Zu Beginn des Jahres 1998 dokumentieren fünf Millionen offiziell gemeldete Arbeitslose in Deutschland, daß die soziale Marktwirtschaft weniger denn je in der Lage ist, allen Menschen Wohlstand und Glück zu bringen. Immer mehr Menschen fallen durch das »soziale Netz«, werden ausgegrenzt und entwurzelt. Es entwickelt sich ein Teufelskreis aus persönlichen Problemen und sozialem Abstieg, der für eine Million Menschen bereits in der Obdachlosigkeit endete.
Eine Revolution, jahrzehntelang vergessen, der man sich im Kaiserreich geradezu geschämt hat, was hat sie gewollt, warum fand sie überhaupt statt, was ist geblieben?
Neuer Regierungsbunker?
Der Atombunker der Bundesregierung im Ahrtal wird aufgegeben. Dies hat das Bundeskabinett im Dezember beschlossen. Der Atombunker entspreche „nicht mehr dem heutigen Stand der Technik“, und die notwendige Renovierug der Schutzräume würde nach Angabe des Regierungssprechers eine dreistellige Millionensumme verschlingen. Wie die FAZ (10.12.97) berichtet, ist über den Bau eines neuen Atombunkers in der Nähe von Berlin noch keine Entscheidung gefallen.
Wer abends mit der Berliner S-Bahn durch die Stadtteile vor allem des Ostens fährt, wird sich vielleicht über die gähnende Leere in den Abteilen wundern. Viele Menschen haben Angst, in den Zügen oder den wenig anheimelnden S-Bahnhöfen Opfer eines Verbrechens zu werden. Sie bleiben deshalb nach Anbruch der Dunkelheit lieber zu Hause, sofern sie nicht über ein eigenes Auto verfügen.
Während öffentlich diskutiert und praktiziert wird, wie mit Gesetzes- und Verfahrensänderungen der angeblich die Sicherheit bedrohende Asylstrom nach Europa eingedämmt werden kann, wird die eigentliche Krise des Asylrechts nicht zur Kenntnis genommen: die immer größer werdende Diskrepanz zwischen Flüchtlingsbegriff und den realen Fluchtursachen.
Unrechtmäßige Gewaltausübung von Polizeibeamten besonders gegenüber Menschen mit geringer Beschwerdemacht ist ein Thema, das in wiederkehrenden Abständen die Gazetten beherrscht. Die Qualität der Debatten steht dabei nicht selten auf Stammtischniveau, gesicherte Erkenntnisse sind kaum vorhanden. Bereits in den siebziger und achtziger Jahren standen polizeiliche Übergriffe in den Schlagzeilen und es entstanden Bürgerbewegungen, die sich die Beobachtung und Kontrolle der Ordnungshüter zum Ziel gesetzt hatten. amnesty international erhob massive Vorwürfe in den letzten Jahren. Alarmiert zeigten sich schließlich auch die Innenminister der Länder. Sie gaben im Herbst 1994 eine Studie zum Thema »Polizei und Fremde« in Auftrag, die im März 1996 der Öffentlichkeit vorgelegt wurde.
Arbeitslosigkeit als Beispiel des Wirkens struktureller Gewalt
Über 4,8 Millionen offiziell registrierte Arbeitslose in Deutschland Ende Januar 1998; ein trauriger Rekord, der auf der einen Seite Betroffenheitsbekundungen provoziert, andererseits kommt es aber auch immer wieder zu Verbalattacken, von denen das Unwort des Jahres 1997, das die Arbeitslosen zu »Wohlstandsmüll« abstempelte, wohl ein überdeutliches Beispiel bietet. In der Diskussion über mögliche Lösungen angesichts der festzustellenden ökonomischen Krise finden sich Ambivalenzen bis hin zum Paradoxen. Da werden die einen ermahnt, mehr zu arbeiten und Deutschland nicht als Freizeitpark zu betrachten, während den anderen (z.B. Asylbewerbern) verboten wird zu arbeiten. Arbeitslosigkeit ist ganz offensichtlich ein stark mit widersprüchlichen Emotionen besetzter Begriff, was nicht verwundert, wenn bedacht wird, daß Arbeitslosigkeit nichts anderes als das Fehlen von Erwerbstätigkeit bedeutet.
Neben Brasilien ist wohl Kolumbien das Land, in dem die »sozialen Säuberungen« die erschreckensten Dimensionen angenommen haben. Opfer sind vermeintliche Kriminelle, Arme, Drogenabhängige, Straßenkinder und -jugendliche, PapiersammlerInnen, BettlerInnen, Behinderte, Prostituierte, Homosexuelle, StraßenverkäuferInnen und sonstige sogenannte Randgruppen. Eben alle, die vom Staat, den Medien und vor allem von den Protagonisten dieser Verbrechen als »anormal«, »sozialschädlich« oder »gefährlich« stigmatisiert werden. Nicht selten sind in die Aktionen der Todesschwadronen Mitglieder der Sicherheitsbehörden, Geheimdienste und der Polizei verwickelt, entweder aus Eigeninitiative oder im Auftrag von Unternehmern, die Polizeibeamte oder professionelle Killer für diese Morde bezahlen.
(Über-) Lebensbedingungen palästinensischer Flüchtlinge im Libanon
Der Wiederaufbau im Libanon kommt langsam in Gang. Für die palästinensischen Flüchtlinge jedoch sind die Folgen vielfach negative. Arbeits-, Wohn-, Gesundheits- und Bildungsbedingungen in den Lagern verschlechtern sich und die internationale Hilfe – politisch und materiell – geht zurück. Doch:
Es ist nicht unproblematisch, als Deutscher über die barbarischen Züge der USA zu schreiben, weil dieses Land – zumal bei linken Intellektuellen – eine höchst zwiespältige Rolle bei der eigenen Identitätsfindung gespielt hat bzw. noch spielt. Unsere kritische Perspektive auf die Verhältnisse in den USA ist durch diesen archimedischen Punkt der neueren deutschen Geschichte geprägt: das kollektive Schuldtrauma über den während der Nazizeit begangenen Massenmord. Die schuldentlastenden Entstellungen der eigenen Vergangenheit ebenso wie die offizielle Vergangenheitspolitik legt sich wie ein Schleier der Täuschung auf unser Verständnis von Inhumanität und Gewalt in den USA.
Am 24. Dezember 1997 hat uns viel zu früh Roland Röhl verlassen – nach einem langen Kampf gegen eine heimtückische Krebskrankheit, die er seit Jahren in sich wußte und mit der er sich gedanklich und seelisch schon seit längerer Zeit in bewundernswerter Weise auseinandergesetzt hatte. Mit ihm haben wir einen Freund, einen für alle Fragen der Umwelt- und Friedensbedrohung sensiblen Menschen und einen herausragenden Beobachter, Berichterstatter und Journalisten der Wissenschaft verloren.
Nimmt man dieSüddeutsche Zeitung (SZ), dann hat „die demokratische Gesellschaft… die Armee zivilisiert.“ So jedenfalls der Tenor eines Kommentars, der im Dezember 1997 zu den politisch auffälligen Ereignissen im deutschen Militär erschien. Die SZ spielte damit auf die grundlegend neue Gestalt an, die die Bundeswehr im Verhältnis zur langen Geschichte des vorausgehenden Militarismus eingenommen hat. Diese Aussage ist zutreffend, wenn damit allgemein die Anerkennung, die Gültigkeit, der Primat der grundgesetzlichen Werte gemeint ist. Fünfzig Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus sind die Republik und ihr parlamentarisches Geflecht an politischen Institutionen zweifelsohne vom Militär akzeptiert. Die Bundeswehr ist nicht putschverdächtig.
Rechtsextremistische Skandale in der Bundeswehr – wohin driften die Streitkräfte? Interview mit Wolfgang Vogt
Tobias Pflüger interviewte für W&F Dr. Wolfgang Vogt, Dipl.-Soziologe, ziviler Dozent und Leitender Wissenschaftlicher Direktor im Fachbereich Sozialwissenschaften an der Führungsakademie der Bundeswehr in Hamburg, Vorsitzender der Arbeitsgemeinschaft für Friedens- und Konfliktforschung und des Vorstandes von W&F zum Fall Roeder an der Führungsakademie und zu den rechtsextremistischen Umtrieben in der Bundeswehr.
Verteidigungsausschuß tagt als Untersuchungsausschuß / Bundestagsanfragen SPD und Bündnis 90/Die Grünen
Auf Antrag der Fraktionen von SPD und Bündnis 90/ Die Grünen hat sich der Verteidigungsausschuß des Bundestages nach den Vorfällen in der Führungsakademie der Bundeswehr als Untersuchungsausschuß konstituiert. Grundlage der Arbeit ist ein Antrag der SPD. Obwohl die Anträge der SPD und der Grünen in weiten Bereichen übereinstimmen, konnten sich beide Parteien nicht auf einen gemeinsamen Antrag einigen. Dabei gibt es eine weitgehende inhaltliche Übereinstimmung in den Komplexen »Innere Führung« und politische Bildung Praxis der Traditionspflege Verhältnis Armee – Gesellschaft
Der wesentlich umfangreichere Antrag der Grünen geht in einigen Bereichen über diese Gemeinsamkeit hinaus. Er fragt auch nach Umfang und Hinlänglichkeiten der Frühwarn- und Verhinderungsmechanismen, nach wissenschaftlichen Analysen und MAD-Aktivitäten nach den Kriterien bei der Auswahl des Nachwuchses und nach dem Reformbedarf der Streitkräfte.
Wir dokumentieren im folgenden die beiden Anträge im Wortlaut
Die Betrachtungen Wolf-Dieter Narrs (WDN) in seinem Beitrag zu »Ziviler« Friedensdienst – »militärischer« Friedensdienst (W&F 3/97, S. 45 ff) sind wie ein Feuerwerk angelegt, das mit dreifachem Knalleffekt ausklingt: „Der Anspruch ist falsch; der Name ist falsch; die Sache ist falsch.“ Die drei Donnerschläge, so laut, daß das Tal erzittert, zeigen unmißverständlich das Ende der Veranstaltung an. War's das also? Übertragen wir, bevor wir betrübt nach Hause gehen, das Narr-typisch brilliante Sprachfeuerwerk in Klartext. Schauen wir dann, was es damit auf sich hat und wie zu handeln ist.
Das wissenschaftliche Erkenntnishandeln beeinflußt den Austrag der gesellschaftlichen Konflikte so, als wenn während eines bereits im Gang befindlichen Spiels die Spielregeln geändert, also z.B. neue Züge erlaubt würden. Im Fall eines Spiels wird dies in der Regel zum Vorteil einiger und zum Nachteil anderer Spieler sein, also die Gewinnchancen der Beteiligten verändern. So ist es auch in der Politik, wenn durch die Wissenschaft auf einmal neue Erkenntnisse in die Welt gesetzt werden, welche die Formen des Austrags der jeweils bestehenden Konflikte verändern. Typische Beispiele sind die Entdeckung der Atomkernspaltung vor dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs und die Entdeckung der Mikroelektronik nach dem Krieg.
Nur wenige Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges stellt sich das diffuse Gefühl ein, daß wir in einer fundamentalen Krise stecken. Auch wenn der Kapitalismus als Sieger aus dem Wettlauf der Systeme hervorging, blieb ihm nur wenig Zeit, dies gebührend zu feiern. Plötzlich tauchen – unter dem Schlagwort »Globalisierung« – düstere Wolken am Horizont der westlichen Industriegesellschaften auf.
Die fast vier Jahre langen Verhandlungen wurden mit dem Ziel geführt, eine erhöhte Sicherheit und mehr Transparenz über den weltweiten Umgang mit dem Waffenstoff Plutonium zu erreichen. Eine starke Motivation zu diesen Verhandlungen ist nach Ansicht von Kritikern wesentlich aus dem Ziel gespeist, die Akzeptanz für die Nutzung von Plutonium zu erhöhen. Ein zunehmender Protest dagegen regte sich nicht mehr nur bei Bürgerinitiativen und nichtstaatlichen Organisationen, sondern auch bei einer Anzahl von Staaten, die sich insbesondere gegen Schiffstransporte von Plutonium aus Frankreich nach Japan wehrten. An den Verhandlungen waren neben allen fünf etablierten Kernwaffenstaaten auch Deutschland, Japan, Belgien und die Schweiz beteiligt. EURATOM und die IAEO waren mit Beobachtern an den Verhandlungen, die auch unter der Bezeichnung »International Plutonium Regime« bekannt geworden sind, beteiligt.
Diese Website verwendet Cookies, um Ihnen bessere Inhalte bieten zu können. Dabei sind zwei Arten von Cookies zu unterscheiden. Die notwendigen Cookies werden zwingend für den Betrieb der Website benötigt und können von Ihnen auch nicht abgewählt werden, da sonst eine Nutzung der Website nicht mehr möglich ist. Die andere Art von Cookies wird genutzt, um anonymisiert Nutzer*innenverläufe und -verhalten zu messen, damit die Website besser an die Bedürfnisse unserer Nutzer*innen angepasst werden kann. Um mehr zu erfahren, lesen Sie bitte unsere Datenschutzerklärung.