Wenige Monate nach Stationierungsbeginn ist vollends klar geworden.- Die „Nachrüstung“ ist nur das erste Kapitel eines für die 80er Jahre konzipierten, gigantischen Militärprogramms. Die Zauberworte der Gegenwart -- Mikrochip, Laser, Genetic Engineering beflügeln die Phantasie der Militärstrategen. Der Pakt von High Tech und Armageddon-Visionen wird zum Schlüsselereignis unseres Jahrzehnts.
John F. Kennedy, der diesen Satz prägte, dachte dabei schon an die militärische Nutzung des Weltalls. Seit der „Star-Wars“-Rede von Ronald Reagan am 23. März 1983 bekommt dieser Satz einen weit gefährlicheren Klang. Die Militarisierung des Weltraums soll den entscheidenden Durchbruch zu Erlangung der Erstschlagsfähigkeit bringen. Selbst treue NATO-Verbündete der USA scheinen auf Distanz zu gehen. Die Weltraumrüstung wird zum „Thema der nächsten Jahre“.(Wörner)
In nun etwa 25 Jahren ist der Laser von einem Labor-Prototyp zu einem Instrument gereift, das eine Reihe von Forschungsbereichen revolutioniert hat und inzwischen auch vielfältige Anwendungen in der Medizin, der Materialverarbeitung, der Meß- und Analysentechnik sowie in Informationssystemen erfährt. Die zukünftige Entwicklung ist zur Zeit nur unvollkommen abzuschätzen, aber sicher wird der Laser zu den bedeutendsten Entwicklungen dieses Jahrhunderts gezählt werden müssen. Die vielfältigen Anwendungen der Lasertechnik, die auch bereits kommerziell eingesetzt werden, bleiben natürlich nicht ohne Auswirkung auf die Militärtechnik.
Die neuen Entwicklungen in der Waffentechnik, insbesondere für den Weltraum, lassen sich durch folgende Parameter beschreiben, die eng miteinander verknüpft sind:
Unter dem Titel „Space-Based Missile Defense“ hat die Union of Concerned Scientists im März eine ausführliche Analyse der von Reagan vorgeschlagenen Pläne vorgelegt. Wir zitieren einige Passagen, aus denen hervorgeht, daß der Aufbau eines perfekten Schutzschildes gegen einen massiven sowjetischen Angriff technisch unmöglich ist. Dies zeigt: als Mittel der Verteidigung ist das geplante ABM-System untauglich.
Sei es der „Krieg der Welten“ H. G. Wells, 1898 oder der „Krieg der Sterne“ (1977) - in der Geschichte der SF spielt der Themenbereich Konflikte, Katastrophen und Krieg eine zentrale Rolle. Kriegerische Katastrophen haben sich entweder schon ereignet oder drohen, sich in nächster Zukunft abzuspielen, wenn sie nicht sogar selbst Thema von SF sind. Fast immer geht es dabei um die gewaltsame Eroberung des Alls und fremder Planeten oder aber ein in neuerer Zeit häufiger auftauchendes Bild - um die Verteidigung der menschlichen Rasse gegen aliens, die aus den Tiefen des Alls in unsere Galaxie vorgedrungen sind, um auch diese zu erobern und zu beherrschen.
Von der Verantwortung der Wissenschaft in finsterer Zeit
Der naturwissenschaftlichen Aufklärung den Charakter eines Entwurfs zur Beförderung von Emanzipation wiederzugeben, der bis heute nicht realisiert, ja, ins Gegenteil verkehrt worden ist: darauf käme es an - und, in der Tat, an Visionen, das ursprüngliche „Projekt“, die Menschheit auf die Ebene einer zweiten, von Zwängen und Fremdbestimmungen befreiten Natur zu heben und derart, auf Autonomie aber nicht Autarkie der Subjekte abzielend, zur Wiederversöhnung von Wissenschaft und Moral beizutragen (...) an solchen Visionen mangelt es nicht.
Das Friedensengagement an den Hochschulen hat weiter zugenommen. Davon zeugt die Resonanz auf die zahlreichen Ringvorlesungen zur Thematik „Verantwortung für den Frieden“. So sprechen die „Aachener Nachrichten“ von der größten interdisziplinären Veranstaltung seit Bestehen der Aachener Hochschule. Ähnliches ließe sich von anderen Orten berichten. Diese Form der Friedensarbeit scheint auch Kontinuität zu erlangen: an zahlreichen Hochschulen werden die Veranstaltungen fortgeführt. Wir dokumentieren einige davon.
Auch wir haben Appelle unterzeichnet, auch wir konnten für manche Mark unsere Namen in Wochenblättchen lesen. Appelle, Appelle an andere! Aber wir haben dabei nicht verdrängt, daß Wissenschaftler und Techniker einen ganz wesentlichen Beitrag zur Rüstungseskalation leisten, daß sie häufig sogar die Initiatoren neuer Waffenentwicklungen sind, daß in ihren Gehirnen, auf ihren Papieren, in ihren Computern bereits Waffen konzipiert werden, lange bevor noch Militärs auch nur von ihnen träumen, geschweige den Politikern ihre Notwendigkeit postulieren können. Schon die Atombombe ist dafür ein klares Beispiel.
„Das Wettrüsten ist primär ein Produkt von politischen Kräften. Doch Wissenschaftler tragen ihrerseits zu der katastrophalen Tendenz der internationalen Verhältnisse bei. Ungefähr eine halbe Million Naturwissenschaftler und Techniker ein hoher Prozentsatz des gesamten wissenschaftlichen Personals - ist direkt in militärischer Forschung und Entwicklung beschäftigt. Diese Wissenschaftler und Techniker sind ständig damit beschäftigt, neue Mittel der Zerstörung zu entwickeln, und machen damit den Fortbestand der Spezies Mensch auf diesem Planeten immer schwieriger. Das nukleare Wettrüsten lebt von dem ständigen Zustrom wissenschaftlicher Innovationen, und der Eindruck verstärkt sich, daß die Wucht des Wettrüstens durch die Aktivitäten der Wissenschaftler bestimmt wird. Dieser Eindruck ist zwar übertrieben; eine Vielfalt von Faktoren, die miteinander wechselwirken, spielt eine Rolle, sie werden gemeinhin als der militärisch-industrielle Komplex bezeichnet. Aber die Einführung jeder neuen Waffe ist ein irreversibler Schritt, und in diesem Sinne ist die Rolle der Wissenschaftler von entscheidender Bedeutung. Diese Rolle des Wissenschaftler widerspricht seinem traditionellen Beruf.“ (Ergebnisse und Empfehlungen des Pugwash/Unesco Symposions, Ajaccio/Korsika, 1982)
Am 20.10.83, dem Tag, den die Friedensbewegung zum „Tag der Bildungseinrichtungen“ innerhalb der Abrüstungswoche im Herbst 1983 bestimmt hatte, erklärte das Konzil der Fachhochschule Hamburg mit großer Mehrheit diese Hochschule symbolisch zur atomwaffenfreien Zone. Seither diskutieren die Selbstverwaltungsgremien der FH Hamburg, die mit über 11000 Studenten eine der größten Fachhochschulen der BRD ist, insbesondere der Senat, das höchste Beschlußorgan, über die praktischen Konsequenzen, die sich aus dem Status atomwaffenfreie Zone ergeben sollen.
Das Jahr 1983 endete mit der Stationierung von Marschflugkörpern und Pershing II Raketen der USA in Großbritannien und in der BRD, und es scheint unausweichlich, daß die nächsten Jahre von einer weiteren Steigerung der nuklearen Rüstung der USA und ihren NATO-Verbündeten gekennzeichnet sein werden, einer Steigerung, die die Eskalation der 70er Jahre, sowohl in quantitativer als auch in qualitativer Hinsicht weit in den Schatten stellen wird. Es scheint auch unausweichlich, daß die einseitige nukleare Aufrüstung der USA in den 80er Jahren, wie in den 70er Jahren, mit entsprechenden sowjetischen Gegenmaßnahmen beantwortet werden wird.
Bemerkungen zu Mike Pentz: „Das nukleare Wettrüsten. Eine neue Initiative ist jetzt dringend notwendig“
Mit erfreulicher Nüchternheit hat Mike Pentz auf einige technologisch-naturwissenschaftlich gesicherte Umstände aufmerksam gemacht, die in der zugespitzten Situation unmittelbar vor der beginnenden Stationierung der Cruise Missiles und Pershing II nicht ausreichend klar gemacht und von Teilen der Friedensbewegung unzutreffend dargestellt worden waren.
Die atomare Drohung ist spätestens seit 1945, seit Hiroshima und Nagasaki, in der Welt, Strategie und Mechanismus der Abschreckung seit 1949, seitdem auch die Sowjetunion über Atombomben verfügt. Das usprüngliche Konzept der Abschreckung war verteidigungsorientiert, Drohung wurde als Vergeltung verstanden. Die Abschreckung sollte darauf beruhen, daß Drohung und Gegendrohung, Angriffs- und Vergeltungsschlag ebenbürtig waren, daß die den ersten Schlag auslösende Seite über den Erwiderungsschlag mit der Selbstvernichtung rechnen mußte. Damit schien eine Schwelle in der Geschichte der Menschheit erreicht, eine Wende im Verhältnis von Krieg und Politik. Es war die vorherrschende Meinung, daß der Krieg kein (beherrschbares) Mittel der Politik mehr sein könnte. Es schien so, als müßte das, was bis dahin Politik hieß, neu bestimmt werden, weil die Politik nicht mehr die Wahlfreiheit zwischen Krieg und Frieden hatte. Aber diese Einsicht war nur stabil auf der Grundlage gegenseitig garantierter Vernichtung, sie blieb damit bestimmt durch das von ihr Negierte, den Krieg.