. Erst in den achtziger Jahren beendeten CDU-Bundestagsabgeordnete ihre Mitarbeit, die SPD fällte einen Unvereinbarkeitsbeschluß. Die HIAG löste sich Ende 1992 auf; ihre Zeitung »Der Freiwillige«, die 1992 noch eine Auflage von 8000 Exemplaren hatte und im einschlägig bekannten rechtsextremen Munin-Verlag erscheint, wird aber bis heute herausgegeben.27
Im Zentrum dieser Zeitschrift stand und steht „die Bagatellisierung der NS-Gewaltverbrechen, die Hervorhebung von 'positiven Seiten des Nationalsozialismus' unter Hitler, die Gleichsetzung der Waffen-SS mit der Wehrmacht sowie die Aufrechnungstheorie (Bombardierung Dresdens, sowjetischer Partisanenkrieg, stalinistischer Massenterror, türkische Armenierverfolgung…). Gerne wurde die Behauptung aufgestellt, die Waffen-SS sei die erste europäische Truppeneinheit im Kampf gegen den Bolschewismus gewesen.“ 28
Der Kyffhäuserbund
Über den Kyffhäuserbundlesenwir in Bernd Wagners »Handbuch Rechtsextremismus«:
„1945 wurde der Kyffhäuserbund wegen seiner NS-Belastung verboten. Die Wiedergründung des Kyffhäuserbundes in der Bundesrepublik Deutschland erfolgte 1951 unter der Leitung des Generals a.D. Wilhelm Reinhard, Träger des Goldenen Parteiabzeichens der NSDAP und SS-Obergruppenführer. (…) Am 20. Oktober veranstaltete der Bund am Kyffhäuser-Denkmal bei Bad Frankenhausenen einen ,Vereinigungsappell`, an dem ca. 2000 Mitglieder zum Teil in Uniformen und mit Fahnen sowie Orden und Ehrenzeichen des Ersten und Zweiten Weltkrieges teilnahmen“.29
Über die Programmatik urteilt das von Jens Mecklenburg herausgegebene „Handbuch deutscher Rechtsextremismus“:
„Unter seinem historischen Wahlspruch ,Treu Deutsch` betreibt der Kyffhäuserbund die Pflege militaristischer Traditionen und propagiert einen großdeutschen Nationalismus. Der Zweite Weltkrieg wird als notwendige Verteidigung des Vaterlandes gegen den Bolschewismus gerechtfertigt (…) Der Bund spielt noch immer eine beachtliche Rolle bei der unkritischen Pflege soldatischer Traditionen.“ 30
Die Ordensgemeinschaft
der Ritterkreuzträger
In der Bundeswehr dienten 674 Ritterkreuzträger der Wehrmacht, von denen 117 in Generalsränge aufstiegen. Die OdR ist eher eine kleine Elite-Organisation unter den Traditionsverbänden; ihre Mitglieder haben aber gerade deshalb ein hohes Ansehen bei konservativen Politikern und Angehörigen der Bundeswehr genossen. Es ist daher auch nicht zufällig, daß die Bundeswehr bei allen bis herigen Bundestreffen der OdR vertreten war. Kennzeichnend für die OdR ist die unkritische Verherrlichung soldatischer Tugenden und die Leugnung bzw. Relativierung deutscher Kriegsschuld. Die OdR gibt die Zeitschrift „Das Ritterkreuz“ heraus.31
Der Stahlhelm e.V. – Kampfbund für Europa
Dieser Kampfbund ist eine rein neofaschistische Organisation. Er verfügt über einige hundert Mitglieder, hat mehrere Landesverbände und zahlreiche lokale Gruppen. Seine Jugendorganisation ist der Jungstahlhelm (17-21 Jahre) und das Jugendkorps Scharnhorst (10- 16 Jahre). Außerdem verfügt der Stahlhelm über eine Frauengruppe, den Stahlhelm-Frauenbund Königin-Luise. Die Zeitung des Stahlhelm e.V. ist „Der Frontsoldat“. Der Stahlhelm, der 1918/19 gegründet wurde, lehnte sich nach Spaltung stark an die neofaschistische DVU an. Über seine Programmatik schreibt das Handbuch deutscher Rechtsextremismus:
„Der Stahlhelm verherrlicht in nationalistischer und militaristischer Art und Weise die deutsche Geschichte, leugnet die deutsche Schuld am Ersten und Zweiten Weltkrieg und fordert die Wiederherstellung des Deutschen Reiches in den Grenzen von 1939. Neben einer starken antisemitischen Agitation wird vehement der Holocaust geleugnet“ 32
1992 führt der niedersächsische VS-Bericht den Stahlhelm e.V. als verfassungswidrige Organisation.
Die Arbeitsgemeinschaft für Kameradenwerke und Traditionsverbände e.V.
Die ARGE ist nicht nach Landesverbänden organisiert, sondern ist ein Dachverband der einzelnen Kameradenwerke und Traditionsverbände.
Bundesvorsitzender ist Hans-Jörg Kimmich, stellv. Bundesvorsitzender Dr. Fritz Scheunemann (1996 Gründungsmitglied von Bündnis Deutschland), Beisitzer u.a.: Wolfgang van Helden, Generalmajor a.D. und Prof. Dr. Hornung, Heinz Schauwecker.33
In einem Informationsblatt schreibt die ARGE zu ihren Zielen und Aufgaben: „Die Soldaten der Kriegsgeneration sind geprägt durch die besonderen Herausforderungen einer schweren Zeit, die sie zu bestehen hatten und sie zu Kampf- und Notgemeinschaften zusammenschweißte. Deren Angehörige waren – und sind oft noch heute – durch ein starkes Band der Kameradschaft verbunden. Unsere Kameraden in Mitteldeutschland waren bis vor kurzem ausgeschlossen und zum Schweigen verurteilt (…). Abgesehen von dem persönlichen Verlangen nach Kameradschaft ist es gerade jetzt wichtig, daß die Männer der Kriegsgeneration nicht verstummen:
Zum einen deshalb, weil erneut versucht wird, die geschichtliche Wahrheit der damaligen Zeit zu verdrängen und den Weg, die Leistung und das Leiden einer Generation zu verzerren. Kaum jemand weiß noch oder spricht darüber, daß es die Wehrmacht war, die Westeuropa vor der Roten Armee und der Diktatur des Kommunismus bewahrt hat. Entgegen mancher Verleumdung hat sie nicht nur tapfer, sondern auch anständig gekämpft.
Zum anderen eröffnen sich seit den Veränderungen in Osteuropa Möglichkeiten und Aufgaben, die gerade die alten Soldaten ergreifen müssen, solange sie noch leben, z.B. die Hilfe bei der Suche nach Kriegsgräbern und die Treffen mit ehemaligen Gegnern dort, wo einst gekämpft wurde. (…)“ (Informationsblatt der ARGE ohne Datum – vermutlich 1996)
Die Arbeitsgemeinschaft gibt die Zeitschrift Alte Kameraden heraus, die seit Mai 1997 in Kameraden umbenannt worden ist. Begründet wurde dieser Schritt damit, daß 52 Jahre nach Kriegsende „nicht nur die jüngsten Soldaten der Wehrmacht 70 Jahre und älter“ sind; „auch die Gründungsjahrgänge der Bundeswehr und die folgenden sind mittlerweile aus dem aktiven Dienst ausgeschieden. So besteht entsprechend auch die Leserschaft unserer Zeitschrift mittlerweile zu großen Teilen bereits aus Veteranen, Reservisten und aktiven Soldaten der Bundeswehr und des österreichischen Bundesheeres. (…) Ihre Interessen und ihre Ehre in einer soldatenfeindlichen Zeit zu wahren, bleibt nach wie vor das Anliegen dieser ältesten deutschen Soldatenzeitschrift“ 34
Redakteur der Zeitschrift ist mittlerweile Albrecht Jebens, zwischen 1982 und 1997 Geschäftsführer des Studienzentrums Weikersheim(!). Jebens ist auch als Autor in rechtsextremen Zeitungen (Junge Freiheit, Junges Forum, Europa etc.) in Erscheinung getreten. Der Zeitschrift soll mit diesem Schritt ein eher neurechter Zuschnitt verpaßt werden; dies ist auch teilweise gelungen. In zunehmendem Maße finden sich auch hier Autoren aus der Jungen Freiheit.
Neben einem allgemeinen Teil findet sich die Rubrik Aus der Bundeswehr, in der vor allem Artikel aus Zeitschriften wie Europäische Sicherheit, Soldat und Technik etc. nachgedruckt werden.
Eine weitere Rubrik: Soldaten schreiben für Soldaten, in der die Frontkämpfererlebnisse der alten NS-Wehrmachtssoldaten ausgebreitet und in aller Regel verherrlicht werden. Teilweise werden sogar Originalberichte aus alten NS-Wehrmachts-Zeitungen nachgedruckt, wie z.B. aus Die Kriegsmarine.35 In der Rubrik Aus den Kameradenwerken wird die heutige Traditionsarbeit beschrieben. Die Rubrik Blick in neue Bücher bietet Besprechung und Empfehlung vornehmlich rechtsextremer, geschichtsrevisionistischer und kriegsverherrlichender Publikationen. So Topitschs Stalins Krieg, Walter Posts Unternehmen Barbarossa, Schustereits Gutachten zum Buch Heer, Lachenmaiers Zeitgeschichte wider den Zeitgeist oder Adolph Auffenberg-Komarows Die besten Soldaten der Welt aus dem berüchtigten FZ-Verlag des DVU-Chefs Dr. Gerhard Frey.
Daß die Arbeitsgemeinschaft weit rechts steht, haben ihre Aktivitäten – parallel zu den Bemühungen des gesamten rechtsextremen Spektrums und der rechtskonservativen Kräfte – gegen die Ausstellung „Vernichtungskrieg – Verbrechen der Wehrmacht 1941 bis 1945“ gezeigt. Unter der Überschrift „Die Wehrmacht – eine Verbrecherorganisation?“ schaltete die ARGE eine Anzeigenkampagne, u.a. in der Jungen Freiheit.
In dem Text der Anzeige wird die „Anti-Wehrmachtsausstellung“ als „Kern einer ideologischen Kampagne“ bezeichnet, „die allen ehemaligen und heutigen Soldaten gilt. Sie verleumdet eine ganze Generation, ist historisch unhaltbar, pauschalierend und extrem einseitig. Sie schmäht die überlebenden und gefallenen Soldaten und hetzt die junge Generation gegen die alte auf.“ Weiter heißt es: „Von den ungeheuren Opfern und Leistungen der deutschen Soldaten, die im guten Glauben für ihr Land kämpften und fielen, ist nicht die Rede.“ Hätte die Wehrmacht „die Rote Armee nicht aufgehalten, so wäre Europa kommunistisch“.36
In den Kameraden schreibt Albrecht Jebens: „Welch abartige Wanderung im Reich der Wiedergänger! Reemtsma, Heer und Goldhagen wollen das schaffen, was kein Stalin und kein Nürnberger Siegertribunal fertiggebracht haben; sie wollen aus unserer Geschichte ein einziges Verbrecheralbum, aus unserem Volk ein Volk von Mördern machen.“ 37 .
Ein Herbert Müller darf die „ungedienten Nachkriegsnaseweise“ beschimpfen und zur Wehrmacht schreiben: „Dieser stillschweigende Pakt zwischen Volk und Soldaten – dessen Gültigkeit durchaus ins Mystische, Irrationale zurückreichen mag – ist deshalb von einem ehernen Tabu umgeben, das aus vielerlei Gründen nicht gebrochen werden darf.“ 38
In Kameraden 5/97 setzt sich Ex-General Franz Uhle-Wettler für den Nazi-Kriegsverbrecher SS-Hauptsturmführer Erich Priebke ein. Er wirbt um Verständnis für die Geisel-Erschießungen der SS und wirft u.a. die Frage auf, ob man von einer Armee verlangen kann, sich an herkömmliche Regeln zu halten, wenn der gegenüberstehende Gegner diese Regeln nicht mehr einhält. „Der Fall Priebke ist Beispiel für eine Moral, die das Maß verloren hat. Damit wird sie unmenschlich“ 39
Wohlwollend könnte man sagen: Die Zeitschrift Alte Kameraden/Kameraden ist über weite Strecken weder neonazistisch noch rechtsextremistisch. Sie huldigt allerdings einem dumpfen Landser-Militarismus, der dem Rechtsradikalismus geistesverwandt ist – und sie kennt keinerlei Grenzen nach rechts. Im Gegenteil: Mit der Auswahl ihrer Autoren, mit der Häufung geschichtsrevisionistischer Themen und der unkritischen Empfehlung vorwiegend rechtsradikaler Bücher, werden Trennlinien zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus weitgehend verwischt.
Der Verband deutscher Soldaten e.V. und der Ring Deutscher Soldatenverbände
Der Verband deutscher Soldaten (VdS) wurde im September 1951 in Bonn von 50 Vertretern verschiedener Soldatenbünde gegründet. Die wichtigsten Vereinigungen, die sich hier zusammenschlossen, waren: Deutscher Soldatenbund, Schutzbund ehemaliger deutscher Soldaten, Bund ehemaliger deutscher Fallschirmjäger, Verband deutsches Afrikakorps, Organisationen der Kraftfahrtruppen, Traditionsgemeinschaft Großdeutschland und Stahlhelm-Bund der Frontsoldaten; hinzu kamen Vertreter der Waffen-SS. 1954 schloß sich der Kyffhäuserbund an, der aber seine Selbständigkeit weiterhin behielt.40
1962 schloß sich dem VdS der Bundesverband der Soldaten der ehemaligen Waffen-SS an. Der VdS verfügt gegenwärtig über ca. 80.000 Mitglieder und ist in einzelne Landesverbände gegliedert. Sein Publikationsorgan ist Soldat im Volk. Seit 1987 ist der ehemalige Bundeswehr-Generalmajor Dr. Jürgen Schreiber Bundesvorsitzender.
Mit dem Ziel der weiteren Vereinheitlichung der Verbände wurde 1957 der Ring Deutscher Soldatenverbände (RDS) gegründet.41 Als weiterer Schritt in diese Richtung erfolgte die gemeinsame Herausgabe von Soldat im Volk (SiV).
Beide Verbände sind in ihrer Zusammensetzung und in ihrer publizistischen Tätigkeit in begrenztem Maße rechtspluralistisch. Sie können daher nur bedingt als rechtsextrem bezeichnet werden. Aber wieder ist auffallend, daß die Affinitäten zu geschichtsrevisionistischen und rechtsextremen Orientierungen beträchtlich sind – und daß offen mit Personen und Organisationen des deutschen Neofaschismus zusammengearbeitet wird.42 Die Glorifizierung soldatischer Ritterlichkeit und Tapferkeit, das Herausstreichen ihrer Ergebenheit gegenüber dem Vaterland, ihrer Treue, Gehorsam und Pflichterfüllung soll den Mitgliedern verdrängen helfen, Teil eines verbrecherischen Vernichtungskriegs gewesen zu sein. Auch in Soldat im Volk dürfen die rechtsextremen Themen „Kriegsschuldlüge“ und „Umerziehung“ ausgebreitet werden. Eifernder Haß schlägt immer wieder dem sogenannten „Zeitgeist“ entgegen, worunter man vor allem pazifistische, antifaschistische und demokratische Grundeinstellungen versteht.
Der Bundesvorsitzende des Verbandes deutscher Soldaten, Generalmajor a.D. Jürgen Schreiber ist als Autor der Zeitung Der Schlesier und als Verfasser von Waren wir Täter? Gegen die Volksverdummung in unserer Zeit (Türmer Verlag) und Nicht Auschwitz, aber Stalingrad und Dresden bekannt. In einem Referat „300 Jahre Traditionspflege deutscher Streitkräfte 1648 bis 1945“ im November 1997 vor der „Arbeitsgemeinschaft der Reservisten-, Soldaten- und Traditionsverbände in Bayern“, das in Auszügen in SiV 3/98 nachgedruckt ist, hat Schreiber seine Sicht der Wehrmacht im Dritten Reich zusammengefaßt. Die Ziele und Vorstellungen, die Hitler am 3. Februar 1933 den Generälen und Admiralen vorgetragen habe – Wiedergewinnung politischer Macht, Ablehnung des Pazifismus, Gegnerschaft zum Marxismus, Bekämpfung der Bestimmungen des Versailler Vertrages, Förderung des Wehrwillens, Aufbau einer starken Wehrmacht, Einführung der allgemeinen Wehrpflicht und Festlegung einer überparteilichen Rolle der Wehrmacht sowie der „Regelung“ der innenpolitischen Auseinandersetzungen durch die NS-Organisationen – hätte die überwiegend konservative Generalität durchaus mittragen können.
„Viele ausländische und deutsche Politiker und Historiker haben bis heute den Versailler Vertrag als Grundübel bezeichnet, das weitgehend für die negative politische Entwicklung und der Welt verantwortlich war. Wie kann man es dann deutschen Generalen und Admiralen verübeln, wenn sie 1933 die Bekämpfung jenes unseligen Vertrages erfreut zur Kenntnis nahmen?“ 43 Schreiber weiter: „Sicher bedeutete die Vereidigung der Wehrmacht auf Adolf Hitler, als Hindenburg 1934 gestorben war, einen Einschnitt in der geistigmoralischen Entwicklung. Und doch muß man feststellen, daß es in der Wehrmacht einen eigentlichen NS-Geist zumindest bist 1944 nicht gegeben hat. Man kann durchaus nicht alles aus der damaligen Zeit als schlechthin traditionsunwürdig bezeichnen!“ 44
Auch VDS/RDS und Soldat im Volk haben in den letzten zwei Jahren eine zentrale Aufgabe darin gesehen, gegen die Wehrmachtsausstellung anzukämpfen.
Im SiV wird ein Aufruf von Generalmajor a.D. Dr. Eberhard Wagemann, „im Einvernehmen mit den Vorständen von VdS und RDS“ abgedruckt, in dem beklagt wird, daß die „Mehrzahl der deutschen Historiker der Nachkriegsgeneration“ den Einsatz der Wehrmacht im Osten als „einen Vernichtungskrieg gegen die Russen“ ansähen. Dem wird gegenübergestellt:
„Wir überlebenden Teilnehmer am Krieg gegen den Bolschewismus haben einen anderen Krieg erlebt. Wir fühlten uns als Befreier vom Stalinismus und wurden von der Bevölkerung auch so empfangen… Unser Kampf war ein europäischer Krieg gegen den menschenverachtenden Bolschewismus!“ 45
2. Die Zusammenarbeit zwischen den Traditionsverbänden und der Bundeswehr
Was die Kooperation mit den Traditionsverbänden angeht, zeigt sich die Bundeswehrführung offiziell zurückhaltend. Zumindest sollen diese Beziehungen nicht an die große Glocke gehängt werden. In Bonn reagiert man ergo immer dann, wenn solche Begegnungen den Ruf der Bundeswehr zu schädigen drohen. Erst als sich eine kritische Öffentlichkeit an der Präsenz der Bundeswehr bei den Treffen der Ritterkreuzträger störte, hat man das Engagement etwas reduziert. Eine Teilnahme an einem Jubiläumstreffen der 97. Jägerdivision in Füssen wurde im vergangenen Jahr, nachdem die sensibler gewordenen Medien darüber berichtet hatten, kurzerhand abgesagt. Die Bundeswehrführung hat sich dafür die harsche Kritik der Traditionsverbände eingehandelt.46
Doch ihr Verhalten bleibt weiterhin doppelbödig. Während man sich „oben“ zumindest zurückhaltend zeigt, sieht die Wirklichkeit „an der Basis“ anders aus. Die Beziehungen zwischen Bundeswehr- und Traditionsverbänden der Wehrmacht sind zahlreich und vielfältig. Patenschaften zwischen vergleichbaren Verbänden, die auch die Gestaltung von Traditionsräumen umfaßt, sind an der Tagesordnung. Für die Alten Kameraden öffnen örtliche Kommandeure gerne die Pforten. Dort finden dann Kameradschaftsabende, Adventsfeiern, aber auch schon mal Schießwettbewerbe, statt. Zum vollständigen Bild gehört freilich auch, daß die Traditionsverbände von für sie negativen Erfahrungen berichten. Es gibt offensichtlich auch Kommandeure, Truppenführer etc., die der gewünschten Traditionspflege zurückhaltend bis ablehnend begegnen.
Kontakte gibt es aber nicht nur an der Basis. Soldat im Volk 3/98 berichtet unter der Überschrift „Gespräch im Bundeskanzleramt“ über ein Zusammentreffen des Kanzleramtsministers mit dem VdS-Bundesvorsitzenden Jürgen Schreiber: „Kanzleramtsminister Friedrich Bohl hatte den Bundesvorsitzenden des VdS am 26. Januar 1997 zu einem Gespräch gebeten. Anlaß waren Verärgerung und Unmut der kriegsgedienten Soldaten über die Haltung von Öffentlichkeit und Regierung ihnen gegenüber, die der Bundesvorsitzende mit einem Brief an den Bundeskanzler vorgebracht hatte. (…) Bundesminister Bohl, Mitglied des Kyffhäuserbundes, brachte zum Ausdruck, daß sowohl der Bundeskanzler als auch er selbst Gegner jeglicher Pauschalierung wären, daß sie vor den Leistungen der Kriegsteilnehmer großen Respekt hätten, die Diffamierungen nicht unterstützten und dies auch in vielen Reden betont hätten“.47
Von einer klaren Abgrenzung zu den rechtsextrem durchsetzten Traditionsverbänden sind Bundesregierung und Bundeswehr-Führung weit entfernt. Die Frage ist erlaubt, wie es die Bundeswehr mit den geschichtsrevisionistischen und rechtsextremen Positionen hält, die in diesen Verbänden gang und gäbe sind. Werden sie nur geduldet oder gar geteilt?
In den Zeitschriften Kameraden und Soldat im Volk wird regelmäßig über Kooperationen zwischen Bundeswehr, Reservistenverbänden, Burschenschaften und Traditionsverbänden berichtet. Eine lange Liste ließe sich aufstellen. Diese Berichte lesen sich zum Beispiel so:
l<~>Am 28.3.98 hält der Landesverband des VdS-Ba.-Wü. eine Delegiertenversammlung ab. „Eine Gedenkfeier für die gefallenen Kameraden findet um 17.30 Uhr in der Ehrenhalle statt. Vorträge von Dr. Jebens, Chefredakteur der Zeitschrift 'Kameraden' und Hfw d.R. Kaiser, Mitglied im Bundesvorstand, und Teilnehmer an Auslandseinsätzen der Bundeswehr runden das Programm ab“ (SiV 3/98, S. 69).
l<~>Am 13.12.97 trafen sich die Mitglieder des KV Speyer des VdS zur Weihnachtsfeier im Speisesaal der Kurpfalzkaserne; anwesend waren mehrere offizielle Vertreter der Bundeswehr, so z.B. der Standortälteste und der frühere Kommandeur des Pionierbataillons 330. In dem Bericht über die Weihnachtsversammlung heißt es: „In seiner Gedenkansprache verurteilte der Ehrenvorsitzende die Anti-Wehrmachtsausstellung dieser vaterlandslosen Gesellen und die damit verbundene Hetze gegen unsere gefallenen Kameraden und gegen die Wehrmacht“ (SiV 2/98, S. 44).
l<~>Kameradschaft 76. InfDiv e.V.: „Bundeswehr: Wir waren beim PzGrenBtl 421 anläßlich unserer Divisionstreffen zweimal zu Gast und werden auch in diesem Jahr dort sein. Im Kasernenbereich steht ein Denkmal des Infanterie-Regiments 68, an dem auch unser taktisches Zeichen, die Grenadiermütze, angebracht ist zur Erinnerung an Füsilierregiment 230. Wir danken OTL Retzer ganz herzlich für die bewiesene Verbundenheit mit unserer Kameradschaft.“ (Kameraden 5/97, S 32)
l<~>Die Teilnehmer des Divisionstreffens des Kameradenhilfswerks 25 e.V. 25. Inf- und PzGrenDivision begingen zusammen mit jungen Soldaten und Repräsentanten der Bundeswehr den Volkstrauertag am 17.11.96. „In der Panzertruppenschule Munsterlager wurde der Kranz der Division im Ehrenhain der gepanzerten Einheiten der Wehrmacht niedergelegt. Unser Traditionsraum dort besteht weiterhin in seiner eindrucksvollen Ausgestaltung“. (AK 12/96, S. 26).
l<~>Der Vorstand der Kameradschaft 76. InfDiv e.GV. schreibt als Rückblick und Ausblick Ende 1996: „… In Potsdam-Brandenburg und Brück hatten wir ein erlebnisreiches Divisionstreffen bei der Bundeswehr. … Nicht nur der Brigadekommandeur Oberst Gräbner, sondern auch der ehemalige Kommandierende General des IV. Korps, Generalleutnant aD von Schewen, der die schwierige Aufgabe des Aufbaus der Bundeswehr in den neuen Ländern und die Auflösung der NVA unter teilweiser Übernahme von Offizieren und Unteroffizieren glänzend bewältigt hat, gaben uns die Ehre; letzterer verteidigte in seiner Ansprache u.a. engagiert die Wehrmacht gegen die Verleumdungen, wie sie insbesondere von dem Pseudehistoriker und Erzkommunisten Hannes Heer mit seinem Buch und der berüchtigten Wanderausstellung verbreitet werden.“ (AK 12/96, S. 28).
l<~>Für den Kameradendienst der ehem. 329. (Hammer-)InfDiv schreibt Franz-Josef Pape: „Liebe Kameraden! Ein Jahr geht zu Ende, das uns alten 329ern ein großes Geschenk gebracht hat, das jemals zu erreichen, wir die Hoffnung schon aufgegeben hatten. Durch glückliche Umstände haben wir in dem jahrelang ergebnislos verfolgten Streben, in Anlehnung an eine Bundeswehreinheit Halt und Stütze zu erfahren, bei der Bewahrung unserer auf das Erlebnis unverbrüchlichen Kameradschaft in Krieg und Nachkriegszeit gestützten Tradition im Februar 1996 die I. Inspektion der Heeresunteroffizierschule Münster mit ihrem Chef, dem tatkräftigen Oberstleutnant Reinhold Becker, gewonnen. Über diese glückliche Fügung und die Früchte dieses verheißungsvoll begonnenen Patenschaftsverhältnisses können wir nur große Dankbarkeit empfinden“ (AK 12/96, S. 38).
3. Die alten und die neuen Traditionalisten
Daß der bundesrepublikanische Rüstungs- und Militärapparat strukturell konservativ ist, ist eine Binsenweisheit. Daß unter den verschiedenen Abteilungen der „military community“ (Traditionsverbände, Reservistenvereinigungen, Wehrpublizistik etc.) ein harter rechter Kern dominierend ist, macht die Sache gefährlich. Dies wird besonders daran deutlich, daß in diesen Strukturen des Rüstungslobbyismus ehemalige Bundeswehroffiziere weitgehend den Ton angeben. In den letzten Jahren machten mehr und mehr Offiziere von sich reden, die ihre Pensionierung dazu nutzten, sich als politisch rechtsstehend zu „outen“. So die Brüder Generalleutnant a.D. Franz und General a.D. Reinhard Uhle-Wettler, die sich in den neunziger Jahren in rechten Zeitschriften wie der Jungen Freiheit, Nation Europa, Alte Kameraden usw. häufig zu Wort meldeten.48
Für Schlagzeilen sorgte auch General Schultze-Rhonhof, der noch zu Dienstzeiten das Bundesverfassungsgericht wegen seines „Soldaten sind Mörder“-Urteils mit dem Volksgerichtshof der Nazis verglich. Inzwischen hat der pensionierte General seine Auffassungen zu Papier gebracht.49 Auch Schultze-Rhonhof singt das Hohe Lied ewiger soldatischer Tugenden. „Dennoch war die Wehrmacht trotz aller ihrer Verstrickungen auch Übermittler von Werten, Tugenden und Berufseigentümlichkeiten aus 300 Jahren deutscher Militärgeschichte an die Bundeswehr.“
Sein besonderes Augenmerk aber legt der schriftstellernde General darauf, nachvollziehbar zu machen, warum das deutsche Volk „seinem Führer“ so lange und bis in den Untergang gefolgt sei. Die Weißwäscherformel damals wie heute lautet: Man müsse die Fehlentwicklungen „aus der Zeit heraus verstehen“ (Versailles, Massenarbeitslosigkeit, usw.). Daß die Mehrzahl der Bevölkerung und der Soldaten bis zum Ende des Krieges nichts vom Vernichtungsfeldzug gegen die Juden gewußt haben will, gehört zu den auch vom Ex-General kolportierten Rechtfertigungsschablonen.
Insoweit bedient Schultze-Rhonhof nur die gängigen Klischees rechter Geschichtsrevisionisten. Aber seine Besessenheit zur Entsorgung deutscher Geschichte reicht weiter.
Einen großdeutschen Expansionismus hat es angeblich nie gegeben:
„So waren die Bestrebungen, ab 1884 Kolonien zu erwerben und den Nahen Osten durch Eisenbahnbau zu erschließen, eher der Versuch, die Ernährungs- und Erwerbsgrundlage der stark angewachsenen Bevölkerung zu sichern, als das Unterfangen, Großmacht zu spielen.“ 50
l<~>Die Reichswehr wird zur demokratischen Armee geadelt:
„Es wird oft berichtet, daß die Offiziere der Reichswehr ein gestörtes Verhältnis zur Weimarer Republik entwickelt hätten.“ Aber es würde kaum registriert, daß die Reichswehr bei allen Putschversuchen von rechts und links treu zur Reichsregierung gestanden habe.51
l<~>Daß Hitler mit seinem Aufrüstungsauftrag vom 1.1.1934 (Aufstockung des Heeres von 10 auf 36 Divisionen) kriegerische Pläne gehabt habe, sei nicht erkennbar gewesen.
„Die 36 Divisionen entsprachen einem Bedürfnis der Bevölkerung nach Verteidigungsfähigkeit. Sie ließen zunächst nicht auf die Vorbereitung eines großen Krieges schließen.“
„Das entsprach einem Mindestbedarf zu einer eventuellen Verteidigung des Reichsgebietes und ließ noch nicht auf Hitlers Angriffsabsichten schließen.“ 52
Aufschlußreich sind auch die Ausführungen Schultze-Rhonhofs zum Soldateneid. General von Seydlitz, der in russischer Gefangenschaft dem Nationalkomitee Freies Deutschland beitrat und Generalmajor Oster, der die deutschen Angriffspläne auf Frankreich, Belgien, Luxemburg und die Niederlande an den niederländischen Militärattache weitergab, sind für ihn Verräter, die sich an Wehrmacht, Volk und Vaterland vergangen haben. Zwar sei dieser Verrat von edlen Motiven getragen gewesen, aber der Verstoß gegen den Treueeid sei unentschuldbar. „Volk und Vaterland zu dienen ist die zeitlose und niemals erlöschende Grundpflicht eines jeden Offiziers.53
„Die Opposition gegen Hitler auf einen Kampf gegen die eigene Armee auszudehnen, gab dem Eidbruch jedoch eine besondere Qualität. … Diesen Verrat halte ich für schändlich“ 54
Die Auseinandersetzung um die Wehrmacht ist für Schultze-Rhonhof nur Teil des „Kulturkampfes Links gegen Rechts, der unser Land seit Jahren bewegt“.55 Der Linken ginge es um die Abtrennung der Bundeswehr von ihren Wurzeln, ihrer Verbindung zu Heimat, Volk und Land. Der völkisch-nationalistische Grundton des Generals ist nicht zu überhören.
Wo der General a.D. politisch steht, wird auch in seinen gesellschaftspolitischen Überlegungen deutlich. Alle Themen der angesprochenen neurechten Ideologie werden bedient.
l<~>Familie und Nation als Ausfluß einer natürlichen Ordnung;
l<~>die Einhegung des Wertepluralismus („Der Wertepluralismus, den uns das Grundgesetz eröffnet, ist ein liebenswerter Zustand, mit dem sich in Zeiten kräftig wachsenden Bruttosozialprodukts herrlich leben läßt.“) durch eine verstärkte Bindung der Bürger an gemeinschaftsbezogene Werte. („Die 68er Bewegung hat, was Gemeinsinn und Bindung an das Gemeinwesen Staat betrifft, ein Trümmerfeld hinterlassen….“ 56);
l<~>die Pflicht zum Dienen: „Ein Grund für diese Schwierigkeiten liegt möglicherweise in unserem Grundgesetz. Es garantiert den Bürgern – je nach Zählung – 21 verschiedene Individualrechte und erlegt ihnen nur dreimal eine Pflicht auf, die Wehrpflicht, die Pflicht zur Kindererziehung und die Sozialpflichtigkeit des Eigentums. Der Schutz des Bürgers und seine Rechte, nicht seine Pflichten gegenüber der Gemeinschaft, sind das Leitthema unserer Verfassung.“ 57 Das Grundgesetz, als Reaktion auf die NS-Zeit, habe das Pendel zum anderen Extrem auschlagen lassen. „Es ist die Aufgabe unserer Zeit, das Pendel von diesem anderen Extrem in die Mitte zurückschwingen zu lassen und es dort anzuhalten. Individualrechte und Gemeinschaftsrechte und die ihnen zugrundliegenden Wertvorstellungen müssen wieder in die Balance kommen.… Die sogenannten Grundwerte bilden eine zu schmale Basis an Werten, als daß sie unser Gemeinwesen tragen und beleben könnten.“
Die Bundesregierung hat sich auf parlamentarische Anfrage vor Schultze-Rhonhof gestellt. Er stehe auf dem Boden des Grundgesetzes. Die Frage ist nur: Steht Schultze-Rhonhof am rechten Rande des demokratischen Verfassungskonsenses oder am gemäßigten Rand der radikalen Rechten?
Daß es nicht nur um ausgemusterte Generale geht, machen Einlassungen von Generalmajor Jürgen Reichardt deutlich, der als Chef des Heeresamtes maßgeblichen Einfluß auf die Schulen des Heeres nimmt.Er ist u.a. durch eine Rede aufgefallen, in der er den besonderen Geist der deutschen Fallschirmjägertruppe im Zweiten Weltkrieg geradezu mystisch verklärte: „Der kriegerische Geist, der Korpsgeist, der Geist der Ritterlichkeit.
Dieser Geist befähigte deutsche Fallschirmjäger im Kriege zu Leistungen, die anderen als Beispiele dienten, die vielen als unmöglich galten… Es ist ein Geist, der seine tiefen Wurzeln in unserer deutschen Militärgeschichte, in unserer abendländischen Kultur und in unserer christlichen Ethik hat.“ Die Wehrmacht-Fallschirmjäger hätten sich für ihren Kampf „unsterblichen Ruhm“ erworben.58
In jüngster Zeit machte Reichardt Schlagzeilen, weil er glaubte, sich schützend vor die Ordensgemeinschaft der Ritterkreuzträger (s.o.) stellen zu müssen. In einem Vortrag am Vorabend des Volkstrauertages 1997, der in der Zeitschrift der OdR „Das Ritterkreuz“, Dezember 1997, nachzulesen ist, schwelgt Reichardt: „Wer – in welcher Situation auch immer – anständig zu bleiben wußte, Treue zeigte, wo ein anderes Verhalten auch nicht zum Schaden gereicht hätte, und Tapferkeit, wo Feigheit vielleicht sicherer gewesen wäre, der dient uns auch heute noch als Vorbild und genießt unseren Respekt.“ 59 Man kann sich danach gut vorstellen, wie dieser General Volk, Vaterland und Führer gedient hätte – treu und tapfer bis in den Tod. Kriegsbilder längst vergangener Tage werden heraufbeschworen, wenn er „die herausragende militärische Einzeltat“ rühmt. Daß Reichardt kein gutes Haar an der Wehrmachtsaussstellung läßt und stattdessen ihre Kritiker als „hervorragende Fachleute“ ansieht, versteht sich.
Reichardt war es auch, der an die Heeresschulen die Schrift eines OTL Hartmann a.D. verteilen ließ, die das Soldatentum in Reichswehr, Wehrmacht und Waffen-SS in apologetischer Weise zeichnet.
Reichardt hört Ende des Jahres auf. Die ultrakonservativen Traditionalisten wirken in der Bundeswehr weiter. Es genügt dabei nicht, nur nach rechtsaußen zu schauen. Nach aller Erfahrung ist Vorsicht schon bei der Ausbreitung der „Militär sui generis“-Konzeption geboten. Wie bereits erwähnt, hat sich in diesem Zusammenhang der Untersuchungsausschuß – wenn auch ungenügend – mit der Frage beschäftigt, ob der reaktionäre Traditionalismus mit dem veränderten Auftrag der Bundeswehr Auftrieb bekommen könne.
Belege für einen Rechtstrend finden sich in der Militärpublizistik zuhauf. Die geistige Wende, die die Umorientierung der Bundeswehr auf Kriegseinsätze 1990 bis 1994 begleitete, haben der frühere Direktor des Sozialwissenschaftlichen Instituts der Bundeswehr, Dr. Detlef Bald, und der frühere Mitarbeiter des Militärgeschichtlichen Forschungsamtes, Dr. Wolfram Wette aus dem Studium der BMVg-Publikationen verfolgt.
Bald trug vor dem Ausschuß vor, der klassische Satz, der bisher die Mission der Bundeswehr beschrieb, „Kämpfen können, um nicht kämpfen zu müssen“, sei dem Satz „Kämpfen können und kämpfen wollen“ gewichen. An der gleichen Fundstelle, auf die sich Bald bezog, findet sich die Aussage: Die Zivilisierungsmöglichkeiten einer Armee, die kriegstüchtig werden wolle, seien begrenzt. Rühe und Bagger beschwichtigten an dieser Stelle. Es habe Übergangsprobleme gegeben, die aber inzwischen überwunden seien. Die Auslandseinsätze führten mitnichten zu einer „Mystifizierung“ des Soldaten, zur Kultivierung militärischer Besonderheiten.
Doch äußerste Skepsis ist angebracht. Auch in jüngster Zeit hat es Alarmzeichen gegeben. Brigadegeneral Christian Millotat, demnächst Direktor im Bereich Lehre an der Führungsakademie, legt eine Arbeit über „Das preußisch-deutsche Generalsstabssystem“ vor, in der sich die folgenden Sätze finden:
„Die »großen Chefs« Moltke und Schlieffen entwickelten den Generalstab zu hoher Vollkommenheit. In ihrer Nachfolge wahrten Seeckt, Beck und Halder das Erbe. Der Typus des Führergehilfen wurde von ihnen selbst verkörpert. Sie können in diesem Sinne noch heute als Vorbild dienen.“ Millotat bezieht sich natürlich „nur“ auf die Arbeitsweise und Strukturen des preußisch-deutschen Militärapparats. Aber ist es nicht genau dieser „technokratische“ Blick, der militärische Effizienz von den politischen Zielen und Inhalten ablöst, der dem revisionistischen Traditionsverständnis die Tür öffnet?
Eindeutiger hat sich vor der Bundesakademie für Sicherheitspolitik ein ehemaliger Offizier und Militärberater geäußert.60 Eine politische Korrektur im Verhältnis Bundeswehr-Gesellschaft sei fällig, heißt es dort. „Nicht mehr Integration in die Gesellschaft ist gefragt, sondern mehr Emanzipation. Hierbei wird man auch um die soldatischen Leistungen früherer Generationen keinen Umweg machen können.“
Besonders lassen Passagen aufmerken, in denen von den künftigen Kriegen, an denen die Bundeswehr beteiligt sein könnte, die Rede ist. Den deutschen Soldaten werde auf den neuen Schauplätzen Feinden (z.B. islamischen Fundamentalisten) begegnen, die nicht an unseren Wertvorstellungen orientiert seien. Daraus könne sich ein Zielkonflikt zwischen Moral (Wertekanon der Bundeswehr) und militärischer Effizienz ergeben. „Das neue Leitbild vom Soldaten als Helfer und Kämpfer wird wenig zur Lösung solcher Konflikte beitragen können.“
Solche Thesen waren schon zuvor, in größerer Deutlichkeit, in der Zeitschrift „Truppenpraxis“ zu lesen. Deutsche Soldaten müßten auch auf die „brutalen kleinen Kriege gegen die kleinen bösen Männer“ vorbereitet werden.61
Bis heute hat sich die Bundesregierung nicht von diesen Einlassungen distanziert. Und der Politikberater Holger Mey wird weiterhin großzügig aus den Töpfen des BMVg bedacht. Militärkritische Forschung geht derweilen leer aus.
4. Netzwerke?
BMVg und MAD sind der Auffassung, daß sich bei der Bundeswehr keine rechtsradikalen Netzwerke bzw. Subkulturen gebildet hätten. Der Untersuchungsausschuß konnte das Gegenteil nicht beweisen. Dabei ist der Blick aber nur auf die militante Neonazi- und Skinheadszene gerichtet.Was aber ist mit den subtileren Netzwerken, in denen sich die angesprochenen ideologischen Übergänge zwischen Konservatismus und Rechtsextremismus manifestieren? Konservative Politiker/Publizisten schreiben in rechtsextremen Blättern und vice versa. Auch in militärbezogenen Strukturen und Öffentlichkeiten sind vielfältige Verflechtungen erkennbar.62 Diesen Kontext aufzuhellen, dürfte eine wichtige und reizvolle Forschungsaufgabe sein. An dieser Stelle müssen zwei Hinweise genügen.
Die Reservisten werden von der Bundeswehr als entscheidender Faktor der „Mobilisierungs- und Aufwuchsfähigkeit“ angesehen. Dementsprechend wird der Verband der Reservisten der Deutschen Bundeswehre.V. mit knapp 27 Mio. DM großzügig aus dem Etat des BMVg alimentiert. 1997 mit 44 Mio. DM. Der Zustandsbericht 1997 enthält eine Tabelle über die Verbindungen und Kontakte des Verbandes. Mit Abstand führt die Gesellschaft für Wehr- und Sicherheitspolitik (die die Zeitschrift Europäische Sicherheit herausgibt) mit 310 Kontakten. Auf den nächsten Rängen folgen mit großem Vorsprung vor allem soldatische Traditionsverbände: Deutscher Marinebund (168), Kyffhäuser-Bund (154), Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge (113), Bayrischer Soldatenbund 1874 (96), Verband Deutscher Soldaten (92) usw.
Seit 1995 erscheint im Verlag Medien-Marketing-Team GmbH die Deutsche Militärzeitschrift. Die Bücherliste des Verlages enthält neben den genreüblichen Waffen- und Kriegsgeschichten u.a.: Die Autobiographie des Nazi-Fliegergenerals H.-U. Rudel, Ernst Jüngers In Stahlgewittern und Werner Masers Revisionen der deutschen Kriegsschuld. Der Verlag betreibt außerdem einen Handel mit NS-Devotionalien. So wurde unter anderem der Vertrieb einer Telefonkarte „Leibstandarde Adolf Hitler“ angekündigt. Die Zeitschrift will sich an die Erlebnisgeneration des II.Weltkrieges, an die Soldaten und Reservisten der Bundeswehr und an zeitgeschichtlich Interessierte wenden. Dieser „Brückenschlag zwischen den Generationen“ ist in der Tat Programm. Offenkundig geht es darum, die Beschränkung der hergebrachten Traditionszeitschriften (s.o.) zu überwinden und die Verbindungslinien zwischen alten und neuen Traditionalisten enger zu knüpfen. Zu den Autoren der DMZ gehören unter anderem General a.D. Schultze-Rhonhof, der sächsische Justizminister Steffen Heitmann (CDU) und der bekannte Journalist Rolf Clement, der auch häufiger in den Zeitschriften des BMVg zu finden ist.
Diesem Grundmuster begegnen wir allenthalben. Scharfe Abgrenzungen nach rechts scheinen in einem Teil des konservativen Lagers verpönt. Auch die Bundesregierung zeigt sich in dieser Hinsicht äußerst tolerant. Nur ein Beispiel von vielen: Der Vizepräsident des Bundes der Vertriebenen ist gleichzeitig in rechtsextremen Vereinigungen führend tätig, unter anderem in der auch in Verfassungsschutzberichten erwähnten Gesellschaft für freie Publizistik. Die Bundesregierung dazu auf Anfrage: „Für die Förderungswürdigkeit des Bundes der Vertriebenen ist es nicht entscheidend, ob eines seiner Vorstandsmitglieder auch in einer anderen Organisation oder in einer Partei ein Amt hat. Vielmehr kommt es dabei auf die Bewertung der gesamten Arbeit des Verbandes an.“ 63 Auch auf die Frage, ob dieser Herr weiterhin Mitglied im Beirat für Vertriebenen-, Flüchtlings- und Spätaussiedlerfragen beim Bundesministerium des Innern sein könne, antwortet die Regierung ausweichend.
Im konservativen Lager wird gerne darauf verwiesen, daß man den rechten Rand zur Mitte hin integrieren müsse. Doch wenn dabei die nötige Trennschärfe verloren geht, bleibt unter dem Strich die gesteigerte Akzeptanz für rechtsradikale Auffassungen.64 Auch die stille Hoffnung, daß man den rechten Rand für eigene Zwecke instrumentalisieren (z.B. bei der Bekämpfung der Linken), im Endeffekt aber domestizieren könne, hat sich schon einmal als verhängnisvoller Irrtum erwiesen. Die deutschen Konservativen scheinen nur bedingt lernfähig.
Gewaltbereite, rechtsextremistische Jugendliche stellen nicht das Problem der Bundeswehr dar. Die Bundeswehrführung ist inzwischen auch darauf bedacht, solche »Desperados« von der Truppe fernzuhalten. Das Problem ist die Gemengelage zwischen besonderer Militärkultur, dem verstärkten Traditionalismus in der ohnehin rechtslastigen Truppe und den zum Bund drängenden rechtsorientierten Jugendlichen. Die Öffentlichkeit muß die Augen offen halten – und dabei die »normale« Bundeswehr kritisch ins Visier nehmen.
Wie sich die Bilder gleichen
Hans v. Scotti schreibt in Kameraden:
„Kein Volk verträgt es, jahrzehntelang immer nur an den dunkelsten Seiten seiner Geschichte gemessen zu werden, kein Soldat nach ehrbarer Pflichterfüllung die ständige Diffamierung. Das zur Zeit in unserem Land inszenierte Klima der Selbstzerfleischung wirkt international abstoßend, die würdelose Haltung verachtend. Werte der deutschen Geschichte wie Vaterlandsliebe, Eintreten für den Nächsten, moralische Sauberkeit und Ehrgefühl waren im Krieg 14/18 und in den Streitkräften nach 1939 von prägendem Gewicht, es waren keine Sekundärtugenden wie heute formuliert. Die umerzogene Bevölkerung, ihre Führung und Gerichtsbarkeit sind ohne klare Vorstellung von einem naturgegebenen Traditionsverständnis“. (Kameraden 5/97, S. 20).
Kapitän zur See und Referatsleiter im Führungsstab der Marine des Bundesministeriums der Verteidigung, Dieter Stockfisch, veröffentlicht in der Zeitschrift Soldat und Technik einen Artikel, in dem es heißt: „Wer die Geschichte eines Volkes kriminalisiert, macht es krank. Kein Volk verträgt es, wenn es nur an den dunklen Seiten seiner Geschichte gemessen wird.“ Stockfisch bejammert: „Auch die erfolgreiche Umerziehung (Reeducation) der Alliierten nach 1945 mit dem Ziel, den Deutschen alles Militärische und Soldatische gründlich auszutreiben, wirkt noch nach. Damals schrieb Ernst Jünger: _Die fremden Sieger und die einheimischen Rhetoren drängen vereint zum Tribunal'“.
Übrigens: Der Artikel wird mit freundlicher Genehmigung in der Zeitschrift Alte Kameraden (AK 12/96, S. 8-9) nachgedruckt.
Beliebte Buchtitel bei den Wehrmachttraditionalisten
Erich Schwinge, Bundeswehr und Wehrmacht (SiV 10/97, 11/97, 12/97, 1/98, 2/98, 3/98)
Erich Schwinge, Wehrmachtsgerichtsbarkeit eine Terrorjustiz? (SiV 10/97, 11/97, 12/97, 1/98, 2/98, 3/98)
Deutsches Soldatenjahrbuch 1997-45. Deutscher Soldatenkalender. Das Geleitwort schrieb Generalmajor der Waffen-SS a.D. Heinz Harmel (SiV 3/98)
Alliierte Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit (SiV 3/98)
Alfred M. de Zayas, Die Wehrmachts-Untersuchungsstelle (SiV 3/98)
Rüdiger Proske, Wider den Mißbrauch der Geschichte deutscher Soldaten zu politischen Zwecken (SiV 10/97, 11/97, 12/97, 1/98 und 3/98)
Rüdiger Proske, Vom Marsch durch die Institutionen zum Krieg gegen die Wehrmacht (SiV 10/97, 11/97, 12/97, 1/98 und 3/98)
„Er war unser Chef“ (Video-Interview mit verbliebenen Zeitzeugen aus Hitlers Stab) (SiV 2/98)
Prof. Franz W. Seidler (Hrsg.), Verbrechen an der Wehrmacht (SiV 1/98)
David Irving, Goebbels – Macht und Magie (SiV 1/98)
Heinz Magenheimer, Die Militärstrategie Deutschlands 1940-1945 (SiV 11/97)
Stimmen gegen die psychose nationaler Selbstgeißelung. Drei Generationen äußern sich zur Diffamierungskampagne der Anti-Wehrmachts-Ausstellung (SiV 11/97)
Werner Symanek, Vernichtungskrieg – Ein propagandistischer Feldzug (SiV 10/97)
Klaus Motschmann (Hg.), Abschied vom Abendland? (SiV 10/97).
Anmerkungen
1) Prof. Dr. Wolfgang Gessenharter und Dr. Helmut Fröchling sind Dozenten an der Universität der Bundeswehr in Hamburg. Sie trugen ihre Thesen als Statement vor dem Untersuchungsausschuß vor. Zurück
2) s. Arwed U. Bonnemann/Ulrike Hofmann-Broll: Studierende und Politik: Wo stehen die Studierenden der Bundeswehruniversitäten. In: S+F, Vierteljahresschrift für Sicherheit und Frieden. Heft 3, 1997, S. 145 ff. Zurück
3) siehe dazu: Arbeitskreis Darmstädter Signal: Bundeswehr und Rechtsradikalismus. Analyse, Bewertung und Maßnahmen zur Bekämpfung. Februar 1998. Zurück
4) s. Detlef Bald, Militär und Gesellschaft 1945-1990. Die Bundeswehr der Bonner Republik. Baden-Baden 1994. Zurück
5) siehe u.a. Wolfram Wette, Der Krieg des kleinen Mannes, München 1992. Zurück
6) Ernst O. Czempiel, in: FAZ, Sonntagszeitung, 29.3.1998. Zurück
7) Werner Kaltefleiter, in: Die Welt vom 6.8.1997. Zurück
8) s. dazu: Interview mit Wolfgang Vogt, Augen auf statt »Rechts um«, in W&F, 1/98, S. 52ff, aber auch Elmar Schmähling, Ohne Glanz und Gloria: Die Bundeswehr – Bilanz einer neurotischen Armee, Düsseldorf 1991. Zurück
9) Wolfgang Gessenharter/Helmut Fröchling, Neue Rechte und Rechtsextremismus in Deutschland. In: Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch deutscher Rechtsextremismus, Berlin 1996, S. 550. Zurück
10) U. Backes; P. Moreau, Die extreme Rechte in Deutschland, München 1993, S. 4. Zurück
11) VS-Bericht 1995, S.16/17. Zurück
12) Verfassungsschutzbericht 1997, S. 116. Dies hindert den CDU-Politiker H. Lummer nicht daran, die Bundesregierung besorgt anzufragen, ob es Beschränkungen für den Vertrieb der Jungen Freiheit in der Bundeswehr gebe. Siehe Bundestagsdrucksache 13/10398, S.18. Zurück
13) Michael Inacker, Bundeswehr-Streit als Symbol für Kulturkampf, in: Die Welt v. 26.4.1998. Zurück
14) K. Weißmann: Neo-Konservatismus in der Bundesrepublik? Eine Bestandsaufnahme. In: Criticon, 96 (1986), S. 179. Zurück
15) ebd. S. 55. Zurück
16) Jörg Schönbohm, in: Zeitschrift für Ausländerrecht und Ausländerpolitik (1/1997), zit. nach: Hajo Funke, Der Marsch der neuen Rechten durch die Institutionen, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 2/98, S. 175. Zurück
17) bundeswehr aktuell vom 2.2.1998, S. 7. Zurück
18) s.zu diesem Abschnitt: Wolfram Wette, Bilder der Wehrmacht in der Bundeswehr, in: Blätter für deutsche und internationale Politik, 2/98, S. 186 ff.; Detlef Bald, Militär und Gesellschaft 1945-1990, Die Bundeswehr der Bonner Republik, Baden-Baden 1994; Bettina Gaus, Kampf um demokratischen Geist, in: Die tageszeitung, 17./18.1. 1998. Zurück
19) In jüngster Zeit: Gerd R. Ueberschär, Hitlers militärische Elite, Darmstadt 1998. Zurück
20) 163. Sitzung des Deutschen Bundestages am 13.3.1997. Zurück
21) 175. Sitzung des Deutschen Bundestages, 15.5.1997. Zurück
22) s. Süddeutsche Zeitung vom 23.4.1998. Zurück
23) s. Süddeutsche Zeitung vom 25.4.1998. Zurück
24) Christian Millotat, Wo steht die Bundeswehr? in: Europäische Sicherheit 4/98, S.15. Zurück
25) s. Jakob Knab, Falsche Glorie. Das Traditionsverständnis der Bundeswehr, Berlin 1995. Siehe auch: Detlef Bald/Andreas Prüfert (Hrsg.) Vom Krieg zur Militärreform. Baden-Baden, 1997. Oder: Ulrich Sander, Szenen einer Nähe. Vom großen Rechts-Um bei der Bundeswehr. Köln 1998. Zurück
26) Deutscher Bundestag, Drucksache 13/10370. Zurück
27) vgl. Jens Mecklenburg (Hrsg.), Handbuch deutscher Rechtsextremismus, a.a.O., S. 336/337). Zurück
28) Bernd Wagner (Hrsg.), Handbuch Rechtsextremismus, Hamburg 1994, S. 63. Zurück
29) ebd., S. 64. Zurück
30) a.a.O., S. 338/339. Zurück
31) s.auch Bundestagsdrucksache 13/9354, Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Abgeordneten Ulla Jelpke (PDS). Zurück
32) Jens Mecklenburg, a.a.O., S. 341. Zurück
33) Prof. Hornung ist bekannt als Autor im MUT-Verlag, in der Jungen Freiheit, in criticon und Nation Europa; engagiert im Neu-Rechten Studienzentrum Weikersheim. Zurück
34) Kameraden 5/97, S. 1. Zurück
35) Alte Kameraden 3/97, S. 20-21. Zurück
36) Junge Freiheit 13/97, 21.3.97, S. 18. Zurück
37) Kameraden 5/97. Zurück
38) ebd. Zurück
39) Kameraden 5/97, S. 11-13 Zurück
40) siehe Kurt Hirsch, Rechts von der Union, München 1989, S. 245 ff. Zurück
41) vgl. Richard Stöss, Die extreme Rechte in der Bundesrepublik, Opladen 1989, S. 129. Zurück
42) So schreibt in SiV 3/98 der REP-Funktionär Björn Clemens, auch Autor in der Jungen Freiheit und den Burschenschaftlichen Blättern: Die Wehrmachtsausstellung sei Teil einer Kampagne gegen die Bundeswehr. „Vielmehr muß man in Rechnung stellen, daß die Bundeswehr ein Ort ist, an dem gemeinschaftsbezogene Werte, Begriffe wie Pflicht- und Verantwortungsbewußtsein, Kameradschaft und Patriotismus, also all das, was Linke und Liberalisten hassen wie der Teufel das Weihwasser, einen festen Platz haben. Vielleicht ist die Bundeswehr der letzte Ort, an dem diese Werte gepflegt werden…“ Zurück
43) SiV 3/98, S. 63. Zurück
44) ebd. Zurück
45) SiV 2/98, S. 46. Zurück
46) So in SiV 12/98 Generalleutnant a.D. Dr. Franz Uhle-Wettler, und der Bundesvorsitzende des VdS, Dr. Jürgen Schreiber. Die Brüskierung der Ritterkreuzträger schätzt Jürgen Schreiber als persönliches Zurückweichen des Ministers Rühe vor dem Druck „linker und extremlinker Gruppen“ ein (SiV 12/97, S. 295-97). Zurück
47) SiV 3/98, S. 65. Zurück
48) s. Stern vom 5.3.1998, S. 196-197. Zurück
49) Gerd Schultze-Rhonhof, Wozu noch tapfer sein? Gräfelfing 1997. Zurück
50) ebd., S. 161. Zurück
51) ebd. S. 199. Zurück
52) ebd. S. 199. Welche Blüten der Geschichtsrevisionismus des Generals treibt, zeigt seine Version des deutschen Einmarsches in Wien 1936. Nachdem er über die deutsch-österreichische Geschichte eingehender räsoniert hat, stellt er lapidar fest: Zurück
„Die Angliederung Österreichs im Jahre 1938 wäre zu ihrer Zeit also mit der deutschen Wiedervereinigung 1989 vergleichbar gewesen.“ Vgl. zu diesem Abschnitt: Manfred Messerschmidt, Vorwärtsverteidigung. Die „Denkschrift der Generäle“ für den Nürnberger Gerichtshof, in: Hannes Heer, Klaus Naumann (Hrsg.) Vernichtungskrieg, Verbrechen der Wehrmacht 1941-1944, Hamburg 1995.
53) ebd., S. 244. Zurück
54) ebd., S. 240. Zurück
55) Gerd Schultze-Rhonhof, Die Wehrmacht und der Kulturkampf, in: Die Welt, 30.03.1998 Zurück
56) ebd., S. 275. Zurück
57) ebd., S. 281. Zurück
58) WELT am Sonntag, 14.04.1996. Zurück
59) Thomas Kröter, Chef des Heeresamtes bringt Traditionspflege in Mißkredit, in: Der Tagesspiegel, 30.4./1.5.1998, S. 4. Zurück
60) Dr. Holger H. Mey, Herausforderungen im Erweiterten Aufgabenspektrum – Erfahrungen, Möglichkeiten und Grenzen, Vortrag am 17. Februar 1998. Dr. Mey ist Leiter des Instituts für Sicherheitsanalysen, das weitgehend aus Zuschüssen des BMVg. bestritten wird. Zurück
61) OTL Reinhard Herden, Die neuen Herausforderungen – Das Wesen künftiger Konflikte, in: Truppenpraxis/Wehrausbildung, Nr. 2 und 3/96. Siehe dazu auch: Brief von Zwerenz an Kanzler Kohl. Zurück
62) Es ist eben kein Zufall, wenn die CDU/CSU-Fraktion für die Anhörung zur Rehabilitierung der Wehrmnachtsdeserteure, auf Betreiben der Abgeordneten Norbert Geis und Rupert Scholz, die Geschichtsrevisionisten Alfred de Zayas und Franz W. Seidler und den erwähnten Vertreter der Soldatenverbände, Dr. Schreiber, einladen läßt. Zurück
63) Bundestagsdrucksache 13/10413. Zurück
64) s. Gessenharter/Fröchling, a.a.O. Zurück
Paul Schäfer ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter im Bundestag und in der Redaktion von W&F.