Damals konnten sich die wirtschaftspolitischen Verheißungen der Konservativen gegen die Meinungsmehrheit in der Raketenfrage durchsetzen. Heute greift diese ideologiepolitische Technik der Themenverlagerung nicht mehr - die Fremdheit gegenüber der militärische Welt und ihrer folgenblinden Sicherheitskonzeption hat sich als sozusagen natürlicher Mehrheitshabitus etabliert. Neue Nuklearraketen als Wahlkampfthema sind da gänzlich unpassend - ja, sie bedrohen tendenziell die Regierungsfähigkeit. Kein Zweifel: die politische Unkalkulierbarkeit der anstehenden "Modernisierung" ist offenbar ungewöhnlich. Die Aufstellung neuer atomarer Raketen ist erneut zum Loyalitätssymbol gegenüber der US-Regierung geworden, gefährdet jedoch gleichzeitig die politische Mehrheit der Koalition im Lande. Was also tun? Sicher müssen hier den einseitigen AbrüstungsmaBnahmen der Staaten des Warschauer Pakts jede Publizität und damit politische Wirkung genommen werden. Auch ist denkhar, daß die "hard liner" im westlichen Militärbündnis ein Einsehen haben und der bedrängten Regierung in Bonn die Entscheidung über die LANCE-Nachfolge-Raketen vor 1990 ersparen. Doch lassen wir uns nicht täuschen: Die Entscheidung über die Entwicklung und Produktion einer konventionellen und nuklearen Variante der neuen, taktischen Rakete ATACMS ist im US-Kongreß bereits gefallen. Solchen Entscheidungen pflegt voraus zugehen, daß die in Betracht kommenden Stationierungsländer Zustimmung signalisiert haben.
Unser desolates Verhältnis zur Natur ist seit langem durch bestimmte Weichenstellungen geprägt worden, die wir so ohne weiteres nicht aufzulösen vermögen. So möchte ich in meinem Referat, im Sinne einer kritischen Aufarbeitung, auf diesem Weg in die Vergangenheit zurückgehen. Ich habe vor das in vier Schritten zu tun:
Atomsprache und wie wir lernten, die Bombe zu streicheln (II)
Obgleich mich die für die Sprache der Militärstrategen typische Mischung aus trockenen, abstrakten Begriffen und seltsamen Metaphern entsetzte, konzentrierte ich mich darauf, sie zu entschlüsseln und sprechen zu lernen. Zuerst mußte die Zunge daran gewöhnt werden, Abkürzungen auszusprechen.
Auf dem 2. Internationalen Naturwissenschaftler-Kongreß, der vom 2.-4.12.1988 in London stattfand, beschäftigte sich die amerikanische Wissenschaftlerin Josephine Stein mit der exklusiven Welt der Waffenforscher. Welche Mechanismen wirken hier? Von welchen Motiven sind die Wissenschaftler getrieben? Wie müssten verantwortungsbewußte Wissenschaftler einzuwirken versuchen? Der Beitrag wurde von der Redaktion übersetzt, leicht gekürzt und bearbeitet.
Am 16. März 1989 urteilt das Bundesarbeitsgericht (BAG) über die Frage, inwieweit das Grundrecht auf Gewissensfreiheit nach Artikel 4 Absatz 1 Grundgesetz die Arbeitsverweigerung aus Gewissensgründen schützt. Konkret geht es um die Kündigungsschutzklage zweier Neusser ÄrztInnen; Bedeutung hat das Verfahren jedoch für alle, die über praktische Konsequenzen aus ihrer beruflichen Verantwortung nachdenken.
Seit 20 Jahren wird auf der Genfer Abrüstungskonferenz (CD) der UNO multilateral (40 Staaten) über ein weltweites und umfassendes Verbot chemischer Waffen (CW) verhandelt. Die Verhandlungen zielen auf ein Verbot der Entwicklung, der Herstellung, des sonstigen Erwerbs, der Lagerung, des Besitzes sowie der direkten und indirekten Weitergabe chemischer Waffen (bzw. die Verbindungen unmunitioniert: chemische Kampfstoffe). Eingeschlossen in die Verhandlungen ist die Erfassung vorhandener Bestände sowie deren Vernichtung.
Entwicklung der Raketenzielgenauigkeit
Aus den Auseinandersetzungen um die Stationierung der Pershing II und bodengestützter Cruise Missiles ist noch bekannt, daß eines der Hauptargumente die neuartige enorme Zielgenauigkeit dieser Waffensysteme betraf. Denn eine hohe Zielgenauigkeit ist die entscheidende Voraussetzung dafür, sehr stark »gehärtete« Punktziele, v.a. Raketensilos und verbunkerte Kommandozentralen, mit großer Wahrscheinlichkeit ausschalten zu können – mithin ein Attribut von »erstschlagsfähigen Waffen«. Zwar wird die Zerstörungswahrscheinlichkeit gegen solche in die Erde eingelassenen, gewaltig betonarmierten Ziele nicht nur von der Treffgenauigkeit der Waffen, sondern auch von der Sprengkraft ihrer nuklearen Sprengköpfe und vom Grad der Härtung der Ziele mitbestimmt: Aber die Zielgenauigkeit beeinflußt diese bei weitem am stärksten. So hat etwa eine Verdoppelung der Treffgenauigkeit der angreifenden Waffe dieselbe Erhöhung der Zerstörungswahrscheinlichkeit zur Folge wie eine Verachtfachung der Sprengkraft. Für die militärische Anwendung am wichtigsten ist, daß man also bei sehr hohen Zielgenauigkeiten mit kleineren atomaren Ladungen denselben gewünschten Effekt erzielen kann. Denn dadurch würden die unerwünschten »Kollateralschäden« – v.a. Opfer in der Zivilgesellschaft – geringer und die Möglichkeit näherrücken, »präzise, selektive Schläge« gegen rein militärische Ziele zu führen. In der Pershing II ist/war die Kombination höchste Zielgenauigkeit/geringe Sprengkraft gut realisiert.
Die interdisziplinäre Arbeitsgruppe hat sich in ihrem Kern im Vorfeld und während der Tübinger Tagung der bundesdeutschen Naturwissenschaftler-Friedensinitiative „Verantwortung für den Frieden“ im Dezember 1988 gebildet.Bisher haben sich 20 Personen an einer Mitarbeit und weitere 30 an Informationen über die laufenden Aktivitäten dieser AG interessiert gezeigt, darunter vier Mitglieder des Bundestages. Diese AG ist – notwendigerweise – interdisziplinär. Jedoch wird die Naturwissenschaftler-Initiative uns als organisatorische Basis zur Verfügung stehen und uns als eine Arbeitsgruppe in dieser Initiative betrachten. In Tübingen wurde beschlossen, etwa im September '89 einen Workshop durchzuführen, auf dem Gelegenheit zu einer ausführlicheren und umfassenderen Diskussion als in Tübingen gegeben sein sollte. Er soll auch der inhaltlichen Vorbereitung für einen späteren öffentlichen Kongress dienen. Die Tübinger Veranstaltung wurde von allen als Einstieg und Anfang empfunden.
Industrielle Produktion – gleich welcher Art – kann nur betrieben werden, wenn die Voraussetzungen dafür bestehen, daß sie mit einem Höchstmaß an Sicherheit betrieben wird.
Niemand wird bestreiten, daß sich die politische Landschaft Amerikas gewaltig verändert hat. 1989 ist nicht 1979, von 1969 ganz zu schweigen. Was aber ist heute anders? Wann wurde das Alte vom Sockel gestoßen? Und warum? Wer war die treibende Kraft? Es lohnt sich, bei amerikanischen Querdenkern nachzulesen, z.B. bei Journalisten wie Thomas Edsall und Hedrick Smith, Ökonomen wie Gar Alperovitz, Barry Bluestone und Bennett Harrison, Politikwissenschaftlern wie Philip Stern, Thomas Ferguson und Joel Rogers oder Soziologen wie Michael J. Weiss. Ihr Befund: Als Ronald Reagan 1980 die Bühne betrat, waren die Rollen bereits verteilt. Ihm blieb nichts weiter übrig, als die neuen Spielregeln vom Teleprompter zu verlesen und dem Publikum vorzugaukeln, es seien die eigenen. Die Reaganauten stellten keine Weichen. Ein politisches Original war der Kalifornier zweifellos – aber alles andere als originell. Der Kaiser spielte in geliehenen Kleidern. Wer also den großen Umbau in Politik und Gesellschaft verstehen will, wird in den 80er Jahren nicht fündig werden. Der Wendepunkt liegt zehn Jahre vor Reagans Zeit. In den 70er Jahren wurden die Karten im politischen Machtpoker neu gemischt und die Koordinaten der politischen Ökonomie neu verlegt.