Konferenz »Repertoires of Violence«

Konferenz »Repertoires of Violence«

von Stephen Gibson

Die erste Konferenz, die vom 1.-2. Juli am Centre for Peace Studies der York St John University stattfand, befasste sich unter dem Titel »Repertoires of Violence: Multidisciplinary Analyses of the Representation of Peace and Conflict« mit der Repräsentation von Frieden und Konflikt in verschiedenen Kontexten und bot ForscherInnen aus den Kunst-, Human- und Sozialwissenschaften die Möglichkeit, ihre Forschungsergebnisse vorzustellen.

Während Konferenzberichte in der Regel unvollständig sind, weil nicht alle Veranstaltungen besucht werden können, ist der vorliegende Bericht insofern anders als ich als Mitglied des Centre for Peace Studies an der Organisierung der Konferenz beteiligt war. Dies gibt mir die Gelegenheit, nicht nur die Konferenz vorzustellen, sondern auch die Gründung und Entwicklung des Zentrums.

Aus Sicht des Zentrums war die Konferenz ein Erfolg und bot ein Forum gelegentlich sehr lebhafter Debatte, die freilich nie Gefahr lief überzukochen – darin unterschied sie sich wohl von vielen TeilnehmerInnen, die in Konferenzräumen ohne Klimaanlage ausharrten und zwei ungewöhnlich heiße Tage englischen Sommers zu ertragen hatten. Es ist immer ein Vergnügen, KollegInnen verschiedener Disziplinen zu treffen, und für das Zentrum ist es aus wissenschaftlicher Perspektive besonders zufriedenstellend, wenn ForscherInnen mit unterschiedlichem Hintergrund zusammen kommen. Es muss jedoch erwähnt werden, dass es die aktuellen Visabestimmungen des Vereinigten Königreichs für viele KollegInnen aus Afrika und Asien schwer machen an der Konferenz teilzunehmen. Dies sollte nicht nur die akademische Gemeinde dieser Kontinente mit Sorge erfüllen; sie drohen auch zur Verarmung der akademischen Welt beizutragen, indem der Westen auch weiterhin vor allem zu sich selbst spricht, während vielen Personen mit einer genuin radikalen Perspektive und mit der Fähigkeit, die behagliche Atmosphäre der westlichen Hochschulen zu irritieren, der Zugang durch unnötig stringent Beschränkungen verweigert wird. Aus der Sicht des Organisators ist dies der bedauernswerte Aspekt der Konferenz.

Trotz dieser bedeutenden Leerstelle war das Niveau der Präsentationen und Diskussionen hoch. In ihrem Eröffnungsbeitrag stellte Corinna Peniston-Bird (Lancaster University) ihre Forschung zur Schaffung eines Denkmals für die Frauen des Zweiten Weltkrieges in Whitehall, London, vor. Sie verdeutlichte, wie die nahezu unmögliche Aufgabe, die zahlreichen und unterschiedlichen Beiträge von Frauen im Zweiten Weltkrieg angemessen darzustellen, zum Streitgegenstand wurde, weil zahlreiche Interessengruppen versuchten durchzusetzen, dass ihre spezifische Perspektive am deutlichsten zur Geltung kam. Aufgrund dieser Debatten wurde die ursprüngliche Idee, ein einziges Gedenkmal zu schaffen, das diesen Interessen gleichsam entsprochen hätte, nachhaltig in Frage gestellt.

Annelies Verdoolaege (Ghent University) hielt die programmatische Rede des zweiten Tages; darin stellte sie ihre Untersuchungen der südafrikanischen Wahrheits- und Versöhnungskommission (Truth and Reconciliation Commission; TRC) vor. Unter Verwendung eines an der Kritischen Diskursanalyse geschulten analytischen Zugriffs zeigte sie, wie eine genaue Betrachtung der Sprache, die in der TRC verwendet wurde, das eigentliche Verständnis von »Wahrheit und Versöhnung« konstruiert und profiliert hat. Obwohl Annelies Verdoolaege grundsätzlich optimistisch hinsichtlich der Wirkung der TRC war, betonte sie, dass die Notwendigkeit zur Betonung von Versöhnung und Wahrheit zum Teil dazu geführt hat, dass die Wahrheit weniger aufgedeckt und die Versöhnung weniger ermöglicht als vielmehr beide sozial konstruiert wurden (vgl. Verdoolaege 2008).

Zu den anderen Höhepunkten der Konferenz gehörte der Vortrag von Rachel Woodward (Newcastle University) und ihren Kollegen über eine photo-basierte Befragung von SoldatInnen der englischen Streitkräfte. Diese Studie warf eine Reihe von Fragen bezüglich der beruflichen Tätigkeit im Militär auf, indem sie eine innovative Methode verwandte, bei der Soldaten ihre Sicht auf das Militär anhand von Photos ihrer selbst diskutierten. Die Unmittelbarkeit vieler Aufnahmen in Verbindung mit den von den Soldaten vorgenommenen Reflektionen verweisen darauf, dass es nicht nur wichtig ist, Repräsentationen von Frieden und Konflikten zu untersuchen, sondern diese auch zu kontextualisieren mit denen, die sie geschaffen haben.

Ein Symposium, zu dem Mauro Sarrica (University of Padua) und Giovanna Leone (Sapienza University of Rome) eingeladen hatten, präsentierte die Arbeit einer Forschergruppe, die den sozialpsychologischen Ansatz der sozialen Repräsentationstheorie (SRT; vgl. Moscovici 1981) verwendet, um Fragen von Frieden und Konflikt zu untersuchen. Mit Hilfe einer anregenden Analyse so unterschiedlicher Ereignisse wie der G8-Proteste in Genua und der italienischen Kolonialkriege in Afrika haben Sarrica, Leone und KollegInnen ein zwingendes Beispiel dafür vorgelegt, wie mit der SRT Repräsentationen von Frieden und Konflikt untersucht werden können, die von den Angehörigen einer Gesellschaft geteilt werden und die in kulturellen Produkten wie Medien und Schulbüchern realisiert werden.

Eines der herausforderndsten Papiere, die auf der Konferenz präsentiert wurden, kam von Ross McGarry (Liverpool Hope University), der dafür eintrat, dass die SoldatInnen der britischen Armee genauso unter dem Aspekt der Opferrolle zu betrachten seien wie jene, die ahnungslos in Krieg und Konflikt verwickelt würden. Diese kontroverse These rief eine der hitzigsten Debatten der Konferenz hervor und bot wohl ein notwendiges Korrektiv zu der vorhandenen sozialwissenschaftlichen Forschung, die möglicherweise dazu tendiert, die Komplexität der gesellschaftlichen Position von SoldatInnen in westlichen Armee herunter zu spielen.

Die Tagung profitierte auch von der Anwesenheit von Peter Nias and Julie Obermeyer (The Peace Museum, Bradford), die eine Reihe von Präsentationen und Vorführungen über die Tätigkeit ihrer Institution, dem einzigen Friedensmuseum in Großbritannien, zeigten. Von besonderem Interesse war Obermeyers Darstellung der Probleme und Möglichkeiten, die sich aus der Zusammenarbeit zwischen dem Friedensmuseum und den zahlreicheren und traditionell auf Krieg und Militaria ausgerichteten Museen ergeben. Es scheint, als sei das Anliegen der letztgenannten nicht immer inkompatibel mit denen eines Friedensmuseums, aber die unterschiedliche Gewichtung von Krieg bzw. Frieden in diesen beiden Typen verweist zumindest auf die kulturelle Dominanz von Repräsentationen des Krieges gegenüber solchen, die sich besonders dem Frieden widmen.

Diese kurze Zusammenfassung ist – wie eingangs bereits erwähnt – notwendig unvollständig. Der Erfolg der Konferenz bestand auch in der Beteiligung so vieler am Thema interessierter ForscherInnen, so dass in der Regel drei Panel parallel liefen. Die thematische Breite der Beiträge kann auch an den Vorträgen ermessen werden, die von Kleidung und Wahrnehmung über Protestmusik, der Dichtung von Tennyson bis hin zu Theater, Sport und vielem anderem reichten.

Es ist zwar immer gewagt, einen roten Faden zu unterstellen, der sich durch die verschiedenen Papiere zog; die im Rahmen der Konferenz vorgestellten Forschungen verwiesen jedoch alle auf die Bedeutung von Forschung, die in den Blick nimmt, wie Frieden und Konflikt in einer Vielzahl von Kontexten repräsentiert werden. Es ist daher möglicherweise überraschend, dass Repräsentationen von Frieden und Konflikt nur selten in die Charakterisierung der Disziplin Friedensforschung zu finden sind, wenn diese nicht ohnehin interdisziplinär sein sollte. Statt dessen liegt der Schwerpunkt auf strategischen Betrachtungen, internationalen Beziehungen und der Politikwissenschaft. Diese Bereiche sind alle wichtig, aber deren Überbetonung führt möglicherweise zu einer Lücke im Verständnis, die die Verbindungen zwischen sozialen und politischen Makrostrukturen und dem Alltagsbewusstsein betrifft. Die Erforschung der Repräsentationen – wie auch immer diese aussehen – erlaubt es, diese Verbindungen in den Blick zu nehmen, denn Repräsentationen bilden die entscheidende Brücke zwischen dem Offiziellen und dem Alltäglichen, zwischen der Elite und dem Populären, und – ganz wesentlich – für die Konstruktion und Übertragung von Ideen über Krieg und Frieden bei den Angehörigen einer Kultur. Bei der Entwicklung des Centre for Peace Studies an der York St John University haben wir wiederholt diskutiert, welchen besonderen Beitrag das Zentrum im Feld der Friedensforschung leisten kann und wie dies die Kompetenz jener verdeutlichen kann, die sich mit dem Zentrum identifizieren. Während eine Schwerpunktsetzung auf Repräsentationen eine Engführung sein könnte, so verweist diese doch auf die Nützlichkeit für einen Ansatz der Friedensforschung, der – informiert durch Sozial- und Kulturtheorie – zumindest in Großbritannien tendenziell vernachlässigt worden ist.

Die LeserInnen dieser Zeitschrift müssen da nicht überzeugt werden; bei anderen hingegen ist es weiterhin nötig deutlich zu machen, dass die Art wie Kulturen des Krieges und des Friedens fortlaufend in einem weiten Feld von Kontexten, wie sie in den Analysen auf der Konferenz vorgestellt wurden, produziert und reproduziert werden, auf dem Weg zu einer friedfertigeren Welt kritischer Beobachtung bedürfen.

Weitere Informationen zur Konferenz finden sich auf der Internet-Seite: www.yorksj.ac.uk/peaceconference

Literatur

Moscovici, S. (1981): On social representation. In: J. Forgas (ed.): Social cognition: Perspectives on everyday understanding. London: Academic Press.

Verdoolaege, A. (2008): Reconciliation discourse: The case of the Truth and Reconciliation Commission. Amsterdam: John Benjamins.

Stephen Gibson

Wie können Wissenschaftler zu einer Kultur des Friedens beitragen?

Wie können Wissenschaftler zu einer Kultur des Friedens beitragen?

Eine Replik

von Joseph de Rivera

In W&F 4/2008 hat David Adams einige grundlegende Fragen zum UNO-Konzept und dem Programm einer Kultur des Friedens aufgeworfen – darunter auch Fragen methodologischer Art mit Bezug auf die einschlägigen Arbeiten des Psychologen Joseph De Rivera. In der vorliegenden Replik versucht De Rivera, augenscheinliche Missverständnisse zu klären und bleibende Meinungsverschiedenheiten zu präzisieren.

David Adams’ kritischer »Brief an meine akademischen Freunde« wirft eine wichtige Frage auf: Wie können wir sicherstellen, dass unsere wissenschaftliche Arbeit für eine Kultur des Friedens von den Voreingenommenheiten und perspektivischen Festlegungen einer Kultur des Krieges frei wird, die auch die akademische Welt beherrschen? Adams gibt zu bedenken, dass die Beantwortung dieser Frage Dialog und Diskussion erfordert und damit Ideen statt Personen in Frage stellen sollte. In diesem Geist möchte ich antworten: Wie also können Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen zum Aufbau einer Kultur des Friedens beitragen?

Dissens bei grundsätzlichem Konsens

Zunächst ist anzumerken, dass David Adams und ich uns einer Arbeit verschrieben haben, die eine Kultur des Friedens befördern soll wie sie der Beschlussfassung der UN vorschwebt. Ich stimme ihm auch in vielen Einzelpunkten zu: Der akademische Betrieb ist dem Einfluss einer Kultur des Krieges unterworfen und es fällt schwer, sich von diesem Einfluss zu befreien; es ist wichtig, den Einsatz von Militär zur innerstaatlichen Kontrolle zu untersuchen; Indikatoren (einer Kultur des Friedens) sollten zu Selbstbewertung und Selbstverbesserung statt zu missgünstigem Vergleichen verwandt werden; und es ist wichtig, die Indikatoren sorgfältig zu bedenken, die man verwenden möchte.

Ich habe allerdings den Eindruck, dass Adams die positive Rolle missversteht, die wissenschaftliche Forschung spielen kann – sofern sie sich reflexiv und kritisch mit dem Konzept einer Kultur des Friedens auseinandersetzt. Ferner glaube ich, dass man empirische Daten verwenden kann, um das Konzept weiter zu entwickeln. Wenn wir die Kultur des Friedens einfach nur als »hypothetische Alternative« betrachten, dient diese Idee nur der intellektuellen Anregung und kann nicht empirisch kritisiert werden. Ich denke, sie eröffnet ein Arbeitsfeld und wir sollten empirische Daten heranziehen.

Spezifische Meinungsdifferenzen

Ich möchte darlegen, wie wir in dreierlei Hinsicht nicht übereinstimmen. Dabei habe ich die Hoffnung, dass unsere zukünftige Arbeit sich wechselseitig ergänzt statt uns vom Aufbau einer Kultur des Friedens abzuhalten.

Erstens sind wir uns nicht einig, wie man am produktivsten von einer Kultur des Friedens sprechen soll. Zwar bin ich überzeugt, dass es analytisch und didaktisch sinnvoll sein kann, eine Kultur des Friedens einer Kultur des Krieges entgegenzusetzen. Meines Erachtens kann es aber auch irreführend sein und Abwehr provozieren, wenn man sagt, unsere Leitkultur sei eine Kultur des Krieges. Irreführend, weil Kulturen nicht monolithisch sind und ebenso viele friedensförmige wie kriegsförmige Elemente enthalten. Wie Elise Boulding (2000) zeigt, ist unsere Kultur des Krieges durchmischt mit einer Kultur des Friedens, und es gibt bedeutsame Friedenskomponenten in allen Kulturen. Abwehr kann entstehen, weil man – wenn wir sagen, wir lebten in einer Kultur des Krieges – dazu neigt, ethnozentrisch zu reagieren und die eigene Kultur zu verteidigen. Diese Defensivität trägt bei zur Fortdauer wesentlicher Züge einer Kultur des Krieges. Kein Zweifel, dass viele Völker sich für friedliebender halten als sie wirklich sind, und dass i.B. die meisten mächtigen Nationen vorgeben, viel friedlicher zu sein als sie sind, und ihre Kriegstreiberei verschleiern. Und überall bestehen Probleme globaler Vorherrschaft. Ich glaube allerdings, dass auf diese Tatsachen aufmerksam gemacht werden kann, ohne dass man darauf besteht, unsere Kultur sei im Kern eine Kultur des Krieges. Wir sollten nicht vergessen, dass Lebenserwartung, Bildung und Menschenrechtslage sich in einer Weise verbessern wie es nicht möglich wäre, wenn wir nur in einer Kultur des Krieges lebten.

Wir sind uns, zweitens, nicht einig im Hinblick auf das Konzept der menschlichen Natur. Gewiss, es geht um ein Konstrukt, aber keineswegs um ein völlig willkürliches. Wie mir scheint spricht einiges dafür, dass Menschen in Gruppenstrukturen eher kooperativ sind als aggressiv. Sie werden allerdings augenscheinlich durch Fremdheit verstört und neigen dazu, die Eigengruppe zu begünstigen. Wenn wir Beziehungen zwischen Gruppen in Betracht ziehen, besteht kein Zweifel, dass Krieg eine Institution darstellt, zwar kein Erfordernis der menschlichen Natur ist, aber gleichwohl eine nahe liegende Möglichkeit. Obwohl wir Menschen nicht »von Natur aus« kriegerisch sind, sind wir doch offensichtlich auch nicht »von Natur aus« friedlich. Wir können nicht unsere gesamte Gewaltsamkeit einer vorgefundenen Kultur des Krieges zuschreiben, wenn wir diese selbst hervorbringen. Unsere Kulturen werden – wie das persönliche Verhalten – von den gegebenen Umständen mit geprägt, und es gibt Umstände, in denen Menschen, vor allem Gruppen, gewaltsam werden. Unsere Natur beinhaltet, dass wir nur in Beziehung zu anderen existieren und unsere Sorge für andere immer wieder in Einklang bringen müssen mit unserer Angst um uns selbst. Wir können keine Kultur des Friedens bauen, wenn wir unsere menschlichen Schwächen nicht ebenso berücksichtigen wie unsere Stärken. Ein Problem bei dem UN-Konzept besteht darin, dass es die Notwendigkeit der Gewaltkontrolle nicht berücksichtigt und auch nicht, wie ein vernünftiges Maß an Sicherheit am besten zu erreichen ist.

Drittens sind wir unterschiedlicher Meinung hinsichtlich der Rolle des Nationalstaates. Adams betrachtet Staaten als Ausfluss einer Kultur des Krieges. Gewiss kann man Staaten, wie Weber nachweist, durch den Versuch konstituiert sehen, die Gewalt zu monopolisieren. So liegt es nahe, von ihnen mit Adams keine Kultur des Friedens zu erwarten und es daher für irreführend zu halten, staatenbezogene Indikatoren zu verwenden, um das Ausmaß ihrer Friedlichkeit zu bestimmen. Ich gehe jedoch davon aus, dass Staaten in einem Versuch der Gewaltkontrolle gegründet wurden, einige diesen Versuch erfolgreicher angestrengt haben als andere und es der Mühe wert ist, ihren Erfolg zu bestimmen. Sicher, das bestehende Staatensystem entstand, als der Westfälische Frieden der Gewalt des Dreißigjährigen Krieges ein Ende setzte. Vermutlich können wir auch die Art, wie wir uns organisieren, verbessern. Aber ich nehme an, dass ein Staatensystem einem tribalen System überlegen ist. Jedenfalls bleiben wir, bis wir eine bessere globale Ordnung erreichen, in Nationalstaaten organisiert, und die empirischen Daten legen nun einmal nahe, dass manche Nationen eine friedlichere Kultur entwickelt haben als andere. Wenn wir von Nationalstaaten als Analyseeinheit ausgehen, scheint es wichtig, verschiedene Dimensionen von Frieden zu unterscheiden (vgl. De Rivera, 2004). Objektive Messungen dieser Dimensionen haben Implikationen für staatliche Politik. So können z.B. US-Bürger diesen Befunden zufolge einigermaßen stolz darauf sein, in welchem Umfang sie bestimmte Aspekte einer liberalen Demokratie erreicht haben; sie müssen aber auch realisieren, dass sie unter beträchtlicher gewaltförmiger Ungleichheit leiden und unakzeptabel viel Staatsgewalt mit tragen.

Ausblick

Mir ist nicht klar, warum Adams glaubt, Gewalt nach außen hänge fest zusammen mit Gewalt im Innern. Marc Ross’ (1993) Befunde von 90 vorindustriellen Gesellschaften lassen nur einen mäßigen Zusammenhang erkennen sowie, dass das Ausmaß, in dem Kinder vernachlässigt werden, den besten Prädiktor für das allgemeine Gewaltniveau darstellt. Das besagt, dass die Art der Aufzucht der Kinder ein wichtiger Aspekt des Konzepts Kultur des Friedens sein sollte. Auch belegen aktuelle staatenbezogene Daten – obwohl zwischen diversen Indikatoren staatlicher Gewalt (wie Rüstungsausgaben, militärische Bewaffnung, Bedrohung anderer Länder und Quote der Personen in Haft) hohe Zusammenhänge bestehen –, dass diese staatliche Gewalt in keinem Zusammenhang steht mit der Mordrate oder der gesellschaftlichen Ungleichheit. Desgleichen stehen diese Maße in keinem Zusammenhang mit Indikatoren von demokratischer Verfasstheit, Meinungsfreiheit oder Entwicklung. Wenn wir das Konzept einer Kultur des Friedens ernst nehmen wollen, müssen wir nach meiner Meinung empirische Untersuchungen anstellen und die Befunde zu dem Konzept in Beziehung setzen. Bisher vorliegende Befunde besagen: Es geht um verschiedene Dimensionen von Kultur, Konflikte können auf unterschiedlichen Ebenen gelöst werden und es gibt Gesichtspunkte (wie die Wertschätzung für Kinder), die auf jeden Fall in das Konzept aufgenommen werden sollten. Ich sehe nicht, wie uns solche Befunde von der Grundidee abbringen könnten, wohl aber sehe ich, dass sie unsere Aufmerksamkeit darauf lenken, was zu tun ist, um ein Mehr an Kultur des Friedens zu erreichen.

Trotz unserer Meinungsunterschiede glaube ich, dass Adams und ich dasselbe Ideal teilen, und ich hoffe, dass wir Wege der Zusammenarbeit finden, um ihm näher zu kommen.

Literatur

Boulding, E. (2000): Cultures of Peace: The hidden side of human history. Syracuse, NY: Syracuse University Press.

De Rivera, J.H. (2004): Assessing the basis of peace in contemporary societies. Journal of Peace Research, 41, 531-548.

Ross, M.H. (1993): The culture of conflict. New Haven, CT: Yale University Press.

Prof. Dr. Joseph de Rivera ist Direktor des Peace Studies Program am Department of Psychology der Clark University, Worcester/MA; er zeichnet als Herausgeber des 2008 bei Springer, New York, erschienenen Handbook on Building Cultures of Peace.
Übersetzung: Albert Fuchs

Großes Interesse an W&F-Jubiläum in Marburg

Großes Interesse an W&F-Jubiläum in Marburg

von Redaktion

Unter der Themenstellung »Die Bundeswehr im Inneren und Äußeren« wurde Mitte November das 25-jährige Bestehen von »Wissenschaft & Frieden« im Rahmen eines Festaktes im Marburger Rathaus begangen; etwa einhundert junge und alte ZuhörerInnen – darunter zahlreiche ehemalige Redakteure, aber auch AutorInnen und Interessierte – wurden vom Marburger Oberbürgermeister Egon Vaupel willkommen geheißen. Er hob die gute Zusammenarbeit der Stadt Marburg mit dem »Zentrum für Konfliktforschung« hervor, das – als eine der Trägerorganisationen von W&F – für den reibungslosen Ablauf des Kolloquiums sorgte. In ihrem Grußwort hob sodann die Vizepräsidentin der Philipps-Universität Marburg, Prof. Dr. Babette Simon, hervor, dass die Zeitschrift in interdisziplinärer wissenschaftlicher Ausrichtung „neue Entwicklungen und Diskussionen zu den Themengebieten Frieden, Abrüstung, Sicherheit und Konflikt“ thematisiere und damit „einen wichtigen Beitrag zur Fachdiskussion sowie zur praktischen Umsetzung friedens- und konfliktrelevanter Erkenntnisse“ leiste. Dementsprechend werde sie auch von der wachsenden Zahl der Studierenden des Faches Friedens- und Konfliktforschung an der Philipps-Universität wahrgenommen. Prof. Dr. Mathias Bös beschloss den Reigen der Begrüßungsworte als geschäftsführender Direktor des Zentrums für Konfliktforschung, indem er betonte, dass dieses mit der Zeitschrift das Anliegen teile, „Wissen und Methoden zu finden, die sich dazu eignen, Frieden zu schaffen“. Er verwies darauf, dass diese Zeitschrift Wissenschaft als Bürgerrecht praktiziere, d.h. diese nicht auf den Verwertungsaspekt reduziere, sondern als einen Zugang zur Diskussion so aktueller Fragen wie die nach der gegenwärtigen und zukünftigen Rolle der Bundeswehr.

Den einführenden Worten schloss sich die Begrüßung des Hauptredners des Kolloquiums – Dr. Burkhard Hirsch, FDP, ehemaliger NRW-Innenminister und Bundestagsvizepräsident a.D. – durch die beiden Vorsitzenden des W&F-Trägervereins, Prof. Dr. Herbert Wulf und PD. Dr. Johannes M. Becker, an. Mit deutlichen Worten kritisierte Dr. Burkhard Hirsch die Versuche, die Möglichkeiten des Einsatzes der Bundeswehr im Inneren auszuweiten und warnte davor, die Bedeutung des in der UN-Charta vereinbarten Gewaltverzichts weiter auszuhöhlen.

Nach einer kurzen Pause begrüßte der verantwortliche Redakteur von »Wissenschaft & Frieden«, Dr. Fabian Virchow, mit den beiden MdB Norman Paech, Díe Linke, und Willi Wimmer, CDU, zwei profilierte außenpolitische Experten. Beide zeigten sich äußerst besorgt über die politische und militärische Entwicklung in Afghanistan; der Gewalteskalation sei nur mit dem Rückzug der ausländischen Armeen zu begegnen.

Abschließend führte Dr. Corinna Hauswedell, Studienleiterin der Evangelischen Akademie Loccum, in Form einer Zeitreise durch »25 Jahre Wissenschaft & Frieden«. Für Erheiterung wie herzliche Erinnerungen sorgten dabei zeitgenössische Aufnahmen aus der Geschichte der Zeitschrift – zumal zwei der Gründungsväter der Publikation, Prof. Dr. Rainer Rilling und das heutige MdB Paul Schäfer, anwesend waren. Die Veranstaltung klang mit einem internationalen Buffet und zahlreichen Gesprächen aus.

Friedenswissenschaftliche Evaluierungs- und Aktionsforschung

Friedenswissenschaftliche Evaluierungs- und Aktionsforschung

von Martina Fischer

In den 90er Jahren des vergangenen Jahrhunderts begannen staatliche und nicht-staatliche Akteure über die Folgen externer Einmischung durch Entwicklungsprojekte und Humanitäre Hilfe kritisch zu reflektieren. Es hatte sich gezeigt, dass auch gut gemeinte Unterstützung ungewollt Schaden anrichten kann, weil der Transfer von finanziellen oder materiellen Ressourcen in falsche Hände geraten, Bürgerkriegsökonomien fördern, Kriege verlängern oder lokale Märkte stören kann. Der Slogan »Do no harm« (Anderson 1999) und die Forderung nach konfliktsensitiver Gestaltung externer Einmischung wurden geprägt. Darüber hinaus wurde diskutiert, wie Maßnahmen der Entwicklungszusammenarbeit (EZ) aktiv zur Friedensförderung beitragen können.

In der Folge begannen auch Friedensaktivisten kritisch über ihre Strategien zu diskutieren.1 Internationale Organisationen, staatliche Agenturen der bilateralen Entwicklungszusammenarbeit (EZ) und zahlreiche Nichtregierungsorganisationen (NGOs) haben sich zunehmend mit der Frage beschäftigt, wie die Evaluierung von Projektaktivitäten verbessert werden kann. Auch die Deutsche Plattform für Zivile Konfliktbearbeitung stellte bei ihrer Jahrestagung 2005 das Thema in den Mittelpunkt der Diskussion (Calließ 2006). Dies war auch den Erwartungen von Geldgebern geschuldet.2 Viele haben inzwischen Richtlinien für die Evaluierung von Maßnahmen der Friedensförderung entwickelt. Hierzulande haben diverse Abteilungen der Gesellschaft für technische Zusammenarbeit, aber auch die vom Auswärtigen Amt geförderte Fördereinrichtung Zivik dazu Vorschläge gemacht (vgl. Simon 2005; Institut für Auslandsbeziehungen/Zivik 2007). Unter Geldgebern, FriedensaktivistInnen und Forschenden ist das Thema »Wirkungsbeobachtung« seit einigen Jahren sehr en vogue. »Conflict Impact Assessment« wurde zum Zauberwort.3

Man orientierte sich zunehmend an den in der EZ entwickelten Verfahren zur Auswertung und bewertete die Relevanz einer Maßnahme, Umsetzung der Projektziele, Angemessenheit der Strategien, Effizienz des Mitteleinsatzes, Transparenz und Managementkapazität der Organisation, Output (also die Anzahl der Aktivitäten) und Effektivität (d.h. deren Wirkung auf die Zielgruppe und das politische Umfeld), Koordination und Kohärenz der Planung sowie einzelner Projektelemente, und auch die »Nachhaltigkeit«. Dies führte letztlich aber dazu, dass sowohl in der Friedenspraxis Tätige als auch Geldgeber teilweise so hohe Erwartungen an das Instrument der Evaluierung richteten, dass man sich fragen muss, ob dies der Qualifizierung von Friedenspraxis förderlich und angemessen ist. Dieser Beitrag geht davon aus, dass eine gewissenhafte Auswertung von Projekten Maßnahmen der Friedensförderung verbessern helfen kann, möchte aber gleichzeitig auch für einen realistischen Umgang mit dem Instrument der »Evaluierung« werben.

Vermeidung negativer Wirkungen

Aufbauend auf den Erfahrungen der EZ gilt es, auch in der Friedensarbeit das »do no harm«-Prinzip anzuwenden und negative Wirkungen zu vermeiden. Wenngleich Friedens- und Menschenrechtsorganisationen nicht in gleicher Weise in lokale Strukturen eingreifen wie die EZ, weil sie selten größere Mengen an finanziellen Ressourcen in Krisenregionen transferieren, so sind ihre Aktivitäten doch auch nicht vor negativen Nebenwirkungen gefeit.

So kann es passieren, dass bei lokalen Akteuren unrealistische Erwartungen geweckt werden (vielleicht gibt es in einer Situation keinen Ansatz zur Lösung; lokale Akteure gewinnen aber den Eindruck, die externen »Experten« hätten »Patentrezepte« parat). Lokale Akteure können überdies in finanzielle oder informationelle Abhängigkeit von externen Akteuren geraten. Externe Akteure können durch inadäquates Verhalten Dominanzkulturen etablieren. Durch Initiative externer Akteure können künstliche Netzwerke geschaffen werden, die bereits existierende informelle Strukturen der Kommunikation, des Dialogs oder der Streitschlichtung überlagern und an deren Stelle treten (Substitutionseffekt). Die Konkurrenz zwischen externen und internen Akteuren kann verschärft werden. Im schlechtesten Fall kann es zu Spannungen oder Rückschläge im Friedensprozess kommen, etwa durch unangemessene und zum falschen Zeitpunkt durchgeführte Dialogprojekte, oder indem von außen Kriterien für die Beteiligung von Gruppen an Dialogprozessen oder Projekten entworfen werden, die zum Ausschluss wichtiger Gruppen führen.

Im Rahmen des von der amerikanischen NGO Collaborative for Development Action und weiteren NGOs inititierten »Reflecting on Peace Practice Projects« (RPP) wurden sechs Kategorien negativer Wirkungen identifiziert: 1) Vertiefung der Gegensätze zwischen den Konfliktparteien, 2) Erhöhung der Gefahren für die an Friedensaktivitäten Beteiligten, 3) Verschärfung struktureller oder offener Gewalt, 4) Umlenkung menschlicher und materieller Ressourcen auf nebensächliche Aktivitäten und Ablenkung von wichtigeren, dem Friedensprozess dienlichen Aktivitäten, 5) Vertiefung von Zynismus, and 6) Schwächung lokaler Akteure.4

Im RPP-Prozess wurde gleichzeitig deutlich, dass es – verglichen mit der Identifizierung von zu vermeidenden negativen Wirkungen – sehr viel schwieriger ist, Erfolgskriterien zu benennen. In der Friedensarbeit können keine kurzfristigen, »schnellen« Erfolge ausgemacht werden, da friedensfördernde Maßnahmen in der Regel über einen längeren Zeitraum hin durchgeführt und auf ihre Langzeitwirkungen hin beobachtet werden müssen. Zudem ist es außerordentlich schwierig, den Beitrag der eigenen Aktivitäten zum übergeordneten Friedensprozess zu beziffern.5

Möglichkeiten und Grenzen der Wirkungsbeobachtung

RPP’s Erfahrungsaustausch ist genau dieser Frage nachgegangen, ob über die unmittelbare Wirkung eines Projekts (etwa auf die Zielgruppe) auch ein Beitrag zum Gesamtfriedensprozess (»Peace Writ Large«) feststellbar sei. Das setzt voraus, dass in der übergeordneten gesellschaftlichen und politischen Umgebung überhaupt Veränderungen registriert werden. Letztlich wurden fünf Kriterien für Effektivität ausgemacht: Eine Maßnahme trägt dazu bei 1) einen zentralen Kriegs- oder Konfliktfaktor zu beseitigen, oder 2) sie leistet einen Friedensimpuls, indem sie die daran Beteiligten und lokale Gemeinschaften in die Lage versetzt, ihre eigenen Friedensinitiativen zu entwickeln, oder 3) sie führt zum Aufbau/zur Reform politischer Institutionen, die Missstände beseitigen oder 4) sie versetzt Menschen in die Lage, Gewalt und Gewaltprovokationen zu widerstehen; oder 5) sie führt zu mehr faktischer Sicherheit für die Menschen.6

Im Sinne des Anreizes zur Selbstreflexion und Überprüfung der selbst gesetzten Ziele und Strategien sind die von RPP gelieferten Überlegungen und Vorschläge hilfreich. Einiges aus der Debatte hat auch Diskussionen des Development Assistance Committee der OECD beeinflusst (OECD 2007). Die Suche nach Kriterien für die Feststellung von Effektivität und die Bewertung von Wirkung ist mit dem RPP-Prozess im Grunde erst eröffnet. Letztlich müssen die an Friedensprojekten Beteiligten jeweils selbst eigene Kriterien entwickeln, nach denen sie Erfolge für ihre Aktivitäten definieren und transparent dokumentieren. Dafür müssen sie neben allgemeinen und übergeordneten Zielen auch kurz- und mittelfristige Projektziele vereinbaren.

Jedoch sollte die Suche nach Kriterien und Indikatoren auch nicht im Sinne eines Messbarkeitswahns missverstanden werden. So bleibt es grundsätzlich problematisch, einzelnen Projekten, Maßnahmen, Aktivitäten oder Ereignissen eine konkrete Wirkung auf soziales Handeln, und damit ganze Friedensprozesse, zuzuweisen (Paffenholz 2005, S.25). Einige Studien kommen zu dem Schluss, dass sich Wirkungen auf der Makroebene kaum nachweisen lassen (vgl. Church/Shouldice 2002/2003, Heinrich 2005; Paffenholz 2005; Smith 2003) und so erscheint dies doch eher als Kraftaufwand am falschen Platze. Man muss sich ernsthaft fragen, ob eine Verbesserung von Friedenspraxis wirklich darüber erreicht wird, dass Geber und Durchführungsorganisationen immer mehr Energien in die Formulierung zunehmend ausgefeilter Kriterien und Indikatoren für die Messung von Wirkungen auf Gesamtprozesse investieren.

Evaluierungen, die quantitative und qualitative Verfahren der Datenerhebung kombinieren, können wichtige Anhaltspunkte liefern, meist aber nur Wirkungen im unmittelbaren Projektkontext aufzeigen (erst recht, wenn sie sich über begrenzte Zeiträume erstrecken). Die Erwartung, dass Evaluierungen darüber hinaus fundierte Aussagen über den Nutzen und die Wirkung einzelner Maßnahmen auf den Friedensprozess in einer Krisenregion insgesamt treffen können, ist nicht nur überzogen sondern überdies (förderungs-)politisch bedenklich. Wenn friedenspolitische Akteure dies übereifrig diskutieren, müssen sie sich klar machen, dass sie dadurch bei Geldgebern hinsichtlich des Nachweises von Wirkungen gleichzeitig übertriebene und unrealistische Erwartungen wecken – Erwartungen, die zumindest im Rahmen der von diesen in der Regel finanzierten Kurzzeitevaluierungen niemals eingelöst werden können. So werden immer neue Standards für Erfolgskontrolle festgeschrieben, denen zivilgesellschaftliche Akteure der Friedensarbeit letztlich kaum gerecht werden können.7 Insbesondere kleinere, gemeindebasierte Projekte werden davon zunehmend in ihren Arbeitskapazitäten absorbiert und überfordert.8

Man sollte es stattdessen bei der Untersuchung von Wirkungen für die gewählte Zielgruppe oder für einen überschaubaren, lokalen oder regionalen Kontext belassen. Das lässt sich zumeist einigermaßen verlässlich überprüfen, vorausgesetzt, man stellt die erforderlichen Mittel für solche Untersuchungen zur Verfügung. Zudem sollte man die Kategorie der Nachhaltigkeit aus dem Repertoire der Evaluierung von Friedensarbeit streichen. Nachhaltigkeit von »Frieden« als Prozess oder Folge von sozialem Handeln lässt sich nicht so einfach indizieren wie die Nachhaltigkeit von natürlichen Ressourcen. Viele Friedensprozesse sind von Rückschlägen gekennzeichnet, bevor Fortschritte erkennbar oder längerfristige Vereinbarungen erreicht worden sind. Friedensprozesse verlaufen in den seltensten Fällen linear, sondern fast immer in Vorwärts- und Rückwärtsbewegungen. Dies stellt aber nicht zwangsläufig die Qualität jeder einzelnen Maßnahme in Frage.

Evaluierung als Teil der Planung

Wenn Evaluierungen schon in den Planungsprozess integriert werden, können sie die Selbstreflexion der beteiligten Akteure anregen, sie bei der besseren Planung und Durchführung von Friedensaktivitäten unterstützen und gegebenenfalls auch zu Strategiewechseln ermutigen. Eine sorgfältige Planung von Projekten gilt allgemein als Voraussetzung für gute Praxis, und es wurde mit recht gefordert, dass Geberorganisationen ihren Durchführungsorganisationen Möglichkeiten der Fortbildung hierfür eröffnen sollten (vgl. Paffenholz 2005). Nur dann, wenn Evaluierungen Teil des Planungsprozesses sind, und wenn sich alle Beteiligten über die Projektziele im klaren sind, kann deren Umsetzung sinnvoll ausgewertet werden. Das gilt auch für die Überprüfung der theoretischen Annahmen über sozialen Wandel, die fast allen Praxisprojekten zugrunde liegen, aber nur selten wirklich expliziert werden. Auch hier kann begleitende Evaluierung zur Klärung beitragen.

Evaluierungen sollten nicht in erster Linie auf die Messung von Wirkung friedensfördernder Aktivitäten gerichtet werden, sondern die Beteiligten in die Lage versetzen, das was sie tun, überlegt zu tun. Angelika Spelten (2006) hat im Titel eines Beitrags darauf hingewiesen: „Schon das Nachdenken über Wirkungsnachweis zeigt Wirkung“. Die Projektbeteiligten sollten in gemeinsamen Lernprozessen unterstützt werden, vor allem darin, ein gemeinsames Verständnis über die eigenen Ziele im Team herzustellen, die gewählten Strategien zu hinterfragen, unter schwierigen Bedingungen Prioritäten zu setzen, die Kohärenz einzelner Projektelemente zu gewährleisten, diese zu gewichten und mit ihren finanziellen und personellen Kapazitäten abzugleichen. Externe Evaluatoren können hierbei eine sehr konstruktive Rolle einnehmen. Viele Projekte geraten deshalb in Krisen, weil den Beteiligten das für einen Selbstreflexionsprozess nötige Instrumentarium oder auch ein »facilitator« fehlt, der den Blick von außen auf das Projektgeschehen richten und Teamdiskussionen mit der nötigen Distanz und zielführend moderieren kann.

Auf die Notwendigkeit, Evaluierungsprozesse partizipativ und nach Möglichkeit prozessbegleitend anzulegen, wird inzwischen in nahezu jeder Studie zum Thema hingewiesen. Die Frage ist aber, wie stark dieser Anspruch bisher in der tatsächlichen Evaluierungspraxis eingelöst wird. Geberorganisationen müssen jedenfalls noch stärker als bisher dafür sensibilisiert werden, dass sie nicht nur die Projekte durch Weiterfinanzierung belohnen, die geradlinig verlaufen und vermeintliche kurzfristige, messbare Erfolge nachweisen können, sondern gerade auch solche, die begründen können, warum sie einen Wechsel in ihren Methoden und Strategien und veränderte Schwerpunktsetzungen vornehmen mussten. Hier gibt es eine enge Überschneidung mit Aktionsforschung, die sich ebenfalls auf einen partizipativen Ansatz gründet.

Aktionsforschung

Über einen längeren Zeitraum hin konzipiert, kann Aktionsforschung wertvolle Erkenntnisse über die Möglichkeiten und Grenzen friedensfördernder Ansätze zeitigen. Dies kann aber kaum im Rahmen der Projektdurchführung von den Beteiligten nebenbei geleistet werden. Aktionsforschungsprojekte müssen vielmehr als wissenschaftliche Begleitforschung zusätzlich organisiert werden.9 Das Anliegen der Aktionsforschung ist die vergleichende Erforschung der Bedingungen und Wirkungen verschiedener Formen sozialen Handelns. Sie hat zugleich den Anspruch, soziales Handeln zu beeinflussen, ist also normativ ausgerichtet. Die Problemstellung orientiert sich an konkreten gesellschaftlichen Missständen. Das Forschungsziel besteht nicht vorrangig im Überprüfen theoretischer Aussagen, sondern in der praktischen Veränderung der untersuchten Problemlage. Diese wird als sozialer Prozess aufgefasst, aus dem nicht einzelne Variablen isoliert und als »objektive Daten« erhoben werden, sondern die Datenerhebung selbst wird als Teil des sozialen Prozesses interpretiert.

Aktionsforschungsprojekte entstanden in den 70er Jahren vorwiegend im universitären Bereich sowie in der Randgruppen- und Stadtteilarbeit sowie in Gemeinwesenprojekten in Lateinamerika. Dabei kommen qualitative Ansätze empirischer Sozialforschung zur Anwendung. Das umfasst die Auswertung von Projektberichten, teilnehmende Beobachtung, Einzel- oder Gruppen-Interviews mit Projektbeteiligten und Angehörigen der Zielgruppe, bis hin zu Umfragen. Die Methoden zielen auf direkte Einflussnahme auf das soziale Geschehen ab. Der Forschende gibt vorübergehend seine Distanz zum Forschungsobjekt auf und wird selbst phasenweise stark in den untersuchten Prozess einbezogen. Die Befragten und Beobachteten geben ihre Rolle auf, indem sie sich aktiv an der Zieldiskussion, Datenerhebung und Auswertung beteiligen. Für die Forschenden bedarf es einer genauen Rollenklärung und stetigen Selbstreflexion. Die Distanz muss fortlaufend wieder hergestellt werden, um zu verhindern, dass man sich der Gefahr einer zu starken Identifizierung, aussetzt.10 Aktionsforschung ist also nicht nur bestrebt, Wissen über die Funktionsweise sozialer Zusammenhänge zu akkumulieren und diese besser zu verstehen, sondern sie greift auch praktisch ein, und sie beteiligt die beforschten Akteure durch Rückkopplung der Ergebnisse fortlaufend am Prozess. Wissenschaftliche Erkenntnisse werden so in die Praxis transferiert, Forschungskonzepte und ihre Theoriekonstrukte gleichzeitig einem Praxistest unterzogen.

Nicht jede friedensfördernde Maßnahme kann von einem umfangreichen Forschungsprojekt begleitet werden. Dennoch können und sollten Evaluierungsmaßnahmen mehr sein als ein Prüfbericht für die Akten von Geldgebern und Rechenschaftsbehörden. Eine auf soziales Lernen ausgerichtete Auswertung von friedensbildenden Aktivitäten sollte vom zeitlichen und personellen Umfang her zwischen der Kurzzeitevaluierung und einem ambitionierten, mehrjährigen Forschungsprojekt angesiedelt sein und auf jeden Fall prozessbegleitend und partizipativ angelegt werden (vgl. Lederach, Neufeldt und Culbertson 2007). Ein Essential besteht in der fortlaufenden Rückkopplung der Ergebnisse an die Projektbeteiligten durch Feedback-Workshops und die Diskussion von Zwischen- und Abschlußberichten.

Für eine Verbesserung der Friedenspraxis ist es – insbesondere dann, wenn es sich um komplexe Interventionen handelt – förderlich, wenn sich die Akteure in einer empirisch und theoretisch gestützten Kontextanalyse auch mit den Motiven und Potenzialen der am Konfliktgeschehen beteiligten Parteien und mit den in der Gesellschaft vorhandenen Machtasymmetrien auseinander setzen. Außerdem müssen die Möglichkeiten und Grenzen der externen Einwirkungsmöglichkeiten und die Kapazitäten einheimischer Friedensallianzen realistisch eingeschätzt werden. Nur auf dieser Grundlage kann im Zweifelsfall auch entschieden werden, auf die Durchführung einer Maßnahme gegebenenfalls zu verzichten. Schließlich ist es – im Sinne des Haushaltens mit den eigenen Energien – nicht förderlich und dem Frieden auch nicht unbedingt dienlich, sich mit gut gemeinten Einzelprojekten in konzeptionell verfehlte internationale Statebuilding-Strategien einbinden zu lassen.

Über Aktions- und Evaluierungsforschung hinaus allerdings bedarf es aber auch einer grundsätzlichen Weiterentwicklung der friedenswissenschaftlichen Forschung über internationale Friedensmissionen, die sich nicht in erster Linie an praktischen Problemen der Effektivierung orientiert. Roland Paris hat mit Recht wiederholt darauf hingewiesen, dass eine zu starke oder ausschließliche Policy-Ausrichtung („cult of policy relevance“) die Sichtweise stark verengen kann (Paris 2001, 44). Vielmehr müssen in theoretisch fundierten Analysen auch die den internationalen Missionen zugrunde liegenden weltanschaulichen Prämissen (die sich meist an westlichen Vorstellungen von Staatsmodellen, Demokratisierung und wirtschaftlicher Liberalisierung orientieren) offen gelegt und teilweise hinterfragt werden. Außerdem sollten die globalen Governance-Strukturen, die sich im Zuge dieser Missionen herausbilden, unter Berücksichtigung der in den Internationalen Beziehungen und der Friedensforschung verfügbaren Theorieansätze genauer erfasst werden.

Literatur

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Anmerkungen

1) Siehe dazu etwa das 1994 vom United Nations Research Institute for Social Development mit-initiierte »War-torn Societies Project« (http://www.unrisd.org), die Projekte der US-amerikanischen NGO Collaborative for Development Action (CDA) (http://www.cdainc.com), die »lessons learned workshops« des European Centre for Conflict Prevention (vgl. Galama/van Tongeren 2002), Studien von Church/Shouldice (2002/2003), Paffenholz/Reychler (2005) sowie die »Joint Utstein Study«, die 2002 Friedensförderungsmaßnahmen verschiedener Staaten untersucht hat, um eine bessere Abstimmung und Umsetzung nationaler Peacebuilding-Strategien zu ermöglichen (Smith 2003).

2) Vor allem amerikanische Geber haben Evaluierung groß geschrieben; einer der größten, die Hewlett Foundation, hat die von ihr unterstützten akademischen Einrichtungen und NGOs systematisch zu ergebnisorientierter Evaluierung von Projekten der Friedensförderung und Konflikttransformation aufgefordert (vgl. Kovick 2005). Hewlett hatte sein »Conflict Resolution Program« Mitte der 1990er Jahre zunächst über die USA hinaus auch auf internationale Krisengebiete ausgedehnt, dann aber mit dem Hinweis auf mangelnde Bereitschaft und Fähigkeit der Akteure, ihre Maßnahmen angemessen zu evaluieren, 2004 wieder zurück gefahren.

3) Vgl. Austin/Fischer/Wils 2003; Bloomfield/Fischer/Schmelzle 2005; Neufeldt 2007. Praxishandreichungen wurden hierzulande von der Friedrich Ebert Stiftung (2007), der Gruppe Friedensentwicklung (Spelten 2006a) und im GTZ-Kontext (Leonhardt 2001) erarbeitet.

4) CDA/RPP Issue paper on »negative impacts« (http://www.cdainc.com/rpp/negative_impacts.php). [Das »Reflecting on Peace Practice Project« (RPP), das 1999 als Erfahrungsaustausch zwischen »scholars« und »practitioners« initiiert wurde (Anderson/Olson 2003; Collaborative for Development Action 2008), war ebenso wie das »Local Capacities for Peace Project« (Anderson 2000) darauf ausgerichtet herauszufinden, wie Unterstützung gestaltet werden muss, damit sie zur Stärkung der Kapazitäten lokaler, einheimischer Akteure beiträgt].

5) CDA/RPP Issue Paper on Criteria of Effectiveness, RPP (http://www.cdainc.com).

6) Issue Paper on Criteria of Effectiveness, RPP (http://www.cdainc.com).

7) Vgl. dazu die Ausführungen von Simon (2006, S.87) zur Verfasstheit von Basisorganisationen.

8) Dies lässt sich anhand der »Projektomanie« und der Realität lokaler Akteure in Bosnien-Herzegowina illustrieren (vgl. Fischer 2006, S.168).

9) Einen guten Überblick über das Feld der Aktionsforschung liefern diverse Beiträge in dem Sammelband hg. v. Reason/Bradbury 2006. Vgl. auch Reason 1994, Folger 1999, Kraus 1999, Ross 2000, Newman 2000 sowie die website des »Action Evaluation Research Institute« (http://www.aepro.org). Zum ursprünglichen Ansatz von Kurt Lewin siehe http://www.stangl-taller.at/TESTEXPERIMENT und http://www.stangl-taller.at/ARBEITSBLAETTER/FORSCHUNG.

10) Dies geschieht ggf. durch Supervision und Gespräche mit unbeteiligten Kollegen, die den Projektverlauf hinterfragen.

Dr. Martina Fischer ist Politikwissenschaftlerin und stellvertretende Leiterin am Berghof Forschungszentrum für konstruktive Konfliktbearbeitung in Berlin sowie stellvertretende Vorsitzende des Stiftungsrats der Deutschen Stiftung Friedensforschung und Mitglied im Beirat Zivile Krisenprävention des Auswärtigen Amts und im Beirat des Zentrums für Zivile Friedenseinsätze.

Was erwartet die Friedensbewegung von der Friedensforschung?

Was erwartet die Friedensbewegung von der Friedensforschung?

von Ute Finckh-Krämer

Aus Sicht der Friedensbewegung kann die Friedensforschung zu einer Reihe von theoretisch und praktisch relevanten Fragestellungen, Diskussionen bzw. Aktivitäten beitragen; die folgenden Überlegungen werfen eine Vielzahl entsprechender Aspekte auf, die in den verschiedenen Strömungen der Friedensbewegung kontrovers diskutiert werden oder für deren Tätigkeit mittelbar oder unmittelbar Relevanz haben.

Friedensforschung und Friedensbewegung sind seit Jahrzehnten eng miteinander verbunden. Typisch für diese Verbindung ist etwas, was ich kurz nach Beginn des Kosovo-Krieges erlebt habe: Ulrich Albrecht, Professor am Otto-Suhr-Institut der FU Berlin, analysierte und kritisierte auf einer öffentlichen Veranstaltung im Friedenszentrum Martin-Niemöller-Haus die politischen Entscheidungen, die zur militärischen Eskalation des Konfliktes geführt hatten. Schließlich meldete sich ein Student und sagte sinngemäß: „Wenn Sie keine fundamentalen Fehler der Politiker gefunden hätten, wären Sie denn dann für den Krieg?“. Ulrich Albrecht antwortete mit einem kurzen Satz: „Nein, dann wäre ich immer noch dagegen, weil ich Pazifist bin.“

Dieses Beispiel illustriert zwei zentrale Dinge, die die Friedensbewegung von der Friedensforschung erwartet: Erstens die Bereitschaft und Fähigkeit, zu den Themen, die für die Friedensbewegung gerade politisch aktuell sind, wissenschaftlich fundiert und für NichtwissenschaftlerInnen verständlich zu schreiben oder zu reden. Und zweitens eine innere Verbundenheit zum Anliegen der Friedensbewegung, was nicht unbedingt heißt, dass sich alle FriedensforscherInnen wie Ulrich Albrecht explizit als PazifistInnen definieren müssen. Aber die Bereitschaft, Krieg als Mittel der Politik grundsätzlich in Frage zu stellen und ein ernsthaftes Interesse an gewaltfreier Konflikttransformation sind aus meiner Sicht Grundvoraussetzungen für ein Engagement in der Friedensforschung.

Friedensforschung und Friedensbewegung

Von welcher Definition von Friedensforschung und Friedensbewegung gehe ich dabei aus? Friedensforschung definiere ich in Anlehnung an die Selbstdarstellung der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung (AFK) als wissenschaftliche Aktivitäten, die zu einem vertieften Verständnis der Ursachen von Frieden und Krieg beitragen und Grundlage für eine am Frieden orientierte politische Praxis sein sollen. Als zur Friedensbewegung gehörig sehe ich alle Gruppen und Organisationen an, die (wie es der Bund für Soziale Verteidigung kurz und prägnant formuliert) als Schwerpunkt ihrer Arbeit Militär und Rüstung abschaffen wollen oder dafür eintreten, dass Konflikte gewaltfrei ausgetragen werden. Friedensforschung und Friedensbewegung haben also gemeinsam, dass sie sich einerseits kritisch mit Rüstung/Militär/Krieg auseinandersetzen und andererseits nach Wegen suchen, Gewalt zu verringern bzw. zu überwinden, die Grundlagen für dauerhafte Friedensprozesse zu schaffen bzw. diese zu unterstützen. Sie unterscheiden sich aber in ihrem Ansatz: Die Friedensforschung untersucht und beschreibt weitgehend unabhängig von tagespolitischer Aktualität Krieg und Frieden in ihren Erscheinungsformen und Gesetzmäßigkeiten, arbeitet mit vielfältigen analytischen und empirischen Methoden und stellt ihre Ergebnisse so dar, dass sie für andere WissenschaftlerInnen und interessierte Laien nachvollziehbar und überprüfbar sind. Kernanliegen der Friedensbewegung ist es dagegen, im Sinne eigener Überzeugungen – die von den Erkenntnissen der Friedensforschung beeinflusst sein können, aber nicht müssen – aktuelle politische Prozesse zu beeinflussen. Auffällig ist, dass sowohl in der Friedensforschung als auch in der Friedensbewegung der Themenkomplex Rüstung/Militär/Krieg oft die Oberhand gewinnt. Die Jahrbücher des berühmten Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI) tragen trotz des eindeutigen Namens des Instituts nicht zufällig den Untertitel »Rüstung, Abrüstung und internationale Sicherheit«. Und auf den einschlägigen Treffen der deutschen Friedensbewegung stehen derzeit zwei Themen ganz oben auf der Agenda: Der Krieg in Afghanistan und das NATO-Jubiläum im Frühjahr 2009.

Formen der Unterstützung

Wie kann und soll die Friedensforschung also die Friedensbewegung oder Teile davon unterstützen? Wichtig ist für die Friedensbewegung zunächst die Bereitschaft, auf Veranstaltungen oder Seminaren friedenspolitische Fachkunde einzubringen. Außerdem sind fachlich fundierte und gleichzeitig für NichtwissenschaftlerInnen verständliche Texte – möglichst in deutscher Sprache – mit Sachinformationen zu politisch aktuellen friedenspolitischen Themen für uns oft sehr hilfreich. Solche Themen sind derzeit z.B.:

Die Auslandseinsätze der Bundeswehr und das Zusammenspiel mit zivilen Aktivitäten in den entsprechenden Ländern, insbesondere Bosnien, Kosovo, Kongo, Afghanistan;

Die NATO, ihre Strategie und ihre Rolle in der europäischen und weltweiten Politik (Osterweiterung, Kosovo-Krieg, Afghanistan-Krieg);

Rüstungskontrollabkommen samt ihren Einschränkungen und Lücken, insbesondere zu Landminen/Streubomben, Atomwaffen (z.B. Nichtverbreitungsvertrag), Kleinwaffen, Raketenabwehr;

ehemalige und bestehende Atomwaffenstandorte in Deutschland/Europa und die Konsequenzen ihrer Schließung;

Die europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) und die in ihrem Rahmen durchgeführten bzw. geplanten Missionen (z.B. Bosnien-Herzegovina, Kosovo, Makedonien), die europäische Sicherheitsstrategie (ESS) und die Struktur der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP) im Vertrag von Lissabon.

Stellvertretend für viele andere seien hier die umfassenden, verständlichen Darstellungen zum jeweiligen Arbeitsschwerpunkt durch das Tübinger Institut für Friedenspädagogik oder die Hamburger Arbeitsgemeinschaft Kriegsursachenforschung (AKUF) genannt. Wichtig ist für uns ggf. auch, dass Texte mit Sachinformationen zu aktuellen Themen für unsere Medien zur Verfügung gestellt werden.

Genauso wichtig wie die Darstellung der Fakten ist die Analyse, die darauf aufbaut. Mögliche aktuelle Fragestellungen sind z.B.:

Die Erforschung und Offenlegung der impliziten Annahmen und Analogschlüsse, die dem deutschen und europäischen Engagement in Krisen- und Konfliktregionen zu Grunde liegt, insbesondere (aber nicht ausschließlich) den Konzepten des »state-building«, des »peace-building« oder der »Demokratisierung«.

Hilfe beim Hinterfragen von Zahlen und Thesen, die PolitikerInnen in die Welt setzen, z.B.: Sind im Bundeshaushalt 2007 wirklich 3,2 Milliarden Euro in die zivile Konfliktbearbeitung geflossen, wie von Winni Nachtwei unter Berufung auf das Büro von Alexander Bonde behauptet (und seitdem immer wieder unhinterfragt zitiert) wird?

Hat die Stationierung einer UN-Friedenstruppe in Makedonien wirklich einen Bürgerkrieg verhindert? Oder die Friedenstruppen im Kongo die Wahlen erst ermöglicht?

Können Wiederaufbauprojekte wirklich „militärisch abgesichert“ werden oder ist das ein Widerspruch in sich?

Schließlich ist auch eine kritische Auseinandersetzung mit friedenspolitischer Auftragsforschung wie der „Wirkungsuntersuchung in Nordafghanistan“ der FU Berlin oder mit sicherheitspolitischen Beratungspapieren politikwissenschaftlicher Institute und Stiftungen wichtig (auf Euch hören sie vielleicht, auf uns nicht).

Gewaltfreie Konflikttransformation

Die Auseinandersetzung mit Krieg und Frieden im Mainstream der deutschen und internationalen Politik ist aber, wie oben erwähnt, nur das eine große Anliegen der Friedensbewegung. Das andere ist der Einsatz für gewaltfreie Konflikttransformation, der meist mit konkretem Engagement auf der Graswurzelebene einhergeht (sei es im eigenen Land, sei es in Konfliktregionen). Wichtige Themen für dieses Arbeitsgebiet der Friedensbewegung sind:

Unterstützung bei der Festlegung, Analyse und Abgrenzung von Begriffen bzw. Definitionen im weitesten Sinne. Was wäre aus wissenschaftlicher Sicht z.B. eine sinnvolle Definition für »zivile Krisenprävention«, wie unterscheidet sich diese ggf. von der Verwendung des Begriffes durch Politik und Verwaltung, hat sich eine Definition im Lauf der Zeit verändert, wenn ja, wie und durch welche Einflüsse? Ist das »Do-no-harm-Prinzip« ein sinnvoller Ansatz, taugt es eher für staatliche oder nichtstaatliche Akteure?

Welche Vor- und Nachteile hat es für die Friedensbewegung, wenn sie bestimmte wissenschaftliche Definitionen übernimmt, welche Vor- und Nachteile hat es, bestimmte Begriffe oder Schlagworte der offiziellen Außen-, Entwicklungs- oder Sicherheitspolitik aufzugreifen?

Die Analyse und Beschreibung gelungener Friedensprozesse, auch und gerade von Beispielen, wo ausländische Akteure mit zivilen statt militärischen Mitteln agiert haben (»best practice der zivilen Konfliktbearbeitung«).

Für die Organisationen, die konkrete Projekte in Konfliktgebieten betreuen, Unterstützung bei der Evaluation dieser Projekte und eine kritische Aufarbeitung der Evaluationsmethoden der Geldgeber, auf die wir für manche dieser Projekte angewiesen sind (BMZ, zivik, EU-Förderprogramme, Stiftungen).

Fundierte Auseinandersetzung mit unseren scheinbar einleuchtenden Argumenten der Form „Prävention ist billiger als Intervention, ziviles Handeln kostengünstiger als militärisches“ – lässt sich das analytisch fassen, wenn ja, wie?

Beachtung für die Streitthemen in der Bewegung, die können spannenden Stoff für die Forschung abgeben – z.B. „Braucht Frieden wirklich Fachleute?“ oder „Ist Human Security ein friedensfördernder oder ein Krieg rechtfertigender Gedanke?“.

Bewegungsberatung

Schließlich wäre innerhalb der Friedensforschung auch Forschung über die Friedensbewegung analog zur »Bewegungsforschung« von Dieter Rucht denkbar und aus meiner Sicht wünschenswert (Bewegungsberatung statt oder ergänzend zur Politikberatung). Hierbei könnten beispielsweise folgende Fragen beantwortet werden:

Welche Kampagnen oder Initiativen der Friedensbewegung waren erfolgreich, welche Argumente und Aktionsformen haben Wirkung gehabt?

Was für Projekte in Konfliktregionen können von Organisationen der Friedensbewegung mit Aussicht auf Erfolg durchgeführt werden, welche haben Alibi-Charakter oder richten sogar mehr Schaden als Nutzen an?

Welche Rolle hat das Thema Wehrpflicht und Kriegsdienstverweigerung in der Geschichte der deutschen Friedensbewegung gespielt, auch und gerade als Mobilisierungsfaktor für junge Männer; welche Konsequenzen ergeben sich daraus, dass das Anerkennungsverfahren für Kriegsdienstverweigerer wesentlich einfacher geworden ist und deutlich weniger junge Männer tauglich gemustert werden als früher?

Welche Funktion haben das Engagement gegen etwas (Atomwaffen, Rüstungsexporte, Auslandseinsätze der BW) und das Engagement für etwas (ZFD, Kultur des Friedens, gewaltfreie Konflikttransformation) und wie behindern oder ergänzen/verstärken sie sich gegenseitig?

Setzen wir unsere Schwerpunkte richtig, ist das intensive und zeitaufwändige Engagement gegen Rüstung, Militär und Krieg tatsächlich unabdingbare Voraussetzung dafür, eine Friedenspolitik zu erreichen, die diesen Namen verdient, oder ist es an der Zeit, hauptsächlich dafür zu kämpfen, dass die in den letzten Jahrzehnten gewonnenen Erkenntnisse über die Voraussetzungen von dauerhaften Friedensprozessen politisch umgesetzt werden?

Ist es in jedem Fall richtig, sich auf Aktionen zu konzentrieren, oder gibt es Themen, bei denen wir mehr Zeit auf das Beobachten, Dokumentieren und Analysieren verwenden sollten als bisher? Wenn ja, wie können wir das unseren Mitgliedern und UnterstützerInnen vermitteln?

Welche Stärken und Schwächen haben große Organisationen mit kleinem gemeinsamem Nenner bzw. kleine Organisationen mit hoher persönlicher Identifikation und Fachkompetenz?

Hängt die Glaubwürdigkeit von Organisationen, die sich für konstruktive Konfliktbearbeitung einsetzen, daran, in welchem Maße sie selber dazu in der Lage sind, innere und äußere Konflikte konstruktiv zu bearbeiten, oder interessiert das nur einen kleinen Kreis von gewaltfreien »ÜberzeugungstäterInnen«?

Welche Stärken und Schwächen haben vergangene oder aktuelle Bündnisse?

Welche Vor- und Nachteile hat eine Zusammenarbeit mit offizieller (Partei-) Politik?

Unter welchen Bedingungen ist es sinnvoll, Begriffe des politischen Mainstreams zu nutzen, wann ist es wichtig, ihnen eigene Begriffe entgegenzusetzen?

Wie können wir verhindern, dass unsere Begriffe und Konzepte umgedeutet oder missbraucht werden?

Mit einem solchen Forschungsansatz könnte das Verständnis für die komplizierten und kleinteiligen Strukturen, die vielen verschiedenen Denk- und Handlungsansätze der Friedensbewegung wachsen. Nehmt uns bitte ernst, versucht, zu verstehen, warum wir so sind, wie wir sind, diskutiert auf Augenhöhe mit uns, wie wir unser Anliegen besser vertreten könnten, ohne unsere Identität zu verlieren.

Transfers

FriedensforscherInnen sind ja meist nicht nur in der Forschung einschließlich der Veröffentlichung ihrer Ergebnisse, sondern auch in der Lehre tätig. In diesem Zusammenhang wünschen wir uns, dass StudentInnen, die ein Wahl- oder Pflichtpraktikum in einem einschlägigen Studiengang machen wollen oder müssen, auf Praktikumsmöglichkeiten in friedenspolitischen Organisationen hingewiesen werden.

Das unmittelbare Interesse an politisch aktuellen Einzelthemen sollte aber den Blick nicht verstellen für das, was im wissenschaftlichen Bereich eher möglich ist als in der politischen Basisarbeit und was sich vielleicht kurzfristig nicht nutzen lässt, langfristig gesehen aber unverzichtbar ist: den Blick über die politisch aktuellen Themen hinaus zu öffnen, Grundsatzfragen und Grundbegriffe zu diskutieren, langfristige Entwicklungen nachzuzeichnen oder irgendwann entstandene und immer wieder zitierte Gewissheiten radikal hinterfragen. Nicht Auftrags- oder angewandte, sondern Grundlagenforschung zu Begriffen wie Krieg und Frieden, Abrüstung oder Konflikttransformation.

Da stellt sich dann schnell die Frage: Wie kann man eine solche kritisch-hinterfragende und aktuell-reagierende Forschung überhaupt ermöglichen, in Zeiten wo ein stark wachsender Anteil der Forschung über Projektmittel läuft? Braucht die Friedensbewegung eigenständige Forschungsstrukturen, die institutionell abgesichert sind? Wenn ja, wie könnte eine solche Absicherung aussehen, wie könnten die Mittel dafür gesichert werden? Braucht es mehr unabhängige und dauerhaft gesicherte Stellen im universitären Bereich, um die Freiheit der Forschung zu gewährleisten? Wenn die Friedensbewegung Erwartungen an die Friedensforschung richtet, sollte sie sich dann umgekehrt dafür engagieren, dass die Friedensforschung deutlich mehr verlässliche Ressourcen erhält als bisher? Oder würde eine solche Unterstützung von unserer Seite der Friedensforschung mehr schaden als nützen?

Trotz knapper Ressourcen: Mit den meisten, wenn nicht allen der von mir genannten Themen hat sich vermutlich schon irgendwo in Deutschland jemand aus der Friedensforschung befasst. Vielleicht wurde nur in einem Seminar darüber diskutiert und das Ergebnis auf eine Seminarhomepage gesetzt, vielleicht gibt es eine oder mehrere Zeitschriften-Veröffentlichungen dazu, vielleicht gibt es sogar eine umfangreiche wissenschaftliche Debatte um das eine oder andere Thema, die sich in verschiedenen Publikationen in verschiedenen Medien niedergeschlagen hat. Aber wie sollen die, die nicht direkt an dem entsprechenden Seminar, der Forschungsgruppe, der Kontroverse beteiligt waren und die nicht täglich in einer Institutsbibliothek nachschauen können, welche Themen die friedenspolitischen Zeitschriften gerade behandeln, die Ergebnisse finden können? Suchmaschinen reichen dafür oft nicht aus. Mein großer Traum ist daher ein gemeinsames Portal der universitären und außeruniversitären Friedensforschungseinrichtungen in Deutschland, über das mit einer Suchmaske über alle Publikationen, Datenbanken, Forschungsberichte, Vorlesungsskripte der deutschen Friedensforschung recherchiert werden kann. Nach dem Vorbild von »PortalU« im Umweltbereich (http://www.portalu.de/) – und das wäre vermutlich ein Projekt für einen klassischer Drittmittelantrag.

Dr. rer. nat. Ute Finckh-Krämer ist Mathematikerin und derzeit beruflich in der Informationstechnik tätig. Seit gut 30 Jahren friedenspolitisch aktiv, war sie Gründungsmitglied des Bundes für Soziale Verteidigung, dessen Vorsitzende sie seit drei Jahren ist.

Politikberatung der Friedens- und Konfliktforschung

Politikberatung der Friedens- und Konfliktforschung

nicht immer friktionsfrei und erfolgreich

von Herbert Wulf

Die Friedens- und Konfliktforschung hat nicht nur den hohen Anspruch, die Ursachen von Krisen, Konflikten und Kriegen zu erklären und auf der Basis solider wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Problemlösung einen Beitrag zu leisten, sondern sie will darüber hinaus auch durch Politikberatung die Erkenntnisse möglichst anwendungsorientiert und damit effektiv und nachhaltig umsetzen. Wie ist es um dieses Anliegen bestellt?

Friedensforschung will zu drängenden politischen Lösungen einen Beitrag leisten und versucht dies auch durch die Beratung der Politik. In ihrer Eigendarstellung will Friedensforschung Vorschläge entwickeln, wie die Ursachen von Konflikten frühzeitig erkannt werden können und so der gewaltsamen Austragung oder gar der kriegerischen Auseinandersetzung vorgebeugt werden kann. In Deutschland zielt die Friedens- und Konfliktforschung auf politische Regelungen ab und geht davon aus, dass die Politik, aber auch Medien, Verbände, Kirchen und andere Organisationen der Zivilgesellschaft die Forschungsergebnisse zur Kenntnis nehmen und nutzen. Vor allem Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik stehen im Zentrum der Forschung – selbstverständlich mit dem Postulat, durch praxisnahe Untersuchungen und Interpretationen einen Beitrag zur Friedensverträglichkeit dieser Politiken zu leisten. Politiknahe und auf Problemlösung zielende Analysen kennzeichnen nach dem Verständnis der Friedens- und Konfliktforschung die eigene Arbeit.

Besonders deutlich wird der Anspruch der Politikberatung in den jährlich erscheinenden Friedensgutachten formuliert. Die Initiatoren des Friedensgutachtens, das von fünf Instituten der Friedens- und Konfliktforschung erstellt und der Öffentlichkeit zur Jahresmitte vorgestellt wird, haben mit Bedacht den Titel »Gutachten« gewählt. In dem 1987 erstmals erschienenen Friedensgutachten hieß es: „Zu einer Reihe wichtiger Fragen werden von Experten Gutachten für den politischen Entscheidungsprozess und die öffentliche Diskussion erstellt… Zum Thema »Frieden« gibt es das bisher nicht.“ 1 Diese Lücke sollen die Friedensgutachten schließen.

Die Verantwortlichen des Friedensgutachtens knüpften damals und knüpfen bis heute mit dem jährlichen Bericht an die Tradition und Praxis der Gutachten der Wirtschaftsforschungsinstitute an und wollen – wie die Ökonomen – die Politik beraten und in ihrem Sinne beeinflussen. Ebenso wie in der Wirtschaftspolitik – das hat die Erfahrung mit inzwischen mehr als 20 Friedensgutachten gezeigt – werden die Empfehlungen aber nicht immer gerne gehört oder gar angenommen und implementiert.

In den Gutachten werden immer Empfehlungen ausgesprochen, die in der Regel an die politischen Akteure in der Absicht gerichtet sind, sie zum Handeln (sei es in Fortsetzung bestehender Politiken oder deren Änderung) zu bewegen. Im Jahr 2008 widmete sich das Friedensgutachten in einem Schwerpunkt mit kritischen Analysen der neuen Hochrüstung und argumentierte im Vorwort, „dass die Europäer bei der zivilen Konfliktregelung und der politischen Stabilisierung von Krisenregionen über Alternativen zur Hochrüstung verfügen.“ 2 Der Blick ist dabei klar auf die europäische Sicherheitspolitik als Alternative zu der des amerikanischen Präsidenten Bush gerichtet. Im Jahr zuvor griff das Friedensgutachten in die Debatte um die Auslandseinsätze der Bundeswehr ein und hinterfragte mit einer Stellungnahme und neun Einzelbeiträgen deren Sinn. Man wollte die Rolle der Bundeswehr im Ausland auf den Prüfstand stellen. Doch bislang blieben diese kritischen Rückfragen der Forschungsinstitute politisch weitgehend folgenlos.

Die Friedensgutachten, wie auch andere Arbeiten der Friedens- und Konfliktforschung, werden heute von der Politik in Deutschland wahrgenommen. Aber ist damit eine wirksame Politikberatung installiert worden? Bei der Vorstellung des Friedensgutachtens ist es fast schon zum Ritual geworden, dass sich Regierung und Opposition die jeweils in ihr Konzept passenden Empfehlungen herauspicken und öffentlichkeitswirksam als Bestätigung ihrer Politik hochhalten.

Als im Jahr 2000 die Bundesregierung die finanziellen Mittel zur Gründung der Deutschen Stiftung Friedensforschung bereitstellte, geschah dies mit der ausdrücklichen und eindeutigen Begründung und Erwartung der notwendigen Verstärkung und Verstetigung der Politikberatung. In einer Presseerklärung des Bundesforschungsministeriums vom 13. Oktober 2000 wird die damalige Ministerin Bulmahn mit dem Satz zitiert: „Die Deutsche Stiftung Friedensforschung soll ein neues Instrument der Politikberatung sein und die Bundesregierung bei der Krisenprävention und Konfliktbeilegung unterstützen…Ich erwarte von der Friedensforschung Analysen und Konfliktlösungsstrategien für eine Politik der Friedensgestaltung.“ 3

Wie kann eine konstruktive Politikberatung funktionieren? Politikberatung ist ein potentielles »Minenfeld«, da sie geprägt ist von unerfüllbaren, manchmal falschen Erwartungen. Während die Forschung daran orientiert sein sollte, die richtigen Fragen zu stellen, wollen Politiker ihren Wählern Antworten geben. Es ist daher erforderlich, sich zwischen Wissenschaft und Politik über die gegenseitigen Erwartungen an Politikberatung zu verständigen oder sich zumindest darüber im Klaren zu sein, was die Forschung zu leisten im Stande ist und was die Politik umsetzen kann.

Praxisferne Forschung – politische Patentrezepte?

Wenn sich Politiker und Wissenschaftler über die Möglichkeiten und den Nutzen der Politikberatung austauschen, tauchen über kurz oder lang zwei extreme Positionen auf: Da ist von der »Wissenschaft im Elfenbeinturm« die Rede – und mit dieser Metapher soll angedeutet werden, dass die angebotenen wissenschaftlichen Ergebnisse keine oder nur geringe Relevanz für die reale Welt haben und den Politikern für die zu treffenden Entscheidungen keine wirkliche Grundlage liefern. Die Forderung der Politiker lautet dann, wirklich praxisorientierte wissenschaftliche und verständliche Ergebnisse zu liefern. Das andere Extrem, oder Klischee, ist das Bild des Politikers, der fertige »Rezepte« haben möchte – Vorschläge von Wissenschaftlern, die sofort und unmittelbar in der politischen Praxis umgesetzt werden können. In der Regel ist weder das Bild vom »Elfenbeinturm«, noch das Bild der fertigen »Patentrezepte« korrekt, aber beide Positionen enthalten vielleicht doch auch ein Körnchen Wahrheit, da Politiker und Wissenschaftler unterschiedliche Ansprüche und auch Aufgaben haben. Oftmals besteht tatsächlich ein Graben zwischen »wissenschaftlich« orientierter Politikberatung und »praktischer« Anwendung.

Eine erste Schlussfolgerung für die Arbeit der Friedens- und Konfliktforschung lautet daher: Wenn Politiker und Wissenschaftler von der angestrebten Politikberatung zu den Themen Kriege, Konflikte, Frieden, Sicherheit – also das, was herkömmlich in der Friedens- und Konfliktforschung bearbeitet wird – nicht enttäuscht werden wollen, sollten sie die gegenseitigen Erwartungen und Wahrnehmungen klar definieren.

Erwartungen der Politik

Was sind die Erwartungen auf Seiten der Politiker? Sie wollen mit Informationen versorgt werden; sie möchten Konzepte und Optionen für mögliche Handlungsweisen erhalten, um auf dieser Basis »richtige« Entscheidungen treffen zu können. Aber wird der Rat – sofern er bei Wissenschaftlern verfügbar ist – auch wirklich gewollt und angenommen? Einige Beispiele zur Illustration: Vor dem Genozid in Ruanda im Jahr 1994 haben Ethnologen, Länder- und Regionalexperten, Entwicklungshelfer und Konfliktforscher rechtzeitig vor der dramatischen und sich eskalierenden Konfliktsituation gewarnt. Es gab keinen Mangel an Informationen und Frühwarnindikatoren. Aber Ruanda war für die große Politik uninteressant, irrelevant – bis eben das Schlachten von Hunderttausenden Menschen in vollem Gange war. Hier wurden Information, Rat und Warnung ignoriert.

Zweites Beispiel: der Krieg im Kosovo. Zu den im Kosovokonflikt erforderlichen Maßnahmen (generell zum Thema so genannter humanitärer Interventionen oder der Schutzverantwortung »responsibility to protect«) prallten und prallen die unterschiedlichen Auffassungen von Friedensforschern genau so unversöhnlich aufeinander wie die der Politiker. Auf welchen Rat hätten denn die Entscheidungsträger vor dem Kosovokrieg hören sollen, wenn sie denn überhaupt einen Rat hätten hören wollen? Auf die Befürworter einer strikten Einhaltung des Völkerrechts und damit der Ablehnung des Krieges oder auf die Friedensforscher, die glaubten, die Intervention sei aufgrund moralisch und ethisch gebotener Verpflichtung zwingend erforderlich? Vielleicht ist ja das Beispiel Krisenprävention – ein Gebiet auf dem derzeit ein Dialog zwischen Politik, Wissenschaft und Zivilgesellschaft stattfindet – ein positives Beispiel.

Eine zweite Schlussfolgerung lautet daher: Friedens- und Konfliktforscher haben längst nicht immer qualifizierten Rat zur Hand. Als Wissenschaftler sollten wir aufrichtig genug sein zuzugeben, dass sich nicht alle politischen Probleme nach wissenschaftlichen Kriterien bearbeiten lassen. Ebenso, dass Wissenschaft fehlerhaft sein kann. Dies sollte auch von den Politikern bedacht werden, die Politikberatung durch die Friedens- und Konfliktforschung erwarten.

Erwartungen der Friedensforschung

Welche Ziele verbinden Friedensforscher mit Politikberatung und was erwarten sie von den Politikern? Sie wollen die politische Spitze mit Informationen versorgen. Sie wollen nicht nur beraten, sondern möchten auch, dass die Politiker ihrem Rat folgen. Sie wollen Politik beeinflussen – und dies auf der Basis wissenschaftlicher Erkenntnisse. Ein konkretes Beispiel illustriert, wie dies in der Praxis funktioniert. Ende 1999 hatte die Bundesregierung die Rüstungsexportrichtlinien, die die sozialliberale Koalition 1982 verabschiedet hatte und mit der die Regierung Kohl 16 Jahre prima ihre expansive Rüstungsexportpolitik hatte betreiben können, überarbeitet. In der ersten Überarbeitung wurden nur Marginalien verändert. Als es an der grünen Basis Proteste gab und sich ein ernster Konflikt innerhalb der rot-grünen Koalition anbahnte, lud Außenminister Fischer ein gutes Dutzend Nichtregierungsorganisationen und Friedensforscher zu einem Gespräch ein und registrierte mit großer Aufmerksamkeit deren Argumente. Die dann neu erarbeiteten restriktiveren Rüstungsexportrichtlinien waren ein wirklicher Fortschritt. Bei einer Reise Fischers nach Südafrika drei Monate später erinnerten dann einige der damals Beteiligten an die Richtlinien und kritisierten die deutschen Rüstungsexporte nach Südafrika. Eine abwinkende Handbewegung des damaligen Außenministers war die einzige Reaktion. Um diese Rüstungsexporte werden noch heute in Südafrika Prozesse geführt, weil dort hochrangigen Politikern und Ministerialbeamten vorgeworfen wird, für Kickbackzahlungen die Hand aufgehalten zu haben.

Deshalb ist eine dritte Schlussfolgerung zu ziehen: Politiker handeln oft nur, wenn der Druck groß genug ist. Ob man ihnen beibringen kann, nicht nur dann zuzuhören, wenn der Rat genehm ist, ist fraglich. Auch bei der Politikberatung im Rahmen der Friedens- und Konfliktforschung sind weiterhin Enttäuschungen programmiert, wenn nicht die gegenseitigen Erwartungen realistisch eingeschätzt werden.

Strukturprobleme

Zwei strukturelle Probleme sollten erwähnt werden: Erstens, die Wissenschaft in Deutschland, auch die Friedens- und Konfliktforschung, ist stärker als in vielen anderen Ländern von öffentlicher Finanzierung abhängig. In ihrer Selbsteinschätzung räumen viele Friedensforscher als Reaktion hierauf der Zielvorgabe »Wissenschaftlichkeit« stärkeres Gewicht ein, als etwa »Politiknähe« oder »Medienpräsenz«. Durch wissenschaftlich fundiertes Arbeiten hofft man, nicht in politische Abhängigkeiten zu geraten. Hinzu kommt, dass die Wissenschaftler das politische System zu Recht in vielen Bereichen als träge, ineffektiv und ineffizient einschätzen, obwohl heute technische Rationalität und Machbarkeit groß geschrieben werden. Sie fürchten, ihre Ergebnisse könnten zwar als relevant eingestuft werden, jedoch im politischen Prozess nicht wirklich Eingang finden.

Zweitens kann man eine deutliche Beratungs- und Planungsresistenz der politischen Eliten feststellen. Und je länger die Regierungszeit einer Partei oder Koalition andauert, desto stärker rücken die administrativen Reflexe der Politik in den Vordergrund. Um so schwieriger wird es, Beratung kompetent in den politischen Prozess einzubringen. Hinzu kommt, dass in der heutigen Mediengesellschaft ein deutlicher Bedeutungszuwachs von Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zu spüren ist, dem Beratungskapazitäten entweder zum Opfer fallen oder aber die für die jeweiligen politischen Ziele eingespannt werden können. Es geht also weniger um sachliche Beratung als vielmehr um die Verstärkung der eigenen politischen Positionen.

In diesem Kontext ist an die Erkenntnis des großen Sozialwissenschaftlers Karl W. Deutsch zu erinnern, der die Erwartungen des Politikers an wissenschaftliche Politikberatung mit dem Verhältnis zwischen einem Laternenpfahl und einem Betrunkenen verglich: Der Politiker sucht, so Deutsch, keine Erleuchtung, sondern Halt und Unterstützung.

Die vierte Schlussfolgerung lautet: »Wissenschaftlichkeit« und »Politikberatung« sind kein Gegensatz. Im Gegenteil, qualifizierte Politikberatung muss auf der Basis solider wissenschaftlicher Ergebnisse erfolgen. Will man das unproduktive Paar der »hilflosen Berater« auf der einen und der ratlosen, oder »ratunwilligen Politiker« auf der anderen Seite auflösen, um daraus eine produktive Zusammenarbeit zu entwickeln, dann muss man sowohl gegen die subjektiven Verhaltensweisen oder gar Vorurteile auf beiden Seiten als auch gegen die strukturellen Hindernisse angehen. Aber das ist leichter gesagt als getan.

Gefahren

Auf zwei Gefahren sei hingewiesen: Erstens, was tun Politiker, wenn sie keine – in ihrem Sinne – ordentliche Beratung von Wissenschaftlern erhalten, sich gleichzeitig aber immer wieder bei ihren Wählern legitimieren müssen? Sie suchen sich die Leute, die ihnen diese Legitimation liefern. Das sind die Gutachter, seit einigen Jahren zunehmend auch die Unternehmensberater, die Consultingfirmen. Sie sind die neue Priesterkaste, die meist sehr viel genauer hinhört, was denn von ihnen erwartet wird und welche Ergebnisse gewünscht werden. Dafür werden sie dann auch besser bezahlt als die Wissenschaftler. Die zweite Gefahr: Effiziente und korrekte Politikberatung hat nichts mit Parteipolitik zu tun. In den USA konnte man im letzten Jahrzehnt bei den Konservativen deutlich erkennen, dass sich parteipolitische Berater nicht an Objektivität oder gar Wahrheitssuche orientieren. Vielmehr entsteht zumeist eine Kombination aus ideologischer Vernebelung und politischer Überzeugungsarbeit. Dies ist Lobbyismus, der oft entscheidend für Wahlen oder auch Gesetzesinitiativen ist, nicht aber solide Politikberatung.

Die fünfte Schlussfolgerung lautet: Die Lieferung von Ergebnissen, die gerne gehört werden und erwünscht sind, mag zwar kurzfristig für Politiker und Wissenschaftler verführerisch und oft auch lukrativ sein. Die Friedens- und Konfliktforschung sollte sich jedoch hiervor hüten, selbst auf die Gefahr hin, dann gar nicht gehört zu werden. Beide Seiten, Politik und Wissenschaft, müssen erkennen, dass es auch einen Bedarf an langfristig wirksamer und nachhaltiger Politikberatung gibt.

Wissenschaftliche Sprache

Die Komplexität heutiger politischer Probleme erfordert Expertenwissen. Doch ist scheinbare Komplexität zum Teil auch das Resultat einer mystifizierenden, technischen Sprache, die – häufig durchaus beabsichtigt – jene einschüchtert, die versuchen, sich mit den Experten auseinander zu setzen. Ohne Zugang zu politischen Expertisen (oder Gegenexpertisen) kann heute weder Politik gemacht werden, noch können Interessengruppen ohne diesen Zugang am politischen Prozess teilnehmen, geschweige denn auf effiziente Weise. Gegenwärtig hat die wachsende Bedeutung des Expertenwissens und der technischen Einrahmung politischer Fragen die Folge, dass die Bürgerbeteiligung, ein wesentlicher Aspekt der Demokratie, marginalisiert wird, weil sich die Experten in den Vordergrund schieben und sich nicht allgemein verständlich ausdrücken können oder wollen.

Die sechste Schlussfolgerung lautet: Will Friedens- und Konfliktforschung dem eigenen Anspruch nach effizienter Politikberatung gerecht werden, muss sie zu der Entmystifizierung des technokratischen Expertenwissens einen Beitrag leisten und Ergebnisse publizieren, die nicht nur für die politische Klasse nachvollziehbar oder nutzbar sind, sondern auch von der Öffentlichkeit, insbesondere der Zivilgesellschaft verstehbar und damit verwertbar sind.

Praxisbezug

Wem diese Aussagen zu abstrakt sind, der mag die folgenden konkreten Vorschläge – die sicherlich fast beliebig ergänzt und erweitert werden können – bedenken. Sie sollen andeuten, wie Politikberatung im Rahmen der Friedens- und Konfliktforschung produktiver organisiert werden kann.

Politikberatung sollte kein gesonderter Schwerpunkt der Forschung sein; stattdessen sollten sich die Forscher eines jeden Forschungsprojektes fragen, welchen Stellenwert der Praxisbezug, die Politikrelevanz und die Anwendungsorientierung als integraler Bestandteil der Forschung haben.

Bei großen amerikanischen Stiftungen wird für jeden Forschungsantrag, den man vorlegt, verlangt, eine Aussage zu »dissemination« und »outreach« zu machen. Das heißt, die Verbreitung der Ergebnisse ist integraler Teil der Arbeit, der auch honoriert wird (sowohl in der Anerkennung als auch in den zur Verfügung gestellten Finanzmitteln). Die Forschungsförderung in Deutschland wäre gut beraten, Ähnliches von Antragstellern zu verlangen, damit der Transfer von der Forschung in die Praxis funktioniert. Man sollte nicht voraussetzen, dass sich die Wissenschaftler schon irgendwie oder automatisch um die Umsetzung der Ergebnisse kümmern.

An die Art der Präsentation wissenschaftlicher Ergebnisse müssen hohe Ansprüche gestellt werden: also keine Produktion von Buchstabenwüsten für das Bücherregal. Gefordert sind ansprechende Präsentationen!

Wissenschaftsjournalisten könnten vielleicht eine Brücke zwischen Wissenschaft und Politik bzw. Wissenschaft und Öffentlichkeit schlagen.

Die Fehlwahrnehmungen und falschen Erwartungen hinsichtlich der Möglichkeiten von Politikberatung sind auf beiden Seiten, bei Politik wie Wissenschaft, zu groß, um annehmen zu können, dass sich diese Kluft schon irgendwie von selbst überbrücken lässt. Ein organisierter Dialog zwischen Wissenschaft und Politik kann dazu beitragen, die Wissenschaftler zu zwingen, ihre Ergebnisse adäquat darzustellen und die Politiker dazu bewegen, zuzuhören.

Vielleicht hilft auch ein systematischerer Personalaustausch zwischen Politik und Wissenschaft, um den Graben zwischen Theorie und Praxis zu überwinden.

Den Kolleginnen und Kollegen aus der Wissenschaft kann man empfehlen, sich auf das schwierige und manchmal frustrierende Unterfangen einzulassen, näher an die politischen Prozesse heranzugehen. Entweder lässt man sich auf Politik ein, unter nicht immer besonders produktiven Bedingungen, um kleine Schritte voran zu tun oder man muss sich grundsätzlich davon fernhalten und Wissenschaft im »Elfenbeinturm« machen.

Veranstaltungen und Tagungen, bei denen Wissenschaftler ihre Ergebnisse vorstellen und in einen Dialog mit politischen Repräsentanten treten, haben sich als Dialogforum bewährt.

Schließlich ist zu empfehlen, in der Friedens- und Konfliktforschung nicht nur zu forschen und zu lehren, sondern praktische, anwendungsorientierte Projekte auszuführen, wie dies teilweise bereits geschieht. Auch Friedens- und Konfliktforschung muss sich heute in der weitgehend kommerzialisierten Forschung am »Markt« bewähren.

Die Forschung, die den hohen Anspruch erhebt, auf einem so komplexen Gebiet wie Konflikte, Kriege, Sicherheit und Frieden Erklärungen oder gar Lösungen anzubieten und Politiker entsprechend zu beraten, bewegt sich – um es nochmals militärisch auszudrücken – auf einem Minenfeld. Mit viel Geschick kann das Feld entmint werden; andernfalls kann auch eine Mine in die Luft gehen – mit entsprechend negativen Folgen für die Beteiligten. Bevor man sich als Wissenschaftler jedoch darauf einlässt, den Politikern nach dem Munde zu reden, nur um tatsächlich auch gehört zu werden, sollte man sich auf eine Wissenschaft mit soliden Methoden beschränken, die richtigen und kritischen Fragen stellen und darauf zählen, dass Rationalität auch im politischen Alltag nicht permanent ungehört bleibt und ignoriert werden kann.

Anmerkungen

1) HSFK, FEST, IFSH, Friedensgutachten 1987, Frankfurt/Main, 1987, S.5.

2) BICC, INEF, ISFH, FEST, HSFK, Friedensgutachten 2008. Münster 1987, S. V.

3) http://www.uni-kassel.de/fb5/frieden/science/dsf.html

Prof. Dr. Herbert Wulf war Leiter des Bonn International Center of Conversion (1994-2001) und forschte u.a. am Institut für Frieden und Sicherheitspolitik Hamburg und am SIPRI. Er ist Berater für verschiedene UN Organisationen sowie im Bereich der Entwicklungszusammenarbeit. Er ist Vorstandsvorsitzender von W&F.

Hat die Friedensforschung Einfluss auf die Politik?

Hat die Friedensforschung Einfluss auf die Politik?

von Helmut Hugler

FriedenswissenschaftlerInnen haben in der Regel den Anspruch auf praktische Relevanz ihrer Forschung. Das unterscheidet sie nicht unbedingt von anderen sozialwissenschaftlichen Forschenden. Die erheblichen Veränderungen der außenpolitischen Praxis in Deutschland (Stichworte hierfür sind die Zunahme der Bedeutung der deutschen Außenpolitik und der internationalen Einsätze der Bundeswehr) werfen jedoch die Frage auf, inwiefern die Friedens- und Konfliktforschung Einfluss auf diese Entwicklung hat und damit die Frage nach deren Praxisrelevanz. Aus meiner Sicht als langjähriger wissenschaftlicher Mitarbeiter im Deutschen Bundestag hört sich die Antwort widersprüchlich an: Der Einfluss von friedenswissenschaftlicher Expertise und Politikberatung auf die Politik hat zugenommen trotz oder wegen der aktiveren militärischen Rolle der Bundesrepublik. Um dies zu begründen, werde ich von verschiedenen Seiten, jedoch exemplarisch, das komplexe Zusammenspiel beleuchten.

Das politische und gesellschaftliche Umfeld

Das Umfeld ist unterteilbar in die »Politik«, den politischen Raum und gesellschaftlich-politische Öffentlichkeit. Die Wirkung auf den politischen Raum lässt sich als direkte Wirkung auf die Entscheidungsträger qualifizieren, die Wirkung in der Öffentlichkeit vermittelt sich über gesellschaftliche und politische Diskurse und Debatten. Zur direkten Wirkung auf die Politik muss dort die Bereitschaft vorhanden sein, friedenswissenschaftliche Forschungsergebnisse1 aktiv zu rezipieren und umzusetzen. Barbara Tuchman stellt fest, dass in der Politik eine Situation besteht, „nach vorgefassten, festen Anschauungen einzuschätzen und gegenteilige Anzeichen zu missachten und oder zu verleugnen“.2 Positiv gewendet kann das auch bedeuten, dass Ergebnisse, die diesen vorgefassten Anschauen entsprechen, aufgenommen werden. Das heißt, es müssen politische Akteure vorhanden sein, die die politisch-normative Ausrichtung der Forschung teilen und in der Lage sind, die Ergebnisse in ihre politischen Strategien einzubauen. Dies nenne ich die direkte Wirkung der Friedensforschung auf die Politik.

Die indirekte Wirkung der Friedensforschung durch die Beeinflussung der öffentlichen Debatte ist gleichfalls nicht zu vernachlässigen. Durch friedenswissenschaftliche, publizistische Interventionen, durch die Artikulierung von Ergebnissen, durch zivilgesellschaftliches Engagement können Rahmenbedingungen für subjektiv oder objektiv durchsetzbare Politik geschaffen werden. Diese kann sowohl im Rahmen von gesellschaftlichen Diskursen auf die Politik wirken, die sehr sensibel auf öffentliche Stimmungen reagiert, wie auch indirekt durch die längerfristige Umwertung von Politikinhalten durch eine langfristig angelegte öffentliche Debatte.

Zu unterscheiden ist im politischen Raum, welche Handlungs- und Entscheidungsmöglichkeiten die Ansprechpartner der Friedensforschung haben, gehören sie der Opposition oder der Regierung an: Oppositionspolitiker können sich beraten lassen, können diese Beratung in die öffentliche Debatte einfließen lassen, die Wirkung auf Regierungsentscheidungen wird aber indirekt bleiben.

Die Friedensforschung konnte auf viele der »neuen Kriegs«-Situationen schneller Antwort geben als die so genannten »Realisten«. In diesem Prozess ist die Friedensforschung in den Mainstream der Wissenschaft der Internationalen Beziehungen und des gesellschaftlichen Diskurses gelangt. Auch konservative Entscheidungsträger haben inzwischen erkannt, dass Konfliktbearbeitung eine komplexe Angelegenheit ist, die eines multidimensionalen Ansatzes bedarf, und die Wirksamkeit von umfassenden (Sicherheits-)Ansätzen anerkannt.

Die direkte Wirkung von Friedensforschung

Zunächst müssen Adressaten für die Ergebnisse der Friedensforschung vorhanden sein, also PolitikerInnen, Parteien, gesellschaftliche Gruppen, die sich aufgrund einer geteilten Problemwahrnehmung beraten lassen wollen. PolitikerInnen, die einem realistischen Weltbild folgen, mögen aus Stabilitätsgründen auf technische Weise auf Ergebnisse der Friedensforschung zurückgreifen, ihr Ziel ist jedoch nicht die Bearbeitung eines Konfliktes, sondern die Durchsetzung von (nationalen) Interessen. In Freund-Feind-Schemata denkende PolitikerInnen, werden auf Ergebnisse der Friedensforschung nicht zurückgreifen. Die Erweiterung des Sicherheitsbegriffs nach den Ende des Ost-West-Konfliktes ist beispielsweise weniger auf die Ergebnisse der Friedensforschung zurückzuführen als auf »Versicherheitlichungstendenzen«, die sich im Rahmen der Sicherheits- und Stabilitätsdebatten durchgesetzt haben.

Die Situation hat sich mit der rot-grünen Koalition geändert. SPD und Grüne haben schon zu Oppositionszeiten aus der Friedensforschung Ideen aufgegriffen, insbesondere zum Thema »Zivile Konfliktbearbeitung«, und in politische Konzepte gegossen. Ironischerweise hat sich die Wirkung der Friedensforschung in dem Moment erhöht, in dem die Bundesrepublik Deutschland sich am Kosovo-Krieg beteiligte. Den Akteuren dieser politischen Konstellation war klar, dass Konflikte nicht mit militärischen Mittel zu lösen sind, gleichzeitig aber wurde der Einsatz von Militär ein politisches Mittel. Die militärische Vorgehensweise wurde in ein politisches Programm der Konfliktbearbeitung eingebettet. Auch die Debatte über zivile Krisenprävention, die bereits zu Oppositionszeiten bei SPD und Grünen geführt wurde, wurde intensiviert, da in beiden Parteien klar war, dass Militär im traditionellen Sinn keine Konfliktbearbeitung generieren kann und zur Verhinderung von gewaltförmig ausgetragenen Konflikten die Instrumente fehlen. Der Stabilitätspakt für den Westlichen Balkan wurde zwar auch in diplomatischen Kreisen bereits längere Zeit diskutiert, aber in seine Konzeptionierung und Umsetzung sind dann auch Elemente der Konstruktiven Konfliktbearbeitung eingeflossen.

Die Entwicklung des »Aktionsplans Zivile Krisenprävention«3 wurde maßgeblich von der Friedensforschung beeinflusst. Nicht nur, dass die daran beteiligten Abgeordneten FriedensforscherInnen mit der entsprechenden Expertise zu Rate zogen, die Friedensforschung war bis hin in die redaktionellen Arbeiten direkt an der Entstehung beteiligt. Über den Beirat Zivile Krisenprävention ist die Friedensforschung nun auch institutionell in die Realisierung des Aktionsplanes eingebunden. Bei aller Kritik auch aus der Friedensforschung an dem Umsetzungsprozess lässt sich der Einfluss auf die Politik an dieser Stelle nicht bestreiten.

Ein weiteres Beispiel: das Abkommen über Kooperation im zivilen Nuklearbereich zwischen den USA und Indien. Im Juni 2005 vereinbarten die beiden Staaten den Abschluss eines Abkommens, das die Lieferung nuklearer Technologie und Materials an Indien ermöglichen sollte. Hierfür erforderlich war eine Ausnahmeregelung der Nuclear Suppliers Group, einer Gruppe von 45 Staaten, nach deren verbindlichen Kriterien für Nuklearexporte Indien nicht hätte beliefert werden dürfen. Während ein Teil der Friedensforschung die Vereinbarung ablehnte (z. B. die Arms Control Association), waren andere Friedensforscher zwar skeptisch, aber nicht eindeutig ablehnend (z. B. Harald Müller, HSFK). Die Ausnahmeregelung wurde nun letzten Monat für Indien beschlossen. Teile der Friedensforschung konnten Einfluss auf die Politik der Bundesregierung ausüben, wenn auch in durchaus umstrittener Weise.

Die indirekte Wirkung: Das gesellschaftliche Umfeld, die öffentliche Debatte

Die indirekte Wirkung über öffentliche Debatten ist sehr schwierig messbar. Sicher: Wenn ein Thema die öffentliche Debatte bestimmt, dann muss Politik allein aus Legitimationsnöten reagieren. Wenn durch öffentliche Debatten ein Meinungsumschwung einsetzt, dann kann dadurch politischen Entscheidungen ein neuer Rahmen gesetzt werden.

Die Stationierung der Mittelstreckenraketen in den 80er Jahren und die damit einhergehende öffentliche Diskussion ist hierfür ein (älteres) Beispiel. Die Friedensforschung hat aktiv an der Debatte mitgewirkt, die Öffentlichkeit beeinflusst und den Kritikern der Nachrüstung Argumente geliefert.

Auf den ersten Blick waren Friedensforschung und -bewegung erfolglos, weil die Raketen zunächst stationiert wurden. Auch deren Abrüstung war nicht der Aufnahme von Ergebnissen der Friedensforschung geschuldet. Die deutschen Außenpolitiker der 1980er Jahren haben diese kontroverse öffentliche Debatte aber so rezipiert, dass sie sich bei vergleichbaren politischen Entscheidungen zurückhaltend verhielten, da sie eine zweite »Raketendebatte« fürchteten. Die Erfahrung der BefürworterInnen der Nachrüstung war, dass viele der Argumente gegen die Nachrüstung aus der Forschung kamen. Es war eine gesellschaftliche Stimmung vorhanden, die bereit war, die Argumente der Friedensforschung aufzunehmen.

Nach als zentral wahrgenommenen Ereignissen verschieben sich die öffentlichen Meinungsbilder. Während der Zeit des Ost-West-Konfliktes war die Weltsicht geprägt von Bipolarität. Die friedenspolitische Debatte war in vielen Bereichen darauf orientiert bzw. musste sich in diesem Umfeld bewegen. Ansätze zur zivilen/konstruktiven Konfliktbearbeitung hatten es auf der Ebene der Politik schwer, da dieser Weltkonflikt als nicht lösbar wahrgenommen wurde. Im günstigsten Fall ging es um die Regulierung / Verregelung des Konfliktes und um die Bearbeitung von Konfliktfeldern, die als dysfunktional für die jeweiligen Interessen angesehen wurden. Unter diesen Bedingungen entwickelten z.B. Friedensforscher des IFSH die durchaus politikrelevante Theorie der Rüstungskontrolle, deren primäres Ziel nicht Abrüstung, sondern die kooperative Steuerung der Rüstung war.

Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes setzte eine Öffnung des sicherheitspolitischen Denkens auch in konservativen Kreisen ein, die zwar weiterhin stabilitäts- und interessenpolitischen Vorgaben folgte, aber wahrnahm, dass Macht, Einfluss, Politik sich aus vielen verschieden Elementen zusammensetzen. Gesamtgesellschaftlich wuchs die Bereitschaft, nichtmilitärische Elemente von Konfliktbearbeitung zu akzeptieren. Dies führte zu einer Annäherung zwischen militärischen und zivilen Maßnahmen in der Wahrnehmung der Politik.

Nach den Anschlägen von New York und Washington am 11.September 2001 gab es eine weitere Verschiebung der öffentlichen und Fachdebatte. »Sicherheit« wurde neu diskutiert, Bereiche der Außen- und Entwicklungspolitik wurden »versicherheitlicht«. Skeptische Stimmen aus der Friedensforschung, die vor einer Überbewertung der Anschläge warnten, wurden ignoriert. Es entwickelte sich keine der Diskussion der 1980er Jahre vergleichbare, dem »Nuklearpazifismus« entsprechende, die Gesellschaft durchdringende Debatte über die zukünftige Ausrichtung der Außen- und Sicherheitspolitik. Die Wirkung der Friedensforschung war erheblich abgeschwächt.

Welche Friedensforschung brauchen wir?

FriedensforscherInnen wollen, dass ihre Arbeit von der Politik wahrgenommen wird. Was häufig und mit Gewinn gelesen wird, sind relativ kurze Papiere mit Empfehlungen. Am effektivsten sind direkte Gespräche, Briefings oder Workshops, auf denen mit den ForscherInnen direkt diskutiert bzw. nachgefragt werden kann. Hier kann Wissen sozusagen in Echtzeit von der Politik aufgenommen werden.

Grundlagenforschung, wie z. B. theoretische Arbeiten zum demokratischen Frieden, die einen geringen Bezug zur politischen Alltagspraxis haben, werden in der Politik kaum wahrgenommen. Damit soll nicht gesagt werden, dass diese Forschung keine Bedeutung hat. Aber ihre Wirkung entfaltet sich erst durch konkrete empirische Arbeiten, die auf der Basis der entwickelten theoretischen Modelle operieren.

Bei welchen Themen besteht derzeit konjunktureller Bedarf? Es darf nicht wundern, dass Arbeiten über Afghanistan in der gegenwärtigen Debatte mit Interesse wahrgenommen werden. In Afghanistan mussten Politik und Friedensforschung dazulernen. Der Aufbau eines stabilen und demokratischen Staates wird erstens länger dauern als erwartet und zweitens muss er sich an den gesellschaftlichen Umständen und Wertvorstellungen vor Ort orientieren. Hier kann die Friedensforschung durch Studien und Meinungsumfragen, wie das z. B. in einem Sonderforschungsbereich der FU Berlin passiert, Hinweise geben, an welchen Kriterien sich die Strategie und konkrete Projekte orientieren sollten.

Da sich die Politik mit sehr konkreten Problemen auseinandersetzen muss, wird das Gespräch mit ExpertInnen, die empirisch arbeiten, gesucht. Themen sind der zivile Wiederaufbau, die Evaluierung der Maßnahmen der Internationalen Gemeinschaft und der Akzeptanz der Maßnahmen in der Bevölkerung vor Ort.

Das transatlantische Verhältnis wird wohl, unabhängig davon, wer die Wahl in den USA gewinnt, neu definiert werden. Multilaterale Politik wird wieder eine größere Chance bekommen, auch wenn der Spielraum natürlich vom Wahlergebnis abhängt. Aufgabe der Friedensforschung könnte vor diesem Hintergrund sein, Optionen für eine gemeinsame transatlantische Politik, z. B. im Bereich Rüstungskontrolle, auszuloten. Die Zeit drängt, wenn die nächste Überprüfungskonferenz des Nichtverbreitungsvertrages kein Misserfolg werden soll. Aber ohne die Bereitschaft der Vereinigten Staaten werden wir das »window of opportunity« in der nuklearen Rüstungskontrolle nicht nützen können.

Zusammenfassende Bemerkungen

Abschließend würde ich zusammenfassen, dass sich die direkte Wirkung der Friedensforschung auf die Politik seit dem Ende des Ost-West-Konfliktes erhöht hat. Die »disziplinierende Wirkung« des Kalten Krieges (Ernst-Otto Czempiel) hat nicht nur auf der Ebene der internationalen Beziehungen gewirkt, sondern auch innergesellschaftlich. Viele Forschungsergebnisse, z. B. zur Entwicklung von Feindbildern oder zur zivilen Konfliktbearbeitung, wurden in den 1980er Jahren eher misstrauisch, weil nicht in das Ost-West-Schema passend, beäugt.

Der Wandel des politischen Raums, zunächst rot-grün, dann die Große Koalition, führte zu einer höheren Aufnahmebereitschaft von Ergebnissen aus der Friedensforschung. Die direkte Wirkung der Friedensforschung scheint sich auch unter der Großen Koalition nicht abzuschwächen. An der außenpolitischen Grundrichtung, was die konkreten Konfliktbearbeitungsstrategien betrifft, hat sich hierdurch wenig geändert hat; strategische Leitlinien wie der Aktionsplan Zivile Krisenprävention wurden beibehalten und weiter institutionalisiert. Ob und wie nachhaltig dieser Wandel bei konservativen Kräften ist, bleibt abzuwarten.

Indes scheint sich die indirekte Wirksamkeit der Friedensforschung eher verflüchtigt zu haben. In den 80er Jahren gründete sie auf dem »Nuklearpazifismus«. Seitdem hat sich keine ähnliche öffentliche Stimmung entwickelt, das Unbehagen der Öffentlichkeit an den Bundeswehreinsätzen bleibt eher diffus. Allerdings sind meine Ausführungen persönliche Eindrücke, eine Wirkungsforschung über die Friedensforschung steht noch aus.

Anmerkungen

1) Ich beziehe mich hier auf die Friedensforschung, die abgrenzbar von der Politikwissenschaft der Internationaler Beziehungen und interdisziplinär orientiert ist, in deren Fokus es vor allem um Konfliktbearbeitung geht; dazu gehören VertreterInnen eines radikal-pazifistischen Ansatzes wie des institutionellen Pazifismus.

2) Tuchmann, Barbara (1984): Die Torheit der Regierenden. Von Troja bis Vietnam, Frankfurt/Main, 3. Aufl., S.15.

3) Aktionsplan zur Zivilen Krisenprävention, Konfliktbearbeitung und Friedenskonsolidierung, Unterrichtung der Bundesregierung an den Deutschen Bundestag, 15. Wahlperiode, Bundestagsdrucksache 15/5438 von 26. Mai 2004 (zugeleitet mit Schreiben des Auswärtigen Amtes vom 12. Mai 2004 (Bundestagsdrucksache 15/5438).

Helmut Hugler ist Mitarbeiter der SPD-Bundestagsabgeordneten Uta Zapf; er war von 1996 bis 1999 ehrenamtlich in der Redaktion der Zeitschrift W&F tätig.

Betreff: Kultur des Friedens

Betreff: Kultur des Friedens

Brief an meine akademischen Freunde

von David Adams

Der vorliegende Brief von David Adams beruht auf einer umfänglichen E-Mail-Korrespondenz im Rahmen der Erarbeitung eines Handbuchs zur Kultur des Friedens. Einige der dabei angesprochenen Themen sind von allgemeinem Interesse, wenn man sich mit dieser Thematik wissenschaftlich auseinandersetzt. Das bewog Adams, seine Gedanken in Form eines Briefes an seine akademischen Freunde niederzuschreiben. Wir veröffentlichen diesen Brief vom August 2007, gekürzt und redaktionell bearbeitet, mit freundlicher Genehmigung des Autors. Der ungekürzte O-Text ist im Internet unter http://www.culture-of-peace.info/letter/Letter_to_Academic_Friends.pdf zu finden. Die Übersetzung und Bearbeitung besorgte Albert Fuchs.

Die einschlägigen Fragen sind bedeutsam, weil Forscher, akademische Autoren und Lehrer Möglichkeiten haben, einen Beitrag zu leisten zur Transformation einer Kultur des Krieges, wie sie die menschliche Gesellschaft seit über 5.000 Jahren bestimmt, in eine neue Kultur, eine Kultur des Friedens. Andererseits ist der allgemeine akademische Betrieb ein integraler Bestandteil der herrschenden Kultur des Krieges. Um in diesem Betrieb eine Kultur des Friedens zu befördern, muss man sich selbst von den Vorurteilen und Perspektiven der Kultur des Krieges frei machen und u.U. seine Karriere riskieren, indem man sagt und schreibt, was Sache ist… Macht man sich nicht selbst frei von diesen Vorurteilen und Perspektiven, läuft man Gefahr, bewusst oder unbewusst zur Aufrechterhalten der Kultur des Krieges beizutragen.

Hintergrund: Das UN-Konzept der Kultur des Friedens

Die Kultur des Friedens wurde in den 1990er Jahren bei der UNESCO zunächst als Beitrag zu den Peacekeeping-Aktivitäten die UN konzipiert und später als ein von der Generalversammlung gefordertes Programm (vgl. Adams 2003).

Um es kurz zu machen: Wir sahen darin ausdrücklich eine Alternative zur Kultur des Krieges. Im ursprünglichen Entwurf des von der UNESCO den UN unterbreiteten Aktionsprogramms wurde Punkt für Punkt gezeigt, wie kritische Merkmale einer Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit die Grundzüge der Kultur des Krieges und der Gewalt ersetzen könnten (vgl. den Kasten).

Aus dem ursprünglichen UNESCO-Entwurf eines Aktionsprogramms für eine Kultur des Friedens:

1. Niemals gab es einen Krieg ohne ‚Feind’; um den Krieg abzuschaffen, müssen wir Feindbilder überwinden und ersetzen durch Verständnis, Toleranz und Solidarität zwischen allen Menschen und Kulturen.

2. Nachhaltige Entwicklung für alle … Das bedeutet eine einschneidende Veränderung im Verständnis des Wirtschaftswachstums, das bisher als Ergebnis von militärischer Überlegenheit und struktureller Gewalt gelten kann, erreichbar nur auf Kosten der Besiegten und Schwachen.

3. Demokratische Teilhabe und Regierungsführung – als einziger Weg zur Überwindung autoritärer Machtstrukturen, die der Kultur des Krieges und der Gewalt entstammen und sie stützen.

4. Gleichheit von Frauen und Männern … muss die überkommene, für die Kultur des Krieges und der Gewalt überaus charakteristische Ungleichheit der Geschlechter ersetzen.

5. Partizipatorische Kommunikation und freier Fluss und Austausch von Information und Erkenntnissen anstelle der die Kultur des Krieges kennzeichnenden Geheimhaltung und Informationsmanipulation.

6. Internationaler Frieden und allgemeine Sicherheit, inklusive Abrüstung.

7. Die Weiterentwicklung und internationale Anerkennung universaler Menschenrechte – insbesondere die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte – ist einer der wichtigsten Schritte zum Übergang von einer Kultur des Krieges und der Gewalt zu einer Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit. Er erfordert eine Umwandlung von Werten, Einstellungen und Verhaltensweisen im ausgrenzenden Interesse eines Klans, des Stammes oder der Nation zu entsprechenden Orientierungen im Interesse aller Menschen.

8. Erziehung ist das Hauptmittel der Förderung einer Kultur des Friedens … Schon das Verständnis von Einfluss und Macht muss von der Logik des Zwangs und der Furcht zur Stärke von Vernunft und Liebe entwickelt werden.

(cf. UN General Assembly, 1998)

Obwohl die Erklärung und das Aktionsprogramm von der UN-Generalversammlung am 13. Sept. 1999 als Resolution A/53/243 angenommen wurden, wurde die Analyse der Kultur des Krieges und der Gewalt aus der Endversion gestrichen. Die Europäische Union drohte damit, den Text nicht passieren zu lassen, da es nirgendwo auf der Welt eine Kultur der Kriege und Gewalt gebe. Und das, obgleich die Generalversammlung ein Jahr zuvor in Resolution A/52/13 einleitend davon gesprochen hatte, dass „… die Bildung des UN-Systems auf der Grundlage universeller Werte und Ziele per se ein wichtiger Akt der Transformation einer Kultur des Krieges und der Gewalt zu einer Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit“ gewesen sei.

Es ist nicht verwunderlich, dass diplomatische Vertreter von Großmächten die Kultur des Krieges nicht erwähnt sehen möchten, da ihre Macht darauf basiert. Um klar zu sein: Hier ist nicht von Krieg die Rede, sondern von einer Kultur des Krieges, einer Tiefenkultur, die Kriegsvorbereitung und Kriegführung ermöglicht und begünstigt. […] Die Kultur des Krieges richtet sich im Übrigen nicht nur gegen äußere Feinde, sondern auch gegen die Opposition im Innern (vgl. Adams 1995). In der Tat bildet die Monopolisierung der Gewalt den Kern der Staatsmacht von Anfang an. Dabei geht es nicht nur um offene physische Gewalt. Der Staat hält seine Macht nach innen auch aufrecht durch Geheimhaltung und Informationskontrolle im Namen der »nationalen Sicherheit« und andere Aspekte der Kultur des Krieges. Das gilt für »liberale Demokratien« ebenso wie für autoritäre Regime. In die Kultur des Krieges sind nicht nur Politiker, Diplomaten und Bürokraten verwickelt. Im Grunde sind alle Institutionen der Gesellschaft darin verfangen, inklusive Massenmedien, Erziehungs- und Bildungswesen und Wissenschaftsbetrieb.

Akademisches Establishment: verstrickt in die Kultur des Krieges

Die typische Analyse von Vertretern des wissenschaftlichen Mainstreams akzeptiert, explizit oder implizit, die Kultur des Krieges, in der wir leben. So zitiert Joe DeRivera in seinem 2004 erschienenen Band der Zeitschrift »Peace and Conflict« die Kritik eines Mainstream-Politikwissenschaftlers an Analysen unter Gesichtspunkten des Gegensatzes Kultur des Krieges/Kultur des Friedens. Der betreffende Autor, Suedfeld, wende sich gegen einige Grundannahmen solcher Analysen. Er mache geltend, strukturelle Machtdifferenzen gebe es überall und Gewalt sei ein leicht verfügbares Mittel Mächtiger, sich zu besorgen, was sie begehrten. Die Politik der Vereinigten Staaten und anderer westlicher Mächte sei die Grundlage des z.Z. bestehenden Weltfriedens, keineswegs ein Ausfluss einer Kultur des Krieges. […]

Nach meiner Meinung, ist der übergroße Teil der Wissenschaftswelt – nicht anders als der größte Teil der kommerziellen Massenmedien – so tief in die Kultur des Krieges »eingebettet«, dass man glaubt, eine Kultur des Friedens füge sich bestens darin ein. Ein aufschlussreiches Beispiel ist die These, liberale Demokratien führten keinen Krieg gegen andere Demokratien. Sie wird gestützt durch sorgfältige Datenmanipulation. Ihre Befürworter vermeiden es, von Krieg zu reden, wenn Kissinger und die USA das Chile Allendes, eine andere liberale Demokratie, unterminieren. Oder wenn die Contra gegen Nicaragua finanziell und militärisch massiv unterstützt werden. […]

Die Orientierung an der Kultur des Krieges im Wissenschaftsbereich wird verstärkt durch Stiftungen und andere Finanzierungsquellen. Ein Beispiel aus eigener Erfahrung schildere ich in einem neueren Beitrag über Terrorismus (vgl. Adams 2006)

Ich bin mir sicher, es gibt Politologen und Soziologen, welche die Kultur des Krieges durchschaut und untersucht haben und sich der Kultur des Friedens als Alternative zuwenden können. Es fällt allerdings schwer, sie zu finden, denn sie werden von den Medien des Establishments ignoriert, von den akademischen wie den Massenmedien. Ich habe versucht, sie ausfindig zu machen, als ich vor etwas mehr als einem Jahrzehnt meine Analyse der US-Militärinterventionen im Innern veröffentlichte (Adams 1995). Das »Journal of Peace Research« lehnte es ab, die Arbeit zu veröffentlichen, wenn ich nicht Politologen und Soziologen zitieren könnte. Aber soviel ich auch suchte, ich konnte keine finden, die den Einsatz des Militärs zur politischen Kontrolle im Innern in sog. liberalen Demokratien untersucht hatten. Die einschlägigste Referenz, die ich finden konnte, war eine von Harold Lasswell, der am Vorabend des Zweiten Weltkriegs im Schatten Hitlers geschrieben hatte. Auch jetzt gibt es kaum Bezugnahmen auf meine Studie, was bedeuten dürfte, dass es kaum jemand gibt, der zu diesem Problem arbeitet, obwohl es doch hochrelevant sein sollte. Ich gab seinerzeit zu bedenken, und glaube das mehr und mehr, dass die Hauptfunktion der Kultur des Krieges im Verlauf der Geschichte in der Kontrolle nach innen besteht, dass der Krieg gegen äußere Feinde sekundär ist, eine Maskierung der Primärfunktion.

Selbst wenn Akademiker die Probleme verstehen, werden sie behindert durch ungeschriebene Tabus, die ihnen die Themen vorschreiben, über die sie veröffentlichen dürfen. Tabuüberschreitung kann durch Verbannung aus der Gemeinschaft der jeweiligen Profession bestraft werden (vgl. Wiener 2005).

Unbrauchbare methodische Ansätze

Es gibt viele methodische Ansätze, die Umwandlung einer Kultur des Krieges in eine Kultur des Friedens zu studieren, und gewiss sollte die Forschung multidisziplinären Charakter haben. Indes gibt es auch Ansätze, die unbrauchbar sind. Zwei dieser Art jüngeren Datums sind die Verwendung nationaler Indikatoren und der Rekurs auf die »menschliche Natur«. Wie diese Ansätze verwandt wurden, führen sie dazu, die Vorurteile ihrer Erfinder zu bestätigen und die herrschende Kultur des Krieges zu stützen.

Nationale Indikatoren einer Kultur des Friedens. Der erste Versuch dieser Art, den ich kenne, wurde 2000 von einem Koreanischen Team vorgenommen und als »World Peace Index 2001« veröffentlicht. Auf der Grundlage der Kriterien, die man verwandte, lagen die skandinavischen Länder an der Spitze, während die Länder Afrikas und Asiens ganz unten rangierten. Die großen Mächte – England, Frankreich, Deutschland, China, USA, Kanada, Australien, Japan, Korea – nahmen einen mittleren Platz ein.

Ein Anschlussartikel zu nationalen Indikatoren einer Kultur des Friedens von Joseph DeRivera (2004) gelangte zu einem ähnlichen Ranking, obwohl weniger Länder berücksichtigt wurden. Aber dieser Artikel ging darüber hinaus und behauptete – aufgrund der Tatsache, dass es nicht gelang, [auf der Basis der Interkorrelation der Variablen ] einen einzigen Kultur-des-Friedens-Faktor zu finden –, es könne sich um ein „irreführendes Konzept“ handeln. […]

Nach meiner Meinung ist es spitzfindig, die Kultur des Friedens als eine Qualität bestehender Staaten zu analysieren, sie aufgrund einer Faktorenanalyse in Frage zu stellen und dann zu erklären, das Konzept sei „zu simpel“. Wie ich bereits an anderer Stelle dargelegt habe, kann die Kultur des Krieges und der Gewalt mit ihrer inhärenten Symptomatik erklären, weshalb nicht zu erwarten ist, dass Indikatoren der Kultur des Friedens sich in Interkorrelationen von staatenbezogener Merkmalsbestände niederschlagen. Eine Kultur des Friedens und der Gewaltfreiheit im Sinn des ursprünglichen UNESCO-Vorschlags einer hypothetischen Alternative zur Kultur des Krieges und der Gewalt existiert noch nicht auf der Ebene der Nationalstaaten.

Außerdem sollten wir skeptisch sein gegenüber allen staatenbezogenen Angaben, welche die Staaten des Nordens als friedlich und die des Südens als weniger friedlich erscheinen lassen. Auch das ist eine Form von Spitzfindigkeit und Heuchelei. Wie z.B. von Mitgliedstaaten des Südens in der UNESCO-Debatte von 1999 hervorgehoben wurde, […], schreien die Staaten am lautesten nach Menschenrechten und »freien« Wahlen, die zur gleichen Zeit die Hauptwaffenverkäufer und traditionelle Gegner unabhängiger Medien in armen Ländern sind (vgl. http://www.culture-of-peace.info/annexes/commissionV/summary.html). Wenn man nicht nach Friedensindikatoren Ausschau hält, sondern nach Indikatoren einer Kultur des Krieges, dürfte man auf der Staatenebene ihren Zusammenhang nachweisen können, und zwar bei Merkmalen der inneren Verfasstheit wie der Beziehung nach außen. […]

Andererseits ist es ein verdienstvolles Unternehmen, Indikatoren einer Kultur des Friedens zu entwickeln und auf Institutionen anzuwenden, die nicht auf der Kultur des Krieges beruhen, z.B. Kommunalverwaltungen und zivilgesellschaftliche Organisationen. Ich habe kein Problem mit dem Argument …, dass es viele Individuen, Gemeinwesen und Organisationen der Zivilgesellschaft in den USA und in anderen Ländern gibt, die implizit oder explizit für eine Kultur des Friedens eintreten und/oder deren Prinzipien praktizieren. Diese Individuen, Gemeinwesen und Organisationen der Zivilgesellschaft sind in der Tat nicht verantwortlich für den gesamten Apparat der Kriegskultur… Verantwortlich ist der Nationalstaat. Und deshalb wird man keine Kultur des Friedens finden können, wenn man Nationalstaaten unter die Lupe nimmt, und seien es die »besten Fälle« wie Skandinavien, Australien, Kanada, Deutschland usw.

In jüngster Zeit, d.h. im Jahr 2007, zeigt sich erneut die Heuchelei einer Bestimmung der Kultur des Friedens durch staatsbezogene Indikatoren in dem neuen »Global Peace Index«. Wie passt es doch, dass Europa, Australien und Kanada als die friedlichsten Länder erscheinen, während sich die Länder des Südens als unfriedlich herausstellen. Ich war niemals angetan von dem Schlagwort Kulturimperialismus. Aber wenn es je ein gutes Argument dafür gab, hier haben wir es!

Man kann tatsächlich alles mit Indizes beweisen, wenn man sie nur entsprechend sorgfältig auswählt. Was, wenn man eine Rangordnung der Länder nach dem Aufwand für Geheimhaltung bildet? Oder nach der Zahl der Nuklearwaffen? Oder nach der Zahl der Morde in den produzierten Videos, Filmen, Fernsehprogrammen? Nach ihren Militärallianzen mit anderen Ländern, die diesbezüglich hoch rangieren? Wäre das nicht auch »objektiv«?

Schließlich sollte die Verwendung von Indizes einer Kultur des Friedens – auf beliebigem Niveau – nicht dazu verwandt werden, zu »beweisen«, dass ein Gebilde (Land, Stadt oder zivilgesellschaftliche Organisation) besser ist als ein anderes. Dagegen können Indizes sinnvoll verwandt werden, um zu zeigen, ob eine bestimmte Entität sich von Jahr zu Jahr verbessert und in welchen Bereichen sie sich verbessert oder aber zurückfällt.

Argumentation mit der menschlichen Natur

DeRiveras vorgenannter Artikel beinhaltet auch diesen Ansatz – und auch das ist eine Argumentation, mit der man alles beweisen kann, insbesondere die Vorurteile dessen, der sie verwendet. Zum Konzept der Kultur des Friedens meint DeRivera: „Ob das Konzept politisch oder analytisch verwandt wird, wir müssen nach seiner Beziehung zu dem fragen, was nach unserem Kenntnisstand im Rahmen der menschlichen Natur möglich ist. Die Kultur des Friedens, wie die UNESCO (1995) sie sich vorstellt, erfordert Respekt vor den Rechten der anderen statt Beherrschung der Schwachen durch die Starken und geht von einer globalen Identität aus, die in lokalen Identitäten verwurzelt ist und einhergeht mit Solidarität angesichts der alle betreffenden Bedrohungen unserer Erde.“ (a.a.O., S.545)

Weiter führt DeRivera aus, wenn man die gegenwärtigen Lebensbedingungen der meisten Menschen zur Kenntnis nehme, seien große Herausforderungen im Hinblick auf eine Kultur der Friedens zu vermerken. So stellten sich Fragen der Formbarkeit der menschlichen Natur und es könnten sich Grenzen für die Entwicklung einer solchen Kultur ergeben. […] Das müsse nicht bedeuten, dass Kulturen des Friedens unmöglich seien. […] Man brauche das Konzept nicht als unrealistisch aufzugeben, wenn es vielleicht auch Modifikationen erfordere.

Bei meiner persönlichen Korrespondenz mit ihm berief sich DeRivera auf die »menschliche Natur« um zu begründen, dass starke Nationalstaaten ein Gewaltmonopol behielten und die Teile ihrer Bevölkerung »kontrollieren« könnten, denen nicht zuzutrauen sei, dass sie die Regeln einer Kultur des Friedens befolgten. Nach meiner Meinung ist diese Auffassung von der menschlichen Natur nur eine Projektion unserer herrschenden Kultur des Krieges auf ein abstraktes Konzept dieser »Natur«.

Wir haben versucht, diese Frage im »Seville Statement on Violence« zu klären, das vor allem auf der ethologischen Forschung von Paul Scott und der Forschung von Benson Ginsberg zur Genetik basiert. […] Im Besonderen wird dort ausgeführt, dass Autoren, die behaupten, Menschen seien von Natur aus gewaltgeneigt und selbstsüchtig, dazu neigen, Aggressivität im tierischen Verhalten zu übertreiben und gleichzeitig die Bedeutung von Kooperation zu untertreiben. Dominanz und Führerschaft bei Tieren, die in sozialen Gruppen leben, seien vielmehr durch deren Fähigkeit zu Kooperation wie zu Aggression gekennzeichnet. Das laufe nicht darauf hinaus, die Aggressivität tierischen wie menschlichen Verhaltens zu leugnen. […] Wohl aber stehe aggressives Verhalten in einem Zusammenhang von Kooperation. […] Kooperation sei wesentlich gewesen für das Überleben unserer Art (vgl. UNESCO, 1991).

Schließlich gibt es, wie ich DeRivera gegenüber vertreten habe, keine menschliche Natur. Es handelt sich um ein Konstrukt. […] Der Umstand, dass viele diese Konstruktion mit tragen, macht sie nicht wahr. Die Argumentation mir der menschlichen Natur sagt uns mehr über die Person, die sie vorbringt, als über irgendeine objektive »Wahrheit«. Und mehr über die Kultur, in die jemand hineingewachsen und eingebettet ist. […] Ähnlich hat man im 19. Jahrhundert, um die Sklaverei zu rechtfertigen, vorgebracht, es sei uns angeboren, andere auszubeuten. Zu Ende gedacht, läuft diese Argumentation darauf hinaus, dass es nicht darum geht, dass es Sklaverei geben sollte, sondern darum, dass wir die Afrikaner versklaven sollten, bevor sie uns versklaven.

Wir alle sind in einer nationalen Kriegskultur aufgewachsen, haben nie eine Kultur des Friedens kennen gelernt. Es ist schwer zu realisieren, dass die Kultur des Krieges nicht die menschliche Natur ausmacht, sondern unser Tiefenkultur.

Zweckmäßige Forschungsansätze

Bei meiner Arbeit jüngeren Datums für eine weltweite Bewegung für eine Kultur des Friedens bin ich auf mehrere relevante Bereiche gestoßen, in denen Wissenschaftler sehr wichtige Beiträge erbringen könnten. Ich möchte sie hier unter den Bezeichnungen Lehre, angewandte Forschung und Grundlagenforschung erörtern. Natürlich ist das keine erschöpfende Liste, sondern nur eine Illustration einiger Ansätze unter vielen.

Friedenslehre: Es gibt diesbezüglich einen großen ungedeckten Bedarf; z.B. identifiziert die Erhebung von Jugendorganisationen, die im Jahr 2006 für die UN-Initiative Alliance of Civilizations durchgeführt wurde, einen Bedarf an Programmen für höhere Bildung, nach denen Jugendliche eine Kultur des Friedens studieren könnten (vgl. http://decade-culture-of-peace.org). Bestehende Programme wie die Friedensuniversität in Costa Rica und die Europäische Friedensuniversität in Österreich können den Bedarf nur zu einem geringen Teil decken. Wir benötigen mehr Initiativen wie die von Alicia Cabezudo in Lateinamerika, um die Weiterbildungsmöglichkeiten in diesem zentralen Bereich zu erweitern. Und wir müssen einen weltweiten Jugend-Solidaritäts-Fonds einrichten, wie er in dem erwähnten Report vorgeschlagen wird. Damit stünden Mittel für neue Programme, für die Erweiterung bestehender Programme und für Stipendien zur Verfügung.

Angewandte Forschung: Es gibt zahlreiche Möglichkeiten angewandter Forschung zur Förderung einer Kultur des Friedens. So kann z.B. die Messung einer Kultur des Friedens, obwohl ungeeignet auf der Ebene der Staaten, ein geeignetes Instrument auf kommunaler Ebene sein, weil Städte – anders als Staaten – nicht notwendigerweise in die Kultur des Krieges eingebettet sind. Ich selbst bin involviert in eine entsprechende Initiative… Ein anderes Beispiel ist das Bemühen der School of the Culture of Peace in Barcelona, auf der Grundlage des erwähnten World Civil Society-Reports eine Beschreibung von geeigneten Verfahren (best practices) für eine Kultur des Friedens zu erstellen (vgl. http://fund-culturadepaz.org/BarnaDOC/Report_of_ Good_Practices.pdf).

Grundlagenforschung: Bevor ich meine Tätigkeit bei den UN aufnahm, habe ich einige Studien in der Grundlagenforschung durchgeführt, die mir für die Entwicklung der Konzeption der Kultur des Friedens hoch bedeutsam erscheinen. Die Forschungsarbeit über die US-Militär-Interventionen im Innern habe ich bereits erwähnt. In Verbindung mit der Arbeit für das ebenfalls erwähnte »Seville Statement on Violence« bin ich unter Verwendung der Methodologie der komparativen Anthropologie der Frage nachgegangen, warum es so wenige Frauen als Krieger gibt. Grundsätzlich befürworte ich bei unserer Arbeit für eine Kultur des Friedens die wissenschaftliche Klärung relevanter Fragen mit Forschungsmethoden, die Prozesse objektiv zu erfassen geeignet sind und kausale Beziehungen erschließen lassen.

Ein besonders gutes Beispiel von Grundlagenforschung zur Kultur des Friedens sind auch zwei Studien, aus denen hervorgeht, wie eine Kultur des Krieges auf staatlichem oder Stammes-Niveau zu erhöhter Gewalt im Familien- und Gemeindeleben führt (vgl. Archer & Gartner 1984; Ember & Ember 1994). Augenscheinlich wird sie im Allgemeinen durch Lernen von Vorbildern und im Besonderen durch gezieltes militärisches Training übertragen.

Ich gehe davon aus, dass den erwähnten Forschungsarbeiten andere folgen werden und wir Zeugen eines weiteren Fortschritts zu einer wissenschaftlichen Fundierung des Übergangs von einer Kultur des Krieges zu einer Kultur des Friedens werden. Das bringt mich zurück zur Eingangsfrage meines Briefes: Wie können wir erreichen, dass unsere wissenschaftliche Arbeit im Interesse einer Kultur des Friedens frei wird von den Vorurteilen und Perspektiven einer Kultur des Krieges, die den akademischen Mainstream bestimmt? Ich glaube nicht, dass es dafür eine Zauberformal gibt. Wir brauchen vielmehr kontinuierlich Dialog und Debatten, wie ich hier zu exemplifizieren versucht habe. Dabei müssen wir darauf achten, Ideen in Frage zu stellen, nicht aber Personen, lernbereit zu sein und unsere Auffassungen bei Widersprüchen zu ändern.

Literatur

Adams, D. (1995): Internal military interventions in the United States. Journal of Peace Research, 32, 197-211. Verfügbar unter: http://www.culture-of-peace.info/intervention/title-page.html.

Adams, D. (2003): Early history of the culture of peace. A personal memoir. Verfügbar unter: http://culture-of-peace.info/history/introduction.html.

Adams, D. (2006): Culture of peace as the best alternative to terrorism. Verfügbar unter: http://www.culture-of-peace.info/terrorism/AlternativetoTerrorism.pdf.

Archer, D. & Gartner. R. (1984): Violence and crime in cross-national perspective. New Haven, CT: Yale University Press.

DeRivera, J. (2004): Assessing the basis for a culture of peace in contemporary societies. Journal of Peace Research, 41, 531-548.

Ember, C.R. & Ember, M. (1994): War, socialization and interpersonal violence: A cross-cultural study. Journal of Conflict Resolution, 38, 620-646.

Global Peace Index (2007): Rankings 2007. http://www.visionofhumanity.com

UNESCO (1991): The Seville Statement on Violence. Preparing the ground for the constructing of peace. Verfügbar unter: http://www.culture-of-peace.info/brochure/titlepage.html (dt. in Wissenschaft und Frieden, 16 (3), 1998, 25-26).

UN General Assembly (1998): Consolidated report containing a draft declaration und programme of action on a culture of peace. Verfügbar unter: http://www.culture-of-peace.info/annexes/resA-53-370/coverpage.html.

Wiener, J. (2005): Historians in trouble: Plagiarism, fraud, and politics in the ivory tower. New York: New Press.

Prof. Dr. David Adams war über zwei Jahrzehnte Professor für Psychologie an der Wesleyan University (Conneticut, USA), bevor er von 1992 bis 2001 im Auftrag der UNESCO mit der Erarbeitung des Culture of Peace-Programms als Ergänzung und Alternative zu den Peacekeeping-Aktivitäten der UNO befasst war (http://www.culture-of-peace.info).

Frieden mit dem Unfrieden? Wissensbestände im Wandel

Frieden mit dem Unfrieden? Wissensbestände im Wandel

Jahreskolloquium der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung e.V.

von Petra Hoffmann

Unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Schlotter, Vorsitzender der AFK, und in Kooperation mit Uwe Trittmann, Studienleiter der Evangelischen Akademie Villigst, gefördert aus Mitteln der Deutschen Stiftung Friedensforschung (DSF), hatte die Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung aus Anlass ihres vierzigjährigen Bestehens zu ihrer Jahrestagung vom 29. 2. bis 2. 3.2008 erstmals in die neuen Bundesländer, nach Leipzig, geladen. Mit der Wahl des Tagungsortes Leipzig unterstrichen die Veranstalter ihr Bestreben, künftig mehr Präsenz im Osten der Republik zu zeigen und die deutsche Friedens- und Konfliktforschung auch dort stärker zu etablieren. Gerade Leipzig habe, so Schlotter, für eine zukünftige Ausrichtung der Friedens- und Konfliktforschung Symbol- und Strahlkraft, gelte die Stadt doch durch die »Montagsdemonstrationen« und die »friedliche Revolution« ganz allgemein als Zentrum bürgerschaftlichen Engagements. Als Kooperationspartner konnten das Zeitgeschichtliche Forum Leipzig – zugleich Haupttagungsort, die Universität Leipzig, Institut für Philosophie, das Bürgerkomitee Leipzig e.V. sowie namhafte Persönlichkeiten, nicht zuletzt auch der Nikolaikirche gewonnen werden. Zu unterschiedlichen Zeiten an je unterschiedlichen Orten hießen sie die FriedensforscherInnen in Leipzig willkommen: Dr. Anne Martin für das Zeitgeschichtliche Forum, Prof. Dr. Georg Meggle für die Universität, Tobias Hollitzer für das Bürgerkomitee. Zu einem Empfang lud zudem der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung in die Alte Handelsbörse am Naschmarkt.

Prof. Schlotter eröffnete den Kongress, indem er die Fragestellung des Kongresses »Frieden mit dem Unfrieden?« mit den im Wandel befindlichen Wissensbeständen verband. Was wissen wir wirklich über die Ursachen von Gewalt und Krieg- und über die Ursachen von Frieden? Welche Forschungsergebnisse sind für die aktuellen und künftigen Herausforderungen bedeutsam? Welche neuen Fragen gibt es, denen sich die Friedens- und Konfliktforschung noch nicht gestellt hat? Als zentrale Bedingung für den Frieden, über die innerhalb der Friedensforschung ein Konsens bestehe, stellte Peter Schlotter die demokratische Gesellschaft im Inneren heraus. Welche allein selbstverständlich nicht genüge, dennoch aber über großes Potential verfüge. Nur Gesellschaften, die im Inneren befriedet seien, seien dauerhaft nach außen friedensfähig.

Dr. Martina Fischer, die die Kongressteilnehmer im Namen der DSF begrüßte, verwies auf die Gelegenheit, im Rahmen der Feier des 40-jährigen Bestehens der AFK eine Standortbestimmung der Friedensforschung vorzunehmen, namentlich der Auseinandersetzung mit den Wissensbeständen und damit auch mit den Wissenslücken. Drei Aspekte der AFK-Arbeit seien besonders herauszustellen: Dazu gehöre die Nachwuchsförderung, der es gelungen sei, junge Wissenschaftler zu gewinnen. Als wichtigen Beitrag wertete sie die Einladung ausländischer Diskussionspartner, um die AFK international stärker zu vernetzen, insbesondere den Brückenschlag in den angelsächsischen Raum voranzubringen. Zugleich hob sie die Inter- und Mulitdisziplinarität der kommenden Diskussionen zum Stand der Perspektivenherausbildung hervor. Darüberhinaus ermögliche die AFK den Dialog zwischen theoriegeleiteter Friedens- und Konfliktforschung und den anwendungsbezogenen Herangehensweisen der Friedensarbeit und Friedenspolitik.

Willkommene Anerkennung erfuhren die Tagungsteilnehmer, resp. die Mitglieder der AFK, in der Begrüßung von Edelgard Bulmahn, MdB., Bundesministerin für Forschung und Bildung a.D. Sie unterstrich die Rolle der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung als einer „Mahnerin, wenn es um Aufrüstung und militärische Konfliktlösungsstrategien ging“. Die AFK schärfe maßgeblich das Bewusstsein für nichtmilitärische Konfliktlösungsstrategien, sei immer streitbar und nie bequem in Fragen der Friedens- und Sicherheitspolitik. „Die Friedensforschung … ist angesichts der vielfältigen aktuellen Konfliktlagen und Herausforderungen wichtiger denn je. Politik und Gesellschaft brauchen eine kritische Wissenschaft, die dazu beiträgt, dass Konflikte gewaltfrei gelöst werden können.“ Friedensforschung sei wertgebunden, den Menschenrechten und dem Ziel der Gewaltfreiheit verpflichtet. Jedoch stehe die Friedensforschung immer auch in der Gefahr, in politische Auseinandersetzungen hineingezogen, missverstanden und missbraucht zu werden. „Gesellschaftlich ertragreiche Friedensforschung ist frei und unabhängig. Sie ist interdisziplinär und keine alleinige Angelegenheit der politischen Wissenschaft.“ Nicht zuletzt deshalb müsse die Friedenforschung politisch und finanziell unabhängig sein. Frau Bulmahn sicherte auch weiterhin ihren unermüdlichen Einsatz für die Förderung der Friedensforschung zu.

Nach den Eröffnungsreden leitete Prof. Dr. Dieter Senghaas, Universität Bremen, mit seinem Vortrag über „40 Jahre Friedens- und Konfliktforschung in Deutschland – Erinnerung an die Zukunft“ den inhaltlichen Teil der Veranstaltung ein. (…) Unter dem TitelWeltregieren: Vom ‘exklusiven’ Multilateralismus zu inklusiver Institutionalisierung zeichnete, den zweiten Kongresstag einleitend, Prof. Dr. Volker Rittberger Entwicklungslinien einer sich vertiefenden Kooperation zwischen staatlichen und zivilen Protagonisten im Bereich trans- bzw. internationaler Norm- und Regelsetzung nach und zeigte auf, wie diese sich als Teil einer sich neu herausbildenden „heterarchischen Weltordnung“ verstehen lassen. (…)

In fünf Panels organisiert, wurden weit fortgeschrittene Arbeiten an einer sorgfältig strukturierten und von einem Herausgeberteam des AFK-Vorstandes geleiteten Bestandsaufnahme der in 40 Jahren zusammengetragenen Wissensbestände der deutschsprachigen Friedens- und Konfliktforschung vorgestellt und hinterfragt.

Ein umfassender Bericht zur AFK-Tagung ist auf der AFK-Homepage aufrufbar:
www.afk-web.de.

Friedenswissenschaft als Bildforschung

Friedenswissenschaft als Bildforschung

von Frank Möller

Dass Friedenswissenschaft sich (auch) mit Bildern beschäftigen sollte, bedarf keiner ausführlichen Begründung: Visualität ist „ein Medium, in dem Politik […] betrieben wird“ 1 und damit auch Friedens- und Kriegspolitik. Visualität ist allerdings auch ein Medium, in dem Kriegspolitik kritisiert und unterminiert werden kann. Gerüchte, nach denen die Veröffentlichung bestimmter Fotos (vor allem Nick Uts »Accidental Napalm«) zum Ende des Vietnamkriegs beigetragen habe, halten sich hartnäckig (auch wenn unter den Befürwortern dieser These umstritten ist, warum sie zum Ende des Kriegs beigetragen haben). Der Legitimitätsverlust der US-amerikanischen Kriegführung im Irak in Folge der Veröffentlichung der Fotografien aus Abu Ghureib kann kaum bestritten werden.

Bilder der Anschläge auf das World Trade Center am 11. September 2001 sind auf der ganzen Welt zu sehen gewesen. Ihre permanent-penetrante, geradezu obszöne Wiederholung diente der Rechtfertigung der US-amerikanischen Politik in Reaktion auf die Anschläge, und die Verankerung der Bilder der Anschläge im kollektiven Bildergedächtnis unterstützt die langfristige Legitimität dieser Politik.2 Das World Trade Center war als Ziel der Anschläge wohl auch in Erwartung der weltweiten medialen Vermarktung der Bilder der Anschläge ausgewählt worden, was wiederum die Betrachter der Bilder unwillentlich zu Komplizen Al Qaidas macht: im Falle von Verbrechen, die begangen werden, um Bilder zu produzieren, ist „das Betrachten diese[r] Bilde[r] unabdingbar ein Akt der Beteiligung.“ 3 Kriege, Gewalt und Konflikte sind zu einem großen Teil visuell-medial vermittelt – was wir nicht sehen, findet nicht statt – und diese Vermittlungs- und Verdrängungsprozesse müssen friedenswissenschaftlich untersucht werden, um den ihnen zu Grunde liegenden Strukturen und Interessen analytisch gerecht werden zu können.

Fragestellungen

Die grundsätzlichen Fragen, denen sich eine als Bildwissenschaft verstandene Friedenswissenschaft gegenüber sieht, sind weitgehend die gleichen Fragen, die in gesellschaftskritischer Bildanalyse spätestens seit den massenkulturskeptischen Studien der »Frankfurter Schule« diskutiert werden. Trägt die Abbildung von Krieg zu dessen Ästhetisierung bei? Da jede Repräsentation ästhetisiert, kann diese Frage nur bejaht werden, aber hinter ihr steht oftmals der Verdacht, dass Ästhetisierung die Aufmerksamkeit der Betrachterin vom Subjekt der Abbildung zu deren formaler Struktur und ästhetischer Schönheit lenkt – ein Verdacht, der häufig mit Bezug auf Fotografie, seltener mit Bezug auf Gemälde oder druckgrafische Werke artikuliert wird. Zum Beispiel sehen sich die Arbeiten James Nachtweys und Sebastiao Salgados diesem Verdacht viel häufiger ausgesetzt als Francisco de Goyas »Los Desastres de la Guerra [Die Schrecken des Krieges]« oder Caravaggios »Die Enthauptung Johannes des Täufers«. Führt Ästhetisierung zur Desensibilisierung des Publikums und damit zu politischer Passivität? Wenn ja, ist das besonders der Fall bei fotografischen Repräsentationen und wenn ja, warum? Liegt es vielleicht an der mechanischen Produktionsweise oder an der problematischen Beziehung zwischen der Fotografie und dem, was sie abbildet? Dass etwas als Bild existiert, bedeutet nicht, dass es ohne Abbildung in gleicher Form existiert hätte. Ist das heutige (Über)Angebot an Kriegs- und Gewaltbildern Folge oder Ursache von Desensibilisierung? Können Bilder politisches Bewusstsein produzieren oder bedürfen sie politischen Bewusstseins, um politisch wirksam zu sein? Schulen sie den politischen Blick oder bedarf es, wie Walter Benjamin vorgeschlagen hat, des „politisch geschulten Blick[s]“, um die durch das Bild freigelegten Details zu erkennen?4 Ist, wie Susan Sontag vermutete, „die Existenz eines relevanten politischen Bewusstseins“ die „Voraussetzung für eine moralische Beeinflussung durch Fotos“ 5 oder deren Folge?

Friedenswissenschaft kann sich an der Diskussion dieser und ähnlicher ästhetisch-ethisch-politischer Fragen wie zum Beispiel der Frage nach dem Kritikpotential von Kriegsfotografie beteiligen, gerade weil die Antworten „problematisch“ sind und „wohl auch nicht eindeutig ausfallen [können]“. 6 Friedenswissenschaft kann aber auch die sozialen Prozesse analysieren, durch die eine bestimmte Interpretation eines bestimmten Bildes zur in einer bestimmten Situation gesellschaftlich dominierenden Interpretation und damit zur oftmals unkritisch akzeptierten politischen Legitimitationsressource wird – soziale Prozesse, in deren Verlauf die Lücke zwischen dem, was ein Bild zu enthüllen scheint und dem, was es tatsächlich enthüllen kann, rhetorisch überbrückt wird.7 Die Größe dieser Lücke wird notorisch unterschätzt, der Wahrheitsgehalt bildlicher, vor allem fotografischer Repräsentationen nach wie vor notorisch überschätzt. Friedenswissenschaftlich kann es nicht darum gehen, diese Lücke zu schließen, indem zum Beispiel die Spannung zwischen „der Flachheit des Fotos und der Illusion seiner Tiefe“ 8 aufgelöst wird, sondern primär darum, die aus dieser Spannung resultierenden Konflikte konstruktiv zu bearbeiten und – anstatt Unterschiede zu reduzieren – mit ihnen leben zu lernen. Bei diesem Lernprozess können Bilder helfen, denn sie zeigen Unterschiede und Gemeinsamkeiten, das Zentrale und das Periphere, das Besondere und das Allgemeine und, vielleicht am wichtigsten, „die Gemeinsamkeiten menschlichen Seins“ 9, die idealiter dazu beitragen können, die in der Konflikttheorie und -praxis so ausgeprägte self/other Dichotomie zu unterminieren.

Friedenswissenschaft kann auf den „Überschuss an Bedeutung“ hinweisen, den die „überobjektiv[e]“ Kamera vermittelt10 und damit sowohl auf die Unmöglichkeit, ein bestimmtes Bild objektiv auf eine bestimmte Bedeutung festzulegen als auch auf den eminent politischen Charakter einer jeden derartigen Bedeutungsfestlegung: Die Bilder der Anschläge auf das World Trade Center allein zeigen nicht, dass es sich um terroristische Anschläge handelte. Zum »Beweis« der den Anschlägen zugrunde liegenden terroristischen Absichten taugen sie erst durch ihre Kombination mit Text. Dass „die Beschriftung […] zum wesentlichsten Bestandteil der Aufnahme werden“ könnte, vermutete bereits Benjamin11 das herrschaftsstabilisierende Potential der Beschriftung unterschätzend. Deshalb bedarf es visueller Gegenstrategien, um das Deutungsmonopol staatlicher Stellen im Bereich der Sicherheitspolitik und anderswo in Frage zu stellen. Jan Øbergs fotografische Arbeiten im Zusammenhang mit dem Irakkrieg sind Beispiele für das Zusammenwirken friedenswissenschaftlicher Analyse, friedenspolitischen Engagements und visueller Repräsentationsformen.12 Die Bilder, die vor dem Irakkrieg entstanden sind, haben darüber hinaus den Vorzug, Bilder des Friedens – oder zumindest der (vorübergehenden) Abwesenheit von Krieg – zu sein. Sie brechen mit der Erwartungshaltung des Publikums und sind ein Mittel sowohl gegen das Überangebot an Gewaltdarstellungen in der aktuellen Medienwelt als auch gegen die visuelle Reduzierung Iraks auf Darstellungen von Krieg und Gewalt.

Fotojournalismus und Krieg

Die Geschichte des Fotojournalismus ist eine Geschichte der Kriegs- und Gewaltdarstellungen, der permanenten Verletzung und Ausdehnung gesellschaftlich akzeptierter Zeigbarkeitsregeln: ständig wurden die Grenzen dessen, was gezeigt wurde, verschoben, wurden Dinge zum ersten Mal gezeigt, die bis zu diesem Zeitpunkt nicht gezeigt worden waren, weil es gesellschaftlich inakzeptabel gewesen wäre, sie zu zeigen. Im Vietnamkrieg dienten Bilder dazu, unangenehme Wahrheiten nach Hause zu transportieren, deren Existenz schon lange vermutet worden war, mit denen man sich aber nicht auseinanderzusetzen brauchte, solange es keine visuellen »Beweis« gab.13 Die Vorfälle im Gefängnis in Abu Ghureib wurden erst durch die Veröffentlichung der Fotografien zum Skandal, obwohl diese Fotografien keineswegs adäquat abbildeten, was tatsächlich in Abu Ghureib geschehen war. Die Gemälde des kolumbianischen Malers und Bildhauers Fernando Botero14 kommen dem viel näher, weil sie durch die weitgehende Nichtabbildung der Täter die Betrachterin zwingen, sich mit dem Leid der Gefolterten auseinanderzusetzen, anstatt dieser Auseinandersetzung durch die Konzentration auf die Rolle der Täter, auf legale Fragen oder auf die Diskussion dessen, was diese Bilder über die Werte und Normen der westlichen Gesellschaftssysteme verraten, aus dem Weg gehen zu können.15

Die Nichtabbildung von Gewaltszenen fordert die Erwartungshaltung eines an Kriegs- und Gewaltdarstellungen gewöhnten Publikums heraus, appelliert an die Betrachterin, ihre Sehgewohnheiten in Frage zu stellen und erlangt auf diese Weise ihre Aufmerksamkeit. Der friedenspolitische Wert der Arbeit des chilenischen Künstlers Alfredo Jaar, vor allem seines Ruanda-Projekts, liegt insbesondere darin, die 3.000 Fotografien, die Jaar während seiner Besuche in Ruanda aufgenommen hat, seinem Publikum vorzuenthalten. Vor allem »Die Augen von Gutete Emerita« brechen radikal mit den üblichen Repräsentationsformen Afrikas im allgemeinen und des Massenmords in Ruanda im besonderen: Leichen, die den Kagera-Fluss hinuntergeschwemmt werden, abgemagerte Kinder, durch Macheten verstümmelte Körper auf der einen Seite, Safari- und sonstige Landschaftsbilder auf der anderen Seite. Anstatt den Horror des Kriegs zu zeigen, zeigt Jaar nur Augen, die den Horror, unter anderem die Ermordung des Ehemanns und der Söhne, gesehen haben und kehrt nach der blitzschnellen Konfrontation der Betrachterin mit diesen Augen zu Text zurück: Bilder können nicht ausdrücken, was in Ruanda geschehen ist, was Gutete Emerita gesehen hat. Es ist unmöglich, diesem Projekt in wenigen, beschreibenden Worten gerecht zu werden; jeder Versuch, »Die Augen von Gutete Emerita« in Worte zu übersetzen, ist zum Scheitern verurteilt und kann weder der Installation noch Gutete Emerita gerecht werden. Auch die speziell für das Internet produzierte Version vermag den Schockeffekt nicht zu wiederholen, den das Original hervorzurufen vermag.16 Wie jeder Schockeffekt will auch dieser „durch gesteigerte Geistesgegenwart aufgefangen sein“. 17

Friedenswissenschaftliche Bildanalyse

Friedenswissenschaft kann nicht primär am Bild an sich interessiert sein, sondern am gesellschaftlichen Kontext, in dem Bilder operieren. Die klassische ikonografische Herangehensweise auf der Suche nach der eigentlichen Bedeutung eines Bildes ist in diesem Zusammenhang zu vernachlässigen. Statt dessen sollte gefragt werden, wer sich im Zusammenhang mit Konflikten, Gewalt und Krieg welcher Bilder mit welchen Zielen und welchem Erfolg bedient, aber auch, welche Bilder nicht gezeigt werden und in welcher Weise visuelle Darstellungen sich im Laufe der Zeit ändern. Die in den Wandgemälden Belfasts und anderer nordirischer Städte visualisierten Interpretationen des nordirischen Konflikts sollten Bestandteil friedenswissenschaftliche Analyse sein.

Dass hier neuerdings, vor allem im katholisch-nationalistischen Milieu, gewalt- und militärverherrlichende Darstellungsformen zum Teil durch zivile Motive und die visuelle Suche nach kultureller Identität abgelöst worden sind, sagt vielleicht mehr über die Erfolgsaussichten des nordirischen Friedensprozesses aus als in den meisten, sich auf den politischen Prozess konzentrierenden wissenschaftlichen Analysen zum Ausdruck kommt.

Das bedeutet offensichtlich, dass friedenswissenschaftliche Bildanalyse die Rolle derjenigen untersuchen sollte, die Bilder produzieren, veröffentlichen und vervielfältigen18, ohne allerdings die Interaktionen zwischen Bildproduzent, Bild und Publikum aus dem Blick zu verlieren. Die Konfrontation mit Bildern menschlichen Leids führt häufig zu Situationen, in denen Hinschauen und Wegschauen gleichermaßen unangemessene Optionen sind. Hinschauen verlängert das Leid visuell, fixiert Menschen als Opfer und nutzt sie zum zweiten Mal aus. Darüber hinaus kann die Reaktion der Betrachterin auf die visuelle Wahrnehmung des Leids anderer Menschen notwendigerweise nur inadäquat sein.19 Wegschauen allerdings ist in einer visuell dominierten Kultur kaum möglich und wäre auch keine angemessene ethische Haltung gegenüber dem Leid anderer Menschen. Ausserdem würde es dazu führen, sich aus der politischen Öffentlichkeit auszugrenzen, die durch das individuell-kollektive Konsumieren von Bildern mitbestimmt wird und als deren Teil – und, so ist argumentiert worden, nur als deren Teil, nämlich als Teil einer möglichen kollektiven Reaktion – die einzelne Betrachterin hoffen kann, auf Bilder menschlichen Leids angemessen zu reagieren.20

Populäre, massenwirksame Repräsentationsformen wie Wandgemälde, Graffiti und Comics sollten in friedenswissenschaftlicher Analyse nicht vernachlässigt werden, will sie den Vorwurf des Elitismus vermeiden. Dass Comics mehr sind als nur »funny stories« und dass sie Gegenstand seriöser wissenschaftlicher Arbeit sein können, kann spätestens seit Art Spiegelmans Maus und der wissenschaftlichen Beschäftigung mit diesem Meilenstein der Comicgeschichte nicht mehr bestritten werden.21 Kriege sind nicht nur häufiger, geradezu ubiquitärer Gegenstand von Fotografie, Film und Fernsehen.22 Sie sind auch oftmals Gegenstand von Comics gewesen – Joe Saccos Arbeiten über die Kriege in Bosnien sind auch einer breiteren Öffentlichkeit bekannt.23 Der besondere friedenswissenschaftliche Wert von »Macedonia: What does it take to stop a war?«, einer Gemeinschaftsproduktion der Illustratoren und Comicautoren Harvey Pekar und Ed Piskor mit der Friedensaktivistin Heather Roberson, liegt in der Thematisierung eines Krieges, der verhindert werden konnte.24 Der scharfen (anthropologisch-realistisch begründeten) Kritik an Friedens- und Konfliktforschung durch eine Karikatur (?) eines Professors für Politikwissenschaft in der Eröffnungsszene begegnet die Protagonistin mit Feldforschung in Mazedonien, in deren Verlauf sie die Vorzüge und Leistungen der Arbeit internationaler Organisationen zu schätzen und die widersprüchlichen und komplexen Positionen der lokalen Akteure zu verstehen lernt. Während Teile des Werkes, vor allem die historischen Exkurse, an eine illustrierte populärwissenschaftliche Abhandlung erinnern, bietet »Macedonia«, wie alle Comics, zumindest zwei Vorzüge gegenüber anderen Repräsentationsformen. Zum einen kann davon ausgegangen werden, dass das Buch ein Publikum erreicht, das herkömmliche friedenswissenschaftliche Arbeiten kaum erreichen: männliche Jugendliche, die zur gleichen Zeit das primäre Ziel militärischer Werbe- und Rekrutierungsstrategien sind, diesen Strategien aber nach der Lektüre von »Macedonia« vielleicht eher zu widerstehen vermögen. Zum anderen bietet die besondere Repräsentationsform von Comics – einzelne, aufeinander folgende, duch schwarze oder weiße Zwischenräume voneinander getrennte Panels – der Betrachterin ausreichend Raum und Zeit, aktiv in die Gestaltung der Story einzugreifen, die die Zeichner nur andeuten können und die von der Leserin vervollständigt werden muss. Ohne die aktive Mitgestaltung durch die Leserin funktionieren Comics nicht, aber es ist genau diese aktive Mitgestaltung, die es ihr unmöglich macht, die Position einer neutralen, distanzierten Beobachterin einzunehmen. Stattdessen wird die Leserin zur Co-Autorin. Aus Mitgestaltung folgt Mitverantwortung sowohl für die Entwicklung der Story als auch für die reale Situation, die der Comic widerzuspiegeln beansprucht (obwohl jede Form von Repräsentation grundsätzlich etwas Neues schafft). Die Realisierung der eigenen Mitverantwortung mag die Leserin durchaus schockieren, aber ein solcher Schock kann gesteigerte Geistesgegenwart zur Folge haben.

Gesteigerte Geistesgegenwart benötigt auch eine als Bildwissenschaft verstandene Friedenswissenschaft, will sie vermeiden, zur Stabilisierung jener Herrschaftsformen beizutragen, die sie zu kritisieren beabsichtigt und damit zu einem Teil des Problems zu werden. Die Bevorzugung von Sehen und Hören und ihr Verständnis als grundlegend für die Produktion »rationalen« Wissens ist genauso Teil westlicher Hegemonie – und damit Ziel post-kolonialer Kritik am Westen – wie die westliche Geringschätzung der angeblich untergeordneten und »irrationalen« Sinne Berührung, Geruch und Geschmack.25 Friedenswissenschaft als Bildforschung kann deshalb auf Bildkritik genauso wenig verzichten wie auf die Entwicklung eines holistischen Verständnisses der Sinne. Auch in dieser Hinsicht können Bilder – vor allem Fotografien – helfen: Fotografien berühren uns nicht nur; auch wir können sie mit unseren empfindlichen Fingerspitzen berühren und damit eine Beziehung zum abgebildeten Subjekt herstellen, die weit über Visualität hinausgeht. Es erscheint sinnvoll, sich friedenswissenschaftliche Gedanken über das einem holistischen Verständnis der Sinne innewohnende friedenspolitische Potential zu machen. Zum Beispiel könnten Wahrheitskommissionen erheblich davon profitieren, dem traditionellen Element des »truth-telling« das visuelle »truth-showing« und schließlich das »truth-touching« zur Seite zu stellen.

Anmerkungen

1) W.J.T. Mitchell (2003): Interdisziplinität und visuelle Kultur, in: Herta Wolf (Hg.): Diskurse der Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters. Frankfurt: Suhrkamp, S.43.

2) Vgl. Frank Möller (2007): Photographic Interventions in Post-9/11 Security Policy, in: Security Dialogue Jg. 38, No. 2, S.179-196.

3) Horst Bredekamp (2004): Wir sind befremdete Komplizen, Süddeutsche Zeitung 28. Mai 2004, S.17.

4) Walter Benjamin (1963): Kleine Geschichte der Photographie, in: ders.: Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit. Frankfurt: Suhrkamp, S.58.

5) Susan Sontag (1980): Über Fotografie. Frankfurt: Fischer, S.24.

6) Jens Jäger (2000): Photographie: Bilder der Neuzeit. Einführung in die Historische Bildforschung. Tübingen: edition diskord, S.123.

7) Vgl. Marianne Hirsch (1997): Family Frames: Photography, Narrative and Postmemory. Cambridge & London: Harvard University Press.

8) Ebd., S.119.

9) David MacDougall (1998): Transcultural Cinema. Princeton: Princeton University Press, S.246.

10) Barry King (2003): Über die Arbeit des Erinnerns. Die Suche nach dem perfekten Moment, in: Herta Wolf (Hg.): Diskurse der Fotografie. Fotokritik am Ende des fotografischen Zeitalters. Frankfurt: Suhrkamp, S.180.

11) Vgl. Fußnote 4, S.64.

12) Vgl. http://www.transnational.org/Art/photoseries/iraq_index.html.

13) Patrick Hagopian (2006): Vietnam War Photography as a Locus of Memory, in: Annette Kuhn & Kirsten Emiko McAllister (Hg.): Locating Memory: Photographic Acts. New York & Oxford: Berghahn Books, S.208.

14) Fernando Botero (2006): Botero Abu Ghraib; München: Prestel.

15) Vgl. Frank Möller (2008): The Implicated Spectator – from Manet to Botero, in: Matti Hyvärinen & Lisa Muszynski (Hg.): Terror and the Arts: Artistic, Literary, and Political Interpretations of Violence from Dostoyevsky to Abu Ghraib. New York: Palgrave.

16) Vgl. http://www.alfredojaar.net.

17) Walter Benjamin (1963): Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit, in: ders.: Fußnote 4, S.39.

18) Elizabeth Dauphinée (2007): The Politics of the Body in Pain: Reading the Ethics of Imagery, in: Security Dialogue Jg. 38, No. 2, S.139-155.

19) Sharon Sliwinski (1994): A painful labour: responsibility and photography, in: Visual Studies Jg. 19, No. 2, S.154.

20) Robert Harriman & John Louis Lucaites (2007): No Caption Needed: Iconic Photographs, Public Culture, and Liberal Democracy. Chicago und London: The University of Chicago Press.

21) Vgl. zum Beispiel Hirsch, Fußnote 7, S.17-40; James E. Young (2002): Nach-Bilder des Holocaust in zeitgenössischer Kunst und Architektur. Hamburg: Hamburger Edition, S.22-53; Ole Frahm (2006): Genealogie des Holocaust. Art Spiegelmans MAUS – A Survivor's Tale. München: Wilhelm Fink Verlag.

22) Vgl. Gerhard Paul (2004): Bilder des Krieges – Kriege der Bilder. Die Visualisierung des modernen Krieges. München: Wilhelm Fink Verlag.

23) David Kendall (Hg.) (2007): The Mammoth Book of Best War Comics. New York: Carroll & Graf; Joe Sacco (2000): Safe Area Goražde: The War in Eastern Bosnia 1992-95. Seattle: Fantagraphics Books; Joe Sacco (2005): War's End: Profiles from Bosnia 1995-96. Montreal: Drawn & Quarterly.

24) New York: Villard, 2007.

25) Vgl. Elizabeth Edwards, Chris Gosden & Ruth B. Phillips (Hg.) (2006): Sensible Objects: Colonialism, Museums and Material Culture. Oxford und New York: Berg.

Dr. Frank Möller ist Research Fellow am Tampere Peace Research Institute (TAPRI), Universität Tampere, Finnland, und mit Tarja Väyrynen Herausgeber von Cooperation and Conflict. Seine Forschungsschwerpunkte sind Theorie und Praxis friedlichen Wandels, Sicherheitsgemeinschaften sowie bildorientierte Friedensforschung.