Wissenschaft und Friedenssicherung. Eine Untersuchung an der Philipps-Universität Marburg

Wissenschaft und Friedenssicherung. Eine Untersuchung an der Philipps-Universität Marburg

von Holger Probst

Wenn es noch der Belege bedurft hätte, daß die Wissenschaften der Kriegstechnologie und der Kriegsplanung auf allen Ebenen zuarbeiten, so hätte die sogenannte Strategic Defense Initiative dies bewiesen. Ihre Urheber präsentieren sie stolz als ein Forschungsprojekt, das den Schweiß der Edlen wert ist, und zu dem sie die Wissenschaftler der westlichen Welt „einladen“. Aber schon als es noch nur um die Nachrüstung ging, war dies vielen Wissenschaftlern Anlaß, den Beitrag ihrer Disziplin, ihres eigenen Spezialgebietes und unter Umständen auch ihrer individuellen Forschungsarbeit abzuwägen.

So entstand in einer Initiativgruppe von Marburger Wissenschaftlern Interesse an den Fragen:

Wie sieht das eigentlich an unserer Universität in Marburg aus? Arbeiten unsere Kollegen auch an militärisch bedeutsamen Projekten? Halten sie ihre Disziplin und ihre Arbeit überhaupt für militärwissenschaftlich verwendbar?

Welche Vorstellungen haben sie von den Möglichkeiten ihrer Arbeit und ihres Faches, zur Friedenssicherung beizutragen?

Halten sie es überhaupt für wissenschaftlich zulässig, durch eigene Forschung und Lehre zur Friedenssicherung beizutragen?

Dies unter rund 1.500 Wissenschaftlern der Philipps-Universität zu untersuchen, wurde ein Fragebogen entwickelt und jedem in Marburg forschenden oder lehrenden Wissenschaftler individuell zugestellt.

Repräsentativität der Stichprobe wurde angestrebt: Das Anschreiben und die Formulierung des Fragebogens versuchten, „für alle Standpunkte zur Friedenssicherung faire Formulierungen vorzulegen“, sowohl für die Position „der wertfreien wie der friedenspolitisch engagierten Wissenschaft“, sowohl für die „Friedenssicherung durch Abschreckung, durch Verteidigungsbereitschaft, durch freeze oder durch Abrüstung“.

361 Respondenten, eine Rücklaufquote von 26 % ist eigentlich kein schlechtes Resultat, aber: Repräsentativität ist weniger eine Frage der großen Zahl als der Zusammensetzung der Stichprobe. In der erreichten Stichprobe ist aber schon die Repräsentanz der Fachbereiche ungleich (s. Tabelle), und in Bezug auf das erfaßte Meinungsspektrum herrschen deutlich Einstellungen und Handlungen vor, die auf Nähe zu den Friedensbewegungen hinweisen.

Anstatt repräsentativ zu sein, ist die Stichprobe deshalb eher eine Totalerfassung derjenigen Wissenschaftler, die zu problematisieren bereit sind: Geht die Frage der Friedenssicherung mich und meine Arbeit als Wissenschaftler etwas an? Es wird trotzdem bemerkenswert sein, welch vielfältige und kontroverse Meinungen selbst in dieser Stichprobe vertreten sind. Für die quantitative Auswertung bedeutet dies, daß man keine einzige Prozentzahl auf die gesamte Philipps-Universität hochrechnen kann, sondern daß wir in differenzierter Weise ein Meinungsprofil über die Fachbereiche zu erstellen haben.

Von 361 Respondenten haben sich in der Vergangenheit 218 Personen in „öffentlichen Anzeigen und Resolutionen zu den Zielen von Abrüstung und Entspannung bekannt“. (Hier und im folgenden kennzeichnen „ “ Zitate aus dem Fragebogen.) Weitere 74 wären „in Zukunft bereit dazu“. Wir finden also, daß knapp 300 Beantworter dem Weg zum Frieden durch Abrüstung und Entspannung nahe stehen. Im Gegensatz dazu gab es eine wesentlich kleinere Gruppe, die auf Abschreckung und Verteidigungsbereitschaft vertrauende Wege zur Friedenssicherung vertritt. Nur 12 Respondenten hatten sich „öffentlich für Nachrüstung und Verteidigungsbereitschaft des Westens“ erklärt, weitere 39 Personen taten das bisher nicht, wären aber dazu bereit. Wir können den Kreis der Nachrüstungsbefürworter unter den Respondenten danach auf 50 schätzen.

244 Kollegen würden die Einrichtung eines Friedensforschungsinstituts in Marburg begrüßen; es sind meist jüngere Wissenschaftler und Nicht-Professoren. Wiederum ist diesen gegenüber die Zahl derer wesentlich geringer, die „militärische Forschung im Maßstab der Haushaltsentwicklung des Bundes“ gutheißen; dies sind 64 Respondenten, zum großen Teil deckungsgleich mit oben geschätzten 50 Nachrüstungsbefürwortern.

Aus der Gruppe der „Tauben“ stammt ein kleiner Kreis, der sich „in Vorträgen und Publikationen“ (N = 66), aber auch durch die Gestaltung von Seminaren zum Friedensthema (N = 15) persönlich engagiert hat. Bei einer gewissen Schnittmenge können wir schätzen, daß sich ca. 70 Marburger Wissenschaftler in Lehre, Vortrag und Veröffentlichung für Abrüstung und Entspannung geäußert haben.

Für die Unterscheidung der Meinungen nach der wissenschaftlichen Disziplin habe ich Fächergruppen gebildet (siehe Tabelle):

Gebiet 1 2 3
1. Naturwissenschaften 33 20 35
2. Humanmedizin 17 37 8
3. Kultur- und Sprachwissenschaften 27 28 0
4. Soziologie und Politikwissenschaft 24 7 7
5. Wirtschafts- und Rechtswissenschaft 18 33 0
6. Psychologie und Pädagogik 34 3 7
7. Theologie und Philosophie 31 0 0

Zu Spalte 1: Prozent der Wissenschaftler je Fächergruppen, die sich an der Untersuchung beteiligt haben

Zu Spalten 2-3: siehe Text (%-Zahlen)

Sehen wir nach, wie sich die Vertreter der Fachrichtungen bislang in der Frage der Friedenssicherung geäußert und verhalten haben. Aufgrund ihrer hohen absoluten Zahl haben die Naturwissenschaftler bislang viel Engagement für Kritik der Nachrüstung und Eintreten für Entspannung aufgebracht, aber unter den kleineren Gruppen der Psychologen, Erziehungswissenschaftler, Theologen und Soziologen/ Politologen sind es wesentlich höhere Anteile aktiver und engagierter Kollegen. Hier einige Zahlen. An „Anzeigen und Resolutionen für Abrüstung und Entspannung“ haben sich je rund 60 % der Natur-, Sprach- und Kulturwissenschaftler sowie der Humanmediziner beteiligt. Aber 70, 80, 90 % beträgt dieser Anteil unter den Soziologen/ Politologen, den Theologen/ Philosophen und den Psychologen/ Erziehungswissenschaftler m. Deutliche Distanz zu Friedensmanifestationen haben Rechts- und Wirtschaftswissenschafter, von denen bisher keine 30 % öffentliche Friedensappelle gezeichnet haben.

In der Medizin und den Naturwissenschaften, aber auch in Kultur- und Sprach- sowie Wirtschafts- und Rechtswissenschaften findet sich die größte Neigung zu Rüstung und Abschreckung wie auch die größte Zahl derjenigen, die sich bisher nicht öffentlich friedenspolitisch festgelegt haben. Hier tendiert die Mehrheit bei künftigem Engagement in Richtung Abrüstung und Entspannung, aber nennenswerte Minderheiten würden sich auch auf Friedenssicherung durch Abschreckung festlegen. Dies läßt in den bisher indifferenten Fächern besonders ausgeprägt in den Naturwissenschaften – zukünftig eine deutlichere Polarisierung erwarten.

Wie sehen die Marburger Wissenschaftler „für die Forschung, an der sie persönlich (mit-)arbeiten, den Bezug zur Verwendung der Ergebnisse für die Politik bzw. Technologie der Friedenssicherung?“

Am stärksten ist die Haltung der wertfreien Wissenschaft unter den Naturwissenschaftlern verwurzelt: 59 % von ihnen erklärten, daß sie die Ergebnisse ihrer Forschung von jeglichem politischen Interesse fernhalten und ihr Fach rein wissenschaftlich und wertfrei betreiben. In der Lehre halten es 69 % der Naturwissenschaftler so, daß sie alle Sachverhalte „ausgewogen, neutral und rein wissenschaftlich darstellen“.

Nur rund zur Hälfte sehen sich die Vertreter folgender Disziplinen dem Ideal der Neutralität und rein wissenschaftlicher Darstellung in der Lehre verpflichtet: Medizin, Sprach-, Kulturwissenschaft, Wirtschaft und Recht, Soziologie, Politologie. Am wenigsten sehen sich Soziologen, Politologen, Psychologen, Erziehungswissenschaftler sowie Theologen, Philosophen gehalten, ihre wissenschaftlichen Aussagen und Ergebnisse von politischen Fragen im Kontext der Friedenssicherung freizuhalten. Es ist hier noch maximal ein Vertreter je Fach, der die Maxime von Wertfreiheit und Politikferne hochhält.

Eine zweite Stufe der Fragebogenauswertung gelangt durch eine Faktorenanalyse zu Gruppierungen von Fragen – d. h. mehrere Inhaltsverwandte Items werden zu Skalen zusammengefaßt -, deren Ergebnis im Vergleich zwischen den Fachrichtungen ich im folgenden darstelle.

Die erste Gruppe von Items erfragt die „Involviertheit“ des eigenen Faches und der eigenen Forschung oder Lehre in die Auseinandersetzung um die „Friedenssicherung“ – werde sie durch Entspannung oder Abschreckung, durch Ab- oder Nachrüstung erstrebt.

Am stärksten sehen Sozial- und Politikwissenschaftler ihr Fach und ihre persönliche Arbeit in die Frage der Friedenssicherung involviert. Sie sind gefolgt von Psychologen, Erziehungswissenschaftlern und Theologen, Philosophen. Sie alle unterscheiden sich hier deutlich (und hoch signifikant) von Medizinern und Naturwissenschaftlern. Hierbei ist bemerkenswert, daß nahezu die Hälfte der Naturwissenschaftler (und Mediziner), deren Fächer wahrlich handfeste militärisch relevante Bezüge zu leisten imstande sind, verneinen, daß es „auch wehrtechnologische und militärwissenschaftliche Anwendungsgebiete“ ihres Faches gibt.

Ein zweiter Fragenkomplex betrifft die Wertfreiheit der eigenen Wissenschaft, insbesondere ihre Abstinenz gegenüber dem Krieg- und Friedensthema.

Diese Einstellung herrscht unter Naturwissenschaftlern und Medizinern so deutlich vor, daß sie sich hochsignifikant von Psychologen, Erziehungswissenschaftlern, Politologen, Soziologen und am extremsten von Theologen, Philosophen unterscheidet. Eine Frage, die den Grad der wahrgenommenen Neutralität besonders deutlich zum Ausdruck bringt, sei zitiert:

„Wie beurteilen Sie die grundsätzlichen Möglichkeiten Ihrer wissenschaftlichen Disziplin, in der Diskussion um die Friedenssicherung mitzusprechen bzw. durch Forschung oder Entwicklung Beiträge hierzu zu leisten?“

Die Zahlen in der Tabelle, Spalte 2, betreffen die Bejahung der Antwortalternative: „Meine Wissenschaftsdisziplin hat keinerlei Bezug zu dieser Thematik.“

Die pointierten Items des Fragebogens betreffen die Nähe der eigenen wissenschaftlichen Arbeit zu ihrer möglichen oder realen militärischen oder wehrtechnologischen Verwendung.

Es sind 14 % (51) der befragten Wissenschaftler, welche sehen, daß ihr „Fach durch Grundlagenforschung und Entwicklung wesentliche Beiträge zu wehrtechnologischen und militärwissenschaftlichen Projekten leistet.“

Spalte 3 in der Tabelle zeigt, wie die einzelnen Fächer dies beantworten. Noch 12 % der Befragten halten es für möglich, daß „ihre persönlichen wissenschaftlichen Resultate (indirekt) militärisch oder wehrtechnologisch interessant sein könnten“. Aber es sind nur 5 Respondenten (1,6 %), die angeben, daß sie an offensichtlich militärisch oder wehrtechnologisch relevanten Fragestellungen tätig sind oder waren.

Eine Skala subsumiert Formen, in denen die Persönlichkeit des Wissenschaftlers – auch als Privatperson – für Abrüstung und Entspannung eintritt, seien es Vorträge, Publikationen, Lehrveranstaltungen oder Aufrufe. Hinsichtlich dieser Aktivitäten wiederholt sich – pronconciert – das Kontinuum von Soziologen, Psychologen etc. auf der einen zu Naturwissenschaftlern, Medizinern, Ökonomen und Juristen auf der anderen Seite. Ober alle Fächer bringen die etablierten und älteren Kollegen mehr Engagement auf als die jüngeren, da sie Kraft ihrer Position vielfältigere Möglichkeiten haben.

Aktives Eintreten für Entspannungswege zum Frieden ist eng gekoppelt an die Beurteilung, daß das eigene wissenschaftliche Fach als solches und die wissenschaftliche Tätigkeit ihrerseits in die Frage der Friedenssicherung involviert sind. Persönliches Hervortreten in Friedensdingen, auch im privaten und außeruniversitären Bereich, verträgt sich dagegen nicht mit der Einstellung, neutrale und wertfreie Wissenschaft zu verfolgen. Dies ist keineswegs selbstverständlich, denn es könnte sein, daß für wertfreie und politisch neutrale Wissenschaft eintretende Kollegen sich als Privatleute und Staatsbürger in der Friedensfrage engagieren. Dies ist für Einzelfälle nicht auszuschließen, aber die Ergebnisse sprechen eher dafür, daß der wertfrei lehrende und forschende Wissenschaftler sich auch als Staatsbürger nicht in der Friedensfrage engagiert und freilich auch nicht innerhalb der Universität.

Ferner bestehen folgende signifikante Zusammenhänge: Die Wissenschaftler, die sich für Entspannungswege zur Friedenssicherung erklären, schreiben die „Ursachen der Kriegsgefahr dem Machtstreben der USA“ zu, oder noch deutlicher, sie bevorzugen Erklärungen, die „den Supermächten“ bzw. „dem außer Kontrolle geratenen Rüstungswettlauf“ die Gefährdung zuschreiben. Die Wissenschaftler hingegen, die sich sowohl als Wissenschaftler als auch als Staatsbürger aus veröffentlichter Friedenspolitik heraushalten, sehen im Machtstreben der Sowjetunion den Faktor der Labilisierung, oder sie schämen, daß „der Frieden nicht (mehr als früher auch) bedroht ist“.

Trotz der Auswahl einer mindestens aufgeschlossenen und im Hinblick auf das Thema kooperativen Minderheit tun sich noch in dieser unterschiedliche, fast gegensätzliche Einstellungen auf. Dies wurde deutlich im veröffentlichten friedenspolitischen Engagement der Befragten wie auch in ihrer Haltung zu neutraler vs. involvierter Wissenschaft. Die diesbezüglichen Meinungsunterschiede zwischen den Fächergruppen kündigten sich bereits in der Beteiligung der Fächer an dieser Universität an (s. Sp. 1 Tab.). Um so bemerkenswerter ist es, daß sich noch in den schwach vertretenen Fächern, die demnach eine hochselektierte (d. h. interessierte) Teilstichprobe stellen, die Meinungen konzentrieren, die auf Distanz zu Friedenspolitik, Neutralität der eigenen wissenschaftlichen Arbeit und auf Reserve gegenüber Friedensforschung bedacht sind. Dies erlaubt Folgerungen auf das Meinungskontinuum, welches sich in die Teile des Kollegiums erstreckt, für die diese Befragung kein Gegenstand war.

Wir sahen bereits bei den quantitativen Ergebnissen die gewissen Paradoxie, daß die nur durch software oder gar nur durch Argumente der Friedenssicherung beisteuernden Fächer (Psychologie, Soziologie, Politik, Erziehungswissenschaften, Theologie) sich stärker „verstrickt“ sehen als die Naturwissenschaften, die immerhin militärische hardware entwickeln (helfen). Im geisteswissenschaftlichen Beitrag äußert sich die Bereitschaft, Involviertheit einzugestehen, ja förmlich zu suchen.

Damit erweist sich die friedenspolitische Involviertheit des Faches und der eigenen wissenschaftlichen Arbeit als nur zum Teil durch die objektiven Möglichkeiten des Arbeitsgebietes bestimmt. Wie der Wissenschaftler dieses ausgibt, ist zum einen eine Frage seiner Selektion der Themen, die er als Paradigma ausführt: So kann ein Mediziner überzeugend ausdrücken, daß seine – „Beurteilung kranker Zähne“ nichts militärwissenschaftliches an sich hat, wogegen ein anderer das Thema „Menschenexperimente durch nationalsozialistische Ärzte“ als Beleg für die grundsätzliche kriegspolitische Verstrickung seines Faches vorweist. In der Selektion des Paradebeispiels äußert sich eine Erlebnisdimension, die der vom individuellen Wissenschaftler wahrgenommenen Involviertheit zugrundeliegt, nämlich problematisieren vs. bagatellisieren oder sensibilisiert vs. verleugnend.

Ich denke, es ist keine Oberbewertung dieser – zugegebenermaßen bescheidenen – Umfrage, wenn ich schon die bloße Teilnahme daran als friedenspolitisches Indiz werte. So erweist sich meine ursprüngliche Hoffnung, bei einer „so wichtigen Fragestellung“ Repräsentativität des Meinungsspektrums zu erhalten als naiv. Denn schon die Befassung mit dem Fragebogen setzt voraus, daß Sensibilisierung für das Problem vorliegt. Zeigen sich schon in der diesbezüglich positiv selegierten Stichprobe Anzeichen von Verleugnung und Distanzierung, so dürften sich diese Haltungen konzentrierter unter der Mehrheit des Marburger Kollegiums finden, die hier nicht mitgemacht hat.

Widersprüchlich und auf der Schneide zwischen Ablehnung und Angesprochensein fügte ein Kollege seinem vollständig bearbeiteten Fragebogen diesen Kommentar an:

„Ich halte diese ‚Umfrage‘ für absoluten Blödsinn, es kommt überhaupt nichts Greifbares dabei heraus. Es müßte doch irgendwie eine mögliche Antwort sein: nur durch den Frieden, den wir in der Bundesrepublik seit wenigen Jahrzehnten, dank des Schutzes der USA u. a. haben, und den wir uns sehnlichst auch für die Zukunft wünschen, können wir so frei wissenschaftlich arbeiten, wie das auch – fast – nur bei uns möglich ist. … Es ist skandalös, daß – wie zu befürchten ist – für diese blödsinnige Umfrage Steuergelder verwendet werden.“

Nähere Informationen über Prof. Dr. Holger Probst, Schwanallee 50, 3550 Marburg (Inst. f. Heil- u. Sonderpäd.) Tel. 06421/283832

SIPRI – Ein Portrait

SIPRI – Ein Portrait

von Redaktion: Gespräch mit Michael Brzoska

In der bundesdeutschen Friedensdiskussion spielen die Arbeiten des Stockholm International Peace Research Instituts (SIPRI) schon seit langem eine große Rolle. Analysen und Dokumente des SIPRI waren für die Friedensbewegung eine große Hilfe, um Vernebelungsversuchen der Militärs entgegenzutreten.

Schon früher haben Veröffentlichungen des Stockholmer Instituts positive Wirkungen gehabt: die umfangreichen Arbeiten über die Gefahren und Folgen eines B- und C-Waffenkrieges 19 71 -19 74 dürften auch das Zustandekommen der Konvention von 19 72 über das Verbot der bakteriologischen Waffen mitbeeinflußt haben.

Zu wenig ist hierzulande über Geschichte, Aufbau und Wirkungsweise des SIPRI bekannt. Diesen Fragen sind wir nachgegangen in einem Gespräch, das wir mit Dr. Michael Brzoska führten. Brzoska ist Mitarbeiter des Instituts und in der Bundesrepublik durch zahlreiche Publikationen zur Rüstungsproblematik hervorgetreten.

Können Sie uns zunächst einiges zur historischen Entwicklung des Instituts sagen?

SIPRI wurde 1966 offiziell errichtet, demnächst haben wir also das 20-jährige Jubiläum. Aber natürlich war schon in den Jahren davor über die Errichtung diskutiert worden. Ich sehe wie auch bei der Initiierung der bundesdeutschen institutionellen Friedensforschung Ende der 60er Jahre dafür 2 Wz4rzeln: zum einen die akademische Kritik an der herrschenden (westlichen) Militärpolitik und zum anderen den damals noch in vielen Ländern zunehmenden Glauben an die Problemlösungskapazität “ neuer “ Gesellschaftswissenschaften. Die Kritik an der Strategie der massiven Vergeltung und an der US-amerikanischen Militärstrategie allgemein fand in den 50er und 60erJahren fast ausschließlich innerhalb der „strategischen Denkschulen“ statt. Sie wurde von linken wie rechten Kritikern vorgetragen, wenn man etwa an die Namen Kissinger und Maxwell Taylor einerseits und die Gruppe um die US-amerikanischen Atomforscher, die das Bulletin of Atomic Scientists herausgeben, denkt. Allgemein wurde dadurch das Bewußtsein gesteigert, vor allem wohl bei liberalen Politikern und Akademikern, daß man durchaus über Militärpolitik diskutieren kann, auf abstraktem und hohem wissenschaftlichen Niveau. Das war für europäische Verhältnisse, wo Militärs diese Sparte zuvor vollkommen überlassen war, etwas Neues. Es traf zusammen mit dem Anfang der 60er noch sehr starken, intellektuell inspirierten Aufbruchwillen in einigen Ländern, gerade in Nordeuropa oder Mitteleuropa, mit stark0en sozialdemokratischen Parteien. Soziologie und Politologie hatten nicht den schlechten Ruf, den sie heute haben. Man traute ihnen zu, konkrete Vorschläge zur Lösung genereller gesellschaftlicher Probleme machen zu können. Ich glaube, beide Faktoren, Kritik an der herrschenden Militärstrategie und Hoffnung in sozialwissenschaftliche Lösungskonzepte, erklären zu einem Gutteil, warum Friedensforschungsinstitute in welchen Ländern gegründet wurden. Das erste jedenfalls war das Stockholmer nicht, z.B. das in Oslo ist älter. Und der Anlass, den man hier in Schweden hatte, bestand darin, daß Schweden 1966 150 Jahre lang nicht mehr direkt an einem Krieg beteiligt gewesen war, eine wahrlich erstaunliche und bewundernswerte Tatsache.

Man könnte der Friedensforschung eine Art Frühwarnfunktion zuordnen. Dabei stellt sich natürlich die Frage, wie Forschungsschwerpunkte festgelegt werden. Wie sieht also die „Forschungspolitik“ von SIPRI aus? Wie hängt sie mit Publikationsstrategien zusammen?

Das Forschungsprogramm, so wie es immer noch besteht, geht auf Diskussionen Ende der 60er Jahre zurück, an denen schwedische Wissenschaftler, US-amerikanische und britische Experten verschiedener Fachrichtungen beteiligt waren. Besonders wichtig waren 2 Denkrichtungen.ein struktureller ökonomischer Ansatz, den man vor allem mit dem Namen Gunnar Myrdal verbinden muß, und die naturwissenschaftliche Richtung innerhalb der US-amerikanischen Arms Control School. Der britische Einfluß zeigte sich vor allem in der Betonung des Sammelns von Daten, der Dokumentation. Diese Ausrichtung dient natürlich auch der Vermeidung von Kritik. Sie dürfte aber dafür verantwortlich sein, daß SIPRI unter den Friedensforschungsinstituten in der Welt einen besonders guten Ruf hat. Von Anfang an konzentrierte sich die Dokumentation auf Bereiche, die entweder mit ökonomischen oder naturwissenschaftlichen Kategorien beschrieben werden können, also Militärausgaben, Waffenhandel, neue Waffensysteme, Zahl der Nuklearwaffen etc. Dagegen wurde die politische Analyse absichtlich vernachlässigt, z.B. Konflikte nicht analysiert. Politikvorschläge wurden dann vor allem auf Grund der Datensammlungen auf relativ abstrakter Ebene oder konkret in sehr kleinen Bereichen gemacht, etwa wie bestehende Verträge verbessert werden könnten. Immer aber ging man davon aus, Vorschläge zu machen, die einigermaßen akzeptabel sein könnten. Besonders erfolgreiche Vorhaben waren das Projekt über den Waffenhandel und das Projekt über chemische Waffen, die beide Ende der 60erlAnfang der 70er Jahre gemacht wurden. Als großer, vielleicht größter Erfolg hat sich das zunächst durchaus nicht unumstrittene SIPRI-Jahrbuch herausgestellt. Es ist inzwischen weltweit zu einer anerkannten Quelle für verschiedene Datensätze geworden, und auch die wechselnden Arbeiten zu Einzelthemen gewinnen ein großes Publikum. Das Forschungsprogramm hat sich im Laufe der Jahre dann immer mehr an die Bedürfnisse des Jahrbuchs angepaßt. Das war insbesondere Mitte und Ende der 70er Jahre der Fall, als bürgerliche Regierungen das Wachstum SIPRIs bremsten. Neuerdings findet wieder mehr Aktivität außerhalb des Jahrbuchs statt, meist gewachsen aus „klassischen“ SIPRI Themen, wie Weltraumrüstung, „No-First-Use“ oder „Common Security“.

Wie würden Sie die politische Stellung von SIPRI einschätzen? Welche Rolle spielen die Arbeiten des Instituts in der Abrüstungsdiskussion – global, regional?

Die oben genannte thematische Eingrenzung beruht auf einer Einschätzung des politisch Machbaren und wissenschaftlich Tragfähigen. Obwohl SIPRI für ein Friedensforschungsinstitut recht groß ist, mit ca. 25 wissenschaftlichen Mitarbeitern, ist es doch ein winzig kleines Institut im Vergleich zu den militärischen Forschungsinstituten oder den regierungsamtlichen strategischen Forschungsinstituten. Das heißt, daß kein Mangel an Forschungsthemen in den „klassischen“ SIPRI-Themenfeldern besteht. Und hier liegt natürlich auch der komparative Vorteil von SIPRI im internationalen Wettbewerb. Trotzdem ist SIPRI immer wieder politisch heftig angegriffen worden. Die heftigsten Angriffe kommen eigentlich von NATO-Seite. Hier wird vorgeworfen, daß SIPRI die Bevölkerung mit den falschen Informationen füttere, daß man zu Themen Stellung nehme, die die „Zivilisten“ bei SIPRI nicht ernsthaft behandeln könnten usw. Richtig daran ist, daß SIPRI tatsächlich häufig nicht die Arbeitskapazität hat, die nötig wäre, um „bessere“ Daten und Analysen vorzulegen, als sie Privilegiertere machen können. Nur erfolgt das häufig nicht. SIPRIs Daten sind dann immer noch die besten Verfügbaren. Um ein Beispiel zu nennen: Wenn alle Länder vernünftige Daten zum Waffenhandel vorlegen würden, dann bräuchte niemand mit SIPRIs zugegebenermaßen sehr unvollständigen Listen zu arbeiten. Das muß man auch Kritikern aus Mitgliedsländern des Warschauer Paktes sehr häufig vorhalten, deren Informationspolitik noch weit restriktiver ist. Oft wird kritisiert, daß SIPRI im wesentlichen US-amerikanische Geheimdienstdaten reproduziere, was nicht ganz falsch ist, aber eben deswegen, weil keine anderen verfügbar sind.

Die Intensität der Kritik hat viel mit der Wirkung von SIPRI zu tun. SIPRI hat eigentlich zwei Zielgruppen: politische Entscheidungsträger und die allgemeine Öffentlichkeit. SIPRI hat bei Entscheidungsträgern in der Dritten Welt und mit erheblichen Abstrichen auch im Osten einen guten Namen. Bei den meisten westlichen, aber auch vielen neutralen Regierungen hingegen ist SIPRI nicht sehr angesehen, hat dafür relativ viel Resonanz bei der Bevölkerung, die wir weder in der Dritten Welt noch im Osten haben. Westliche Regierungen bevorzugen die „strategischen Studien“, etwa des Londoner Institutes, die als Grundlage die Verbesserung der Militärpolitik des Westens haben; die nicht wie SIPRI davon ausgehen, daß Grundsätzlich Waffen das problematischste Mittel zur Sicherung des Friedens sind und man daher wirklich alle anderen Mittel ausschöpfen sollte, bevor man auf sie zurückgreift.

SIPRI hat in den Ländern, in denen die Friedensbewegung in den frühen 80er Jahren besonders stark war, auch einen besonders guten Ruf bei der Bevölkerung, weil die Informationen als einigermaßen gesichert und neutral gelten. Allerdings lassen sich SIPRI-Angäben nicht überall als gemeinsam akzeptierte Grundlage in Diskussionen mit Regierungsvertretern heranziehen, weil SIPRI in vielen Ländern eben nicht diesen Ruf hat – bei den Regierungen. Die besondere Resonanz in der Bundesrepublik ist sicher darauf zurückzuführen, daß die Bundesregierung und auch die Presse SIPRI relativ ernst nehmen. In Frankreich hingegen hat SIPRI einen sehr schlechten Ruf in offiziellen Kreisen und wird auch in der Friedensbewegung kaum genutzt.

SIPRI hat ein sehr hohes Ansehen bei den Vereinten Nationen. Eigentlich hat SIPRI früher in vieler Hinsicht die Arbeit gemacht, die die UN gemacht haben. Seit einigen Jahren sind die UN selber in der Erstellung von Studien sehr viel aktiver geworden – dies übrigens vor allem auf schwedische Initiative. Da sie von den Regierungen abgenommen werden müssen, haben sie aber nicht selten auch politischen Kompromißcharakter. SIPRI versucht, von solchen Tendenzen freizubleiben, hat aber trotzdem versucht, die Chance zu nutzen, mehr in Bereiche hineinzugehen, in die die UN aus politischen Gründen nicht gehen können, wie z.B. die Frage des „No-First-Use“ oder regionaler Sicherheitsprobleme.

In der Bundesrepublik wurde bisweilen beklagt, daß die offizielle Friedensforschung nur wenig zur Entwicklung der Friedensbewegung beigetragen hat. Wie ist das Verhältnis von SIPRI zur internationalen Friedensbewegung, und kann es Vorschläge für die politische Praxis machen?

SIPRI hat die Stärkung der Friedensbewegung sehr begrüßt und immer wieder als einzigen Lichtschimmer in einer ansonsten immer dunkler werdenden Situation bezeichnet. Andererseits sieht man die Schwierigkeit der Vermittlung der SIPRI-Forschungsergebnisse, deren Niveau natürlich unbedingt erhalten bleiben muß. Einige Ansätze, die Ergebnisse leserfreundlicher als im dicken SIPRI-Jahrbuch zu präsentieren, sind gemacht worden, wie z. B. in einer 50-seitigen Broschüre, die auf deutsch im UNO- Verlag herausgekommen ist, und im Deutschen Sprachraum durch den Rowohlt- Verlag, der ausgewählte Kapitel des Jahrbuchs druckt. Broschüren werden in den 6 oder 7 wichtigsten westlichen Sprachen, russisch und japanisch gedruckt, die Jahrbücher in Auszügen ins Französische, Deutsche, Holländische, Japanische und Spanische übersetzt.

Die Vorschläge, die SIPRI der Friedensbewegung gemacht hat und macht, bewegen sich im Rahmen der langjährigen SIPRI-Tradition, d.h. es sind sehr moderate Vorschläge, orientiert am kurzfristig Machbaren. Z.B. wurde der Meinung Ausdruck gegeben, daß der Verzicht auf den Ersteinsatz von Nuklearwaffen durch die NATO ein vorrangiges Ziel der Friedensbewegung sein könnte, das sowohl erreichbar scheint, als auch tatsächlich die atomare Kriegsgefahr mindern könnte. Außerdem verweist man schon durch die Forschungspalette darauf hin, daß zwar die Nuklearwaffen gegenwärtig ein drängendes Problem sind, daß aber andere Bereiche genauso beachtet werden müssen. Dies gilt z.B. für die Weltraumrüstung, wo eine Vermeidung weiterer Militarisierung möglich scheint, oder für die Veränderung militärischer Doktrinen, die gegenwärtig sowohl im Warschauer Pakt (Nuklearisierung im taktischen Bereich) und in der NA TO (Air-Land-Battle) im Gange sind.

Kollege Brzoska, wir danken für dieses Gespräch.

Rüstungsetat ’85: Einstieg in neue Dimensionen

Rüstungsetat `85: Einstieg in neue Dimensionen

Arbeitsgruppe alternative Wirtschaftspolitik * Arbeitsgruppe Planerinnen und Planer für Frieden und Abrüstung * Bund demokratischer Wissenschaftler * Forum Informatiker für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung * Forum Naturwissenschaftler für Frieden und Abrüstung

von Friedens- und KonfliktforscherInnen

Zur Lesung des Bundeshaushaltsentwurfs äußerten sich erstmals fünf Wissenschaftlerinitiativen bzw. -organisationen zum Rüstungsetat der Bundesrepublik: die staatliche Expertokratie ist nicht mehr unter sich. Die Stellungnahme deckt auf, was von dem Gerede über „finanzielle Sachzwänge“ zu halten ist und beinhaltet Gegenvorschläge zur offiziellen Rüstungspolitik. Ihr Resümee: Nach der begonnenen Raketenstationierung steht eine neue Welle der Rüstungsbeschaffung ins Haus. Die Wissenschaftler kommen im Einzelnen zu folgenden Ergebnissen

Wie schon in den Etats seit Beginn der achtziger Jahre findet eine systematische Umverteilung der Mittel aus den Bereichen Soziales, Bildung, Umwelt, Gesundheit in den Sektor der sog. Verteidigungsausgaben statt. Die Aufrüstung ist unweigerlich von einer Pauperisierung und Verschlechterung der Lebensbedingungen für breite Teile der Bevölkerung begleitet.

Der Haushalt `85 ist ein Übergangshaushalt: Umfangreiche Beschaffungsprogramme für die Bundeswehr laufen aus, ohne daß Mittelkürzungen vorgenommen wurden; stattdessen erfolgt eine Weichenstellung für neue Beschaffungen die „Waffensysteme der dritten Generation“. Dabei geht es gegenwärtig um die massive und konzentrierte Förderung der Forschung und Entwicklung in den Neuen Technologien.

Die Einbindung der Bundesrepublik in USA-bestimmte NATO-Strategien verschafft sich vielfältig Geltung: Sie zeigt sich in entsprechenden Maßnahmen der Verkehrsplanung und der Raumordnung wie in waffentechnischen Entwicklungen. Dabei ist von besonderer Tragweite, daß die Bundesregierung offensichtlich große Anstrengungen unternimmt, um beim „Krieg der Sterne“ mitzumischen. Beteiligung an der geplanten amerikanischen Raumstation, gemeinsame Entwicklung neuer Aufklärungssatelliten und Spezialaufträge für das militärisch orientierte Raumfahrtprogramm. So werden an der Deutschen Forschungs- und Versuchsanstalt für Luft- und Raumfahrt (DFVLR) und in der Industrie Hochenergielaser für ein mögliches Waffensystem der 90er Jahre entwickelt. Zwischen DFVLR und der US-Administration besteht ein Informationsabkommen auf diesem Gebiet, so daß alle relevanten Forschungsergebnisse der amerikanischen Weltraumforschung zugute kommen.

Zu einschneidender Umprofilierung führt die gegenwärtig betriebene Aufrüstung im Wissenschaftssystem der Bundesrepublik. Hier scheinen zumindest Teile der Bundesregierung dem „amerikanischen Beispiel“ folgen zu wollen. Die Sicherung der wirtschaftlichen und politischen Machtstellung soll über die gezielte Förderung des Bereichs Informationstechnologie erfolgen.

Die völlig einseitige Prioritätensetzung geht zu Lasten der Forschung, die sich auf die Prävention von Krankheit und Krieg und auf die ökologisch und soziale Verträglichkeit des technischen Fortschritts orientiert.

Die Verfasser der Stellungsnahme belassen es nicht bei dieser Analyse. Sie schlagen Alternativen zum gegenwärtigen Aufrüstungskurs vor.

  • Sie fordern die Streichung der Gelder für die Stationierung der Pershing II Raketen und Cruise Missiles sowie der Pershing I B
  • fordern die Streichung der Gelder für die Entwicklung von Marschflugkörpern und die Produktion der atomtauglichen Panzerhaubitzen 155-1
  • fordern die Einstellung der Zusammenarbeit mit den USA auf dem Gebiet der Laserwaffenforschung
  • wenden sich gegen die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland beim Aufbau einer militärischen Weltraumforschung und fordern einen Vertrag zum Verbot von Weltraumwaffen
  • fordern die Aussetzung der atom- und raketentechnischen Kooperation der BRD mit denjenigen Ländern, die den Atomwaffensperrvertrag nicht unterzeichnet haben.

Über diese speziellen Vorschläge hinaus fordern die Unterzeichner ein generelles Einfrieren der Mittel für den Einzelplan 14 auf den Stand von 1984, insbesondere der Haushaltsmittel für die militärische Infrastruktur, der Mittel für das NATO Infrastrukturprogramm und der Ausgaben für das Wartime Host Nation Support Programme.

  • Sie befürworten den Abbau der militärischen Umwelt- und Raumforschung zugunsten der Friedensforschung und Abrüstungsplanung
  • kritisieren die insbesondere von der gegenwärtigen Regierung betriebene Militarisierung sog. „Spitzenforschung“ und „Hochtechnologiegebiete“ etwa im Bereich der Informatik
  • treten für eine Verdoppelung der Mittel für Forschungsförderung in den Bereichen der Humanisierung der Arbeit, der Umweltforschung, der Gesundheitsforschung, der Wasserforschung, der Krebsforschung, der Erforschung neuer Energiequellen und der Friedens- sowie Konfliktforschung zu Lasten des geplanten Zuwachses der Rüstungsforschung ein.

Darmstädter Verweigerungsformel

Darmstädter Verweigerungsformel

von Friedens- und KonfliktforscherInnen

„Das Wettrüsten ist primär ein Produkt von politischen Kräften. Doch Wissenschaftler tragen ihrerseits zu der katastrophalen Tendenz der internationalen Verhältnisse bei. Ungefähr eine halbe Million Naturwissenschaftler und Techniker ein hoher Prozentsatz des gesamten wissenschaftlichen Personals – ist direkt in militärischer Forschung und Entwicklung beschäftigt. Diese Wissenschaftler und Techniker sind ständig damit beschäftigt, neue Mittel der Zerstörung zu entwickeln, und machen damit den Fortbestand der Spezies Mensch auf diesem Planeten immer schwieriger. Das nukleare Wettrüsten lebt von dem ständigen Zustrom wissenschaftlicher Innovationen, und der Eindruck verstärkt sich, daß die Wucht des Wettrüstens durch die Aktivitäten der Wissenschaftler bestimmt wird. Dieser Eindruck ist zwar übertrieben; eine Vielfalt von Faktoren, die miteinander wechselwirken, spielt eine Rolle, sie werden gemeinhin als der militärisch-industrielle Komplex bezeichnet. Aber die Einführung jeder neuen Waffe ist ein irreversibler Schritt, und in diesem Sinne ist die Rolle der Wissenschaftler von entscheidender Bedeutung. Diese Rolle des Wissenschaftler widerspricht seinem traditionellen Beruf.“ (Ergebnisse und Empfehlungen des Pugwash/Unesco Symposions, Ajaccio/Korsika, 1982)

Ohne die Mitarbeit von Wissenschaftlern und Technikern wäre das Wettrüsten nicht möglich. Sie haben einzeln und kollektiv sich gegen die Verwendung ihrer Fähigkeiten immer wieder gewehrt. In der Bundesrepublik Deutschland beispielsweise haben 1957 achtzehn Atomwissenschaftler ausdrücklich und öffentlich erklärt, daß sie nicht bereit sind „sich an der Herstellung, der Erprobung oder dem Einsatz von Atomwaffen in irgendeiner Weise zu beteiligen.“

Das „Gleichgewicht der Abschreckung“ war immer labil: seit der Legitimation, es erhalten zu wollen, haben beide Seiten ihr Rüstungspotential ständig erweitert und technisch verbessert. Die technischen Innovationen haben schließlich die Strategie der Kriegsverhütung durch Abschreckung überholt: Die Stationierung von Mittelstreckenraketen markiert wegen der kurzen Flugzeit und der Zielgenauigkeit den Übergang zu einem Zustand der Instabilität. In dieser Situation können technische Innovationen, auf welchem Gebiet auch immer, katastrophale Auswirkungen auf den Weltfrieden haben. Der Physiker H.P. Dürr, MIP München, hat die Situation durch folgendes Beispiel veranschaulicht: Die Erfahrung, daß man Wasser bei 30 oder bei 60 Grad noch Wärme zuführen kann, ohne daß es zu kochen anfängt, berechtigt noch nicht zu der Behauptung, daß das auch in der Nähe von 100 Grad noch möglich ist. Zwar könnte man durch Tricks auch über 100 Grad das Kochen noch eine Weile verzögern, dann genügt aber eine Kleinigkeit, um den Zustand blitzartig umkippen zu lassen. In dieser Phase der Überhitzung geraten wir, sagt er, durch die Aufrüstung mit Pershing II und Cruise Missiles hinein.

Wir sind der Meinung, daß auf diesem Hintergrund die Rolle von Wissenschaft und Technik in der Waffenentwicklung grundsätzlich zur Diskussion gestellt werden muß. Um diese Diskussion zu entfalten und meine Stellung darin klarzumachen, unterzeichne ich folgende Erklärung:

Ich erkläre hiermit, daß ich mich im Rahmen meiner Tätigkeit als Wissenschaftler oder Techniker an der Entwicklung militärischer Rüstung nicht beteiligen will. Ich werde mich vielmehr um eine Aufklärung des Beitrages meines Fachgebietes zur Rüstungsentwicklung bemühen und der militärischen Verwendung wissenschaftlichen und technischen Wissen entgegenwirken.

Der Text wurde von der UHD-Initiative für Abrüstung formuliert. Erstunterzeichner sind: Von der TH Darmstadt: Prof. G. Böhme FB 2, Prof. Dahmer FB 2, Prof. Gamm FB 3, Prof. Ganter FB 4, Prof. Ipsen FBI, Prof. Kankeleit FB 5, Prof. Koneffke FB 3, Prof. Körner FB 11 Prof. K. Nixdorff FB 10, Prof. Wolters FB 13. Von der FH Darmstadt: Prof. Bartels SuK, Prof. Biel Architektur, Prof. Burhenne Informatik, Prof. Dippel, Informatik, Prof. Dolejsky MN, Prof. Köster E-Technik, Prof. Krier Informatik, Dipl.-Soz. Mayer Soz. und Kulturwiss., Prof. Meurer Gestaltung, Prof. Priewe SuK, Prof. Rasch E-Technik, Prof. Roth MN, Prof. Schwebel E-Technik, Prof. Thiem MN, Prof. Wenisch MN, Prof. Winkler Informatik.

Friedensbewegung und Wissenschaft in Frankreich

Friedensbewegung und Wissenschaft in Frankreich

von Johannes M. Becker

Die Situation der französischen Friedensbewegung, somit auch die Quantitäten wie Qualitäten der Diskussion und des Engagements der Wissenschaftler in dieser Bewegung werden wesentlich von zwei Faktoren geprägt: Seit dem Frühsommer 1981 wird Frankreich bekanntlich von einer Regierungskoalition aus Sozialisten (PS) und Kommunisten (PCF) unter dem sozialistischen Staatspräsidenten Mitterrand regiert. Und Francois Mitterrand und die überproportional sozialistisch dominierte Regierung lassen gar keinen Zweifel aufkommen an ihrer Favorisierung der Installierung der US-amerikanischen Mittelstreckenwaffen, die der entscheidende Katalysator der mächtigen Friedensbewegung auf der ganzen Erde war. Überdies, auch das gehört zum ersten Aspekt, befürworten die beiden Parteien der Linken heute (diametral entgegengesetzt ihren Positionen bspw. im „Programm Commun“ von 1972) die nationale französische Nuklearbewaffnung in Gestalt der „Force de Frappe“, ja die PS/PCF-Koalition hat bereits kurz nach ihrem Machtantritt den gigantischen Ausbau dieses mit dem Flair de Gaullescher Politik nationalstaatlicher Souveränität versehenen Potentials beschlossen. 1

Der zweite Einflußfaktor auf die französische Friedensbewegung ist von der Regierungsarbeit von PS und PCF (und ihrem Beitrag zum „nuklearen Nationalkonsens“) nicht zu trennen: Der Tatbestand, daß die beiden traditionell stärksten und konsequentesten Friedenskräfte Frankreichs, eben Sozialisten und Kommunisten, – zum ersten Male seit der Phase der Liberation! – die Regierungsgewalt innehaben, verfehlt ihre Wirkung auf die Organisation der französischen Friedensbewegung nicht.

Diese wird mit Ausnahme der CODENE (Comité pour le Desarmement Nucleaire de l´Europe), eines sich vor allem vom PCF abgrenzenden, 1981 gegründeten Bündnisses von vielschichtigen Linkskräften um in erster Linie den PSU (Parti Socialiste Unifie) sowie das MDPL Claude Bourdets (Mouvement pour le Desarmement la Paix et la Liberte), von zwei anderen Organisationen repräsentiert: vom „Mouvement de la Paix“ und vom „Appel des Cent“.

Mouvement de la Paix

Das 1949 gegründete „Mouvement de la Paix“ blickt auf eine lange Tradition im Friedenskampf zurück mit seinem Engagement gegen die Remilitarisierung der BRD, gegen den Algerien- und Vietnamkrieg und auch gegen die „Force de Frappe“. Die Ende 1982 knapp 5000 eingeschriebenen Mitglieder, die in der Tradition von Persönlichkeiten wie Joliot-Curie, Aragon, Picasso, Eluard oder Vercors stehen, sowie die „Militants“ der Bewegung sind zum überwiegenden Teil Anhänger des PCF oder der Gewerkschaft CGT, zu einem ebenfalls beachtlichen Teil Anhänger des PS; Christen und Unorganisierte machen nur einen geringen Anteil aus.

Appel des Cent

Der „Appel des Cent“, der Aufruf von 100 Persönlichkeiten aus Politik, Kultur und Wissenschaft, ergangen im Herbst 1981, steht, was seine politische Basis anbelangt, dem „Mouvement“ nahe, ist aber organisatorisch von diesem streng getrennt und versteht sich bewußt als ein überparteiliches Bündnis von Persönlichkeiten.

Wenn man sich die Politik des „Mouvement de la Paix“ und des „Appel des Cent“, die beide aufgrund vor allem ihrer Verflochtenheit mit der kommunistisch-linkssozialistisch orientierten CGT auch für die entscheidenden Wissenschaftlerinitiativen im Friedenskampf verantwortlich sind, nach ihren Inhalten betrachtet, so stößt man gerade bei Berücksichtigung ihrer politischen Affinitäten rasch auf einige Erklärungsmöglichkeiten für die konstatierbare Schwäche der französischen Friedensbewegung: Beide Organisationen kritisieren heute die „Force de Frappe“ nicht. 2 Und beide Organisationen, dies gilt insbesondere für den „Appel des Cent“ zeigen nicht die wahren Qualitäten und die wahren Triebkräfte der atomaren Bedrohung der 80er Jahre. Ihre Manifestationen laufen unter wenig aussagekräftigen Parolen wie „J'aime la vie – J'aime la paix“. da wird die allgemeine Abrüstung gefordert, und Transparente wie „Ni Pershing II – Ni SS-20“ (Weder…-Noch…) sind keine Seltenheit.

Treffen von Intellektuellen für Frieden und Abrüstung

Bereits am 29. Januar 1983 führte der „Appel des Cent“ diese auch „Versammlung der Intellektuellen“ genannte Veranstaltung in Paris durch. Eine ganze Reihe von Initiativen riefen hierzu auf: so ein „Appell von 24 Juristen für Abrüstung“ (Humanité v. 7.1.83), „Schriftsteller und Künstler für Abrüstung“ (Humanite v. 19. 1.83), ein „Appell von 35 Wissenschaftlern für Abrüstung“ (Humanité v. 17.1. 83) oder eine Mediziner-Initiative (Humanite v. 20. 1.83); mehrere Einzelpersönlichkeiten wie die Schriftstellerin Suzanne Prou, der Mediziner Leon Schwarzenberg oder der Sänger Maxime Le Forestier meldeten sich zu Wort. 3

So lauten die Forderungen bspw. in dem Juristen-Aufruf unter Bezug auf den Wortlaut des „Appel des Cent“: „Stopp der nuklearen Eskalation, Verhandeln, Abrüstung, sozialer Fortschritt und Entwicklung“. So heißt es in der Proklamation der Mediziner nach dem Hinweis auf die beiden Supermächte („principales puissances“): „Dieser Rüstungswettlauf muß aufhören, diesem Gleichgewicht des Terrors muß ein Ende gesetzt werden. Man muß dem Leben geben, was man (heute) für den Tod vergeudet.“

Die Diskussionen der Versammlung des 29. Januars selbst zeigten z. B. sehr konkret die immense Vergeudung durch Rüstung auf, der Hunger und Not auf weiten Teilen der Erde gegenüberstehen; sie griffen aber die entscheidenden politischen Fragen zu Beginn der 80er Jahre nur selten auf, anklingende Kritik an der Regierung Mitterrand, an ihrer Sicherheitspolitik wie an ihrer Außenpolitik, wurde als unpassende, als unwillkommene Kontroverse empfunden. Eine Passage aus dem ebenfalls wenig konkret gehaltenen Abschlußdokument: „Es ist schlimm zu sehen, wie kolossale Summen für den Bau von Waffen ausgegeben werden, die unsere Erde mehrfach zerstören können, während Millionen von Menschen immer noch an Hunger sterben. Wir wollen, daß unsere Stimme gehört wird, damit dieser Wahnsinnswettlauf, dieser Skandal aufhört, der keine Rücksicht auf menschliches Leben oder menschliche Werte nimmt.“ (Humanité v. 31.1.83) Gleichzeitig beteiligen sich französische Wissenschaftler an bedeutenden internationalen Aufrufen, so an dem Pariser Appell der 12000 Physiker aus 43 Ländern, der die „sofortige Einstellung der Atomversuche, der Produktion und der Stationierung neuer atomarer Waffen“ forderte (FAZ v. 11.11.83).

Welttreffen der Kulturschaffenden und Intellektuellen

Der „Appel des Cent“ plant für März/April 1984 ein erneutes Treffen in Paris, diesmal mit weltweiter Beteiligung. Es soll nach den Vorstellungen der Veranstalter weniger zu neuen, größeren Organisationsformen führen, als vielmehr zu einem allgemeinen Erfahrungs- und Gedankenaustausch. Neben einer Plenardiskussion sind berufsspezifische Arbeitsgruppen geplant. Dieses Welttreffen sollte die Möglichkeit bieten, mit den französischen Kollegen die anstehenden Fragen zu diskutieren. Dies um so mehr, als die CGT, der eine Vielzahl von Wissenschaftler-Friedensaktiven entstammt, eine außerordentlich klare und offensive Politik betreibt: gegen die „Force de Frappe“, gegen die amerikanische Enthauptungsstrategie, gegen eine Außenpolitik der Spannung mit den sozialistischen Ländern.

Der Informationsdienst Wissenschaft und Frieden wird vom Pariser Welttreffen berichten.

Anmerkungen

1 „Blätter für deutsche und internationale Politik“ 27, 1982, 2 und „Lendemains“ 7, 1982, 28. Zurück

2 Ausführlicher mit der französischen Friedensbewegung befaßt sich mein Beitrag in den „Frankfurter Heften“ 38, 1983, 10. Zurück

3 Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang, daß die beiden Hauptorgane der Kommunistischen Partei, „L´Humanité“ und „L´Humanite Dimanché“ (Auflage ca. 150000 bzw. 400000), eine klare, zumindest gegen die US-amerikanische Konfliktstrategie gerichtete Politik betreiben. Ich empfehle hier v.a. das Interview, „Science et Paix“ (L´Humanité Dimanche v. 1.11.83) mit den sechs Nobelpreisträgern P.A. Tschernenkow, N. Basw, O. Chamberlain, S. McBride, G, Debreu und M. H. F. Wilkins. Zurück

Johannes M. Becker, Diplompolitologe, z. Zt. Paris, promoviert an der Universität-Marburg über das deutsch-französische Verhältnis und Militärprobleme.

Editorial

Editorial

von Redaktion

Wenige Monate nach Stationierungsbeginn ist vollends klar geworden.- Die „Nachrüstung“ ist nur das erste Kapitel eines für die 80er Jahre konzipierten, gigantischen Militärprogramms. Die Zauberworte der Gegenwart — Mikrochip, Laser, Genetic Engineering beflügeln die Phantasie der Militärstrategen. Der Pakt von High Tech und Armageddon-Visionen wird zum Schlüsselereignis unseres Jahrzehnts.

Ein Hauptkapitel: die Weltraumrüstung. Sie ist Thema des Kongresses am 7./8. Juli '84 in Göttingen: „Naturwissenschaftler warnen vor der Militarisierung des Weltraums“. Diese Ausgabe des Informationsdienstes gibt einen Überblick zur Sache.

Einzustellen haben die um den Frieden Besorgten sich auf eine langfristige Auseinandersetzung. Da ist es gut zu wissen, daß die Friedensbewegung trotz vielfältiger Differenzen ihre Einheit gesichert hat. Die Aktionskonferenz am 11./12. Februar in Köln orientierte sich auf die Ausschöpfung aller Gemeinsamkeiten – Voraussetzung für die weitere Erhöhung der Ausstrahlungskraft der Friedensbewegung. Auch die Verbreiterung des Friedensengagements der Wissenschaftler ist offensichtlich. Im Sommersemester 1984 wird es an den Hochschulen der Bundesrepublik Deutschland Tausende von Seminaren, Vorlesungen und Vorträgen zum Thema Krieg/Frieden geben. Die Veranstalter des 4. Medizinischen Kongresses „Ärzte warnen vor dem Atomkrieg“ rechneten mit 2000 Teilnehmern; mehr als 5000 Ärzte kamen am 30. März nach Tübingen. Andere „Fachgruppen“ planen für die nächste Zeit weitere Kongresse. Und überall auch das Thema: Widerstand.

Wie können die Wissenschaftler über allgemeine Bekundungen hinauskommen.? Walter Jens hat den großen Entwurf einer neuen Wissenschaftsethik in Tübingen gewagt. Es ist an der Zeit, daß sich die Wissenschaftlergemeinschaft mit dem dort niedergelegten Moralkodex auseinandersetzt. Nötig ist zugleich die Eröffnung einer strategischen Debatte über Friedenssicherung und Rüstungspolitik, die auch die wissenschaftliche Publizistik erfaßt. Um dieses Anliegen durch Material und argumentative Auseinandersetzung zu unterstützen, machen wir den Informationsdienst. Er muß allerdings noch weit größere Verbreitung finden. Wir sind dabei auf die aktive Unterstützung unserer Leser angewiesen.- Informieren Sie uns über die Geschehnisse vor Ort. Schreiben Sie uns. Helfen Sie uns bei der Gewinnung neuer Abonnenten. Als Werbeprämie haben wir lediglich die Stärkung der Friedensbewegung zu bieten.

Wissenschafts„konversion“ und Gewerkschaften

Wissenschafts„konversion“ und Gewerkschaften

von Johannes Wildt

Neues Selbstverständnis der Wissenschaftler

Es kann gar keinen Zweifel geben: Eine hervorragende Bedeutung für die Erfolge der Friedensbewegung hatten und haben in Zukunft die Organisationsformen, die die friedenspolitischen Initiativen einzelner Berufsgruppen zusammenfassen. Auf der Basis des gemeinsamen Interesses an der Verteidigung der Grundlagen der menschlichen Existenz ist es gelungen, Betroffenheit und Sachverstand zu gesellschaftlicher Handlungsfähigkeit in einer Breite zu organisieren, die vielfach übliche Zersplitterung von Parteien, Verbänden, Konfessionen – auch die Gewerkschaften müssen in diesem Zusammenhang genannt werden – mindestens teilweise überwindet.

Die Entdeckung, in welchem Umfang die gesellschaftliche Arbeit im Beruf in den verhängnisvollen Hochrüstungskurs einbezogen ist, hat die Bereitschaft freigelegt, die eigene Kompetenz in die Waagschale der Friedenskräfte zu werfen. Die Breite, in der die Manifestation von Ärzten, Naturwissenschaftlern, Künstlern, Sportlern, Architekten, Pädagogen, Angehörigen psychosozialer Berufe etc. in Kongressen, Unterschriftensammlungen, Anzeigen, Publikationen, Vorträgen getragen wird, ist Beweis genug. In diesen berufsspezifischen Initiativen spielen nicht allein aber doch in vorderster Linie Wissenschaftler eine wichtige Rolle. Dies mag durchaus Gründe im nach wie vor hohen Sozialprestige der Wissenschaft, in den besonderen Freiheitsrechten der Wissenschaftler, ihrer relativen Unabhängigkeit von Weisungshierarchien, ihrer flexiblen Arbeitsorganisation, den überregionalen Kommunikationsnetzen und internationalen Kontakten in der Wissenschaft, dem erleichterten Zugang zu Kommunikationsmitteln etc. haben. Ausschlaggebend für das Engagement vieler Wissenschaftler ist jedoch die Wahrnehmung der gesellschaftlichen Verantwortung wissenschaftlicher Arbeit. Es muß hier nicht erneut ausgebreitet werden, in welchem Umfang wissenschaftliche Arbeit oder wissenschaftliche Erkenntnisse Schrittmacherdienste für die fortschreitende Hochrüstung und Militarisierung immer weiterer Bereiche des Lebens leisten, wie weit die wissenschaftliche Entwicklung direkt oder indirekt durch den militärisch-industriellen Komplex gesteuert wird, wieviel wissenschaftliche Arbeitskraft in diesem Zusammenhang abhängig beschäftigt wird.

Die Wissenschaftler haben hierzu umfangreiches Material zusammengetragen und sie haben was vielleicht noch bedeutsamer ist begonnen, ihre Arbeit aus dem kriegstreibenden Verwertungszusammenhang herauszulösen, um sie in den Dienst einer friedlichen, humanen und demokratischen Entwicklung der Gesellschaft zu stellen. In Ansätzen zeichnet sich so etwas ab wie ein Prozeß der Wissenschafts„konversion“.

Ein wesentliches Moment dieser Veränderung ist: Mehr und mehr Wissenschaftler überwinden ihr eingeengtes Selbstverständnis als Fachleute für den begrenzten Wissensbereich, für den sie sich als Spezialisten zuständig halten. Eingebunden in die sozialen Bewegungen stellen sie ihr Wissen in einen gesellschaftlichen Zusammenhang. Sie erkennen ihre Aufgabe, nicht nur wissenschaftliches Wissen zu gewinnen und anzuwenden, sondern damit die Verbreitung des Wissens zu verknüpfen. Erst die Demokratisierung des wissenschaftlichen Wissens gewährleistet, daß der wissenschaftliche Fortschritt in gesellschaftlichen Fortschritt umgemünzt werden kann. Zu den wesentlichen Beiträgen der Wissenschaft zur Friedensbewegung gehört sicherlich die Unterstützung der geradezu rasanten kollektiven Lernprozesse, die zu einer vor einigen Jahren kaum für möglich gehaltenen Verbreitung und Erhöhung des allgemeinen Wissensstandes über sicherheitspolitische Fragen geführt haben. In der Durchdringung des friedenspolitischen Engagements mit der Rationalität wissenschaftlichen Wissens entwickelt sich ein neuer Typus wissenschaftlicher Kultur bzw. Gegenkultur gegen die herrschende Unkultur , in der Rationalität und Emotionalität, Erkenntnis und Interesse nicht als Gegensatz, sondern als zwei Seiten eines kollektiven Emanzipationsprozesses erscheinen.

Gestiegenes Engagement der Gewerkschaften

Unter den Wissenschaftlern, die sich in den berufsgruppenspezifischen Friedensinitiativen engagieren, sind auch viele Gewerkschafter zu finden. Eine ganze Reihe von ihnen verbindet das friedenspolitische Engagement mit aktiver Gewerkschaftsarbeit. Nicht wenige jedoch haben durchaus aufgrund von Enttäuschungen in ihrer Gewerkschaft den Schwerpunkt ihrer gesellschaftspolitischen Betätigung in die berufsgruppenspezifischen Initiativen verlagert.

Aus der Sicht manches gewerkschaftlichen Funktionsträgers mag das zu beklagen sein. Wie auch immer man dies analysieren und bewerten mag es bleibt da sicher manches aufzuarbeiten sowie sich die Dinge entwickelt haben, lassen sich die Strömungen der Friedensbewegung innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften im allgemeinen und die Rolle der Wissenschaftler im besonderen als Ergänzung betrachten.

Immerhin hat sich in den letzten Jahren auch das friedenspolitische Engagement der Gewerkschaften verbreitert. Auch im Wissenschaftsbereich sind friedenspolitische Aktivitäten nicht etwa nur die Ausnahme geblieben. Dazu mögen nur wenige Hinweise aus dem Organisationsbereich genügen, den ich vertrete. Die GEW-Foren: „Wissenschaft in gesellschaftlicher Verantwortung“ haben das Thema Frieden, Friedenserziehung und Friedenspolitik, die Fragen der Rüstungskonversion und Militärpolitik umfassend behandelt (vgl. E&W, 1983,S. 7). Die Fachgruppe Hochschule in der GEW hat sich für die bundesweite Verbreitung des Appells Siegener Hochschullehrer eingesetzt und die Selbstverpflichtung der Wissenschaftler unterstützt mit und in ihrer wissenschaftlichen Arbeit nach „Kräften und Möglichkeiten die Fragen des Wettrüstens und der Atomwaffen … zur Diskussion zu stellen und dazu beizutragen, die Stationierung der neuen US-Raketen in unserem Land zu verhindern“. Gewerkschaftsgruppen haben sich daran beteiligt, die Aktionstage der Friedensbewegung zum Erfolg zu führen.

Zusammenarbeit Gewerkschaften – Friedensbewegung nötig

Besonders hervorzuheben ist, dank die Zusammenarbeit zwischen Gewerkschaften und Friedensinitiativen außerhalb der Gewerkschaften intensiver geworden ist. Ein guter Erfolg war der zweite bundesweite Pädagogen-Friedenskongreß am 9./10. September 1983 in Köln, der von den Hamburger „Pädagogen gegen den Rüstungswahnsinn“, den Kölner „Lehrer für den Frieden“ und den Landesverbänden Hamburg und Nordrhein-Westfalen der GEW getragen wurde. Zudem wird die Kompetenz von Wissenschaftlern auch in den Gewerkschaften mehr und mehr nachgefragt. Der Beitrag von H. Wulf in der ersten Nummer des „Informationsdienstes Wissenschaft und Frieden“ ist nur ein Beispiel von vielen.

Sofern eine solche Kooperation nicht durch Konkurrenz darum geprägt ist, wer in den sozialen Bewegungen das Sagen hat, kann sie sich für die Sache der Friedenspolitik nur zum Vorteil auswirken. Ich will mich an dieser Stelle darauf beschränken, auf einige Aspekte hinzuweisen, die mir als Wissenschaftler und Gewerkschafter besonders wichtig erscheinen.

Gewerkschaften sind ganz im Unterschied zu vielen spontanen Initiativen stabile Organisationen. Wenn es gelingt, das wissenschaftliche Wissen mit dem Organisationswissen in den Gewerkschaften zu verbinden, wächst die Wahrscheinlichkeit, daß das Wissen nicht versickert, sondern längerfristig handlungsrelevant bleibt. Als Massenorganisationen haben die Gewerkschaften einen – wenn auch häufig nicht hinreichend genutzten Zugang zu breiten Kreisen der Bevölkerung. Gewerkschaften verfügen über zwar begrenzte, aber nicht zu unterschätzende Macht, wissenschaftliche Erkenntnisse in der Gestaltung gesellschaftlicher Praxis zu nutzen. Es geht aber nicht allein darum, in der Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften wissenschaftliches Wissen anzuwenden und zu verbreiten. Die Kooperation bietet gleichzeitig die Chance, das wissenschaftliche Wissen und die von Wissenschaftlern vorgeschlagenen praktischen Konsequenzen in Beziehung zu den Interessen der abhängig Beschäftigten zu setzen. Der Zugang von Gewerkschaften zu gesellschaftlichen Problemen gewinnt den verhandelten Sachverhalten häufig andersartige Aspekte ab, als aus wissenschaftlichem Gesichtswinkel sichtbar werden. Dies hat dann auch Folgen für die Qualität des wissenschaftlichen Wissens. Insbesondere läßt sich eine isolierte disziplinäre Betrachtungsweise nicht halten.

Der letzte Aspekt führt zu der Frage, die sich derzeit für die berufsgruppenspezifische Initiativen stellt, die vornehmlich disziplinär geprägt sind: wie denn die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Berufsgruppen bestärkt werden kann. Der Informationsdienst des BdWi leistet dazu sicherlich einen wichtigen Beitrag. Die Kooperation sollte über den notwendigen Informationsaustausch zu gemeinsamen Aktivitäten führen. Wichtig erscheint es dazu, in einer gemeinsamen Diskussion genauer abzuklären, wie die Vorteile der Kooperation genutzt werden können. Wir Wissenschaftler in den Gewerkschaften sind jedenfalls dazu bereit und werden entsprechende Initiativen ergreifen.

Johannes Wildt ist Pädagoge und arbeitet in Bielefeld

Friedensforschung vor Neuanfang?

Friedensforschung vor Neuanfang?

Interview mit Peter Lock

von Peter Lock und Redaktion

Über die Situation der Friedens- und Konfliktforschung nach der Auflösung der Deutschen Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung (DGFK) und über die Perspektiven sprachen wir mit Peter Lock.

Unter dem Schlagwort von der „politisch einseitigen“ Friedens- und Konfliktforschung (im folgenden FuK abgekürzt) wurde die DGFK auf Betreiben konservativer Kräfte, vor allem in der CDU/CSU aufgelöst. Ist dieses hoffnungsvolle Kind der Entspannungsära damit bereits tot?

Der Prozeß, mit dem die FuK durch die Schließung der DGFK voll getroffen wird, hat eine längere Vorgeschichte. Die Konservativen in der Bundesrepublik haben seit der Geburtsstunde dieser Disziplin unter dem damaligen Bundespräsidenten Heinemann Kritik an der Heraushebung dieser Problemstellung geübt. Spätestens 1975 wurde der politische Druck verstärkt: Von der FuK wurden politiknahe, umsetzbare Ergebnisse gefordert. Die Förderungsgremien wurden verschiedentlich umgebaut, um diesen Forderungen Nachdruck zu verleihen.

Hatte die Friedensforschung denn ein gestörtes Verhältnis zur „politischen Praxis“?

Die DGFK hat immer wieder versucht, in den Dialog mit den sog. Praktikern zu kommen. Dieser Dialog war aber faktisch nichts anderes als eine Belehrung der politischen Praxis gegenüber der Forschung. Das Bundesaußenministerium, in einigen Fällen sogar das Verteidigungsministerium – haben gegenüber Friedensforschern doziert, auf deren angeblich falsche Meinung hingewiesen und sie auf offizielle Politikparadigmen festlegen wollen. Also auch auf den Nato Doppelbeschluß. Die FuK hat sich diesen Forderungen relativ weitgehend angepaßt.

Waren die Schwächen der FuK also eher inhaltlich-konzeptioneller Natur?

Erstens ist zu bedenken: Die Friedensforschung wurde vorzugsweise von jüngeren Wissenschaftlern betrieben, die in einer transitorischen Phase ihrer beruflichen Qualifikation mit dieser Thematik befaßt waren. Dies korrespondierte mit der Stellenstruktur der FuK: Seit ihrem Bestehen war sie durch Ein- bis Zwei-Jahresprojekte geprägt. Deren Zusammenfassung unter dem Dach der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung (HSFFK) und dem Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik (IFSH) an der Universität Hamburg hat den falschen Eindruck aufkommen lassen, als sei bereits ein leistungsfähiger Forschungszweig entstanden. Daß diese, auf kurzfristige Mittelvergabe orientierte Struktur Anpassungsprozesse bei den Forschern begünstigte, liegt auf der Hand.

Zweitens muß man sich veranschaulichen, daß es eine eigenständige Disziplin „Friedens- und Konfliktforschung“ in der Wissenschaftssystematik eigentlich nur als Ideologiekritik an der bestehenden wissenschaftlichen Arbeitsteilung geben kann. Ihre Initiierung war eine offene Kritik an der Unfähigkeit der bestehenden Universitätsstruktur, sich adäquat mit Problemen der internationalen Beziehungen und Konfliktlösungsmöglichkeiten zu beschäftigen. Dieses Versagen gerade der sozialwissenschaftlichen Disziplinen konnte die FuK – und kann sie nicht kompensieren. Sie war sich in weiten Teilen dieses Problems nicht mal bewußt.

Drittens hat „politikfähig“ zu werden für relevante Teile der FuK bedeutet, sich an den Auseinandersetzungen der politischen und militärischen Expertenhierarchie zu orientieren.

Von daher erklärt sich die Kluft zur Friedensbewegung. Diese hat Fragen aufgeworfen, die weit über den Horizont der institutionalisierten Friedensforschung hinausreichten.

Das hört sich fast so an. als habe die FuK ihr jetziges „Schicksal“ verdient. Bedeutet die geplante Umstrukturierung, sprich die Vergabe der Fördermittel über die Deutsche Forschungsgesellschaft (DFG) denn keinen Einschnitt?

Diese Umstrukturierung symbolisiert zunächst einmal den vollendeten Racheakt der etablierten Universitätsforschung. Ihr war es von Anfang an ein Dorn im Auge, daß aufgrund einer politischen Setzung von Gustav Heinemann eine Forschungsinfrastruktur geschaffen wurde, die nicht vollständig der Ideologie der Interessenfreiheit – von der Professoren meinen, daß sie in der DFG herrsche – entsprach. Der Einfluß der DFG auf die Deutsche Gesellschaft für Friedens- und Konfliktforschung ist in den letzten Jahren immer mehr erweitert worden, und zuletzt war die Mittelvergabe dein DFG-Standard angepaßt. Dies drückte sich auch darin aus, dank die Förderungskommission mehrheitlich aus Personen bestand, die von der DFG oder den verschiedenen Ministerien benannt worden waren. Wir sind gewissermaßen am Ende dieses Prozesses angekommen. Nichtsdestotrotz bedeutet die jetzt herbeigeführte Situation, daß ein extrem konservativer Umschwung in der FuK zu befürchten ist.

Haben die Betreiber der „politischen Wende“ denn ein forschungspolitisches Konzept für diesen Bereich. Oder sehen Sie sich angesichts der zunehmenden „Akzeptanzkrise“ ihrer Sicherheitspolitik nur unter dem Druck, ihre praktische Politik besser verkaufen zu müssen?

Ich glaube, man sitzt hier eher der Illusion auf, daß man an den Status quo ante anknüpfen könne und daß politische Praxis auf Regierungsebene und sozialwissenschaftliche Beschäftigung mit Fragen der Sicherheitspolitik, der internationalen Beziehungen usw. ohne Bruch zusammenkommen könnten. Daß Außenseiter wie Biedenkopf, der ja das Paradigma der Abschreckung jüngst für überprüfungswürdig erklärte, etwas weitergehende forschungspolitische Überlegungen vertreten, ist nicht auszuschließen. Insgesamt gilt: Auch wenn die wissenschaftlichen Repräsentanten der Regierungslinie natürlich stärker an den DFG-Mitteln partizipieren sollten der herrschaftskritische Impuls der ursprünglichen Friedensforschung, der durch die Friedensbewegung ungemein belebt worden ist, ist nicht mehr zu tilgen.

Hat die Sozialdemokratie noch ein eigenes Konzept für die FuK?

Die ländergestützten Institutionen, wie die Hessische Stiftung oder das Hamburger Institut arbeiten weiter. Das Land Hamburg hat sogar angekündigt, das hiesige Institut mit zusätzlichen Stellen zu versehen. Offensichtlich begreift die SPD die Verteidigung dieser regionalen Einrichtungen als Teil ihrer Identitätswahrung. Dies hat aber auch damit zu tun, daß der Sozialdemokratie durch den Regierungsverlust im Bund wichtige Politikberatungsinstanzen verlorengegangen sind. Dieser Beratungsbedarf muß aber abgedeckt werden.

Haben wir es de zufolge mit einer ausschließlich parteipolitischen Ausrichtung der FuK zu tun?

Im Moment scheint es im sozialdemokratischen Umfeld so zu sein, daß die neue Rolle als Opposition unendliche Freiräume des Neuformulierens von Paradigmen läßt. Das wird sich mit der zeitlichen Nähe zur nächsten Wahl und der Notwendigkeit, Positionen zu beziehen, meiner Meinung nach ändern. Es bleibt zu hoffen, daß die wissenschaftliche Substanz darunter nicht leiden wird.

Hat denn die Friedensbewegung noch etwas von der Friedensforschung zu erwarten. Auf welchen Feldern könnte die „professionals“ beratend tätig werden?

Der Nutzen der FuK wird weiterhin nur marginal sein. Sicherlich hat die Friedensforschung, in der Gestalt von Einzelpersönlichkeiten allerdings, dazu beigetragen, der Friedensbewegung methodisch den Weg zu öffnen: Sie hat know how vermittelt, wie man sich mit dem vormals tabuisierten Rüstungssektor und militärischen Doktrinen auseinandersetzen kann. Inzwischen hat die Friedensbewegung selbst soviel an Erfahrung gesammelt, an Expertise angehäuft, daß mir in dieser Hinsicht nicht bange ist. Und dieses Potential läßt sich im Gegensatz zur FuK nicht durch eine politische Entscheidung rückgängig machen.

Möglicherweise kann ein Beitrag einzelner Friedensforscher auch darin liegen, durch Kritik an taktischen Fehlern in der Argumentation der Friedensbewegung die Diskussion qualifizieren zu helfen.

Was ist in diesem Zusammenhang von den Vorschlägen mancher Friedensforscher wie J. Galtung zu halten; von den Überlegungen zur Änderung des Nato-Konzepts, zur Umrüstung der Bundesrepublik auf Defensivwaffen?

Man sollte darin zwei Seiten erkennen. Auf diesem Feld können sich Friedensbewegung und -forschung näherkommen. Denn hier kann sich etwas entwickeln, was in angelsächsischen Ländern „strategic community“, also eine strategische Debatte genannt wird. Hierzulande immer stigmatisiert und innerhalb der Abschreckungsideologie immer an die Nuklearmacht USA delegiert, eröffnet die Diskussion um defensive Strategien für uns Deutsche neue Möglichkeiten, uns einzuschalten. Diese Debatte um neue Modelle nationaler oder auch europäischer Sicherheit ist daher nützlich. Ich fürchte andererseits, daß sie sich verselbständigen könnte. Relativ technokratische bzw. voluntaristische Modelle, die nur falsche Hoffnungen wecken und daher letztlich Engagement lähmen können, helfen nicht weiter.

Die Friedensbewegung hat eine sehr wichtige Ausprägung unter den Wissenschaftlern erfahren. Ich denke hierbei an die berufs- bzw. fachspezifischen Initiativen und an den interdisziplinären Dialog über Friedens- und Abrüstungsfragen, der an den meisten Hochschulen inzwischen in Gang gekommen ist. Dieser „Aufbruch“ unter der Universitätsintelligenz steht in keinem Bezug zur institutionellen FuK. Kann man diese beiden Bereiche zusammenbringen?

Ich glaube nicht, daß man das zusammenbringen kann. Einzelne Personen der FuK können helfen und beratend tätig werden, den nötigen Forschungsprozeß erleichtern. Die Hauptarbeit muß arbeitsteilig und interdisziplinär von den Wissenschaftlerinitiativen geleistet werden. Gerade deren Entwicklung verkörpert für mich ansatzweise die Aufhebung des weiter oben erwähnten Widerspruchs: Friedensforschung kann im Grunde nicht als aparte, selbstisolierte Teildisziplin existieren. Die Orientierung der universitären Fachrichtungen wie Medizin, Physik etc. auf die Auseinandersetzung um die Fragen des menschlichen Überlebens und auf Beiträge zur friedlichen Konfliktlösung zwischen den Völkern ist entscheidend. Nur wenn für ein forschungspolitischer Bedarf formuliert und an den Hochschulen eingefordert wird, kann sich eine Dynamik ergeben, die zu einer wirklich substantiierten Friedens- und Konfliktforschung führen wird. Der Anfang dazu ist gemacht.

Wir danken für dieses Gespräch.

Peter Lock ist Assistent am Institut für Politische Wissenschaften an der Universität Hamburg, hat sich seit längerem an Projekten der Friedensforschung beteiligt und zu diesem Thema mehrere Arbeiten publiziert.

Kritische Universität Anno 1983

Kritische Universität Anno 1983

Der 20.10. und seine Folgen

von Redaktion

Daß dem auf Sensationen erpichten Tagesjournalismus die vielfältigen Aktivitäten der Friedensbewegung in der Aktionswoche vom 17. – 22. 10. zum Teil entgangen sind nimmt nicht wunder. Die Berichterstattung scheint einem standardisierten Vorher/Nachher-Muster zu folgen: Zuerst die bedrohlichen Beschwörungen vom „Krawallherbst“, dann die Verniedlichung, als wäre kaum etwas passiert.

Was sich an den Hochschulen in der Aktionswoche und speziell am Tag der Bildungseinrichtungen am 20. 10. ereignet hat, ist von uns leider nicht zu erfassen. Auch würde es den uns zur Verfügung stehenden Rahmen sprengen. Wir wollen aber einen gewissen Überblick geben. Es mag für den engagierten Kollegen nützlich sein zu wissen, wo man sich ggf. Anregungen und qualifizierte Beiträge für die Friedensarbeit holen kann. Daher wollen wir schon in diesem Heft auf die verschiedenen kontinuierlichen Veranstaltungen, wie Ringvorlesungen hinweisen und wo es möglich ist, auch die Adressen der Verantwortlichen angeben.

Aachen:

In Aachen findet in diesem Semester eine Vorlesungsreihe „Verantwortung für den Frieden“ statt, zu der das Forum Wissenschaftler für Frieden und Abrüstung und das Institut für politische Wissenschaft an der RWTH Aachen einladen.

Das Programm im einzelnen:

26.10.83 Dr. Seyfarth
Grundlagen der Physik der Kernwaffenexplosion
02.11.83 Dr. Duisberg
Aachen im Atomkrieg: medizinische Folgen und Hilfsmöglichkeiten
09.11.83 Prof. Dr. Mey
Zusammenhänge zwischen innerer Demokratie und äußerem Frieden
23.11.83 Prof. Dr. Böttcher
Abschreckung als untaugliches Prinzip der Kriegsverhütung
30.11.83 Yogeshwar
„Verteidigung“ und „Entwicklung“
07.12.83 Prof. Dr. Kasig
4,5 Mrd. Jahre Entwicklung der Erde und des Lebens – gibt es angesichts der Massenvernichtungsmittel eine geologische Zukunft?
21.12.83 Prof. Dr. Glück
Naturwissenschaftliches Denken: Todesverdrängung und Massenvernichtungsmittel?
14.12.83 Prof. Dr. Rickers
Friede auf Erden theologische und kirchliche Aspekte zur gegenwärtigen Friedensdiskussion
11.01.84 Dr. Schmitz
Chemische Kampfstoffe
18.01.84 Prof. Dr. Schultze
Ansätze für eine neue Sicherheitspolitik
25.01.84 Prof. Dr. Wohlenberg
Unterirdische Kernwaffentests und Probleme der Überwachung
01.02.84 Prof. Dr. Ploeger
Psychosoziale Reaktionen im Katastrophenfall
08.02.84 Prof. Dr. Gatzemeier
Betroffenheit und rationaler Diskurs – Möglichkeiten und Grenzen philosophischer Argumentation über Krieg und Frieden

FU Berlin:

1041(!) Beschäftigte der Freien Universität veröffentlichen einen Brief an den Regierenden Bürgermeister und die Mitglieder des Abgeordnetenhauses. Sie appellieren an diese Politiker, sich gegen die Stationierung neuer Atomraketen einzusetzen. Der Offene Brief ist in der Berliner Zeitung „Der Tagesspiegel“ vom 1.9.1983 abgedruckt.

Auf einer gemeinsamen Veranstaltung der Fachbereiche Physik und Politik sprachen der Uni-Präsident Lämmert und Prof. Dr. Hans-Peter Dürr. Als Physiker sei er besonders betroffen, formulierte Dürr, denn jeder Student, den er ausbilde, könnte in Zukunft selber Waffentechniken weiterentwickeln. Er schlug als Alternative zum Wettrüsten vor, über Defensivtechnologien nachzudenken.

Das Institut für Philosophie veranstaltet am 20.10. einen Vortrags-, Diskussions- und Informationstag. Es nahmen u.a. teil, die Professoren Tugendhat, Gollwitzer und Möbius.

Daß es eine Podiumsdiskussion gab, Filme gezeigt wurden und ein Friedensfest veranstaltet wurde, wollen wir nur der Vollständigkeit halber hinzufügen.

TU Berlin:

Lediglich inoffiziell diskutierten Mitglieder des Konzils der TU über das Thema „Die Verantwortung der Technischen Universität Berlin für den Frieden im Spannungsfeld ihrer wissenschaftlichen Disziplinen“, nachdem die geplante ausserordentliche Sitzung an einer Verfügung des Präsidenten gescheitert war. Diese wurde mit Formfehlern begründet. Der Vorsitzende des Konzilvorstandes sah dagegen hinter der formalen Begründung eindeutige politische Absichten. Für eine erneute Sitzung werden Unterschriften gesammelt. Professoren verfassten einen Offenen Brief an den Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland, der am 28.10.83 in der Frankfurter Allgemeinen erschien. Darin heißt es na.: „Wir wissen, dank die Technologie moderner Massenvernichtungswaffen inzwischen einen Stand erreicht hat. den man treffend als „Automatisierung der Kriegsführung“ bezeichnet. Eine solche Automatisierung bedeutet nicht nur, dass im Kriegsfalle Vernichtungsstrategien maschinengesteuert angewendet , sondern auch, dass schon im Frieden Entscheidungen über die Auslösung von Kriegshandlungen wesentlich von Computern rechnend gefällt werden. Wir fürchten aus unserer Kenntnis der Geschwindigkeit und der Komplexität von solchen 'Computer-Entscheidungen, dass diese von Menschen in Zukunft nicht mehr sicher kontrolliert und daher politisch auch nicht verantwortet werden können …“

Der Fachbereichsrat des Otto-Suhr-Instituts hat eine Resolution zur drohenden Gefahr eines atomaren Krieges verabschiedet, in der die Aufstellung von Pershing 11 und Cruise Missiles kritisiert wird.

Die Professoren A. und G. Schwan und W. Skuhr bezeichneten dies als unzulässige Wahrnehmung des politischen Mandats.

Bochum:

Am 20.10. fielen die Vorlesungen an der Ruhr-Universität zwischen 10 und 12 und zwischen 14 und 16 Uhr aus. Stattdessen führte das Rektorat in Verbindung mit dem Lehrstuhl für Öffentliches Recht, Prof. Dr. Ipsen, eine Vortragsveranstaltung zu dem Thema „Europäische Sicherheit und Stationierung“ durch.

Bonn:

Ein Arbeitskreis „Naturwissenschaften für den Frieden“ führt eine Ringvorlesung zum Thema „Wissenschaft und Frieden“ durch. Es werden u.a. referieren die Professoren: Kreck (Mainz), Altner (Heidelberg), Böckle, Kreck, Penselin (Bonn), Harjes (Bochum).

Bremen:

Am 23.9. trat ein Friedens- und Aktionskomitee für die Universität zusammen, in dem der Personalrat, die GEW-Betriebsgruppe sowie Vertreter studentischer und Hochschullehrer-Organisationen mitarbeiten. Dieses Komitee unterstützt eine uniweite Urabstimmung zur „Raketenfrage“.

Der Rektor setzte für den 20.10. einen „dies academicus“ an, der dem Thema l-Frieden und Abrüstung gewidmet war. Der Tag war vorlesungsfrei.

An zahlreichen Arbeitskreisen und Diskussionsveranstaltungen beteiligten sich Informatiker, Naturwissenschaftler, Pädagogen, Psychologen, Ökonomen etc.

Bremer Naturwissenschaftler warnten in einem Aufruf vor dem weiteren Wettrüsten. Zu den Erstunterzeichnern gehörten die Professoren Beyersmann (Chemie), Hildebrandt (Biologie), Kasche (Biologie) und Rensing (Biologie).

Kontaktadresse des Friedens-und Aktionskomitees.- Peter Alheit, FB 12, Tel. 218292 7

Darmstadt:

Gegen Ende des Sommersemesters hat sich an der TH spontan eine Initiative für Frieden und Abrüstung gebildet.

Einer der lnitiatoren, Prof. Dr. Krabs (Mathematik), formulierte:

„Nach unserer Auffassung ist es dringend notwendig, über diese Fragen von gegenwärtig existentieller Bedeutung wissenschaftlich zu reflektieren und sie auch in die Lehre einzubringen. Es wird sicherlich schwer sein, angesichts der fachlichen Spezialisierung einen Gesamtrahmen für die Diskussion Zu finden. Aber gerade hier sollten sich die Fachwissenschaftler aufgefordert fühlen, über die engen Grenzen ihres Gebietes hinauszudenken und es in einen gro6en Zusammenhang zu stellen.“

Die Liste der Veranstaltungen, die in diesem Semester stattfinden, hat uns so beeindruckt, daß wir sie ganz abdrucken:

(vs workshop; V Vortrag; K = Kolloquium; S – Seminar)

Azzola, A./Nickel, E./Podlech. A.: ws – Friedenssicherung und Rechtsordnung.

Bielefeld, U.. u. a.: ws – Beiträge einer kritischen Sozialwissenschaft zur Rüstungsdebatte. 13ockhorn. H., u. a.: ws – Chemische/biologische Waffen Lind ökologische Kriegsführung. Burkhardt, A.: – Sprache der Rüstung und Sprache der Ent-Rüstung. Fleischer, H.: V/K – Philosophische Ethik im Blick auf die Gegenwart (Krieg und Frieden). Gamm, H. J.: V Gesellschaftliche Bedingungen der Friedenserziehung. (Gamm, H. J./Koneffke, .: V – Kolloquium zum Problem der Friedenserziehung. Herbig. J.: V – Die Militarisierung der Wissenschaft.

Hoffmann, J./Bender, W.: S – Gewissen und Handeln der Christen für den Frieden. Hirsch. A./Krabs. W./Reemtsen, R.: ws Der Beitrag der Mathematik zur Rüstung und Abrüstung.

Ipsen, D.: – Rüstungsdynamik: Die Entwicklung des militärisch-industriellen Komplexes in der BRD).

Kankeleit, W.: S – (Fortsetzung) Nuklearwaffen.

Konstantin, J. u. a.: ws – Informatik und Rüstung; Filmvorführung.

Mohr, W.: S – Psychologie und Rüstung. Aspeke psychologischer Friedensforschung.

Nixdorff, K.: ws – Ökologische Kriegsführung am Beispiel biologischer Waffen.

Nixdorff, P.: S – Wissenschaftler im Konflikt Fallbeispiele (Fall Oppenheimer).

Pooria, M./Rzondetzko, L.: V – Friedenserziehung als pädagogisches Problem? Bildung Militarisierung – Dritte Welt.

Institut für Politikwissenschaft: V – Politische Probleme der Gegenwart (Diskussions- und Informationsveranstaltung.

Rode, R.: S Friedensforschung und Friedensbewegung.

Setzer, H.: S Ökologie – Ökonomie – Politik: Teil 1: Umwelt und Rüstung.

Treuheit, W.: ws – Dritte Welt: Herd internationaler Konflikte.

Vowe, G.: ws – Zur Struktur internationaler Konflikte – Erarbeitung von Szenarien.

Wolters, N.: V – Die Anfälligkeit der Versorgung

im Katastrophenfall – dargestellt am Beispiel der Wasserversorgung.

Dortmund:

Der Senat empfahl uni-weite Diskussion zur Verantwortung des Wissenschaftlers für den Frieden am 20.10.

Eine Reihe von Hochschullehrern – darunter der Prorektor Prof. Dr. Obendiek – verfaßte einen Aufruf der den Abgeordneten der Region, der Bundesregierung und den Universitäten in NRW zugehen sollte. In dem Aufruf heißt es: „Als Hochschullehrer sind wir verpflichtet, Erkenntnisse zu gewinnen und ihre Folgen zu bedenken. Dazu gehört das Wissen um die ungeheuren Wirkungen der neuen Vernichtungsmittel sowie die hohe Wahrscheinlichkeit, mit der ihr Einsatz erfolgen kann …“

Die Uni-Zeitung begann eine Umfrage „Was tun die Angehörigen der UniDo für den Frieden?“ Ein nachahmenswertes Beispiel?

Ein Arbeitskreis Dortmunder Wissenschaftler für den Frieden führte eine Repräsentativumfrage zur Friedenspolitik durch, die in Form einer Broschüre auch veröffentlicht wurde. Die Resultate der Umfrage konnten zur Verbreiterung der Friedensbewegung genutzt werden.

Seit dem 19. 10. sind folgende Einrichtungen zur „atomwaffenfreien Zone“ erklärt worden:

Arbeitsstelle für Schulentwicklungsforschung, HDZ, Max-Planck-Institut für Ernährungsphysiologie, Max-Planck-Institut für Systemphysiologie, Sozialforschungsstelle, Institut für Sozialpädagogik und die Sozialakademie. Außerdem die Unipressestelle!

Düsseldorf:

Seit 1 1/2 Jahren gibt es an der Universität Düsseldorf das sog. „Blaue Vorlesungsverzeichnis“. Unbemerkt von einer größeren Offentlichkeit hat sich dort eine Art „Kritische Universität“ etabliert. Daß neben vielen anderen Themen auch ein Seminar zur Problematik „Naturwissenschaft und Rüstung“ dabei ist, versteht sich. Um friedliche' Aufklärungsarbeit leisten zu können, sollen Themen behandelt werden wie B- und C-Waffen, Laserwaffen, Kriegswahrscheinlichkeit und mathematische Modelle, Rüstungskonversion, Nachrichtentechnik uswusf.

Am 19. 10. referierte Dr. Rainer Rilling auf einer Veranstaltung des BdWi über die Rüstungsforschung in der Bundesrepublik. Unter Bezug auf den Mainzer Appell veröffentlichten Professoren und wissenschaftliche Mitarbeiter der naturwissenschaftlichen Disziplinen einen Aufruf gegen die Atomraketen.

Freiburg:

Im Rahmen des colloquium politicum sind für das WS einige Veranstaltungen zur Frage der Militärblöcke und der Abrüstung geplant.

Gießen:

In einem Offenen Brief an die Bonner Parteien sprach sich 113 aller Hochschullehrer gegen die geplante Raketenstationierung aus. Nachzulesen in der Frankfurter Rundschau vom 29. 9. 83.

In der Aktionswoche beteiligten sich die Professoren Erb, Grunemeyer, Schmidt-Relenberg an der Aktion „F asten und Schweigen für den Frieden“, die die ganze Woche andauerte.

Göttingen:

In einer zweiseitigen Anzeige haben 769 Naturwissenschaftler und Mitarbeiter der Max-Planck-Institute für biophysikalische Chemie, experimentelle Medizin, Strömungsforschung und Aeronomie (Lindau) der DFVLR, der GWDG und der Universitätsinstitute der Fachbereiche Agrarwissenschaften, Biologie, Chemie, Forstwissenschaften, Geowissenschaften, Mathematik, Medizin und Physik sich in der Lokalzeitung dem Mainzer Appell angeschlossen.

Gleichzeitig wurde eingeladen zu einer öffentlichen Veranstaltung am 1 5. 1 1., an der u. a. die Professoren Aichele (Erlangen) und Schneider (Göttingen) teilnehmen werden.

Karlsruhe:

Die Universität Karlsruhe stellt heute zweifellos eine Hochburg der Wissenschaftlerbewegung für den Frieden dar. Seit einem Jahr existiert dort eine Friedensgruppe, in der Wissenschaftler und Studenten zusammenarbeiten.

Im August 1983 trug sie zusammen mit dem Arbeitskreis Karlsruher Friedenstage, den Grünen, dem BdWi und anderen Organisationen dazu bei, daß der Pershinghersteller Martin Marietta' einen Ausstellungsstand während des internationalen Kongresses IJCAI'83 (international joint conference of artificial intelligence) nicht aufbaute. Der Druck auf den Rüstungskonzern war durch eine Öffentlichkeitskampagne zu groß geworden.

In der Friedenswoche erschien eine Anzeige in drei Karlsruher Zeitungen, die von über 1000 (!) Mitgliedern der Hochschule unterzeichnet worden war.

An alternativen Veranstaltungen am 20. 10. nahmen ca. 2500 Hochschulangehörige teil. Es gab Vorträge und Podiumsdiskussionen in allen Fachbereichen: von den Architekten bis zu Informatikern. (Die genaue Liste liegt uns vor … )

An der Kundgebung „Wissenschaftler für den Frieden“ beteiligten sich etwa 2000 Menschen. Es sprachen die Professoren Buckel, Falk, Funck, Herrlich, Siekmann.

In einem offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten der Region äußerten 72 Hochschullehrer ihre Besorgnis über die neuen Atomraketen. Zur Begründung wird u. a. ausgeführt:

„Nach dein Völkerrecht sind wir verantwortlich für alle Kriegshandlungen in und aus unserem Land. Unsere Mindestforderung müßte ein zweites Schloß' sein, damit keine verbündete Macht Massenvernichtungsmittel gegen deutschen Willen auf oder von deutschem Boden aus einsetzen kann. Ohne dieses zweite Schloß wäre unsere staatliche Souveränität verletzt …

Angesichts der im Pentagon diskutierten ‚Enthauptungsstrategie‘ muß die Pershing II von der UdSSR als Ersteinsatzwaffe betrachtet werden. Durch die Zulassung dieser Waffe und durch den Freibrief für fremde, wenngleich verbündete Truppen in unserem Land machen wir uns zur Gefahr für den Weltfrieden. Dies würde gegen Artikel 26 unseres Grundgesetzes verstoßen …“

Rückfragen bezüglich dieser Initiative bitte an Prof. Dr. -Ing. Eduard Naudascher Direktor des Instituts für Hydromechanik an der Universität Karlsruhe. Anschrift: Am Rüppurrer Schloß 5, 7500 Karlsruhe.

„Uni-Inforrnation Karlsruhe“, hrsg. vom Rektor, brachte das Kunststück fertig, diese Initiative in einer 12-Zeilen-Meldung zu berücksichtigen. Die ausführlichen Artikel, die diese Kurznachricht umgarnen lauten: „Studentische Aktivitäten: Eine Reitgruppe stellt sich vor“ und „Karlsruher Germanistik von Australien aus gesehen“ (S. 20/21, Nov. 1983)

Kassel:

Der Konvent der Gesamthochschule hat sich dem „Mainzer Appell“ mit überwältigender Mehrheit angeschlossen. Gleichzeitig wurde beschlossen, alle Mitglieder der Universität zu einer Vollversammlung mit dem Thema „Wissenschaft und Frieden“ einzuladen. (20. 10.). Auf dieser Vollversammlung sprachen: Prof. Dr. Franz Neumann, Präsident der GhK, Prof. Dr. H. Gärtner Physik), Prof. Dr. Ing. A. Puck (Maschinenbau) und Prof. Dr. W. Rauh (Gesellschaftswissenschaften).

Konstanz:

In diesem Semester eine Ringvorlesung

„Die Wissenschaften und der Frieden“.

Nachfragen an Prof. Dr. Kempf, 0 75 31/88 25 64.

Mainz:

In Mainz hat sich eine Naturwissenschaftler-Arbeitsgruppe im Frühjahr 1983 gegründet. Diese Gruppe hatte maßgeblieben Anteil an der Vorbereitung und Durchführung des Mainzer Kongresses. Im Anschluß an den Kongreß konstituierte sie sich als „Naturwissenschaftler für den Frieden Mainz“.

Zur eigenen Weiterbildung und zur Qualifizierung der Öffentlichkeitsarbeit wurden AG's eingesetzt zu den Themen:

  • neue Waffentechnologien,
  • Rüstungsforschung
  • Militärstrategie und Technologieentwicklung

Neben den Arbeitsgruppen trifft sich 14-tägig das Plenum in dem regelmäßig 20 bis 30 Wissenschaftler mitarbeiten.

Die Resonanz auf den Mainzer Kongreß war so stark, daß die Referentenwünsche nicht mehr alle erfüllt werden können. Drei Veranstaltungen pro Woche werden von den Mainzer Kollegen bestritten.

In der Aktionswoche fanden drei Veranstaltungen statt:

Militärische Folgen von ABC-Waffen; Psychologische Kriegsvorbereitung; Die neue Qualität der Pershing II. Im Schnitt waren 300 Zuhörer anwesend. Am 20. 10. sprachen vor dem vollbesetzten Auditorium Maximum der DGB-Landesvorsitzende Lehlbach und der Mathematikprofessor Kreck. Veranstalter war die GEW.

Zur beliebtesten Lehrveranstaltung entwickelt sich in diesem Semester die Ringvorlesung zu Wissenschaft und Frieden im Rahmen des studium generale. Bei der ersten Sitzung waren 500 Teilnehmer anwesend.

Wer mit den „Mainzern“ Verbindung aufnehmen möchte, kann sich wenden an: Ulrich Oehmichen, c/o Uni Mainz, Fachbereich Geowissenschaften, Lehreinheit Mineralogie, Saarstr. 21, 6500 Mainz.

Marburg:

Seit dem Sommersemester 1982 gibt es am Fachbereich Physik eine intensive inhaltliche Auseinandersetzung über das Thema „Physik und Rüstung“. Die Ergebnisse eines Seminars wurden in einem Buch unter diesem Titel zusammengefaßt. Im WS lief dieses Seminar weiter – eine Friedensinitiative gründete sich.

Am 19. 10. diskutierte der Fachbereichsrat die Problematik und verabschiedete eine Erklärung, in der der Mainzer Appell unterstützt wird. 21 der 24 gewählten Mitglieder unterschrieben! Nachdem sich in einer Unterschriftensammlung die Mehrheit der Fachbereichsangehörigen gegen die Raketenstationierung ausgesprochen hatte, wurde der Fachbereich für atomwaffenfrei erklärt.

In der Planung für das WS befindet sich ein Interdisziplinäres Seminar für Hörer aller Fachbereiche. Referieren werden aus den naturwissenschaftlichen Fachbereieben und der Medizin:

Dr. J. Altmann, Prof. Dr. M. Beato, Dr. U. Beisiegel, Prof. Dr. Elschenbroich, Prof. Dr. E. Gansauge, Prof. Dr. H. Kuni, Prof. Dr. 0. Melsheimer, Prof. Dr. F. Kühlhofer, Prof. Dr. C. Wissel.

Am 20. 10.: Podiumsdiskussion des BdWi „Hochschule und Stationierung“ Der Vizepräsident der Universität sprach ein Grußwort. Vor rund 1000 Zuhörern kamen für die Naturwissenschaftler zu Wort Dr. J. Altmann (Physik), Prof. Dr. H. Bauer (Gießen, Medizin), und der Biochemiker Prof. Dr. Miguel Beato. Standortbestimrnungen für die Sportwissenschaften leistete J. Fischer, wiss. Mitarbeiter, für die ev. Theologie Prof. Dr. W. Huber, für die Linguistik Prof. Dr. G. Keseling und für die Psychologie Prof. Dr. G. Sommer. Weitere Beiträge von Prof. Dr. L. Froese (Päd.) u. von Prof. Dr. (;. Hager (Jura).

Einen „Friedens-Hyde-Park“ führte der FB Gesellschaftswissenschaften durch. Die überwiegende Mehrzahl der Hochschullehrer beteiligte sich.

München:

In Bayern insgesamt war das Problem, daß die Vorlesungen erst zum 1.11. beginnen. An der Uni München gab die Initiative „Münchner Hochschulangehörige für den Krefelder Appell“ eine Zeitung zum Thema Frieden und Hochschule heraus und am Germanist. Institut wurden vielfältige Diskussionsrunden durchgeführt.

Am 2 0. 1 0. auf dem Geschw.-Scholl Platz Friedensversammlung der Hochschulangehörigen.

Münster:

In Münster haben sich bereits zwei Institutionen herausgebildet:

  • das Forum „Naturwissenschaftler für den Frieden“
  • ein Arbeitskreis Münsteraner Wissenschaftler für Frieden und Abrüstung.

Das Forum entstand bereits im Frühjahr 1981 und organisierte im WS 81/82 eine Ringvorlesung mit Vorträgen über A-, B- und C-Waffen-Systeme. Im April 1982 hatten bereits über 200 Naturwissenschaftler einen Anti-Aufrüstungs-Aufruf unterschrieben. Das Forum kann als eine wichtige Keimzelle für den Mainzer Kongreß bezeichnet werden.

Der uniweite Arbeitskreis hat für dieses Semester eine Ringvorlesung initiiert „Wissenschaftler und Friedensbewegung: Was leisten die Wissenschaften für den Frieden?“

Auch diesen Veranstaltungsplan mitsamt verantwortlicher Adresse wollen wir unseren Lesern nicht vorenthalten:

Mo. 28.11., Biologie: Genetische Strahlenrisiken (W. Köhnlein, H. Traut)

Mi. 30.11., Mathematik: Vergleich der Erstschlagsfähigkeit von Pershing 2 und SS 20 (M. Kreck)

Mo. 05.12., Rechtswissenschaft: Ziviler Ungehorsam als aktiver Verfassungsschutz (E. Küchenhoff, N.N.)

Mo. 12.12., Podium: NATO-Doppelbeschluß und die Genfer Verhandlungen. Ergebnisse und Perspektiven

Mo. 19.12., Ev./Kath. Theologie: Theologie und Frieden (K.W. Dahm, T.R. Peters, D. Schellong, H.-G. Stobbe)

Mo. 09.01., Psychologie: Psychologie und Friedensbewegung (Th. Barthmann, H.-D. Loewer, N.N.)

Mo. 16.01., Publizistik: Kriegspropaganda psychologische Verteidigung (H.D. Kübler, W. Lerg)

Mo. 23.01., Literaturwissenschaft: Friedenshoffnung und Gewalterfahrung in Lateinamerika: Der Schriftsteller Ernesto Cardenal (K. Biermann, H. Koch)

Mi. 25.01., Erziehungswissenschaft: Widerstand und Frieden: Ernst Bloch/Frieden lernen (K. Brose, P. Heitkämper, W. Rest)

Mo. 30.01-, Politikwissenschaft: Politikwissenschaft und Friedensgesinnung (G. W. Wittkämper)

Mo. 06.02., Podium: Was tut die Universität

Münster für den Frieden?

V.i.S.d.P. Prof. Dr. Helmut Koch, Melcherstr. 59, 4400 Münster

Oldenburg:

20.10.: Uni-Vollversammlung mit 1300 Teilnehmern. Es sprachen der Uni-Präsident, Hochschullehrer und Vertreter der Bediensteten und der Studenten.

Es wurde ein Friedensmanifest verabschiedet. Darin wird der 12.12. (Jahrestag des NATO-Doppelbeschlusses) zum dies academicus erklärt. An diesem Tag sollen also wieder mannigfache Diskussionen und Aktivitäten stattfinden. Im Sommersemester werden Projekte ins Auge gefaßt, insbesondere zu den Fragen

  • Gesellschaftliche Ursachen von bewaffneten Konflikten,
  • Rüstungskonversion,
  • ökonomische Funktion von Rüstung, Friedenserziehung,
  • Soziale Verteidigung.

Das Manifest dürfte über Dieter Bonitz, Lindenstr. 26, 29 Oldenburg zu erhalten sein.

Im Anschluß an die Vollversammlung beteiligten sich 5000 Studenten, Schüler und Hochschulangestellte an einer Demonstration in der Stadt und bildeten eine lange Menschenkette.

Als Beilage zum Oldenburger Wochenblatt erschien eine Zeitung „Oldenburger Wissenschaftler gegen den Rüstungswahnsinn“. Die Hochschul-Friedensinitiative arbeitet weiter und bereitet eine uni-weite Urabstimmung gegen die Raketenstationierung im November vor.

Tübingen:

Die GEW hatte zu einer zentralen Veranstaltung am 20.10. nachmittags eingeladen. Anschl. Kundgebung von Hochschullehrern und Studenten auf dem Marktplatz. (Teilnehmer: weit über 1000) Vormittags hatten zahlreiche Diskussionsrunden und Workshops an den einzelnen Fachbereichen stattgefunden.

Die „Studierenden und Lehrenden“ des Ludwig-Uhland-Instituts hatten an ihrem Haspelturm eine Fahne gesetzt, die sie als schützenswertes Kulturgut auswies.

Kommentar des Schwäbischen Tagblattes: „Die Uni blieb ruhig“

Außerdem zu berichten: eine Annonce von Wissenschaftlern in der Lokalzeitung. Der Osterbergkreis führt im November „Tübinger Gespräche“ zur atomaren Aufrüstung durch.

Wuppertal:

364 Professoren, Doktoren, Diplomer, Nichtwissenschaftler und Studenten erklären sich in der Zeitung am 20.10. gegen neue Atomrüstung.

Am gleichen Tag „dies academicus„ an der Gesamthochschule. Mehr als 1000 Teilnehmer bei den verschiedenen Diskussionsveranstaltungen.

Militärische Forschung an den Hochschulen

Militärische Forschung an den Hochschulen

von Rainer Rilling

Der folgenden Dokumentation liegt eine Auswertung der vom Bundesministerium der Verteidigung (BMVtdg) herausgegebenen „Forschungsberichte aus der Wehrtechnik“ (314), der „Forschungsberichte aus der Wehrmedizin“ (44), sowie von 247 weiteren Veröffentlichungen zugrunde, die in der Bibliographie „Deutsche Forschungsberichte aus Naturwissenschaft und Technik“ erfaßt wurden und explizit eine Verbindung mit dem BMVtdg nennen.

(Insbesondere die zuletzt genannte Kategorie ist viel zu niedrig angesetzt, da Hunderte interner oder nur institutionsöffentlicher Berichte, Studien, Gutachten etc., z.B. des Amtes für Wehrgeophysik, des Amtes für Wehrverwaltung und Wehrtechnik, einiger Bundesanstalten, der DFVLR, FGAN und FhG, sowie der Forschungsstätten der Rüstungsindustrie hier nicht bibliographisch erfaßt wurden.) Von 641 erfaßten Publikationen stammen 127 aus Hochschulen (59 Forschungsberichte aus der Wehrtechnik FBWT,- 32 Forschungsberichte aus der Wehrmedizin den FBWM: 36 interne Berichte). Sie werden in dieser und der folgenden Nummer des Informationsdienstes Wissenschaft und Frieden nachgewiesen, In einer späteren Ausgabe wird ein Überblick über die außeruniversitäre Rüstungsforschung gegeben.

Institutionelle Schwerpunkte

Seit Anfang der 70er Jahre ist ein bemerkenswertes Spektrum von Hochschuleinrichtungen für das BMVtdg tätig gewesen. Tabelle 1 zeigt, daß an insgesamt 28 Hochschulen in 65 Instituten, Einrichtungen etc. militärische Forschung betrieben wurde. Die meisten Aufträge erhielten die Hochschulen in Aachen, München, Karlsruhe und Braunschweig, mit einigem Abstand Bochum, Hamburg, Hohenheim und Ulm. Dabei ist die Forschung für das Militär an einigen Einrichtungen jahrzehntealte Tradition z. B. in Aachen, München oder Braunschweig. Hervorzuheben ist aber, daß auch relativ, junge Hochschulen Aufträge erhalten haben (Ulm, Bochum).Diese Schwerpunktsetzung wird bei einem Blick auf die Zahl der Einrichtungen, die an der jeweiligen Hochschule für das Militär Forschung betreiben, unterstrichen. (Schwerpunkte München, Aachen und Ulm) Die Münchner Hochschulen haben eine Sonderstellung sie sind geradezu breitbandig in die Förderung einbezogen, was zweifellos auch mit er lokalen Konzentration der Rüstungsindustrie und außeruniversitärer Forschungseinrichtungen (DFVLR, FhG) zusammenhängt, die Rüstungsforschung durchführen. Ähnliches gilt für Karlsruhe.

Fachliche Schwerpunkte

Tabelle II ordnet die dokumentierten Publikationen fachlichen Schwerpunkten zu, wobei zu berücksichtigen ist, daß die Klassifikationskriterien sich mehrfach geändert haben. Hier zeigt sich ebenfalls ein eindeutiges Bild.- Forschungen im Bereich der Wehrmedizin, der Luft- und Raumfahrtforschung, sowie der Informatik spielen in der Forschungspolitik des BMVtdg gegenüber den Hochschulen die wichtigste Rolle. Andere Bereiche treten demgegenüber weit zurück. Eine regionale, bzw. institutionelle Konzentration einzelner Fachgebiete ist offensichtlich (z. B. Karlsruhe, München, Ulm). Auffällig ist der rasche Bedeutungszuwachs der wehrmedizinischen Forschung (die auch die ABC-Waffen-Forschung größtenteils enthält), sowie vor allem die große militärische Bedeutung der Informatik. Hier handelt es sich offenbar um das einzige Gebiet, wo innerhalb des nationalen Forschungssystems eine militärisch relevante Disziplin im Hochschulbereich über eine gezielte Forschungsförderungspolitik des BMVtdg entwickelt wird. Von 34 FBWT des Bereichs Informatik/Mustererkennung, die zwischen 1970 und Anfang 1983 publiziert wurden, kommen fast die Hälfte (16) aus Hochschuleinrichtungen. Während manche hier dokumentierten Forschungsberichte durchaus moderate wissenschaftliche Qualität und zweifelhaften militärischen Nutzen geradezu glücklich vereinen, gilt dies für die Luft und Raumfahrtforschung, bzw. die Informatik offenbar nicht. Hier geht es um Wissenschaft, die nur dem Militärsystem nützt.

Tabelle I: INSTITUTIONEN DER RÜSTUNGSFORSCHUNG

Einrichtung Erfaßte Publikationen / Kontrakte Zahl der Institutionen (Institute / Lehrstühle
etc.)
Aachen 16 6
Bochum 7 2
Bonn 4 3
Braunschweig 10 3
Darmstadt 1 1
Düsseldorf 2 2
Essen 1 1
Erlangen 1 1
Frankfurt 1 1
Freiburg 2 2
Gießen 4 2
Göttingen 1 1
Hannover 3 2
Hamburg 6 2
Heidelberg 1 1
Karlsruhe 22 5
Kiel 2 2
Sporthochschule Köln 1 1
Mainz 3 3
Marburg 1 1
Universität München 8 6
TU München 7 4
Stuttgart 1 1
Stgt. Hohenheim 5 1
Tübingen 3 1
Ulm 6 5
Hochschule der Bundeswehr in Hamburg 1 1
Hochschule der Bundeswehr in München 9 3
Summe
28 128 65
Quelle: FBWT 1970 ff., FBWM 1969 ff. DFNT 1972 ff.

Tabelle II: FACHLICHE SCHWERPUNKTE DER RÜSTUNGSFORSCHUNG

Fachgebiet Anzahl Kontakte Institution (Anzahl Kontakte)
1. Wehrmedizin 32 U. München(8), Ulm (5), Hohenheim (4) Bonn
(3), D'dorf (2) Kiel (2), Mainz (2), Bochum (1), Essen (1), F/M (1), Heidelberg (1), Köln
(1), TU München (1)
2. Informatik 30 Karlsruhe (18), Braunschweig (5)
Bundeswehrhochschule München (5) Bonn (1), Erlangen (1)
3. Luft-& Raumfahrtfg. 24 Aachen(10), Bochum (6), Braunschweig (5),
Karlsruhe (1), TU München (1), Tübingen (1)
4. Schiffstechnik 9 Hamburg(6), Hannover (2), Göttingen (1)
5. Kernphysik 7 Giessen (4), Hannover (1), Marburg (1)
Mainz (1)
6. Optronik 4 TU München (3), Darmstadt (1)
7. Hochfrequenzphysik 3 Aachen (3)
8. Werkstoffe 3 Aachen (1), Karlsruhe (1),
Bundeswehrhochschule Hamburg (1)
9. Meteorologie 3 Tübingen (2), TU München (1)
10. Elektronik / Elektrotechnik 2 Aachen (1), Bundeswehrhochschule München
(1)
11.Strömungstechnik 2 Karlsruhe (2)
12. Kybernetik 2 TU München (1), Stuttgart ( 1 )
13. Verkehrsplanung 2 Bundeswehrhochschule München (2)
14.Chemie 1 Ulm (1)
15. Physikalische Chemie 1 Freiburg (1)
16. Biochemie 1 Freiburg (1)
17. Bakteriologie 1 Hohenheim (1)
18. Erziehungswissenschaften 1 Aachen (1)

Rainer Rilling ist Privatdozent für Soziologie an der Universität Marburg und Geschäftsführer des BdWi