Eine große Reform?

Eine große Reform?

Zur demokratischen Legitimation der Militärreform 2011

von Detlef Bald

Die Bundeswehr ist in die Jahre gekommen. Aus einem politischen Instrument zur Verteidigung des Landes wurde in den letzten zwei Jahrzehnten eine »Armee im Einsatz«. Minister Peter Struck wollte 2003 mit dem Wort, Deutschland werde am Hindukusch verteidigt, die bestehende Ambiguität – der Bund stellt Streitkräfte zur Verteidigung auf, wie das Grundgesetz es gebietet, und plant gleichzeitig für Einsätze in der globalen Ferne – aufheben.1 Doch er hat die Problematik der Legitimität solcher Aufträge damit nicht lösen können, sondern nur kaschiert. »Armee im Einsatz«, das ist heute die Realität. Doch welche Folgen hat das für die demokratische Einbindung des Militärs?

Das Militär der Gegenwart soll modern sein. Das ist nicht neu. Die Bonner Republik wurde mit Militär begründet. Kanzler Konrad Adenauer folgte den Spuren eines Bismarckschen nationalen Staatsbildes, nach dem ein Staat ohne Militär nicht denkbar sei. Soweit die internationale Seite für Analysten der Sicherheitspolitik geradezu selbstverständlich erscheint, so leicht vernachlässigen manche Experten die Bedingungen der demokratischen Einbindung des Militärs. Bei der Bundeswehr ging es von Anfang darum, sie auf eine freiheitlich-demokratische Werteverfassung festzulegen, nach innen wie nach außen, gegenüber Staat, Gesellschaft und Politik. Eine solche Orientierung war nach 1945 unabdingbar, um die Wurzeln und Spuren des historischen Militarismus abzulegen. Diese epochale Umwälzung, den Primat des Militärischen einzudämmen und schließlich aufzugeben, fand im Begriff des »Staatsbürgers in Uniform« ihren Ausdruck.

Die staats- und verfassungsrechtliche Unterordnung garantierte die Oberhoheit der politischen Organe der Republik, die parlamentarische Kontrolle sowie den Primat der zivilen Regierung. Auch das Militär wurde verfassungsmäßig der strikten Rechtsstaatlichkeit und öffentlichen Gerichtsbarkeit unterworfen; Gleichheit und Gleichberechtigung sichern den Soldatinnen und Soldaten aufgrund der sozial offenen Rekrutierungskriterien, prüfbarer Ausbildung und leistungsbezogener Aufstiegsbedingungen einen Berufsrahmen, der wie im zivilen Leben eine gesellschaftliche Pluralität gewährt. Auf diese Weise soll die alte militaristische, sozial-selektive Abschottung und das nach »ewigen« Werten eigenständige, enge, militärische Milieu überwunden werden. Das Ideal vom »Staatsbürger in Uniform« ist umfassend und bietet für die Bundeswehr den anspruchsvollen Maßstab im demokratischen Prozess dieser Republik. Er verlangt, jede Form einer politischen »Staat-im-Staate«-Macht und gesellschaftlichen Isolierung zu verhindern. Dieses Konzept, intern »Innere Führung« genannt, sollte »zeitgemäß« zweierlei leisten: die Fortentwicklung von Beruf und Soldatenbild im Konsens militärischer Traditionen und zugleich die Konformität mit den politisch-gesellschaftlichen Werten der Verfassung.

Um die Akzeptanz und Geltung der »Inneren Führung« wurde von Anfang an gerungen. Die alten Kräfte gaben nicht so einfach auf. Seit den Planungen der »neuen Wehrmacht« 1950 in Bonn wurde das konstituierende Beharrungsvermögen des Alten, das sich vehement gegen die demokratischen Reformen richtete, spürbar. Die interne Waage neigte sich trotz der Wehrgesetze bedenklich zum Traditionalismus – eine Hypothek für lange Zeit. Sie bildeten den Grund für die erste Reform der Bundeswehr am Ende der sechziger Jahre.2

Die Misere des Militärs war nahezu unbeschreiblich. Der Bundeswehr insgesamt wurde eine mangelhafte Professionalität bescheinigt, da sogar die Beherrschung der modernen Waffensysteme hinter den Standards her hinkte. Hunderte von Unfällen mit Todesfolgen mahnten ebenso wie zahllose Affären und Skandale. Drill- und 08/15-Methoden verklärten den Mythos der Wehrmacht. Der Traditionalismus bot ein Zerrbild des demokratischen Aufbruchs. Die »Innere Führung« war nur formal eingerichtet, wie der Wehrbeauftragte krass aufzeigte. Auch dominierten verkrustete Hierarchiestrukturen, hinter denen die Militärführung die parlamentarische Kontrolle und den Primat der Politik aufweichten. Erst Helmut Schmidt setzte als Verteidigungsminister neue Akzente für berufliche Effizienz, für die Geltung des Wertekanons der Verfassung im Militär, für die Öffnung zur Gesellschaft sowie für die Akzeptanz des Primat der Politik.3

Das Strukturdilemma

Die Defizitanalysen über den Zustand der Bundeswehr bewegen seit Jahrzehnten die Experten, aber nicht die Politik. Selbst als im Jahr 2000 eine Kommission unter Leitung des Alt-Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker beklagte „Die Bundeswehr ist… nicht im Gleichgewicht. Sie ist zu groß, falsch zusammengesetzt und zunehmend unmodern“, fand dies Urteil keine Resonanz.

Worin liegt das Hauptproblem? Das Dilemma ist ein Konzeptmangel. Zwei gravierende Faktoren wirken, indem sie den jeweils anderen verschärfen. Mit der deutschen Einigung am 3. Oktober 1990 war die Bundeswehr ohne Gegner und in einer neuartigen Friedensordnung von Freunden umringt. Generalinspekteur Dieter Wellershoff hing noch die Vision an, „Helfen, retten, schützen!“ seien die Aufgaben der Zukunft.4 Doch derartige globale humanitäre Blauhelmmissionen erfüllten nicht die Version einer deutschen „Verantwortung in der Welt“, die Kanzler Helmut Kohl schon am 4. Oktober 1990 vor dem Bundestag proklamiert hatte. Damit konzentrierte er die „militärpolitischen und militärstrategischen Grundlagen“ vom Januar 19925 auf nationale Interessen, zu denen auch der „Zugang zu strategischen Rohstoffen“ gehörte. Die zweite Belastung des Bundeswehrkonzepts resultiert aus der seit Jahrzehnten zu beobachtenden technologischen Entwicklung der Rüstung, der Computerisierung sowie der Kommunikation, die eine nahezu radikale Umstrukturierung verlangt. Ein neuer Typ des Militärs zeigt seine Konturen.6 Auch auf diesem Feld blieb die Bundeswehr im Schatten ihrer Kalten-Kriegs-Ideologie verhaftet.

Behinderungstaktik in Politik und Militär

Das Projekt des »Umbaus«, vor zwanzig Jahren in Gang gesetzt, scheiterte, weil die traditionalistischen Kräfte in Heer, Marine und Luftwaffe den alten Kriegstyp der Massenarmee und der Waffensysteme des Kalten Krieges nicht aufzugeben bereit waren. Die Kontroll- und Leitungskompetenz der Politik ist über Jahrzehnte erodiert. Es gelang ihr weder, die allfällige Modernisierung in Auftrag, Ausbildung, noch Rüstung der Bundeswehr umzusetzen.7

Besonders augenfällig wurde das Durcheinander in der zwanzig Jahre währenden Kette von Affären, die das militärische Milieu in den Fokus der Aufmerksamkeit stellen. Als Folge der Gegensätze innerhalb der militärischen Führung und der politischen Verzagtheit wurden Soldatenbild und -selbstverständnis hin und her gerissen. Das Ende des Kalten Krieges nutzte die konservative Mehrheit, um die Bundeswehr »realitätsnah« auszurichten. Nur, sie wählte die falsche Richtung, sie suchte traditionalistisch den Kurs in die Vergangenheit. Hieß es im Kalten Krieg noch „Kämpfen können, um nicht eingesetzt zu werden“, galt nun die Parole „Kämpfen können und kämpfen wollen“. Ethos und Erziehung zielten auf „die Kriegstüchtigkeit der Bundeswehr“. In der Ausbildung trat erneut die Tradition zur Wehrmacht hervor; sogar der Ostfeldzug wurde entpolitisiert und blieb Vorbild in der operativen sowie der taktischen Lehre an der Führungsakademie. Das hatte Folgen für die Mentalität. Die massiven Auseinandersetzungen um die Ausstellung zur Wehrmacht –»Vernichtungskrieg« – erklären sich vor diesem Hintergrund. Noch 2008 spielte die Wehrmacht sogar in der Grundausbildung der Wehrpflichtigen eine unglaubliche Rolle, indem Kriegsbeispiele und NS-Lehrsätze in den Unterricht kamen.

Rechtslastige Affären und Skandale mit verzerrten Machtfantasien traten bis in die Gegenwart auf, obwohl derartige Missstände in der Mitte der neunziger Jahre zu einem Untersuchungsausschuss des Bundestages führten. Waren damals die »Einzelfälle« der Anlass, so erzeugt heute die fast gleich hohe Menge (weit über hundert) keine Irritationen mehr. Man hat sich daran gewöhnt. Auf vielfältige Weise sucht man eine falsche, nämlich korporative Geschlossenheit. Abweichler oder kritische Meinungen zu Militär oder Sicherheitspolitik werden nicht geduldet; der neuralgische Punkt ist eine umstrittene Legitimität einzelner Auslandseinsätze. Kontroverse Diskussionen, wie sie öffentlich in den Medien stattfinden, dürfen im Dienst nicht sein.8 Die Bundeswehr hat sich längst auf den Weg begeben, sich von der Gesellschaft abzukapseln. In dieses Bild passt die Weisung immerhin eines Inspekteurs, der die Grenzen zwischen Militär und Gesellschaft so zog, dass beide durch unvereinbare Normen- und Wertesysteme gekennzeichnet seien.9

All diese beklagenswerten Phänomene wirken auf das Entstehen eines spezifisch militärischen Milieus. Eine enorme Deformation im Militäralltag ist eingetreten. Mit dem Disput um das Vorbild des »archaischen Kämpfers« als Soldat der Zukunft markierte die Militärführung den Reformstau. Statt »Innere Führung« wurde ein Kämpferkult gepflegt. Generale lehnten offen die »Innere Führung« ab, denn sie sei mit dem Auftrag einer »Armee im Einsatz« nicht vereinbar, eine Erosion der Verbindlichkeit der »Inneren Führung« ist seit langem Fakt.10

Nach dieser Analyse scheint es zu passen, dass auch die Gesellschaft auf Distanz zur Bundeswehr gegangen ist. Beispiele kennen alle. Zapfenstreich oder Gelöbnisse, glänzend im Scheinwerferlicht der Medien inszeniert, setzten polizeiliche Absperrungen gegen Proteste voraus. Tatsächlich ist die Bevölkerung ausgeschlossen. Offenkundig liegen die zivil-militärischen Beziehungen im Argen.

Technokratische »Effizienz« statt Militärreform

Die heute erkennbare Ausrichtung der Bundeswehr basiert auf einem Mangel an sicherheitspolitischer Analyse. In der Ministerzeit von Karl-Theodor zu Guttenberg fand sich an keiner Stelle ein fundiertes Konzept. Geradezu exemplarisch für die unsaubere Ausgangslage, die alles Mögliche vermischt, aber keine sicherheitspolitische Expertise zu erkennen gibt, sind die »Leitlinien zur Ausplanung der neuen Bundeswehr« vom Juni 2010. Darin geht es um „Trends“ im „Sicherheitsumfeld“, die bei der „konsequenten Ausrichtung auf den Einsatz hin zu berücksichtigen“ sind. Darunter fallen z.B. „der Aufstieg neuer staatlicher Akteure“, die „auch unsere Werte, Normen und Interessen herausfordern“, oder „globale Destabilisierungsrisiken als Folge von Klimawandel“. Sie sollen „richtungsweisende Impulse“ für Einsätze der Bundeswehr geben.11 Der »Einsatz« wurde zur Devise der Politik: „Messlatte für uns alle und bei allen Entscheidungen muss der Einsatz sein.“ Vor Kommandeuren der Bundeswehr hieß es: „Denken vom Einsatz her heißt, auch künftige, bisher nicht auf der Tagesordnung stehende Einsätze in möglichst vielen Facetten vorauszudenken.“ Derart umschrieben wird »Einsatz« zum Leitbegriff der »nationalen Zielvorgabe« der Transformation.12

Der weitere zentrale Begriff war »Effizienz«, der den Bericht der Strukturkommission durchzog. Darin waren auch dringende Umgliederungen der administrativen Ebenen bezeichnet, die bislang die beharrenden, überholten Strukturen zementiert hatten.13 Aber was will »Effizienz« über die Ziele der Reform der Bundeswehr sagen? »Effizienz« kann sich kaum aus den paradoxen Aufstands- und Kriegserfahrungen am Hindukusch ableiten. Wandel ohne bestimmbare Richtung führt zur technokratischen Modernisierung.14 »Effizienz« und »Einsatz« gerinnen zur beliebigen Formel. Die Politik versäumt, plausible und nachvollziehbare, begründete und qualifizierte Kriterien für die zukünftigen Strukturen des Militärs und des Ministeriums vorzulegen. Ein technokratisches Modell betriebswirtschaftlicher Rationalisierung sowie simpler Optimierung droht: Einsatzfähigkeit als Selbstzweck – Einsatz als Fetisch.

Demokratische Leitkultur

Es fehlt der politische Maßstab. Ohne qualifizierte Ausrichtung der Militärpolitik wird Verunsicherung nach innen organisiert: Unklarheit des Soldatenbilds wird zum Programm. Das militärisch-traditionalistische Denken, das in vielen Ecken der Kasernen und Stäbe und im Ministerium herrscht, droht weiterhin den Stellenwert der »Inneren Führung« zur Disposition zu stellen. Dennoch, die Werte der »Inneren Führung« stehen als gesetzliche Vorgabe alternativlos gegen diesen Wirrwarr im Militär zur Verfügung, auch 2011. »Innere Führung« ist das Projekt, die zeitgemäße Geltung der Verfassung in der Bundeswehr zu sichern. »Innere Führung« gibt das Maß des Auftrags und der Orientierung. Am Anfang steht die Verfassung. Das Friedensgebot des Grundgesetzes muss vor Beginn und am Ende jeden Einsatzes stehen. Die Politik kann nicht umhin, die Garantiefunktion des Staates für Freiheit und Frieden auch bei Militäraktionen im internationalen Verbund, im Konsens mit der UNO und in ihrem Auftrag, zu berücksichtigen. Das hat den Geist der Ausbildung zu durchdringen. »Einsätze«, auch »komplexe Friedensmissionen« genannt, dürfen mitnichten Interventionen zur Aufstandsbekämpfung oder Unterwerfung, gar Besetzung eines Territoriums sein, sie müssen – im Sinne des Wortes – auf die Befriedung einer Region zum Wiederaufbau sowie auf friedliche Lebensbedingungen zielen. Die Fähigkeiten des Kämpfens und Helfens sind demnach nicht konträre soldatische Kompetenzen, sondern symbiotische Schlüsselqualifikationen.

Diese An- und Herausforderungen müssen in Balance stehen zu Ausbildung und Ausrüstung; Berufsidentität und -zufriedenheit ist neu zu definieren. Der militärische Beruf steckt in der Krise. Die moderne Professionalität verlangt, sich vom alten Kämpferkult zu verabschieden und Realitäten angemessen anzunehmen. Kämpfen können reicht nicht aus. Das Leitbild der »ewigen Tugenden« ist obsolet: Disziplin und Pflicht, Gehorsam, Tapferkeit und Kameradschaft begreifen sich anders als im Kalten Krieg oder beim Ostfeldzug der Wehrmacht und unterscheiden sich erst recht von den Tugenden eines Helden im antiken Epos. In Afghanistan werden die internationalen Kräfte nicht als Sieger über einen Feind gefeiert; eine Siegesparade ist auch in Berlin nicht vorstellbar.

Die Reformdokumente von 2010 orientierten sich an »erfolgsfähigen Strukturen«. Die Reform beschränkte sich auf die »hardware«, die »software« blieb außen vor. Typisch ist, dass im Abschlussbericht der Strukturkommission auf 112 Druckseiten ein einziger Satz dazu zu finden ist: „Die Innere Führung und das Prinzip des »Staatsbürgers in Uniform« sind und bleiben Ankerpunkt und Kompass für den bestehenden Wandel.“ 15 »Ankerpunkt«, das reicht. Die verbreitete Front, »Innere Führung« sei nicht kompatibel mit der »Armee im Einsatz«, wird nicht thematisiert. Für den Alltag wurde »Innere Führung« zurückgestutzt und sinnentleert, sie blieb unverstanden, nur noch ein Torso demokratischer Notwendigkeit.16 Ein simplifiziertes Verständnis von Krisen, Rohstoffen und Instabilitäten droht, die Reform zu einer schieren Revision à la Einsatz-Effizienz zu degradieren. Eine Neubelebung der leitenden Idee der »Inneren Führung« – eine Art »zweiter Gesellschaftsvertrag« – ist vonnöten.17 Nur das Gebot einer demokratiebezogenen Reform mit friedensstiftenden Aufträgen bietet Gewähr für eine breite innermilitärische und gesellschaftliche Legitimation der Reform. Legitimation verlangt Sinngebung: Die Optionen der Einsätze müssen sich nachhaltig durch »Frieden« bestimmen.

Anmerkungen

1) Vgl. Verteidigungspolitische Richtlinien für den Geschäftsbereich des Bundesministers der Verteidigung. Berlin, 21. Mai 2003.

2) Vgl. zu Einzelheiten und zur Literatur Detlef Bald (2005): Die Bundeswehr. Eine kritische Geschichte 1955-2005. München: Beck.

3) Vgl. Detlef Bald (2008): Politik der Verantwortung. Das Beispiel Helmut Schmidt. Der Primat des Politischen über das Militärische 1965-1975. Berlin: Aufbau.

4) Dieter Wellershoff (1991): Frieden ohne Macht? Sicherheitspolitik und Streitkräfte im Wandel. Bonn: Bouvier.

5) Bundesministerium für Verteidigung: Militärpolitische und Militärstrategische Grundlagen und konzeptionelle Grundrichtung der Neugestaltung der Bundeswehr. Bonn 20.1.1992

6) Vgl. Gustav Däniker (1992): Wende Golfkrieg. Vom Wesen und Gebrauch künftiger Streitkräfte, Frankfurt/M.: Report-Verlag.

7) Vgl. Klaus Naumann (2008): Einsatz ohne Ziel? Die Politikbedürftigkeit des Militärs. Hamburg: Hamburger Edition.

8) Vgl. Detlef Bald (2009): Einsatzdoktrinen und Meinungsfreiheit in der Bundeswehr. In: Jürgen Rose: Ernstfall Angriffskrieg. Frieden schaffen mit aller Gewalt? Hannover: Ossietzky, S.255 ff.

9) Weisung von General Hartmut Bagger, Inspekteur des Heeres: Anforderungen an den Offizier des Heeres. Bonn, 29. Juli 1994.

10) Vgl. Berthold Meyer (2009): Innere Führung und Auslandseinsätze. Was wird aus dem Markenzeichen der Bundeswehr? Frankfurt/M.: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung.

11) Staatssekretär Rüdiger Wolf an den Verteidigungsausschuss des Deutschen Bundestages. Berlin, 29. Juni 2010, Anlage.

12) Karl-Theodor Freiherr zu Guttenberg: Kommandeurstagung Dresden, Nov. 2010.

13) Vgl. Bericht der Strukturkommission der Bundeswehr: Vom Einsatz her denken. Konzentration, Flexibilität, Effizienz. Oktober 2010, S.31 ff.

14) Paul Schäfer: »Vom Einsatz her denken« oder: Wie die Bundeswehr für Großinterventionen fit gemacht werden soll. In Wissenschaft und Frieden, 29. Jg., Heft 1-2011, S.35.

15) Strukturkommission, op.cit., S.18.

16) Detlef Bald, Hans-G. Fröhling, Jürgen Groß, Claus Freiherr von Rosen (Hrsg.) (2008): Zurückgestutzt, sinnentleert, unverstanden: Die Innere Führung der Bundeswehr, Baden-Baden: Nomos.

17) Harald Müller, Marco Fey, Sabine Mannitz, Niklas Schörnig (2010): Demokratie, Streitkräfte und militärische Einsätze: Der „zweite Gesellschaftsvertrag“ steht auf dem Spiel, Frankfurt/M.: Hessische Stiftung Friedens- und Konfliktforschung, HSFK-Report 10/2010.

Dr. Detlef Bald war Wissenschaftlicher Direktor am Sozialwissenschaftlichen Institut der Bundeswehr. Er arbeitet zur Zeit an sicherheitspolitischen Projekten des Instituts für Friedens- und Sicherheitspolitik der Universität Hamburg und in der historischen Friedensforschung. Sein aktueller Schwerpunkt: Widerstandskreis der Weißen Rose.

Von der »Frau« zur »Soldatin«?

Von der »Frau« zur »Soldatin«?

Soldatinnen-Bilder im medialen Wandel

von Torsten Bewernitz und Andrea Nachtigall

Anhand der Berichterstattung zum Gorch Fock-Skandal, der Todesfälle in Afghanistan, des Besuchs zu Guttenbergs bei den Truppen in Afghanistan und der aktuellen Werbestrategien der Bundeswehr beleuchtet dieser Text den Wandel der Darstellungen von Soldatinnen in den Medien.

Seit elf Jahren ist Frauen in der Bundeswehr der Dienst an der Waffe – formal – erlaubt. Rund 17.500 Frauen gehören heute zur Bundeswehr, das sind etwa neun Prozent. Mit der Abschaffung der Wehrpflicht für Männer lässt sich ein erneuter Wandel der geschlechtlichen Zusammensetzung des deutschen Militärs erwarten – wenn auch durchaus offen ist, in welche Richtung. Die Bundeswehr plant einen Anstieg auf 15 Prozent.1 Dass die Frau an der Waffe dennoch noch nicht als »normal« verstanden wird, zeigen die weiteren Zahlen, die die Bundeswehr nennt: Im Sanitätsdienst strebt die Bundeswehr eine Erhöhung des Frauenanteils auf 50 Prozent an, momentan liegt er bei ca. 36 Prozent und ist damit viermal so hoch wie im Gesamtdurchschnitt. Klassische Vorstellungen von »kämpfender Männlichkeit« und »fürsorglich-friedfertiger Weiblichkeit« scheinen auch für gegenwärtige Geschlechterverhältnisse prägend. Der »eigentliche« Soldat, als dessen Urbild der Kämpfer und Verteidiger gilt, wird nach wie vor in erster Linie männlich gedacht.

Die angestrebten Quoten sind deshalb nicht beliebig gewählt: Die Theorie des Tokenism2 geht davon aus, dass erst ab einem Anteil von 15 Prozent einer Minderheit von »Integration« gesprochen werden kann (vgl. Cnossen 1999, S.233). Dass diese Integration von Frauen in die Bundeswehr und damit ein Aufbrechen des männlich kodierten Soldaten-Bildes bei weitem nicht erreicht ist, soll im Folgenden exemplarisch anhand der medialen Darstellung von Soldatinnen gezeigt werden.

Soldatinnen-Bilder in Bundeswehr-Medien

Jörg Keller wirft in seiner Untersuchung von Printmedien der Bundeswehr die Frage auf, ob »Soldat« und »Frau« zur »Soldatin« verschmelzen (Keller 2003, S.251). Dabei definiert er als „das Kerngeschäft des Militärs und damit auch Kern des Soldatenhandwerks […] de[n] Kampf, die organisierte Anwendung von Gewalt“ (ebd.). Damit ist, so Keller, die „Verschmelzung“ erst erreicht, „wenn die Nähe zur Gewaltausübung sichtbar wird. Kennzeichen dieser Nähe sind Waffen, Waffensysteme, Munition, Gefechtsfahrzeuge, persönliche Kampfausrüstung etc.“ (ebd., S.252). „Um die Soldatin darzustellen, reicht es also nicht aus, eine Frau in Uniform zu zeigen“ (ebd.). Kellers Analyse zufolge werden Frauen im Militär nahezu ausschließlich im Sanitätsdienst, fern von Kampfhandlungen und im Vergleich zu männlichen »Kameraden« in passiveren und untergebenen Rollen und Funktionen gezeigt. Nicht ganz so offensichtlich, aber für die Konstruktion der dezidiert »weicheren« Soldatin ebenso relevant, sind die jeweiligen Bilderensembles: Soldatinnen werden nicht als beschäftigt dargestellt, sondern lächeln häufiger in die Kamera. Der Soldat, so wird suggeriert, kann sich nicht nebenbei mit dem/der FotografIn beschäftigen: „Sie sind von ihrer Arbeit gefangen und beansprucht. Frauen dagegen […] können es sich leisten, einfach nur da zu sein“ (ebd. S.260). „Es ist das Geschlecht, die Frau, die hier gezeigt wird. Sie bleibt in weiblichen Rollen gefangen, und ihre Arbeit wird in stereotyp kodierter Weise dargestellt“, schließt Keller (ebd., S.262).

Soldatinnen-Bilder: mehr Frauen, mehr Probleme?

Doch wie verhält es sich mit dem Soldatinnen-Bild in den Massenmedien? Im November 2010 schaffte es eine Soldatin auf alle Titelseiten: die 25-jährige Offiziersanwärterin Sarah Lena Seele, die auf dem Segelschulschiff Gorch Fock zu Tode kam, als sie bei einer Übung von der Takelage in die Tiefe stürzte. Die Berichterstattung greift subtil wie auch explizit auf weibliche Klischees zurück, die deutlich machen, dass Militär und Weiblichkeit nicht zusammen gehören. „Ein Kriegsschiff ist kein Mädchenpensionat“, wird Ernst-Reinhard Beck (CDU) in der Rheinischen Post zitiert. Im Rahmen der Debatte des Falls kommen Spekulationen über zu harten Druck, „eklige Rituale“ (Berliner Morgenpost) und sexuellen Missbrauch zur Sprache. Dass Erniedrigung und Demütigungen in der Soldatenausbildung keine Einzelfälle sind, hat die feministische und genderorientierte Friedens- und Konfliktforschung hinlänglich belegt. „[I]m Zentrum militärischer Disziplinierung stehen […] v.a. Unterwerfungs- und Angsttechniken, die […] mit der negativen Abgrenzung und Abwertung vom »Weiblichen« verknüpft sind“ (Schießer 2001, S.171).

Auch die Vorfälle in Coesfeld 2004 zeigen deutlich, wie Militär, Drill und Männlichkeit verwoben sind. So heißt es von militärischer Seite zur Erklärung der Vorfälle, gespielte Geiselnahmen seien in der Ausbildung üblich; das vereinbarte Codewort „Tiffy“ wurde nach Aussage von den Soldaten nicht verwendet: „Niemand wollte als Feigling oder Schwächling dastehen“, so ein Soldat laut Spiegel online (25.4.2004). Der „Feigling oder Schwächling“ wird mit einem weiblichen Namen betitelt, der zudem zu einer Figur aus der Sesamstraße gehört, also gleichermaßen verweiblicht und infantilisiert.

Das Beispiel Coesfeld impliziert die Inkompatibilität von Weiblichkeit und Militär: Es wird versucht, eine militarisierte Männlichkeit diskursiv zu verteidigen. In diesem Kontext ist die Mediendebatte um den Tod von Offiziersanwärterin Seele zu lesen: Als Frau – und nicht als Soldatin – ist sie schutzbedürftig, und diesem Schutzbedürfnis wird im Militär, dessen ureigene Aufgabe der »Schutz von Frauen und Kindern« ist, nicht entsprochen. Medial wird sie vielmehr zum Opfer militärisch-männlicher Gewalt gemacht. Gleichzeitig zeigt das Beispiel Seele die Ambivalenz zwischen vermeintlicher Geschlechtergleichheit im Militär und der »Verweiblichungsangst«, die Astrid Albrecht-Heide (1997) als zentralen Motor des Militärischen, insbesondere als Mittel von Druck und Drill, definiert hat. Der öffentliche Verweis darauf, dass Frauen diesem Druck nicht standhielten, ist zentraler Bestandteil dieser Diskursfigur. Spekulationen über mangelnde Fitness und Übergewicht Seeles suggerieren, dass sie als Frau fehl am Platze gewesen sei, und stärken das Bild starker militärischer Männlichkeit.

Soldatinnen-Bilder im (Medien-)Einsatz

Betrachtet man die Berichterstattung über die internationalen Truppen in Afghanistan, deutet sich ein Wandel des Soldatinnen-Bildes an. Zunächst fällt eine Änderung der Begrifflichkeit auf: Zahlreiche Medien benennen, wenn es um die Truppen im Allgemeinen geht, „Soldatinnen und Soldaten“ oder sogar „SoldatInnen“. Einzelne Soldatinnen tauchen aber nach wie vor kaum auf.

Nach einem Anschlag der Taliban auf Bundeswehrtruppen am 28. Mai 2011 wird häufiger erwähnt, dass unter den Verletzten auch eine Soldatin sei. Der Fokus der Berichterstattung liegt aber auf den zwei bei diesem Anschlag getöteten männlichen Soldaten. Auch wenn die verwundete Soldatin in einigen Medien als „Dolmetscherin“ anstatt „Soldatin“ bezeichnet und damit in einem unsoldatischen und kampfesfernen Bereich verortet wird, wird die generelle Gefährdung von Frauen im Militär damit zum öffentlichen Thema. Soldatinnen werden zunehmend mit den Begriffsfeldern Tod und Verwundung in Zusammenhang gebracht, jedoch (noch) weniger direkt mit Kampf und Krieg. Bislang wurde die Gefährdung bzw. die Möglichkeit, dass Soldatinnen im Auslandseinsatz getötet werden könnten, vor allem als ein Argument gegen die Öffnung des Militärs für Frauen nutzbar gemacht. Heute scheint sie die »Normalität« und »Modernität« des Militärs insgesamt zu belegen.

So auch im Dezember 2010, als der damalige Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg mit seiner Ehefrau nach Afghanistan reiste, um den BundeswehrsoldatInnen vor Weihnachten für ihren Einsatz zu danken. Mit dabei: Talkmaster Johannes B. Kerner, der seine Talk-Show diesmal direkt von der Front übertrug. Als Stargast: der Ex-Verteidigungsminister sowie einige der dort stationierten BundeswehrsoldatInnen, davon überproportional viele weibliche. Während die Arbeitsteilung in der Politik geschlechterstereotyp verteilt ist – Karl-Theodor besucht die Soldaten vor Ort »im Schützengraben«, seine Frau weibliche Soldatinnen und ein Lazarett –, scheinen die Soldaten und Soldatinnen gleichberechtigt im Einsatz zu sein und Seite an Seite ihr Leben zu riskieren. Eine der interviewten Soldatinnen – eine Rettungsassistentin – berichtet beispielsweise, wie sie Zeugin eines Angriffs und der Verwundung ihrer Kameraden wurde.

Dass klischeebehaftete Darstellungen von Weiblichkeit keineswegs obsolet sind, zeigt eine Fotostrecke auf stern.de unter dem Titel „Die weibliche Seite des Krieges“. Zu sehen sind Soldatinnen, wie sie sich kämmen, schminken, im Internet surfen etc., mit Bildunterschriften wie z.B. „Wären da nicht die langen Haare und die bunten Herzchen an der Wand, dem Beobachter würde nicht sofort auffallen, dass er sich im Zelt weiblicher Soldaten befindet“.3 »Frau-Sein« schiebt sich hier erneut vor das »Soldat(in)-Sein«. So auch auf der privat von BundeswehrsoldatInnen betriebenen Homepage soldatenglueck.de, die das Foto einer Soldatin im Spiel mit afghanischen Kindern präsentiert, untertitelt mit „Diese Frau Hauptgefreite […] zeigt mit Ihrer Geste im Spiel mit den afghanischen Kindern mehr als tausend Wort sagen können […]“.4

Werbekonzepte des Militärs – mehr Frauen, weniger Probleme?

Einen weiteren Aspekt aktueller Medienbilder von Soldatinnen zeigt die neue Werbekampagne der Bundeswehr. Nachdem im März 2011 die Wehrpflicht ausgesetzt wurde, sind seit Juni 2011 keine Wehrpflichtigen und Zivildienstleistenden mehr im Dienst. Das neue Werbekonzept der Bundeswehr passte sich entsprechend an. Im Kopf des Portals »Karriere Bundeswehr«5 lächeln dem/der WebsurferIn zwei männliche und zwei weibliche SoldatInnen entgegen. Geworben wird für den »Freiwilligen Wehrdienst« unter dem Motto „Pflicht wird zur Chance: Freiwilliger Wehrdienst für junge Frauen und Männer“.

Das Werbekonzept wendet sich gezielt auch an Frauen: Auf nahezu allen Bildern werden uniformierte Männer und Frauen gezeigt, letztere oftmals im Vordergrund. Der Freiwillige Wehrdienst wird präsentiert als ein „Zivildienst in Flecktarn“ (Kleffner 1999), die „Gewalt als Inhalt des Berufs“ wird hier, wie Keller es bereits 2003 anhand der Broschüre »Frauen in der Bundeswehr« beschrieben hat, konsequent für beide Geschlechter verschwiegen. Dass diese Darstellungen nicht in das übliche Repertoire des Berufssoldaten passen, wird aber deutlich, wenn auf den Unterseiten der Homepage soldatische Karrieremöglichkeiten dargestellt werden: Mit höherer Laufbahn werden Frauen nicht mehr spezifisch angesprochen, bildlich werden sie nahezu ausnahmslos im Sanitätsdienst (bzw. als Werberinnen und am Computer) präsentiert. Auf höherer Ebene wird die vergeschlechtlichte Arbeitsteilung des Militärs wieder aufgenommen, nach der Kampf und Krieg ein genuin »männliches« Geschäft sind.

Auf dem Weg zur Soldatin?

„Truppe mit Damenbild“ lautet der Titel einer Studie der Bundeswehr zur „Integration von Frauen in die Bundeswehr“ (Kümmel 2008). Wie die beschriebene Selbstdarstellung der Bundeswehr weist sie darauf hin, dass sich das Frauenbild innerhalb der militärischen Medien, und damit in der Führungsriege der Bundeswehr, durchaus gewandelt hat. Die Studie macht aber auch deutlich, dass dies offenbar nicht innerhalb der gesamten Bundeswehr gilt. Bereits der Titel deutet an: Es gibt die Truppe und die Dame. Nach wie vor kann offenbar nur eins von beiden repräsentiert werden: Frauenbild oder Soldatenbild.

Auch unsere schlaglichtartige Reflexion aktueller Soldatinnen-Bilder in den Medien bekräftigt Kellers Überlegung, dass die Darstellung einer Frau in Uniform nicht zwangsläufig die Darstellung einer Soldatin ist, sondern oftmals die einer »Frau« bleibt, wodurch die »Männlichkeit« des Soldaten bewahrt werden kann. Auf der anderen Seite ist die Soldatin jedoch nicht länger aus dem Militärdiskurs wegzudenken; ihr Auftauchen belegt zunächst einmal die fortschreitende gesellschaftliche Gleichstellung von Frauen und ihr Vordringen in vormals männliche Domänen wie Politik und Militär.

Die Thematisierung gerade von Soldatinnen kann jedoch besondere Funktionen erfüllen, was wiederum auf einen primär symbolischen Status verweist. Insgesamt bleibt das Bild der Soldatin ambivalent, mal (fast) gleichberechtigt im Einsatz, mal Beleg für die Unvereinbarkeit von Militär und Weiblichkeit. Die Soldatin verleiht dem Militär einerseits einen modernen, zivilen, friedlichen Anstrich und eröffnet so ein neues »attraktives« Berufsfeld. Andererseits wird nicht nur der Soldat, sondern immer häufiger auch die Soldatin mit Kampfeinsätzen, Verwundung und Getötet-Werden in Verbindung gebracht. Der Grad, in dem Frauen in der Bundeswehr mit dem männlich kodierten Soldaten-Bild übereinstimmen, variiert dabei von Fall zu Fall.

Auch der Fall Seele ist unterschiedlich lesbar: als Argument gegen die Beteiligung von Frauen in der Bundeswehr, aber auch als ein Argument für eine zukünftige »Zivilisierung« und »Modernisierung« des Militärs als Ganzem gerade durch die Einbeziehung von Frauen. Immerhin setzte die öffentliche Kritik an Druck und Drill als festem Bestandteil militärisch-männlicher Routinen erst dann ein, als eine Frau zu Tode kam. „An der Waffe nicht gleichberechtigt“ titelt die taz auch noch am 31. Januar 2011. Ob diese Gleichberechtigung an der Waffe in irgendeiner Art erstrebenswert ist, ist freilich eine andere Frage.

Literatur

Christine Cnossen (1999): Frauen in Kampftruppen: Ein Beispiel für »Tokenisierung«. In: Christine Eifler und Ruth Seifert (Hrsg.) (1999): Soziale Konstruktionen – Militär und Geschlechterverhältnis. Münster: Westfälisches Dampfboot. S.232-247.

Jörg Keller (2003): Küss´ die Hand gnäd´ge Frau… – oder: Ist die Soldatin möglich? In: Christine Eifler, Ruth Seifert und Heinrich-Böll-Stiftung (Hrsg.) (2003): Gender und Militär. Internationale Erfahrungen mit Frauen und Männern in Streitkräften. Königstein: Ulrike Helmer Verlag. S.248-266.

Heike Kleffner (1999): Zivildienst in Flecktarn. In: Jungle World, 14. April 1999.

Astrid Albrecht-Heide (1997): Die Legende vom saub’ren Soldaten. In: Wissenschaft und Frieden 3/1997.

Gerhard Kümmel (2008): Truppenbild mit Dame. Eine sozialwissenschaftliche Begleituntersuchung zur Integration von Frauen in die Bundeswehr. Strausberg: Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr.

Sylvia Schießer (2001): Die »Soldatin« in den Printmedien der Bundeswehr: Eine inhaltsanalytische Untersuchung. In: Gerhard Kümmel (Hrsg.): The Challenging Continuity of Change and the Military: Female Soldiers – Conflict Resolution – South America. Proceedings of the Interim Conference 2000 of ISA RC 01. Strausberg: Sozialwissenschaftliches Institut der Bundeswehr. S.169-198.

Anmerkungen

1) Vgl. hier und im Folgenden die Pressemeldung der Bundeswehr »Starke Truppe – Immer mehr Frauen entscheiden sich für die Bundeswehr« vom 29.12.2010.

2) »Token« meint »Zeichen« und soll ausdrücken, dass bestimmte Minderheiten in einer Gruppe, z.B. der Bundeswehr, nicht als Individuen und damit als genuine Soldaten, sondern vielmehr als Symbol für die Minderheit und damit als Ausnahme wahrgenommen werden.

3) US-Soldatinnen in Afghanistan. Die weibliche Seite des Krieges; stern.de.

4) Deutsche Soldatin in Afghanistan. Auf soldatenglueck.de online gestellt am 15. Juni 2010.

5) mil.bundeswehr-karriere.de/portal/a/milkarriere.

Torsten Bewernitz hat im Sommer 2010 seine Promotion mit dem Thema „Konstruktionen für den Krieg? Die Darstellung von »Nation« und »Geschlecht« während des Kosovo-Konflikts 1999 in den deutschen Printmedien“ am Münsteraner Institut für Politikwissenschaft abgeschlossen. Die Arbeit ist im Verlag Westfälisches Dampfboot erschienen. Andrea Nachtigall lehrt an verschiedenen Berliner Hochschulen und ist zurzeit Gastdozentin an der Katholischen Hochschule für Sozialwesen Berlin. Ihre Promotion hat sie am Otto-Suhr-Institut für Politikwissenschaft der Freien Universität Berlin abgeschlossen; Titel der Arbeit: „Konstruktionen von Geschlecht im ‚Krieg gegen den Terror‘. Eine Analyse deutscher Printmedien nach dem 11. September 2001“.

Machtpolitik und kostspielige Verantwortungsrhetorik

Machtpolitik und kostspielige Verantwortungsrhetorik

von Jürgen Wagner

Die Bundeswehr steht am Anfang eines radikalen Umbaus, und der erfolgt vor dem Hintergrund einer Debatte, die sich in jüngster Zeit auf atemberaubende Weise verschoben hat: der Frage nämlich, zu welchem Zweck die Truppe in Auslandseinsätze geschickt werden müsse bzw. dürfe. Noch Ende Mai 2010 musste der damalige Bundespräsident Horst Köhler seinen Hut nehmen, weil er die Auffassung vertrat, dass ein „militärischer Einsatz notwendig ist, um unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege“.

Ziemlich genau ein Jahr später heißt es in den von Verteidigungsminister Thomas de Maizière am 18. Mai 2011 erlassenen Verteidigungspolitischen Richtlinien wie selbstverständlich, eine wesentliche Aufgabe sei es, „einen freien und ungehinderten Welthandel sowie den freien Zugang zur Hohen See und zu natürlichen Ressourcen zu ermöglichen.“ Auf Zeit Online (18. Mai 2011) begrüßte Jörg Lau diese Passage, die eine Verschärfung gegenüber dem Weißbuch der Bundeswehr aus dem Jahr 2006 darstelle, mit folgenden Worten: „Das ist eine deutliche Akzentverschiebung. […] Das ist kurz und knapp genau das, was Köhler angedeutet hat. De Maizière in seiner besonnen, ruhigen Art nimmt man ab, was einen Köhler den Kopf kostet.“

Doch es kommt noch besser! In seiner ebenfalls am 18. Mai gehaltenen Rede zur Neuausrichtung der Bundeswehr betonte de Maizière, Deutschland solle Kriege nicht nur für allzu eng verstandene Interessen führen. Der „Einsatz von Soldaten“ könne auch dann erforderlich sein, „wenn keine unmittelbaren Interessen Deutschlands erkennbar sind. Für andere demokratische Nationen ist so etwas längst als Teil internationaler Verantwortung selbstverständlich. Wohlstand erfordert Verantwortung.“ Diese Passage ist eine klare Ansage an diejenigen – vor allem an Außenminister Guido Westerwelle –, die eine deutsche Beteiligung am Krieg gegen Libyen abgelehnt hatten: „De Maizière sagt kein einziges Wort zu der Libyen-Entscheidung, aber die Richtlinien und seine Rede sind nach meinem Eindruck eine scharfe Kurskorrektur – oder sagen wir: der Versuch deutlich zu machen, dass Deutschland sich nicht dauerhaft auf den Kurs des Raushaltens um jeden Preis festlegt, für den der Außenminister steht“, so der Kommentar von Jörg Lau.

Doch diese Verantwortungsrhetorik ist keineswegs so altruistisch, wie sie gerne erscheinen möchte, wie etwa Gunther Hellmann ausführt. In einem Beitrag für die Internationale Politik, nach eigenem Bekunden „Deutschlands führende außenpolitische Zeitschrift“, fasste er die machtpolitischen Hintergründe folgendermaßen zusammen: „Deutschland, so heißt es, hat »Führungsverantwortung« zu übernehmen. Eine »Kultur der Zurückhaltung«, wie sie in Bonner Zeiten verstanden wurde, ist mit einer derart gewachsenen außenpolitischen »Verantwortung« nicht mehr vereinbar, sei es im Kontext der EU oder in Afghanistan. […] Berlin sagt »Verantwortung übernehmen«, meint aber »Macht ausüben«.“

In diesem Sinne äußerte sich der CDU-Vordenker Karl Lamers bereits Anfang der 1990er Jahre: „[Die] Teilnahme an internationalen Militäraktionen [ist] eine notwendige Voraussetzung für deutschen Einfluss in der Weltpolitik.“ Der SPD-Verteidigungsexperte Rainer Arnold wiederum erklärte folgendermaßen, weshalb die Bundeswehr in Afghanistan kämpfe: „Wir wollen in den internationalen Gremien mitreden und das bringt Verpflichtungen mit sich. Friedenssicherung, Stabilität und Wahrung von Menschenrechten gehört in unseren Verantwortungsbereich.“ Bündig zusammengefasst: Wer nicht mitkämpft, hat auf der Weltbühne auch nichts mitzureden. Diese Sichtweise hat sich in die Köpfe deutscher Entscheidungsträger inzwischen tief eingefressen. Und weil dem so ist, zielt die Bundeswehr-Reform vor allem darauf, den Anteil gleichzeitig in Auslandseinsätze entsendbarer Soldaten zu vergrößern. Von drastischen Einsparungen, die ursprünglich offiziell den Anstoß zur Bundeswehr-Reform gaben, will deshalb inzwischen kaum jemand mehr etwas wissen.

Aus diesem Grund einigten sich Thomas de Maizière und Finanzminister Wolfgang Schäuble auf diverse »Entlastungen«, deren Details am 6. Juli 2011 vom Tagesspiegel veröffentlicht wurden. Allein schon die bereits unter zu Guttenberg vereinbarte Streckung der Sparvorgabe um ein Jahr hat erhebliche Auswirkungen: „Das klingt nach wenig, führt aber dazu, dass der Verteidigungshaushalt von heute nominal 31,5 Milliarden Euro bis 2015 nur auf 30,4 Milliarden sinkt – die alte Zielmarke 2014 hätte zu nominal 27,6 Milliarden Euro geführt.“ Außerdem berichtet die Zeitung, der Stellenabbau der Bundeswehr werde künftig mit jährlich bis zu einer Mrd. Euro sowie die Gehälter für »erfolgreich« angeworbene Freiwillige mit bis zu 300 Mio. Euro im Jahr aus dem allgemeinen Haushalt querfinanziert. Im Extremfall könnte sich der tatsächliche Bundeswehr-Haushalt im Jahr 2015 also auf 31,7 Milliarden Euro belaufen, mehr als heute und fast vier Milliarden über dem Haushalt des Jahres 2006!

Man lässt es sich – bzw. vor allem die Sozialhaushalte – also einiges kosten, dass Deutschland auch künftig seiner Verantwortungsrhetorik gerecht werden kann, hinter der sich nackte machtpolitische Ambitionen verbergen.

Jürgen Wagner

Militärische Gewalt

Militärische Gewalt

Ihre Normalisierung als Produkt multipler Denormalisierung

von Siegfried Jäger

Gesellschaftliche Veränderungen drücken sich immer auch in Veränderungen des verwendeten Vokabulars und der Begründungszusammenhänge aus. Das Feld des Sagbaren hat sich auch in der Militärpolitik der Bundesrepublik beträchtlich verschoben.

Normalerweise bedarf es eines längeren und oft Jahrzehnte langen diskursiven Vorlaufs, wenn ein wichtiges Essential der Verfassung gegenstandslos gemacht werden soll, wie etwa der Umbau der Bundeswehr von der Verteidigungsarmee zur Angriffsarmee und ihre Umrüstung zur Kriegsarmee, die für Blitzkriege und kriegerische so genannte out-of-area-Einsätze aller Art in aller Welt geeignet ist. Bereits im Juli 1992 meinte der damalige Verteidigungsminister Volker Rühe in einem Spiegel-Gespräch sinngemäß: Schön, dass deutsche Soldaten nun auch als Blauhelme agieren könnten, was ja ein erster Schritt in Richtung Angriffsarmee sei; der von ihm gewünschte Umbau zu einer Armee, die out-of-area operieren könnte, bedürfe aber eines langen Atems, da die Bevölkerung diese Erblast des Nazireiches nicht so schnell hinzunehmen bereit sei.1

Und fast 20 Jahre hat es auch gedauert, bis dieses Ziel nach Durchlauf vieler Etappen und mancher diskursiver Kämpfe erreicht wurde. Das ist zwar nicht ohne Qualen und Querelen abgegangen und hat sogar einen Bundespräsidenten das Amt gekostet, doch jetzt, nachdem Horst Köhler auch die ökonomischen Interessen, die mit deutschen Auslandeinsätzen zu wahren seien, ins Feld geführt hatte und deshalb heftigst gescholten wurde und wenig später der damals amtierende Kriegsminister zu Guttenberg völlig offen und ungeschützt dasselbe sagte und damit völlig ungeschoren davonkam, ohne auch nur ein wenig Qualm oder gar Gegenfeuer zu provozieren, ist die Wahrung deutscher ökonomischer Interessen aus dem Diskurs eliminiert und durch andere, bedeutend »ehren«vollere konservative deutsche Interessen ersetzt worden, die der Mottenkiste des unseligen deutschen Militarismus von vor 1945 entsprungen zu sein scheinen. Was diesen zwar zu erwartenden, in seiner Konsequenz dennoch überraschenden Diskurswandel ermöglicht oder doch beschleunigt hat, dürfte auch mit der keineswegs bewältigten Wirtschafts- und Finanzkrise von 2008 ff. und anderen Denormalisierungen zu tun haben, primär aber als Effekt einer Verschränkung von militaristischem und ökonomischem Diskurs (und auch anderen Diskursen und manifesten Denormalisierungen) zu verstehen sein.2 In dieser Situation multipler Denormalisierungen konnte Guttenberg offen verkünden, was wenig zuvor noch nicht ungestraft sagbar war.

Man könnte auch sagen, was Köhler seinen Rücktritt wert war oder ihn den präsidialen Kopf kostete, ist zur alltäglichen Wahrheit oder doch zur Selbstverständlichkeit mutiert, über die kein Hahn mehr kräht. Ist das diskursiver fauler Zauber, der gegen alle Regeln der normalen Überwältigung auch noch grundgesetzlich verankerter und historisch zutiefst begründeter Diskurse verstößt? Wie erklärt sich dieses diskursive Wunder, wie ist dieser ungeheuerliche Normalisierungsschub, der Nicht-Normales als völlig normal erscheinen lässt, möglich geworden?

Schauen wir uns zunächst einmal das Personal an, das diesen Normalisierungsschub repräsentiert. Da ist zum einen Guttenbergs auf den ersten Blick seriöser auftretender und medial nüchtern agierender Nachfolger, Thomas de Maizière, Sohn des ehemaligen Generalinspektors der Bundeswehr (von 1966-1972) Ulrich de Maizière, zu nennen. Dieser hütet sich davor, offen von ökonomischen Interessen zu sprechen. Das muss er auch nicht mehr, denn das ist diskursiv »durch«, Schnee von gestern und nicht mal mehr ein schlafender Hund, den man nicht wecken sollte. Offenbar schläft dieser Hund nicht nur, sondern er ist mausetot. Es gibt ihn nicht mehr. De Maizière ist zum Sprachrohr eines militaristischen Diskurses geworden, der seit ehedem in konservativen Kreisen rumort, und er konnte zu diesem Sprachrohr werden, weil er nicht wie Guttenberg den eleganten aber unseriös wirkenden Zappelhans spielt, sondern den bedächtigen und abwägenden Rhetor, der das globale deutsche Interesse Deutschlands im Auge hat, und dies ist vor allem ein wirtschaftliches Interesse. Er ist somit nicht der Zauberlehrling, der das Wunder vollbringt und der keine Geister beschwören muss, die er vielleicht nicht mehr los werden kann (wie dies etwa Köhler passiert ist), und der sich auch nicht als wissenschaftlicher Schwindler und Betrüger (wie Günter Grass ihn nennt3) desavouiert hat. Sein Auftreten ist eher väterlich, eher jovial, und er hat ein Herz für die kleinen Leute, die da in den Kampf geschickt werden. Beruhigend gibt er ihnen auf ihrem Weg in die Kämpfe zu verstehen: „Töten und Sterben gehören dazu.“4 Soldaten sind halt von Beruf Mörder und, wenn sie Pech haben, Helden zugleich. Der Minister sieht den pädagogischen Wert des Umgangs mit den Kriegs-Instrumenten: „Wer aber lernt, eine Handgranate in der Hand zu halten und den Abzugsring zu ziehen, der geht später auch verantwortungsvoller mit dem Thema Gewalt um.“ Und sinniger- und schlichterweise: Er lässt sich nicht von Computerspielen zu einem verantwortungslosen Umgang mit Waffen verführen.

Lassen wir das! Die Armee als Schule der Nation? Das hatten wir ja schon. Dies garstig Lied ist bekannt und soll hier nicht weiter ausgebreitet werden. Auch wenn es typisch ist für den militarisierenden Diskurs, der den Kampf und den Krieg mit zu legitimieren versucht. Überhöht wird das nun aber noch durch de Maizières Angebot an die zu werbenden und auszubildenden harten Krieger: erstens durch gutes Geld, 19-Jährige sollen an die 1000 Euro netto verdienen, zweitens durch eine „attraktive Zeit“ bei der Bundeswehr, aber besonders durch etwas Drittes, einen darüber hinausgehenden Mehrwert, den er mit dem „Begriff der Ehre“ und dem Gefühl des Dienens in Verbindung bringen möchte. Dieser Mehrwert stellt sich nach de Maizière ein, wenn man etwas für den Staat tut, „für Freiheit und Frieden in Deutschland und in der Welt“. De Maizière beklagt nämlich: „Wir Deutschen verbinden mit Ehre und auch Dienen zu oft etwas Schwerblütiges. Etwas, das drückt. Wer dient, hat hängende Schultern oder Mundwinkel. Ich will versuchen, diesen Begriffen einen neuen Resonanzboden zu geben, ein breiteres Spektrum. Dienen ist nobel und ehrenhaft, aber es kann einfach auch Freude machen und das Selbstbewusstsein stärken.“ Ob das noch oder wieder nötig sein wird, dürfte angezweifelt werden können. De Maizière kann einfach auf das zurückgreifen, was vielen unserer Väter auch heute noch klar ist. Denn, wie es im Rat eines Vaters an einen deutschen Jungen in Afghanistan heißt: „Mach es wie ich auf der Jagd. Der Kopfschuss ist auf kurze Distanz das Beste. Deine Ehre heißt Treue. Vergiss das nie!!“ 5

Angesprochen auf den desolaten und aussichtslosen Krieg in Afghanistan und den Tod deutscher Soldaten sowie auf den ausbleibenden deutschen Abzugsplan, geht aber de Maizière nicht von der Fahne und vertraut der alten Doppelstrategie: „Eine zeitweilige militärische Verstärkung, um die Taliban wirksamer zurückzudrängen und zu bekämpfen, und einen politischen Ansatz zur Übergabe der Verantwortung für die Sicherheit an die Afghanen.“ Und er beharrt: „Diese Strategie ist auf dem richtigen Weg.“ Angesprochen auf die abweichende Option der USA reagiert de Maizière zwar leicht verunsichert, doch mit deutscher Sturheit: Auf die Frage der SZ: „Sie haben jüngst gesagt, Wohlstand verpflichtet. Heißt das: Mehr Einsätze für die Bundeswehr?“, antwortet er „Ich erwarte, dass es zunächst keine Abstriche bei den Kernfähigkeiten gibt.“ Die entstehende Lücke in der Front lässt sich ja schließen: durch die deutschen Jungs, die bereit sind, zu töten und zu sterben.

Nun sind das keine Tagträume eines Mannes, der sich nicht von der Lektüre von Ernst Jüngers armee- und kriegsverherrlichenden Auslassungen frei machen kann, also dummes Zeug, das auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen gehört, sondern Ausdruck einer konservativen Restauration oder vielleicht auch Revolution, die die deutsche Politik und ihren Anspruch auf Demokratie insgesamt zu beherrschen begonnen hat.6 De Maizière ist ja nicht ein beliebiger alter Haudegen, der seine privaten Ansichten zum Besten geben möchte, sondern prominentes Mitglied einer Regierung, der mit dem, was er sagt, auch deren Sprachrohr ist. Dabei geht es nicht allein um völkisch-militaristische Wahnvorstellungen, sondern – aus de Maizières Mund – um den Standort Deutschland und um Deutschlands Rolle in der Welt und um Wirtschaftsmacht, die umso stärker geschützt und entwickelt werden muss, je tiefer die Krise ist. Woran Köhler noch gescheitert ist, was Guttenberg bereits forsch hinausposaunen konnte, umschreibt der »nüchterne Minister« der Verteidigung deutscher Interessen in der Welt zwar etwas kryptisch, aber deutlich: „Deutschland ist mit der Einheit erwachsen geworden. Wir können keine Sonderrolle mehr beanspruchen, sondern müssen wie andere auch internationale Verantwortung übernehmen. Wir haben jetzt knapp 7000 Soldaten im Einsatz. Wir wollen die Zahl der Soldaten, die wir der internationalen Völkergemeinschaft anbieten können, auf 10000 erhöhen, weil wir künftig von den Vereinten Nationen absehbar stärker gefragt sein werden.“ Wenn Klaus Naumann die Perspektive des Umbaus der Bundeswehr, „nun endgültig zur interventionsfähigen Streitmacht“ zu werden, als Schwarzmalerei der Linkspartei oder einiger ihrer Anhänger abtut, kann man sich nur noch an den Kopf fassen.7 Da ist schon ein wenig mehr an analytischer Kompetenz ins Spiel zu bringen als sich allein auf das Verhältnis von Bundeswehr und Gesellschaft allgemein zu kaprizieren. Es geht nicht allein und keineswegs in erster Linie um den Umbau der Bundeswehr, und hier geht es auch nicht nur um ein paar technische Probleme, sondern um den Umbau der gesamten deutschen Gesellschaft.

Anmerkungen

1) Der Spiegel vom 20.7.1992. Wenig später geht Rühe aber schon einen Schritt weiter: „Ich kann mich bestimmten Maßnahmen nicht verschließen.“ Aber auch noch grundgesetzgemäß: „Für Deutschland bleibt es bei seinen von der Geschichte vorgegebenen Begrenzungen.“ (Der Spiegel vom 21.12.1992) Der Diskurs weicht sich bereits etwas auf, orientiert sich letzten Endes aber noch klar am Grundgesetz. Rühe antizipiert, wie sich der militaristische Diskurs in Deutschland entwickeln wird und sich bis heute auch entwickelt hat. Das ist jedoch nicht der Person Volker Rühes zu »verdanken«, der, wie heute de Maizière, nur Sprachrohr eines politischen Diskurses ist, an dem unter Federführung viele konservativer Politiker die gesamte medio-politische Klasse mitstrickt.

2) Wir haben es mit einem diskursiven Gewimmel zu tun, aus dem heraus sich jedoch dominantere Diskurse herauskristallisieren konnten. Im Endeffekt hat eine Normalisierung eines militanten Kriegsdiskurses stattgefunden. Zum Problem der Normalisierung vgl. Jürgen Link: Versuch über den Normalismus. Wie Normalität produziert wird. 3., ergänzte, überarbeitete und neu gestaltete Aufl., Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 2006. Um ein etwas willkürliches Beispiel aus einem schriftstellerischen Diskurs zu nennen, sei auf Martin Walsers Loblied: »Schlageter. Eine deutsche Verlegenheit« hingewiesen, in: Martin Walser: Heilige Brocken. Aufsätze – Prosa – Gedichte. Weingarten: Drumlin-Verlag. 1986, S.111-124. Hier wird ein extrem rechter Soldat gefeiert, der »ein Reiner« gewesen sei. Schlageter spricht vom Krieg als etwas, „in dem Gott die Besten und Tüchtigsten als Opfer fordert“ (zitiert nach ebd., S.115). Könnte dies de Maizière als Pflichtlektüre für junge Soldaten vorschweben, als der neue Resonanzboden für ein neues Verständnis von soldatischer Ehre?

3) Günter Grass: Die Steine des Sisyphos. Süddeutsche Zeitung vom 4.7.2011, S.11.

4) Die im Folgenden nicht sonderlich gekennzeichneten Zitate entstammen einem Interview mit de Mazière, das am 29.6.2011 an prominenter Stelle in der Süddeutschen Zeitung erschienen ist.

5) Zitiert aus der Reportage »Zwei von 4397« in der Süddeutschen Zeitung vom 12./13 Juni 2010.

6) Das geschieht nur scheinbar hinter dem Rücken der Kanzlerin, die allerdings die Unbeteiligte spielt. Vgl. dazu Klaus Naumann: Ohne Strategie und Leitbild. Die neue deutsche Berufsarmee. In: Blätter für deutsche und internationale Politik 7/2011, S.68-76. Naumann weiß auch: „Hier ist mehr gefragt als Ressortkompetenz“ (ebd., S.69). Das Ressort ist nur ein Element eines weit darüber hinausgehenden politischen Konzepts, das dieses allerdings insgesamt repräsentiert und, wenn auch zum gegenwärtigen Zeitpunkt vielleicht eher zufällig, stark macht.

7) Naumann, ebd., S.71. Grass dürfte wohl kaum der Partei der Linken zuzurechnen sein, obwohl er schreibt, „die gegenwärtigen Ermüdungs- und Zerfallserscheinungen im Gefüge unseres Staates bieten Anlass genug, ernsthaft daran zu zweifeln, ob unsere Verfassung noch hält, was sie verspricht, …nicht zuletzt der Würgegriff der Banken machen aus meiner Sicht die Notwendigkeit vordringlich, etwas bislang Unaussprechliches zu tun, nämlich die Systemfrage zu stellen“ (siehe. Anm. 3).

Prof. Dr. Siegfried Jäger lehrte an der Universität Duisburg/Essen Sprachwissenschaft und Diskursanalyse und leitet das Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung (DISS).

„Vom Einsatz her denken“

„Vom Einsatz her denken“

Oder: Wie die Bundeswehr für Globalinterventionen fit gemacht werden soll

von Paul Schäfer

Am 1. Januar 2011 wurden zum (vorläufig) letzten Mal Grundwehrdienstleistende einberufen. Zum 1. Juli des Jahres endet damit die Wehrpflicht, die das System des »Bürgers in Uniform« in der Bundeswehr gewährleisten sollte. Zwar wurde die Wehrpflicht nicht aus dem Grundgesetz gestrichen, sondern nur ausgesetzt; dennoch ist ihr Ende Zeichen für erhebliche Änderungen im deutschen Militär. Paul Schäfer beschreibt den Kontext der Bundeswehrreform, warum sie in die falsche Richtung geht und was eigentlich getan werden müsste.

Der Bundesminister der Verteidigung, Freiherr zu Guttenberg, will den Streitkräften eine Reform an Haupt und Gliedern verpassen. Nicht dass Transformation für die Bundeswehr ein Fremdwort wäre. Ihr wurden in den letzten beiden Dekaden beständig Veränderungen verordnet. Auch die Zielrichtung ist nicht neu. Die Bundeswehr versteht sich längst als »Armee im Einsatz« und ist ganz auf Auslandseinsätze ausgerichtet. Aber jetzt soll die Bundeswehr noch effektiver, noch rationeller, noch konsequenter auf diese Aufgabe hin konditioniert werden. Mit diesem »historischen« Reformwerk möchte zu Guttenberg in die Annalen der Geschichte eingehen; es soll ebenso mit seinem Namen verknüpft werden wie neue Verteidigungspolitische Richtlinien und ein neues Weißbuch zur Sicherheitspolitik. Beide Dokumente sind bereits angekündigt.

Dass ausgerechnet ein CSU-Minister das Bundesverteidigungsministerium (BMVg) nahezu halbieren und die Wehrpflicht aussetzen würde, klingt in der Tat fast schon revolutionär. Ohne die Haushaltskrise, also den stummen Zwang der ökonomischen Verhältnisse, wäre das nicht möglich gewesen. Plötzlich werden im konservativen Milieu Argumente gegen die Wehrpflicht hoffähig, die zuvor notorisch und stupide abgewehrt wurden. Aber auch in dieser Hinsicht hat sich schließlich nur die Logik moderner Kriegsführung durchgesetzt. Und die besagt: Für die heutigen High-Tech-Armeen wird viel weniger Personal gebraucht, nötig sind vor allem Kriegführungs-Spezialisten und keine im Schnelldurchlauf ausgebildeten Rekruten. Der Wehrdienst soll ersetzt werden durch einen 15 bis 24 Monate dauernden »freiwilligen Militärdienst«, für den nach dem vorliegenden Entwurf eines Wehrrechtsänderungsgesetzes 15.000 Plätze vorgehalten werden sollen. Dass diese neuen Gefreiten auch im Ausland eingesetzt werden, versteht sich von selbst.

Minister zu Guttenberg hat neben einschneidenden Strukturreformen kräftige Kürzungen beim Wehretat angekündigt. Die ihm zugetanen Medien haben ihn dafür prompt als Spar- und Abrüstungsminister gefeiert. Aber schließlich musste die Katze doch aus dem Sack gelassen werden und der Minister verkünden, dass die Sparvorgabe der Bundesregierung nicht eingehalten werden kann. Bis 2013 sollte der Wehretat eigentlich einen Konsolidierungsbeitrag von 8,4 Mrd. Euro erbringen. Ab diesem Zeitpunkt sollte der Plafond des betreffenden Einzelplans 14 von 31,5 (2011) auf 27,6 Mrd. Euro (2014) abgesenkt werden. Daraus wird nichts. Der Minister der Verteidigung hatte es in der Debatte zum Haushalt 2011 bereits angedeutet: Wenn die Politik eine Zielgröße von 185.000 Soldatinnen und Soldaten – gegenüber einem Ist-Stand von knapp 250.000 Soldatinnen und Soldaten – beschließen sollte, dann müsse das auch bezahlt werden. Und Insider hatten schon vorher darauf hingewiesen, dass sich die vollmundigen Verlautbarungen von Guttenbergs als Spar- und Abrüstungsminister in heiße Luft auflösen würden, wenn der Personalumfang der Bundeswehr nicht kräftig abgebaut würde. Zu Guttenberg hatte sich vom Generalinspekteur der Streitkräfte, General Wieker, verschiedene Optionen vorrechnen lassen und dabei das Modell favorisiert, das 163.000 Soldaten als Mindestgröße vorsah. Aber es war schnell klar, dass der Preis der Wehrpflicht-Aussetzung innerhalb der Unionsparteien eine Anhebung des Personalbestands gegenüber dieser Zielgröße sein würde. Auch die FDP nannte 190.000 als Zielzahl. Die SPD beharrte zu diesem Zeitpunkt noch auf einem Personalumfang von mindestens 200.000 und riet dem Minister, sich dem »Spardiktat« der Kanzlerin zu widersetzen.

Als dann noch die vom Minister eingesetzte Strukturkommission unter der Leitung des Chefs der Bundesagentur für Arbeit, Dr. Hans-Jürgen Weise, in dieser Größenordnung angelangt war, galt es als ausgemacht, dass die künftige Bundeswehr über einen Umfang von etwa 185.000 Soldatinnen und Soldaten verfügen wird. Genau so hat es das Kabinett am 9.12.2010 auch beschlossen. Interessant in diesem Zusammenhang, dass die Weise-Kommission für diese Richtgröße vor allem auf den eher symbolischen Aspekt der internationalen Machtkonkurrenz rekurriert. Um sich im Vergleich zu Großbritannien, Frankreich und Anderen zu behaupten, müssten die deutschen Streitkräfte über diesen Umfang verfügen.

Da man ab dem 1. Juli 2011 die Wehrpflicht aussetzen will, entfallen bereits 55.000 Dienstposten. D.h. im Klartext, dass bei einem Richtwert von 170.000 (185.000 minus der zukünftig 15.000 freiwilligen Dienstleistenden) die Zahl der Berufs- und der Zeitsoldaten nur noch in bescheidenem Umfang zurückgehen wird (von 195.000 auf 170.000). Die Vorgabe des Kabinettsbeschlusses vom Juni 2010 sah noch eine Reduzierung um bis zu 40.000 Berufs- und Zeitsoldaten vor. Dass heißt aber auch, dass die Einsparungen deutlich geringer ausfallen, als vorgesehen. Die Wehrpflichtigen waren ohnehin zu einem günstigen Tarif zu haben, ihr Wegfall führt maximal zu Ausgabenreduzierungen von 1,4 Mrd. Euro. Zugleich muss dieser Schritt kompensiert werden, indem Dienstposten, die vorher von Rekruten ausgefüllt wurden, jetzt von höher dotierten Zeitsoldaten besetzt werden müssen. Die erschwerte Nachwuchsrekrutierung muss zudem nicht nur durch mehr Werbung, sondern auch durch eine attraktivere Ausstattung der Arbeitsplätze beim Bund aufgefangen werden. Diese Art der »Anschubfinanzierung« hat ihren Preis. Daher also jetzt die Wendung, dass zwar das Spargebot »um der kommenden Generationen willen« weiter kategorisch gelten soll, aber leider bestimmte Bereiche ausgeklammert werden müssen – zum Beispiel das Militär.

Effektiverung und Rationalisierung

Dass es bei solchen bürokratischen Großapparaten, wie dem Ministerium auf der Hardthöhe oder den Wehrbeschaffungsbehörden, beträchtliche Rationalisierungspotenziale gibt, liegt auf der Hand. Außerdem: Militärs neigen ihrem Worst Case-Denken folgend dazu, Mensch und Material für alle nur erdenklichen Einsatzfälle vorzuhalten. Mit anderen Worten: Die Bundeswehr hat in grauer Vorzeit Waffensysteme in großzügiger Stückzahl bestellt, die dann mit Zeitverzug, kräftig preisgesteigert und technologisch nachzurüstend, von der Industrie geliefert wurden. Hier endlich einmal »aufzuräumen« erscheint zu Guttenberg, der sich ja gerne als unkonventioneller Machertyp inszeniert, als der richtige Mann zur richtigen Zeit am richtigen Ort.

Die Zielrichtung seiner Strukturreformen ist unschwer zu erkennen. Es geht um

die Effektivierung der Führungsstrukturen: Die Auflösung von Redundanzen in diesem »Wasserkopf BMVg«, die Ausgliederung überdimensionierter Führungsstäbe aus dem Ministerium, ist hierbei nur von sekundärer Bedeutung. Zentraler ist, dass das Einsatzführungskommando in Potsdam und der Einsatzführungsstab des Generalsinspekteurs zusammengelegt werden. Und die Inspekteure der Teilstreitkräfte sollen in allen Belangen dem Generalinspekteur unterstellt werden. Durch diese Maßnahmen soll der Generalinspekteur in eine stärkere Stellung gebracht werden; das erleichtert und beschleunigt Einsatzentscheidungen.

die Rationalisierung des Beschaffungswesens: Ob jedoch durch die Ersetzung des beamtengeprägten Bundesamtes für Wehrbeschaffung durch eine »moderne Beschaffungsagentur« die intendierte stärkere Kontrolle gegenüber der Rüstungswirtschaft gelingen wird, sei dahingestellt. Ohne die vorhandenen Monopolstrukturen in der kapitalistischen Rüstungswirtschaft aufzubrechen, wird die Drosselung der Gewinnmargen eher ein frommer Wunsch bleiben. Zumal die vorherrschenden Akteure in diesem Milieu ja auf „Topmanagementdialog“ (so die Weise-Kommission), also auf friedliches Miteinander und nicht auf Konflikt ausgerichtet sind.

die stärkere Anpassung der Rüstungsprojekte an heutige und voraussehbare militärische Notwendigkeiten: Das impliziert, dass die Stückzahlen bei einigen Großprojekten – wie dem Transportflugzeug A400M oder dem Eurofighter – verringert werden. Diese überfällige Anpassung, die in der Tat in die Verwertungsbedingungen des Rüstungskapitals einschneidet, wird andererseits dazu führen, dass diese Unternehmen ihre Waffenausfuhren in den Rest der Welt verstärken wollen. Die Weise-Kommission hat an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass nationale Rüstungsexportrichtlinien europäischen Standards angeglichen werden sollten. Passend dazu liegt eine EU-Richtlinie vor, die eine solche Harmonisierung im EU-Rahmen auf niedrigerem Niveau vorsieht. Deutschland könnte danach seine Rolle als Top-3-Waffenhändler auf der Welt sogar noch ausbauen.

die stärkere Unterordnung der Zivilverwaltung unter die militärischen Obliegenheiten und Erfordernisse: Diese Schwächung der unter Artikel 87b GG eingerichteten »zivilen Säule« hat Folgen. Auch hier wird ein Gegengewicht gegen eine auf Kampf ausgerichtete Interventionsarmee aus dem Weg geräumt und der Bundeswehr ein Stück Zivilität genommen, die sie bis heute immer noch auszeichnet.

Weniger Soldaten – mehr Einsatzkräfte

Durch diese kurz skizzierte, sehr systematisch angelegte Strukturreform soll der Weg frei werden für eine Armee, die mit einem reduzierten Personalumfang mehr Soldaten in Auslandseinsätze schicken kann. Die neue Bundeswehr soll statt bisher 7.000 künftig 10.000 Soldaten für einen längeren Auslandseinsatz (»Durchhaltefähigkeit«) bereitstellen können; diese Kontingente sollen zugleich top ausgerüstet sein. Insgesamt sollen für Auslandseinsätze 15.000 Mann zur Verfügung stehen. Wie diese Rechnung – mehr Einsatzsoldaten bei geringerem Personalbestand – aufgehen soll, bleibt bislang offen. Es steht zu fürchten, dass sich der bisherige Trend fortsetzt: Die bisherige viermonatige Verweildauer im Einsatzgebiet (»Stehzeit«) wird mehr und mehr durch eine sechs Monate währende Einsatzdauer ersetzt. Die Konsequenzen für die Beteiligten sind erheblich. Schon heute ist bei den länger eingesetzten Spezialisten zu beobachten, dass sich deren Lebensverhältnisse negativ verändern. Die Scheidungsrate bei einigen Gruppen liegt bei ca. 80% (!). Daraus entwickeln sich dann die sog. Einsatzjunkies, die sich ständig wieder verpflichten, um dem unbewältigten Heimatalltag zu entfliehen.

An welche Einsätze ist künftig gedacht? Es geht nahezu ausschließlich um die Fortsetzung der NATO- und EU-Missionen bisherigen Zuschnitts. Wer erwartet hat, dass man vor einer solchen Reform eine kritische Bilanz der bisherigen Einsätze vorgenommen hätte, um daraus Schlüsse für die Zukunft abzuleiten, sieht sich getäuscht. »Durchwursteln« ist hier angesagt. Dabei ist unverkennbar, dass die im letzten Jahrzehnt des 20. Jahrhunderts aufgekommene Interventionseuphorie durch die Kriegserfahrungen im Irak und in Afghanistan verblasst ist. „Pointiert gesagt, könnte man den Afghanistan-Einsatz von 2001 auf dem Scheitel- und Wendepunkt eines Interventionskonzepts verorten, das seit den neunziger Jahren vorbereitet wurde, um dann zunehmend in die Kritik zu geraten.“ (Klaus Naumann) Nicht zuletzt die schwindende Akzeptanz solcher „Transformationskriege“ (K. Naumann) in den westlichen Gesellschaften hat die Vorstellungen einer sich auf militärische Gewalt stützenden Nationen- bzw. Staatsbildung mehr als fragwürdig werden lassen.

Es bleibt insoweit unklar, für welche künftigen Einsatzszenarien noch größere Bundeswehr-Kontingente bereitgehalten werden sollen. Zumal selbst die Interventionsbefürworter von einem deutlich reduzierten Engagement auf dem Balkan und dem schrittweisen Abzug aus Afghanistan ausgehen.

Die Militärallianz NATO unterstreicht mit ihrem neuen strategischen Konzept ihren quasi weltpolizeilichen Anspruch und will sich für alle erdenklichen Herausforderungen der westlich-kapitalistischen Staaten wappnen. Dabei reicht die Skala von der Abwehr »illegaler« Flüchtlingsströme über die Sicherung der Handelswege und Rohstoffressourcen, dem CyberWar, der manchen bereits als Bündnisfall der Zukunft gilt, bis zu den militärischen Bedrohungen durch neu aufkommende Mächte wie China oder den Iran. Das ist auch die Grundlage der Bundeswehrplanung.

Für eine besondere Zuspitzung hat in jüngerer Zeit der deutsche Verteidigungsminister gesorgt, als er insbesondere die Durchsetzung von wirtschaftlichen Interessen unseres Landes mit dem künftigen Auftrag der Streitkräfte verknüpft hat. Noch ist nicht entschieden, ob sich für ein solches Zurück ins imperialistische Zeitalter des ausgehenden 19. Jahrhunderts eine Bevölkerungsmehrheit finden lässt. An den Instrumenten für eine solche Hegemonialpolitik wird derweil mittels Bundeswehrreform geschmiedet.

Streitkräfte defensiv ausrichten – abrüsten

Aus friedenspolitischer Sicht ist diese Bundeswehrreform strikt abzulehnen. Die Bilanz der bisherigen Einsätze legt eher eine andere Reform nahe:

Der ursprüngliche Grundgesetz-Auftrag lautete, Streitkräfte werden zum Zwecke der Verteidigung aufgestellt. Der Generalinspekteur der Bundeswehr hat in seiner Studie noch einmal die sicherheitspolitische Lage der Bundesrepublik analysiert und den Schluss bekräftigt:

„Eine unmittelbare territoriale Bedrohung Mitteleuropas und damit Deutschlands mit konventionellen militärischen Mitteln besteht heute nicht mehr. Das wird angesichts des erweiterten europäischen Sicherheits- und Stabilitätsraums und der erkennbaren Fortschritte in der Zusammenarbeit mit Russland auf absehbare Zeit auch so bleiben“.

Ergo: Wenn man den Verteidigungsauftrag der Bundeswehr akzeptiert, wird man zu dem doppelten Schluss kommen, dass erhebliche Potenziale zur Verringerung der Streitkräfte vorhanden sind und der Zwangsdienst »Wehrpflicht« endlich aufgegeben werden muss. Die Vorstellung, dass die Bundesrepublik ganz ohne Armee auskommen könnte, ist in dieser Situation alles andere als abwegig. Allerdings muss bedacht werden: Sämtliche Umfragen der letzten Jahre zeigen, dass die überwiegende Mehrzahl der Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern die Frage der Souveränität des Landes und der Bewahrung der eigenen, demokratischen Gesellschaftsform symbolisch mit der Existenz von Streitkräften verknüpft. Und sich daher eine Bundesrepublik ohne Armee erst vorstellen kann, wenn auch die Mehrzahl der anderen Länder auf bewaffnete Gewalt verzichtet. Man kann es auch so ausdrücken: Die Perspektive einer vollständigen Abrüstung der Bundeswehr ist mit großer Wahrscheinlichkeit an einen universal oder regional ausgehandelten Abrüstungsprozess gebunden. Die Halbierung der Bundeswehr innerhalb dieses Jahrzehnts, d.h. ihre Verkleinerung auf 125.000 Männer und Frauen, wäre in diesem Kontext zwar eine radikale, aber realistische Maßnahme.

Mit dieser Festlegung wären zwei Schlussfolgerungen verbunden: Die Bundeswehr würde nicht mehr für imperiale NATO- oder EU-Militärinterventionen zur Verfügung stehen. Es wäre dann auch konsequent, die verbleibenden Streitkräfte strikt defensiv auszurichten.

Mit der drastischen Minderung der Ausgaben für das Militär könnten außerdem mittelfristig umfangreiche Mittel freigesetzt werden, die für sozialstaatliche und entwicklungspolitische Belange dringend benötigt werden. Allerdings sollte auch klar sein, dass eine solche Reform der Bundeswehr nicht zum Nulltarif zu haben ist. Es geht schließlich darum, dass der nötige Personalabbau sozial verträglich und die zivile Umnutzung bisheriger Militärkapazitäten ökologisch sinnvoll gestaltet werden. Personalkürzungen, Standortschließungen und die Beendigung von Rüstungsprogrammen müssen gut vorbereitet werden, um den Schaden für die Betroffenen nicht nur zu minimieren, sondern ihnen im Gegenteil sogar eine bessere Perspektive im zivilen Leben zu ermöglichen. Aus diesem Grund muss der Gedanke einer umfassenden Konversion wieder belebt werden. Konzepte zur Umstellung der Rüstungswirtschaft auf zivil-nützliche Produktion, zur Umorientierung betroffener Regionen auf eine nach-militärische Nutzung der freiwerdenden Einrichtungen, zum Auffangen des aus der Truppe ausscheidenden Personals sind jetzt wieder gefragt. Hier sind Friedensbewegung und Friedensforschung neu herausgefordert.

Quellen

Bundesministerium der Verteidigung: Leitlinien zur Ausplanung der neuen Bundeswehr. 30.06.2010. www.bmvg.de/fileserving/ PortalFiles/C1256EF40036B05B/W286VBQA580INFODE/Leitlinien %20Ausplanung%20Bundeswehr.pdf

Bundesministerium der Verteidigung, Bericht des Generalinspekteurs der Bundeswehr zum Prüfauftrag aus der Kabinettsklausur vom 7. Juni 2010. 31.08.2010; www.bmvg.de/fileserving/PortalFiles/C1256EF40036B05B/W288WCHU749INFODE/Bericht %20des%20GenInsp%20%20 Endfassung%20%20310810.pdf

Bundesministerium der Verteidigung, Vom Einsatz her denken – Bericht der Strukturkommission der Bundeswehr. Oktober 2010; www.bmvg.de/fileserving/PortalFiles/C1256EF40036B05B/W28AL8JU967INFODE/Bericht %20der%20Strukturkommission %20der%20Bundeswehr.pdf.

Klaus Naumann: Paradoxe Intervention. Erscheint in: Mittelweg, Heft 1, Februar 2011.

Paul Schäfer ist Bundestagsabgeordneter für DIE LINKE und Mitglied im Verteidigungsausschuss des Bundestags sowie Mitglied der Parlamentarischen Versammlung der NATO.

Tankwagen-Massaker bleibt ungesühnt

Tankwagen-Massaker bleibt ungesühnt

von IALANA

Am 19. April 2010 hat die Generalbundesanwaltschaft die Einstellung des Ermittlungsverfahrens gegen die Verantwortlichen des Bundeswehr-Luftangriffs vom 4.September 2009 bei Kunduz/Afghanistan bekanntgegeben. Bei dem Angriff kamen bis zu 142 Personen ums Leben, darunter zahlreiche Kinder und Jugendliche. Die Deutsche Sektion der IALANA (Juristinnen und Juristen gegen atomare, biologische und chemische Waffen) protestiert gegen die Verfahrenseinstellung und fordert die Überprüfung durch ein unabhängiges Gericht. Wir dokumentieren ihre Stellungnahme.

1. Zutreffend ist die Generalbundesanwaltschaft davon ausgegangen, dass es sich bei den militärischen Auseinandersetzungen in Afghanistan zwischen den ISAF-Verbänden einerseits sowie den Taliban und den anderen Widerstandsgruppen andererseits um einen »nichtinternationalen bewaffneten Konflikt« im Sinne des so genannten humanitären Völkerrechts und des Völkerstrafrechts handelt. Die Strafbarkeit der für den Luftangriff und dessen schreckliche Folgen verantwortlichen Soldaten der Bundeswehr hängt deshalb davon ab, ob es sich dabei um eine völkerrechtlich zulässige oder unzulässige Kampfhandlung handelte.

2. Zuzustimmen ist der Entscheidung der Generalbundesanwaltschaft auch darin, dass die Normen des allgemeinen Strafrechts neben denen des Völkerstrafgesetzbuches (VStGB) anwendbar sind. Sofern also der Verbrechenstatbestand des § 11 Abs. 1 Nr. 3 VStGB (Kriegsführungsverbrechen), der für den Tatnachweis einen absichtlichen Verstoß gegen bestimmte Vorschriften des Kriegsvölkerrechts (»humanitäres Völkerrecht«) voraussetzt, nicht erfüllt ist, kommt mithin bei einer durch Soldaten erfolgten Tötung von Zivilpersonen auch eine Strafbarkeit etwa wegen bedingt vorsätzlicher Tötung (§ 212 StGB) oder wegen fahrlässiger Tötung (§ 230 StGB) in Betracht, sofern sich der Täter nicht auf einen Rechtfertigungsgrund berufen kann.

3. Die Einschätzung und Wertung der Generalbundesanwaltschaft, die durch den Luftangriff bei Kunduz am 4.9.2009 erfolgte Tötung der am Tatort offenkundig zahlreich anwesenden afghanischen Zivilpersonen stehe nicht „außer Verhältnis zu dem insgesamt (mit dem Luftangriff) erwarteten konkreten und militärischen Vorteil“ und sei deshalb gerechtfertigt, ist nicht nachvollziehbar. Der von Oberst Klein mit dem Luftangriff angestrebte konkrete unmittelbare militärische Vorteil wird von der Generalbundesanwaltschaft nicht dargelegt, geschweige denn begründet. Die beiden gekaperten Lastwagen saßen seit Stunden im Sand der Flussfurt bei Kunduz fest. Eine konkrete oder gar unmittelbare Gefahr etwa für das mehrere Kilometer entfernte Bundeswehrlager konnte von ihnen schon deshalb schwerlich ausgehen. Zudem hätten sie weiterhin beobachtet und unter Kontrolle gehalten werden können. Was nach Auffassung der Generalbundesanwaltschaft den Tod der zahlreichen unbeteiligten Zivilpersonen im vorliegenden Fall ungeachtet dessen dennoch konkret als „verhältnismäßig“ rechtfertigen können soll, bleibt so im Dunkeln.

4. Völlig unklar bleibt auch, warum – wie die Generalbundesanwaltschaft meint – Oberst Klein davon „ausgehen durfte, dass keine Zivilisten vor Ort waren“. Die Nähe des Dorfes und die ausweislich der Videoaufzeichnungen zahlreichen am Tatort befindlichen Personen, die an den Lastwagen Benzinkanister abfüllten und in Richtung Dorf wegtrugen, sprachen gerade dagegen.

5. Wenn nach Auffassung der Generalbundesanwaltschaft Oberst Klein „sich der Verpflichtung bewusst war, zivile Opfer soweit irgend möglich zu vermeiden“, ist nicht erklärlich, warum er dann dem Vorschlag der beiden US-amerikanischen Flugzeugbesatzungen nicht entsprach, zunächst zur Warnung der am Tatort anwesenden Zivilpersonen zweimal mit den Flugzeugen über den Tatort zu fliegen, ehe man sich zum Bombardieren entschloss. Dazu schweigt sich die Generalbundesanwaltschaft in ihrer Pressemitteilung aus.

6. Wenn Oberst Klein sich tatsächlich der Verpflichtung bewusst gewesen wäre, „zivile Opfer soweit irgend möglich zu vermeiden“, wäre von der Generalbundesanwaltschaft zu klären gewesen, warum dann Oberst Klein und/oder weitere Bundeswehrangehörige dem ISAF-Kommando vor der Bombardierung nach vorliegenden Berichten wahrheitswidrig versichert haben, die Voraussetzungen für einen Luftangriff (»Feindberührung« der eigenen Truppe) seien nach den ISAF-Regeln erfüllt? Hätte eine wahrheitsgemäße Beantwortung der IASF-Anfrage nicht gerade den Luftangriff und damit die zahlreichen zivilen Opfer verhindert?

7. Die vorliegende Einstellungsentscheidung macht deutlich, dass die Generalbundesanwaltschaft in ihrem jetzigen institutionellen Zuschnitt für eine unabhängige und unparteiische Untersuchung strafrechtlich relevanter Vorgänge im Bereich der politisch kontrollierten Exekutive strukturell nicht geeignet ist. An ihrer Spitze steht ein politischer Beamter oder eine Beamtin, der/die von der Exekutive (Bundesregierung) weisungsabhängig ist und bei Fehlen von hinreichendem »Vertrauen« von dieser jederzeit von seinen/ihren Aufgaben entbunden und in den einstweiligen Ruhestand geschickt werden kann. Das macht eine unabhängige und unparteiische Ermittlung und damit auch jede Einstellungsentscheidung strukturell defizitär.

8. Umso notwendiger ist es, nach der nicht nachvollziehbaren Entscheidung der Generalbundesanwaltschaft ein Klageerzwingungsverfahren vor einem unabhängigen deutschen Gericht einzuleiten. Dies kann durch die Opfer des Luftangriffs bzw. ihre überlebenden Angehörigen vor dem zuständigen Oberlandesgericht geschehen. IALANA würde es begrüßen, wenn die von den Opfern beauftragten Rechtsanwälte ein solches Rechtsmittel fristgerecht einlegen würden.

9. Unabhängig von der Einstellung des strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens muss von den zuständigen Stellen der Bundeswehr, letztlich vom Bundesverteidigungsminister, jedenfalls ein wehrdisziplinares Ermittlungsverfahren gegen die für den Luftangriff verantwortlichen Bundeswehrsoldaten eingeleitet werden. Sollte sich dabei herausstellen, dass die von der Generalbundesanwaltschaft – leider nur andeutungsweise – erwähnten innerdienstlichen Einsatzregeln der Bundeswehrführung und des ISAF-Verbandes (»rules of engagement«) von Oberst Klein oder anderen Verantwortlichen im Zusammenhang mit dem Luftangriff nicht eingehalten worden sind, besteht der hinreichende Verdacht, dass diese Soldaten gegen ihre zentralen soldatischen Dienstpflichten zum treuen Dienen (§ 7 Soldatengesetz) sowie zur unverzüglichen und gewissenhaften Befolgung der Befehle von Vorgesetzten (§ 10 Abs. 1 Soldatengesetz) verstoßen haben. Die Einleitung eines wehrdienstgerichtlichen Disziplinarverfahrens wäre dann unausweichlich. Man darf gespannt sein, wie sich der Bundesverteidigungsminister und die ihm unterstellten Stellen insoweit gerieren werden.

IALANA, Deutsche Sektion
www.ialana.de

Das Ehrenmal der Bundeswehr

Das Ehrenmal der Bundeswehr

von Eugen Januschke

Das Ehrenmal ist sowohl Ort als auch Ausdruck eines Gedenkkults um den Soldatentod, dessen Zweck darin besteht, Trost, Sinn, Legitimation und Motivation zu stiften. Damit zielt dieser Gedenkkult schlussendlich auf einen Erhalt bzw. eine Steigerung der Kriegsführungsfähigkeit der Bundeswehr ab. Bestimmt man diesen Gedenkkult zunächst ausschließlich über seinen Zweck, so drängt sich der Eindruck auf, dass dieser einfach dem Gedenkkult im preußisch-deutschen Militarismus entspricht. Oder sind doch Veränderungen in der Funktion des Gedenkkultes auszumachen? Wie im Folgenden gezeigt wird, können Zweck und Ziel des Gedenkkults um den Soldatentod als relativ konstant betrachtet werden, zumindest für die letzten zweihundert Jahre. Aber für die Erfüllung seines Zwecks muss dieser Gedenkkult eine Wirkung auf die Gesellschaft entfalten können. Konkret bedeutet das als Fragestellung: der Gedenkkult um den Soldatentod hat zwar einen konstanten Zweck, aber er muss vielleicht anders funktionieren, wenn sich die Gesellschaft wandelt.

Über den gesellschaftlichen Wandel existieren unterschiedliche Vorstellungen. Folgt man der Analyse Herfried Münklers, der sich konstruktiv mit der Rolle der Bundeswehr auseinandersetzt, so kann Erhellendes über die Ängste und Befürchtungen der Befürworter des Ehrenmals herausgefunden werden. Deren Kenntnis ist wichtig für die Analyse der Funktion des Ehrenmals.

Herfried Münkler, als Politikwissenschaftler Professor an der Humboldt-Universität Berlin, ist Mitglied im Beirat der Bundesakademie für Sicherheitspolitik. Der zentrale analytische Begriff bei Münkler bezüglich der jetzigen, westlichen Gesellschaft ist »postheroisch«. Einfacher als mit dem Versuch einer Definition dieses Begriffes zu beginnen, ist es, dem Verweis der Vorsilbe »post« nachzugehen. Die Vorsilbe legt nahe, dass die Gesellschaft zuvor heroisch war. Die umfassende Mobilisierung des Volkes für die Kriegsführung bringt das berühmte »Dekret zur allgemeinen Volksbewaffnung« des französischen Konvents vom 23. August 1793 unmissverständlich zum Ausdruck: „Artikel 1. Von jetzt an bis zu dem Tage, an dem die Feinde vom Gebiet der Republik vertrieben sind, unterliegen alle Franzosen der ständigen Heeresdienstpflicht. Die jungen Männer ziehen in den Kampf, die verheirateten schmieden Waffen und befördern Verpflegung; die Frauen fertigen Zelte und Uniformen und leisten in den Lazaretten Dienst; die Kinder zupfen altes Leinenzeug zu Scharpie, die Alten lassen sich auf öffentliche Plätze tragen, um in den Kriegern Mut und Hass gegen die Könige anzustacheln und ihnen die Einheit der Republik ans Herz zu legen“.1

Dieses Dekret ist die Geburtsurkunde der heroischen Gesellschaft, zu der auch diejenige des preußisch-deutscher Militarismus gehört. Münkler bezieht sich auf Carl von Clausewitz, einen der Theoretiker der zugehörigen Kriegsführung der heroischen Gesellschaft. Mit diesem möchte Münkler (2002) den Unterschied zwischen der Kriegsführung von heroischen und postheroischen Gesellschaften verdeutlichen. Für Clausewitz ist Krieg ein Messen der physischen und moralischen Kräfte. Unter physischen Ressourcen sind die Soldaten und das militärische Material wie beispielsweise Waffen zu verstehen. Die moralischen Ressourcen beziehen sich auf die Motivation und Opferbereitschaft der Soldaten und Bevölkerung. Für die heroische Gesellschaft gilt eine relative Knappheit an den physischen Ressourcen im Vergleich zu den moralischen Ressourcen. Wo, wie im Frankreich des revolutionären Konventsdekrets, tendenziell die ganze Gesellschaft zu den Waffen greift, werden die Gewehre knapp. Die Moral hingegen steht wie ein Fels und kann getrost den nicht mehr wehrdienstfähigen Alten überlassen werden.

Das Manko der postheroischen Gesellschaften

Anders verhält sich diese Gewichtung in den postheroischen Gesellschaften der heutigen westlichen Welt. Die physischen Ressourcen sind groß, besonders im Vergleich zu den als knapp empfundenen moralischen Ressourcen. Die physischen Ressourcen der postheroischen Gesellschaften sind aber auch groß im Vergleich zu den physischen Ressourcen der Gegner der Kriege der letzten Jahre. Diese heutigen Gegner der postheroischen Gesellschaften werden als noch heroische Gesellschaften oder Gruppierungen imaginiert (vgl. Küpeli 2007, S.19). Deren physische Ressourcen sind vergleichsweise gering, aber ihre Kämpfer verfügen über eine meist ideologisch oder religiös interpretierte hohe Motivation und Opferbereitschaft.

Nun wäre der asymmetrische Krieg für die postheroischen Gesellschaften des Westens kein Problem, wenn sich der Krieg weiterhin mit Clausewitz als der physische Verbrauch der Kräfte in der Schlacht zur Erschütterung der moralischen Faktoren darstellen würde: Durch die möglichst hohe physische Abnutzung der Kräfte des Gegners bis zu deren Erschöpfung konnte schlussendlich eine moralische Erschöpfung des Gegners erreicht werden. Doch hier bieten die postheroischen Staaten ihren Gegnern eine andere Angriffsfläche, die diese Gegner geschickt zu nutzen gelernt haben: Denn bereits durch kleine physische Verluste in Form des Todes weniger eigener Soldaten befinden sich postheroische Gesellschaften in einer Stresssituation, weil sie sowieso nur über mangelnde moralische Ressourcen verfügen (vgl. Münkler 2002, S.192).

Münklers Heroismus-Empfehlung

Münklers generelle Empfehlung für die Bevölkerung der postheroischen Gesellschaften: heroische Gelassenheit. Während diese Forderung unkonkret und wenig praktikabel erscheint, hat er explizite Empfehlungen zu den Soldaten: „Heroismus ist unverzichtbar […]. Der Held ist dann gefordert, wenn postheroische Gesellschaften in Stresssituationen geraten […]. Die Gesellschaft belohnt diese Vorbilder, indem sie ihnen zuspricht, was mit Geld nicht zu haben ist – eben den Status eines Heroen. Dieser wird geehrt als einer, der für die Werte einer Gesellschaft bis zum Äußersten einsteht. Ihm wird für seine Tat eine Form der Unsterblichkeit zugebilligt, die darin besteht, dass die als Helden Ausgezeichneten öffentlich geehrt werden und ihrer feierlich gedacht wird. Das ist eine Form auch der zivilgesellschaftlichen Währung, die mit der marktwirtschaftlichen Währung konkurriert.“ (Münkler 2002a)

Damit deutet sich an, wie sich der Gedenkkult um den Soldatentod in der heroischen von der der postheroischen Gesellschaft unterscheidet. Während er in der heroischen selbstverständlich ist (vgl. Bröckling 1997, S.103), bleibt er widersprüchlich zur Alltagskultur der postheroischen. Dies wird in Münklers Zitat dadurch kenntlich, dass sich die postheroische Gesellschaft in einer Ausnahmesituation befinden muss, damit sie den Heldentopos aufruft. Im Umkehrschluss kann gefragt werden, welchen gesellschaftlichen Platz den Helden zu normalen Zeiten eingeräumt wird. Im preußisch-deutschen Militarismus als Musterbeispiel des Ausdrucks einer heroischen Gesellschaft war die gesellschaftliche Achtung des Soldaten auch in Nicht-Kriegszeiten keine Frage. Münkler muss hier für unsere postheroische Gesellschaft die Einführung einer »Konkurrenzwährung« fordern. Diese, wie er sie bezeichnenderweise nennt, »zivilgesellschaftliche Währung«, hat als wesentliche Basis den Gedenkkult um den Soldatentod.

Dennoch lässt sich vermuten, dass die Produktivität des Gedenkkults in der Münklerschen Version beiweiten nicht diejenige des preußisch-deutschen Militarismus erreichen kann. Für die heroische Gesellschaft steigert jeder tote Soldat, zumindest wenn deren Zahl nicht über alle Maßen ansteigt, die Produktion an moralischen Ressourcen (vgl. Bröckling 1997, S.103). Dagegen muss in der postheroischen Gesellschaft die zivilgesellschaftliche Währung, sprich der Gedenkkult um den toten Soldaten, mit der marktwirtschaftlichen Währung der Alltagskultur konkurrieren. Mit dieser Konkurrenz verlässt Münkler gar nicht die Logik der marktwirtschaftlichen Währung, was für den preußisch-deutschen Militarismus als heroische Gesellschaft so kaum zugetroffen haben wird.

Das Ehrenmal als symbolisches Desaster

Aus dieser Bundeswehr-konstruktiven Innensicht Münklers lässt sich die eingangs gestellte Frage nach einem Wandel in der Funktion des Gedenkkults um den Soldatentod bejahen. Auch wenn man die vorgestellte Gesellschaftsanalyse Münklers als solche nicht teilt, können einige Schlussfolgerungen bezüglich des Ehrenmals der Bundeswehr gezogen werden. So ist zu prüfen, ob das Ehrenmal als Ausdruck einer postheroischen Heldenverehrung verstanden werden kann bzw. wie das Ehrenmal in einer postheroischen Gesellschaft funktioniert.

Um den zivilgesellschaftlichen Wert dieses rechteckigen Baukörpers von 8 x 32 Metern und einer Höhe von 10 Metern aufzuwerten, wurde er in den Rang eines Denkmals von nationalem Rang erhoben. Er kann in die Kulisse für die Ehrenformationen anlässlich verschiedener offizieller Anlässe eingebunden werden, die bereits auf dem Appellplatz des Bendlerblockes regelmäßig stattfinden. Hierzu wird die öffentliche Zugänglichkeit des Ehrenmals eingeschränkt. In Kontrast zu der – sieht man von dem Bronzekleid ab – äußerlichen Belanglosigkeit steht der Versuch der Anleihe an Formen des Heroischen für das Innere. So betritt man zunächst eine Säulenhalle, die auf eine »Cella« – auch »Raum der Stille« genannt – führt. Die Gestaltung der Cella mit Oberlicht und Opferbank lehnt sich deutlich an die Form der »Neuen Wache« nach deren Umgestaltung von 1931 an, wobei allerdings inzwischen der dortige Opferstein durch eine Pieta kohlscher Prägung ersetzt wurde.

Der Raum der Stille wird zum Ort der Trauer. Das Innere dieses Raumes ist schwarz: Die realen Raumgrenzen lösen sich auf und dem Betrachter eröffnet sich ein entmaterialisierter Raum. So wie im Tod das Leben aus den Fugen gerät, erfährt die strenge Ordnung und tektonische Schichtung eine Irritation: Die letzte Bodenplatte hat sich aus der Ordnung des restlichen Ehrenmals gelöst und ist aus der Bodenebene herausgeschoben. Die Kraft, mit der sich scheinbar die Platte herausgeschoben hat, steht für das Ausmaß der Gewalt oder des Unglücks, welches ein Menschenleben hat enden lassen.2

Die Übernahme dieser Gestaltungselemente, die in der heroischen Gesellschaft eine selbstverständliche Deutung fanden, ist als hilfloses Kopieren von Formen zu deuten; von Formen, die schwerlich heute noch funktionieren. Dies liegt sicherlich nicht nur daran, dass diese Selbstverständlichkeit in der postheroischen Gesellschaft so nicht gegeben ist, sondern auch an einem veränderten ästhetischen Empfinden. Ein Oberlicht erzeugt heute nicht mehr unbedingt eine weihevolle Stimmung; zumal jedes Blitzlicht das angebliche Verschwimmen der räumlichen Grenzen der dunklen, eigentlich nur durch das Oberlicht erhellten Cella zersetzt. Die Opferbank, gefährdet als Sitzgelegenheit missverstanden zu werden, wird mangels anderer Möglichkeiten als Kranzniederlegungsstelle verstanden; ansonsten erzeugt sie kaum das Interpretationsfeld eines Altars. Jenseits dieser misslungenen Versuche, an alte Gestaltungsformen anzuknüpfen, gibt es neue symbolische Elemente: die LCD-Projektion für die Namensnennung und das Bronzekleid.

Die Nennung der Toten ist eine körperlose Schrift aus Licht. Die Darstellung wird mit einem LED-Display gelöst, das hinter transluzentem, also lichtdurchlässigem Beton in die Deckenplatte integriert ist. Die Namen erscheinen so scheinbar schwerelos im Raum.“ Etwa alle acht Sekunden ein neuer Name. Ein bisschen kurz für Münklers »Unsterblichkeit« als zivilgesellschaftliche Währung. Acht Sekunden sind kaum geeignet, Angehörige auch nur in irgendeiner Weise vergleichbar zu beeindrucken wie etwa am Vietnam Memorial in Washington, in dem die Namen auf »ewig« eingraviert sind. Diesem symbolischen Dilettantismus steht das Bronzekleid des Ehrenmals nicht nach: „Über die Stahlbetonkonstruktion ist ein feines durchbrochenes Bronzekleid gelegt. Jeder Soldat trägt eine Erkennungsmarke. Die halbe Erkennungsmarke steht für den Getöteten, für den Tod. In Anlehnung daran sind halbe Marken aus dem Bronzekleid gestanzt. Das ganze Objekt umhüllend, findet metaphorisch der alles umfassende Tod Ausdruck. Der Anordnung der ausgestanzten Marken liegt eine Codierung zugrunde, welche sich aus dem Morsealphabet ableitet. Die Stanzung stellt den Eid der Zeit- und Berufssoldaten, das Gelöbnis der Wehrdienstleistenden sowie den Amtseid der Wehrverwaltung in codierter Form dar.“ Von dieser für uninformierte BetrachterInnen unverständlichen Symbolik bleibt nur der Tod, in Form der halben Erkennungsmarken, als Ornament auf der Außenhaut des Ehrenmals übrig, denn der Morsecode ist per se für die allermeisten Menschen unverständlich. Darüber hinaus gibt es keine weitergehende erkennbare Symbolik am Äußeren des Ehrenmals. Mangels eines anderen Angebots an Symbolik verkommt damit der Soldatentod zu einer löchrigen Verzierung. In diesem symbolischen und ästhetischen Desaster hilft auch keine goldene Wand als abschließender Eindruck des inszenierten Aufenthalts im Ehrenmal mehr. „Beim Verlassen des Raumes geht der Besucher auf eine goldschimmernde Wand zu – Gold steht für das Übernatürliche und die daraus resultierende Hoffnung in allen Kulturen. Die Inschrift lautet: »Den Toten unserer Bundeswehr. Für Frieden, Recht und Freiheit.« Sie ist als glattes Relief aus der goldschimmernden Wand herausgearbeitet.

Goldfarbe allein macht im Zeitalter der inflationären Goldkettchen nichts mehr edel, und übernatürlich schon gar nicht. Hier erliegen Planer und Auftraggeber außerdem einem groben semiotischen Irrtum: Nicht Gold an sich „steht für das Übernatürliche und die daraus resultierende Hoffnung in allen Kulturen“. Vielmehr werden Gegenstände, die mit einer solchen Hoffnung bereits verbunden sind, diese unterstreichend in goldenen Behältnissen bis hin zu ganzen Bauwerken verwahrt, oder durch das Anbringen von goldenen Zusätzen aufgewertet. Bisweilen werden die hoffnungsspendenden Gegenstände selbst aus Gold gefertigt so beispielsweise Reliquienschreine zur Aufbewahrung, Kronen als Aufsatz für Thorarollen und vergoldete Buddhastatuen.

Sind die Ideenlosigkeit und der schlechte Geschmack gewollt, um gesellschaftliche Auseinandersetzung zu vermeiden? Eine solche Strategie wäre gelungen, da sich kaum jemand für das Ehrenmal interessiert. Damit ist aber keine Annahme des Ehrenmals durch eine breite Öffentlichkeit abzusehen, wie es für ein Denkmal von nationalem Rang eigentlich geboten wäre. Noch schwerer wiegt für den Auftraggeber, dass das Ehrenmal der Bundeswehr wohl kaum die Münklersche Forderung nach einer zivilgesellschaftlichen Währung erfüllen kann. Dieses Ehrenmal kann keine »Form von Unsterblichkeit« für den Soldaten herstellen.

Bleibt zu fragen, ob sich die Auftraggeber und politisch Verantwortlichen auf Dauer mit den Unzulänglichkeiten des Baues abfinden werden, zumal ein intensiveres Engagement der Bundeswehr in Kriegen vermehrt zu toten Soldaten führen wird. In Konsequenz ist absehbar, dass das jetzige Ehrenmal durch eine bedeutendere Anlage ersetzt werden wird. Dieses neue Ehrenmal wird wahrscheinlich auch dem Ortswechsel des Gelöbnisses zum 20. Juli folgen, vom Bendlerblock zum Platz der Republik, zwischen Reichstag und Kanzleramt. In diesem Sinne kann auch das Ehrenmal als weiterer Schritt zur Normalisierung der aktiven Kriegsführung durch die Bundeswehr verstanden werden. Wie das Gelöbnis zum 20. Juli wird es zunächst im Schutzbereich des Geländes des Bundesverteidigungsministeriums selbst erprobt und durchgesetzt, um später zur vollständigen Entfaltung seiner kriegslegitimatorischen Wirkung ins repräsentative Zentrum der neuen Berliner Republik zu ziehen.

Literatur

Bröckling, Ulrich (1997): Disziplin. Soziologie und Geschichte militärischer Gehorsamsproduktion. München.

Giller, Joachim (1992): Demokratie und Wehrpflicht. (Reihe »Studien und Berichte« der Landesverteidigungsakademie Wien). Wien.

Küpeli, Ismail (2007): Einige Anmerkungen zu Kriegslegitimationen des 21. Jahrhunderts, in: Mühland, Rudolf u.a. (Hrsg.): Die neuen Kriege. Moers.

Münkler, Herfried (2002): Die neuen Kriege. Reinbek bei Hamburg.

Münkler, Herfried (2002a): Interview in Focus Nr. 9, 2002.

Anmerkungen

1) Zitiert nach Giller 1992, S.40.

2) Diese und die folgenden Zitate stammen aus der Projektbeschreibung des Ehrenmals auf der Homepage des Bundesverteidigungsministeriums. Stand November 2009.

Eugen Januschke ist Semiotiker und engagiert sich in der DFG-VK Berlin-Brandenburg.

Armee im Einsatz: Eine Frage des Erfolgs?!

Armee im Einsatz: Eine Frage des Erfolgs?!

von Bernhard Rinke

Die noch immer vornehmlich nur in Fachkreisen geführte Auseinandersetzung über die Bundeswehr als Armee im weltweiten Einsatz ist an einen Wendepunkt geraten. Zumindest treten die Fragen nach der Legalität und Legitimität der Interventionen unter Beteiligung deutscher Streitkräfte zusehends in den Hintergrund – wie umstritten die einzelnen Einsätze diesbezüglich auch immer sein mögen. Derweil rücken die Fragen nach dem Erfolg bzw. Misserfolg dieser Einsätze erkennbar in den Vordergrund. An »harten« Erfolgskriterien mangelt es indes. Um so mehr ist genau hinzuschauen, wenn die Auslandseinsätze der Bundeswehr als Erfolg verkauft werden. Gegenüber vermeintlichen Erfolgsgeschichten bleibt jedenfalls auch weiterhin kritische Wachsamkeit angezeigt.

Von Seiten aufmerksamer Beobachter und der Friedensforschung wird angesichts erkennbarer Diskrepanzen zwischen Anspruch und Wirklichkeit seit einiger Zeit auf die wachsende Verdrossenheit und Skepsis bezüglich der Wirksamkeit und Resultate internationaler Militäreinsätze im Allgemeinen und der Beteiligung deutscher Soldaten im Besonderen hingewiesen (vgl. etwa Heinemann-Grüder 2008; Pradetto 2008). Kurzum, die Auslandseinsätze der Bundeswehr sind in eine „Akzeptanz- und Wirksamkeitskrise“ (Nachtwei 2008: 46) geraten. Glaubt man hingegen den offiziellen Verlautbarungen, handelt es sich bei den Interventionen offenbar um eine nahtlose Kette von Erfolgsgeschichten. Jedenfalls werden die Auslandseinsätze von dieser Seite durchweg als Erfolg verkauft.

Doch anhand welcher Maßstäbe wird dabei eigentlich bestimmt, ob militärische Interventionen nun ein Erfolg oder ein Misserfolg waren bzw. sind? Und ist eine »präzise« Messung des (Miss-)Erfolgs solcher Einsätze überhaupt möglich? Oder besteht die einzige Klarheit wirklich darin, dass „völlig unklar ist, (…) was die Maßstäbe sind, nach denen sie als erfolgreich oder gescheitert zu begreifen sind“ (Münkler 2008: 89)? Die hier hintergründig mitschwingende These, dass mithin jedwedes Nachdenken über Erfolg bzw. Misserfolg der Auslandseinsätze gleichsam von vorn herein zum Scheitern verurteilt sei, trägt ihrerseits jedoch kaum zu Klarheit bei. Differenzierung tut Not.

Grundsätzlich sind zunächst einmal zwei Bewertungsmethoden voneinander zu unterscheiden: Einerseits können „Evaluierungen im Sinne von umfassenden Kosten-Nutzen-Analysen“ (Brzoska 2009: 61), im engeren Sinne also Untersuchungen der Effizienz der militärischer Auslandseinsätze vorgenommen werden. Ausgehend von dem bemerkenswerten Befund, dass systematische Erfassungen „von Kosten und Einschätzung der Nutzen – unter Einschluss möglicherweise kostengünstigerer Alternativen – (…) zumindest öffentlich nicht zugänglich“ (Brzoska 2007: 75) sind, hat namentlich Michael Brzoska inzwischen wiederholt auf die Bedeutung von Kosten-Nutzen-Bewertungen für die Diskussion über die Auslandseinsätze der Bundeswehr hingewiesen (Broszka 2007; Brzoska 2009).

Andererseits kann jedoch auch nach der Wirkung der Einsätze im Sinne einer Bewertung ihrer Effektivität gefragt werden. Der Betrachtung dieses Aspektes soll nachfolgend unsere besondere Aufmerksamkeit gelten. Dabei wird nicht der Versuch unternommen, valide Messverfahren zur Bestimmung der Wirkung von Auslandseinsätzen zu entwickeln. Ausgehend von grundsätzlichen Anmerkungen zur Problematik der Wirkungsmessung wird zum Einen vielmehr aufgezeigt, dass sich »Erfolgsmeldungen« häufig nur dem Umstand »verdanken«, dass vieles »gemessen« wurde und wird, nur eben gerade nicht »Erfolg« im Sinne einer nachhaltigen und ursachenorientierten Krisen- und Konfliktbearbeitung. Zum Anderen wird die neue Bescheidenheit bei der Formulierung von Interventionszielen kritisch hinterfragt.

Das Problem der Wirkungsmessung

Bestrebungen, die Wirkung der Auslandseinsätze empirisch sauber messen zu wollen, stellen die Forschung vor außerordentlich komplexe konzeptionelle und methodische Probleme. Die Herausforderung ist dabei zweifacher Natur: Erstens wäre zu klären, wie die Wirkung einer militärischen Intervention – in forschungssystematischer Hinsicht die abhängige Variable – genau zu definieren ist. Mit anderen Worten: »Erfolg« und »Misserfolg« einer Intervention sind genau zu bestimmen. Ein diesbezüglicher Konsens ist jedoch nicht in Sicht. Lässt sich etwa mit Blick auf die gegenwärtige Lage im Kosovo oder in Bosnien-Herzegowina schon dann von einem »Erfolg« als „Minimalergebnis“ einer militärischen Intervention sprechen, wenn im Sinne eines negativen Friedens „die (…) Abwesenheit gewaltsamer Konfliktaustragung“ (Kupferschmidt/Thränert 2007: 25) erreicht wurde bzw. wird? Oder wenn im Rahmen der Um- und Durchsetzung eines einmal erteilten Mandats internationale Handlungsfähigkeit bewiesen wurde? Oder kann erst dann wirklich von einem »Erfolg« gesprochen werden, wenn in Konfliktregionen über einen negativen Frieden hinausgehende „Prozesse der Heilung und Aussöhnung und wirtschaftliche(n) Entwicklung (…) in Gang gekommen sind“ (Fischer 2009: 101)?

Nun dürfte klar sein, dass Konflikte nicht militärisch gelöst werden können. Doch Vorsicht: Auch eine zivile Politik der ursachenorientierten Krisenlösung und nachhaltigen Friedenskonsolidierung kann sich dem »Messproblem« in letzter Konsequenz nicht entziehen. Jedenfalls bliebe noch immer zu bestimmen, wie bzw. woran Prozesse nachhaltiger Konflikttransformation und ursachenorientierter Krisenlösung im Einzelnen genau gemessen werden könnten. Mit anderen Worten: Versöhnungsarbeit, Wiedergutmachung, Wiederaufbau, Wahrung von Menschen- und Minderheitenrechten, sozioökonomische Teilhabe usw. mögen aus gutem Grund als elementare Bestandteile eines plausiblen Kriterienkatalogs gelingender ziviler Konfliktbearbeitung und Friedenskonsolidierung angesehen werden. Auch sie wären allerdings noch konkret zu operationalisieren.

Zweitens muss der Nachweis eines eindeutigen kausalen Zusammenhangs zwischen dem Einsatz des Militärs – in forschungssystematischer Hinsicht die unabhängige Variable – und dessen Wirkung als abhängiger Variable geführt werden. Bei genauerem Hinsehen erweist sich diese Aufgabe als äußerst anspruchsvoll. Denn die Ausprägung der abhängigen Variable, also der Interventionswirkung, wird ganz zweifellos (auch) von „zahlreichen Kontextfaktoren“ (Heinemann-Grüder 2009: 75) – in forschungssystematischer Hinsicht intervenierenden Variablen – beeinflusst. Vom politischen Willen der Konfliktparteien zur gewaltlosen Konfliktbearbeitung und ihrem Handeln einmal ganz abgesehen, sind diesbezüglich vor allem in Rechnung zu stellen: das „Ausmaß der Gewalt“, die „Art des Konflikts“, das „Vorhandensein von Konfliktressourcen“, die „Größe des Gebiets“, die „Anzahl der Konfliktparteien und deren externer Unterstützung“, die „Anzahl der Opfer“, „die Erschöpfung der Parteien“, die „Klarheit des Mandats, der Mandatsimplementierung, der Dauer, Macht- und Führungskraft“ in den Missionen, die „Koordination der externen Akteure, lokalen und internationalen Kapazitäten“ und die „Anreize (…) für die Konfliktparteien, sich in politische Parteien zu transformieren“ (Heinemann-Grüder 2009: 75).

Damit nicht genug, stellt sich doch überdies das Problem der „Zeitdimension“, wonach sich die „Wirkung bestimmter Maßnahmen (…) erst nach einigen Jahren entfalten und zum Zeitpunkt der Evaluation noch nicht messbar sein“ (Richter 2008: 21) kann. Zugleich steigt mit der Länge einer Wirkungskette auch der Einfluss der intervenierenden Variablen (s.o.), sodass sich die direkten Effekte der Auslandseinsätze der Bundeswehr nur umso schwerer herausarbeiten lassen werden. Angesichts der Komplexität des Untersuchungsgegenstandes erscheint eine einem szientistischen Wissenschaftsideal verpflichtete Wirkungsbestimmung mithin nahezu aussichtslos. Eine zumindest vergleichsweise »saubere« Alternative könnte vor diesem Hintergrund darin bestehen, die Ausprägung der Variable »Wirkung« mittels solider Plausibilitätsketten auf der Grundlage einer möglichst »dichten Beschreibung« (vgl. Geertz 1973: 5-6, 9-10) sowie im Verfahren des »Process Tracing« zur Aufdeckung kausaler Mechanismen (vgl. etwa Checkel 2005) zu bestimmen. Ein solches Unterfangen würde jedoch langfristig angelegte und äußerst sorgfältig durchgeführte Forschungsvorhaben erfordern. Bislang jedenfalls liegen entsprechende Studien zur Effektivität der Auslandseinsätze ebenso wenig vor, wie genaue Untersuchungen ihrer Effizienz.

»Erfolg« im Kongo? – Eine Frage der Definition

Der »Erfolg« einer Intervention hängt also davon ab, mit welchen Maßstäben und Kriterien gemessen wird. Damit öffnet sich ein Spielraum für offenkundig sogar widersprüchliche Bewertungen der Auslandseinsätze der Bundeswehr. Die Bewertung des militärischen Krisenmanagements im Kongo bietet dafür ein beredtes Beispiel: Schon der offiziell verlautbarte »Erfolg« der Artemis benannten ESVP-Operation in der Demokratischen Republik Kongo im Jahre 2003 war mehr als „fragwürdig“, da „die lokale und zeitliche Begrenztheit des Mandats (…) der Komplexität der Kriegsursachen“ gelinde gesagt „nur in Ansätzen gerecht wurde“ (Jakobeit 2004: 276). Gleiches lässt sich über die ESVP-Operation EUFOR RD Kongo aus dem Jahre 2006 sagen: Zwar kann auch diese als insgesamt »erfolgreich« bezeichnet werden, wird der Maßstab darin gesehen, dass das als Folge einer „Politik der Risikovermeidung“ (Jäger 2009: 357) bzw. zur „Minimierung politischer Kosten“ (Tull 2007: 73) zeitlich eng befristete Mandat zur Absicherung der Wahlen erfüllt wurde und die deutschen Soldaten ohne Verluste und pünktlich zum Weihnachtsfest wieder zu Hause waren (vgl. Ehrhart 2007: 157; Tull 2007). Als ebenso »erfolgreich« mag die Intervention erscheinen, wird sie daran gemessen, ob es der Europäischen Union gelungen sei, ihre militärische Handlungsfähigkeit unter Beweis zu stellen (vgl. Jäger 2009: 356). Nur: Eine symbolische Politik diesen Zuschnitts, der es letzten Endes nur um die Realisierung sekundärer Ziele und Interessen geht, „die wenig oder nichts mit den jeweiligen Regionalkonflikten“ (Hippler 2007: 110) zu tun haben, hat dann aber eben auch nichts mehr mit ursachenorientierter Krisenlösung oder effektiver Konflikttransformation zu tun. Und auch wenn sich das EU-Engagement im Kongo keineswegs auf militärische Komponenten beschränkt (vgl. dazu im Einzelnen etwa Ehrhart 2007: 154ff.): Von »echter Stabilität« kann im Kongo wohl noch immer keine Rede sein. Aus friedenspolitischer Sicht sieht nachhaltige Krisenlösung jedenfalls anders aus.

Auf dem Weg zu neuer Bescheidenheit?

Um so bemerkenswerter erscheint der gleichsam wie ein Rückzugsgefecht anmutende Vorschlag, die Messlatte für den Erfolg von Einsätzen schlichtweg nicht mehr allzu hoch zu hängen: „Der Erfolg von Auslandseinsätzen sollte nicht an Demokratie und wirtschaftlicher Entwicklung als langfristigen Zielen politischer Interventionen in Krisengebieten gemessen werden, sondern vorwiegend daran, ob menschliches Leiden beendet wurde und eine kurz- bis mittelfristige Stabilisierung eingetreten ist“ (Mair 2007: 16). Indes ist beispielsweise mit Blick auf Afghanistan und den dort verfolgten zivil-militärischen Politikansatz fraglich, ob sich die Beurteilung der Effektivität von Bundeswehreinsätzen tatsächlich „auf die Erreichung von rein militärischen Zielen beschränken kann“ (Zürcher 2009: 329). Interventionen mit – bildhaft gesprochen – auf der untersten Sprosse einer „Stufenleiter des Erfolgs“ (Kupferschmidt/Thränert 2007: 25) angesiedelten Zielen treten jedenfalls zwangsläufig ins Leere, wenn die Staatengemeinschaft bei den auf den obersten Leitersprossen angesiedelten und „in erster Linie durch zivile Unterstützung“ (Kupferschmidt/Thränert 2007: 25) zu verwirklichenden Aufgaben des state- und nationbuilding versagt. Von einer mittelfristigen Stabilisierung, geschweige denn einer „optimistisch stimmende(n) Friedenskonsolidierung“ (Hennig 2007: 467), kann in Afghanistan einstweilen jedenfalls wahrlich keine Rede mehr sein. Kurzum, kurzfristige und militärisch abgesicherte »Stabilisierungserfolge« stellen für sich genommen eben noch keinen geeigneten Maßstab dar, um den »Erfolg« einer Intervention verkünden zu können. Dies gilt um so mehr, sollte sich heraus stellen, dass das Militär zu einem Teil des Problems und nicht der Lösung zu werden droht. Instruktiv ist das Beispiel Afghanistan auch in dieser Hinsicht.

Zwar mag man noch einräumen, dass auf den militärischen Sturz der Taliban (als Folge der Terroranschläge auf die USA vom 11. September 2001) „eine kurze Phase der Beruhigung folgte“ (Hippler 2008: 2). Seit etwa 2004/2005 hat sich die Sicherheitslage jedoch deutlich verschlechtert. Zu konstatieren ist eine „krisenhafte Zuspitzung der Lage“ (ebd.), auf die allerdings bislang vornehmlich nur mit einer weiteren Ausdehnung der militärischen Mandate reagiert wurde. Und dies trotz der erkennbaren Erfolglosigkeit der bisherigen Strategie und obwohl alles darauf hindeutet, dass die Ausweitung des militärischen Engagements „eher Teil der Eskalation der Gewalt ist, nicht Mittel ihrer Überwindung“ (ebd.: 3). Statt also weiterhin den Weg eines „konzeptionslosen ‚Weiter-So‘“ (Heinemann-Grüder 2008: 79) zu beschreiten, müsste vielmehr der schon lange angemahnte Strategiewechsel in der Afghanistanpolitik endlich eingeleitet werden.

Fazit

Aussagen über die Wirkungen der Auslandseinsätze der Bundeswehr sind und bleiben ein heißes Eisen. Sie entscheiden über den politischen Legitimationsdruck auf die Entscheidungsträger. Nun tendieren diese „gerade bei Entwicklungen und empirischen Ergebnissen, die den ihren Entscheidungen zugrunde liegenden Auffassungen widersprechen, eher zu einer Verfestigung und Verstärkung einmal gefasster Meinungen, solange der Druck von außen, diese Auffassungen und diese Politik zu ändern, nicht zu groß wird“ (Pradetto 2008: 289). Um so mehr bleibt kritische Wachsamkeit gegenüber vermeintlichen »Erfolgsmeldungen« angezeigt.

Literatur

Brzoska, Michael (2007): Sind militärische Interventionen ihr Geld wert? Zur Notwendigkeit und Problematik begleitender Kosten- und Nutzenanalysen, in: Friedensgutachten 2007, hrsg. von Andreas Heinemann-Grüder, Jochen Hippler, Reinhard Mutz, Bruno Schoch und Markus Weingardt, Münster, S.75-85.

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Checkel, Jeffrey T. (2005): It´s the Process Stupid! Process Tracing in the Study of European and International Politics. Oslo, ARENA Working Paper No. 26, October 2005.

Ehrhart, Hans-Georg (2007): Friedensmacht in Aktion? Der Militäreinsatz der EU in der DR Kongo zwischen Symbolik, Realpolitik und kosmopolitischem Engagement, in: Hans-Georg Ehrhart et al. (Hrsg.): Die Europäische Union im 21. Jahrhundert. Theorie und Praxis europäischer Außen-, Sicherheits- und Friedenspolitik. Wiesbaden, S.148-161.

Fischer, Martina (2009): Friedenskonsolidierung – Zu den Widersprüchen internationaler Missionen in Nachkriegsregionen, in: Hans J. Gießmann/Armin Wagner (Hrsg.): Armee im Einsatz. Grundlagen, Strategien und Ergebnisse einer Beteiligung der Bundeswehr. Baden Baden, S.89-104.

Geertz, Clifford (1973): Thick Description: Toward an Interpretive Theory of Culture, in: Ders.: The Interpretation of Cultures: Selected Essays. New York, S.3-30.

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Heinemann-Grüder, Andreas (2009): Wie enden Kriege?, in: Hans J. Gießmann/Armin Wagner (Hrsg.): Armee im Einsatz. Grundlagen, Strategien und Ergebnisse einer Beteiligung der Bundeswehr. Baden-Baden, S.74-88.

Hennig, Ortwin (2007): Prekäre Staatlichkeit als Herausforderung und Aufgabe deutscher Außenpolitik, in: Stefani Weiss/Joscha Schmierer (Hrsg.): Prekäre Staatlichkeit und internationale Ordnung. Wiesbaden, S.455-470.

Hippler, Jochen (2007): Bedingungen, Kriterien und Grenzen militärischer Interventionen, in: Friedensgutachten 2007, hrsg. von Andreas Heinemann-Grüder, Jochen Hippler, Reinhard Mutz, Bruno Schoch und Markus Weingardt, Münster, S.110-121.

Hippler, Jochen (2008): Afghanistan: Korrektur oder Rückzug? Die politischen Folgen der Gewalteskalation. Policy Paper 29, Hrsg. von der Stiftung Entwicklung und Frieden, September 2008.

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Jakobeit, Cord (2004): Krisenmanagement am Beispiel des Kongo, in: Ursula Blanke (Hrsg.): Krisen und Konflikte. Von der Prävention zur Friedenskonsolidierung. Berlin, S.275-296.

Kupferschmidt, Frank/Thränert, Oliver (2007): Bring the Boys Home!? Reflexionen über die Beendigung von Auslandseinsätzen der Bundeswehr, in: Stefan Mair (Hg.): Auslandseinsätze der Bundeswehr. Leitfragen, Entscheidungsspielräume und Lehren (SWP-Studie S 27). Berlin, S.20-31.

Mair, Stefan (2007): Kriterien für die Beteiligung an Militäreinsätzen, in: Stefan Mair (Hg.): Auslandseinsätze der Bundeswehr. Leitfragen, Entscheidungsspielräume und Lehren (SWP-Studie S 27). Berlin, S.11-19.

Münkler, Herfried (2008): Humanitäre Interventionen. Eine politikwissenschaftliche Evaluation, in: Herfried Münkler/Karsten Malowitz (Hrsg.): Humanitäre Intervention. Ein Instrument außenpolitischer Konfliktbearbeitung. Grundlagen und Diskussion. Wiesbaden, S.89-112.

Nachtwei, Winfried (2008): Auslandseinsätze zwischen Militärisierung und Friedenssicherung – Anmerkungen zu einer Zwischenbilanz, in: Hans J. Gießmann/Götz Neuneck (Hrsg.): Streifkräfte zähmen, Sicherheit schaffen, Frieden gewinnen. Baden-Baden, S.45-55.

Pradetto, August (2008): Humanitärer militärischer Interventionismus: Theorie und Praxis, in: Hans J. Gießmann/Götz Neuneck (Hrsg.): Streifkräfte zähmen, Sicherheit schaffen, Frieden gewinnen. Baden-Baden, S.282-291.

Richter, Solveig (2008): Partner, Mahner, Besserwisser? Zur Effektivität externer Demokratisierung durch die OSZE in Südosteuropa. Dresden.

Rinke, Bernhard (2009): Die Auslandseinsätze der Bundeswehr im Parteienstreit, in: Hans J. Gießmann/Armin Wagner (Hrsg.): Armee im Einsatz. Grundlagen, Strategien und Ergebnisse einer Beteiligung der Bundeswehr. Baden-Baden, S.163-175.

Zürcher, Christoph (2009): Die Bundeswehr in Afghanistan (ISAF), in: Hans J. Gießmann/Armin Wagner (Hrsg.): Armee im Einsatz. Grundlagen, Strategien und Ergebnisse einer Beteiligung der Bundeswehr. Baden-Baden, S.328-339.

Dr. Bernhard Rinke ist Politikwissenschaftler und Fellow am Institut für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg (IFSH); zur Zeit vertritt er die Professur für Internationale Beziehungen am Fachbereich Sozialwissenschaften der Universität Osnabrück.

Jungs Jungs

Jungs Jungs

Sport, Nation und Militär

von Fabian Virchow

Anfang dieses Jahres sorgte beim Moskauer Armee-Club ZSKA Moskau (Zentralny Sportiwny Klub Armii) eine Direktive für nachhaltige Unruhe: Das Verteidigungsministerium hatte einen Erlass verkündet, demzufolge auch die in den Reihen des bereits zu Sowjetzeiten bestehenden Militärsportclubs trainierenden SoldatInnen Dienst in den russischen Streitkräften machen müssten. Zu den betroffenen Soldaten, die nie militärische Einheiten geführt hatten, aber Dienstgradabzeichen von Offizieren tragen, gehörte auch Islambek Albijew, der bei den Olympischen Spielen in China eine Goldmedaille errungen hatte. Gegen diese Initiative haben viele der betroffenen SportlerInnen protestiert, da sie ein Ende ihrer Karriere fürchten. Russland steht nicht alleine mit einem an nationalem und soldatischem Prestige und dem Ziel der Nachwuchsgewinnung orientierten System der militärischen Sportförderung.

Auch in der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit mehreren Jahrzehnten »SportsoldatInnen«, d.h. SportlerInnen, die als militärische Angehörige der Bundeswehr eine besondere Förderung erhalten, um international um Medaillen und Titel zu konkurrieren. Anlässlich der Olympischen Sommerspiele in Peking im Jahr 2008 lag der auch an Kiosken erhältlichen Bundeswehrpublikation »Y« ein 16-seitiges Dossier zu den »SportsoldatInnen« bei. Darin konstatierte Verteidigungsminister Franz Jung, dass die Bundeswehr bei der „Förderung des deutschen Spitzensports (…) eine herausragende Rolle“ 1 spiele – schließlich stelle sie mehr als 75% aller mit öffentlichen Mitteln finanzierter Förderplätze. Ihre AthletInnen hätten zudem seit 1992 bei den neun Olympischen Spielen 173 Medaillen gewonnen, das sind 44% aller von deutschen OlympiateilnehmerInnen erkämpfter Edelmetalle. Auch die im Zeitraum von 1991 bis 2007 erzielten nahezu 1.000 Welt- und Europameistertitel dienten Jung dazu, seine Aufforderung zu unterstreichen, dass die SportlerInnen ihre Zugehörigkeit zum Militär offensiv nach außen vertreten sollten.

Systemkonkurrenz als Motor

Obwohl die Unterstützung des Spitzensports nicht zu den originären Kernaufgaben der Bundeswehr gehört, gilt sie heute vielen als selbstverständlich. Dabei gab es angesichts der Indienstnahme des Sports bereits für die nazistische Expansionspolitik zunächst durchaus Skepsis gegenüber der Rolle des Sportes in der Bundeswehr. Den Sportverbänden ging es in der Konstituierungsphase der Bundeswehr offiziell nicht nur darum, einen erneuten »Missbrauch« des Sports durch das Militär auszuschließen, sondern auch um eine Art Richtlinienkompetenz und prioritäre Zuständigkeit für dieses gesellschaftliche Feld. In diesem Sinne wurde 1956 geregelt, dass die Bedingungen zum Erwerb des Deutschen Sportabzeichens auch als Leistungsmaßstab für den Sport in der Bundeswehr gelten und die Bildung von Militärsportvereinen nur dort möglich sein sollten, wo es keine zivilen Sportvereine gebe. Auf diese Weise wollte sich der Deutsche Sportbund (DSB) nicht nur der Gründung von rivalisierenden Sportvereinen erwehren, wie es sie im Nationalsozialismus beispielsweise als Luftwaffen-Sportvereine gegeben hatte; mit der Zurückweisung des »Militarismus« (»Knobelbechersport«) wurde auch die Propagierung eines »unpolitischen« Sports verbunden. Dies hinderte führende Sportfunktionäre allerdings nicht daran, sich positiv zur erneuten Aufstellung einer Armee und zur Wiederbewaffnung zu äußern.

Zu der sich in der Folgezeit entwickelnden Kooperation zwischen der Bundeswehr und dem DSB gehörten logistische Unterstützungsleistungen bei sportlichen Großveranstaltungen, so etwa 1963 beim Turnfest in Essen, sowie die gezielte Förderung des Spitzensports im Kontext der sogenannten »Systemkonkurrenz«. In der DDR hatte es bereits früh eine entsprechende systematische Förderung gegeben, in der die Nationale Volksarmee eine tragende Rolle spielte. Bereits 1956 wurde die Armeesportvereinigung Vorwärts gegründet, der zahlreiche Armeesportklubs folgten, deren Trainingsmöglichkeiten auch von Jugendlichen rege genutzt wurden. Diese Konstellation trug dazu bei, dass AthletInnen der DDR vergleichsweise gut bei den Olympischen Spielen abschnitten. Für die Förderung der Sportsoldaten stellten in der Bundesrepublik Deutschland die Olympischen Spiele in München 1972 einen wichtigen Meilenstein dar. Mit dem Beschluss des Deutsche Bundestages, der Bundeswehr per Beschluss die Option zur Einrichtung von Sportfördergruppen zu ermöglichen, wurde die Integration der Sportförderung der Bundeswehr in das System des organisierten Hochleistungssports im DSB nachdrücklich vorangetrieben. Die Verlagerung der 1957 gegründeten Sportschule der Bundeswehr vom bayerischen Sonthofen in das nordrhein-westfälische Warendorf im Jahr 1978, wo sich auf dem Gelände auch ein Olympiastützpunkt befindet, hat zur weiteren Vertiefung der Kooperation beigetragen.

Förderung und Symbiose

Schon in seiner Rede anlässlich der Grundsteinlegung der Sportschule der Bundeswehr in Warendorf am 15. November 1974 äußerte der damalige Präsident des DSB, Willi Weyer, Dankbarkeit gegenüber der Bundeswehr und lobte das Bundesministerium der Verteidigung für die Offenheit gegenüber den Wünschen und Vorstellungen des DSB.2 Mit Blick auf die nur zwei Jahre zurückliegenden Olympischen Spiele in München erinnerte er daran, dass „in unseren Olympia-Mannschaften 1972 doppelt so viele Soldaten gestanden haben wie in denen des Jahres 1968“. Die von der Bundeswehr und dem DSB ergriffenen Maßnahmen seien demnach erfolgreich gewesen.

Diese systematische militärische Sportförderung hat bei der Bundeswehr Anfang des 21. Jahrhunderts den Umfang von insgesamt 25 Sportfördergruppen erreicht, denen etwa 740 SportlerInnen aus 67 Sportarten zugerechnet wurden. Zu den geförderten Sportarten zählten u.a. Fußball, Rudern, Schwimmen, Boxen, Schießen, Kanu fahren, Rugby, Minigolf, Schach und Billard. Zu den zentralen Voraussetzungen zur Aufnahme in die Sportförderung der Bundeswehr gehört ein entsprechendes Votum des jeweiligen bundesweiten Sportverbandes sowie die Bereitschaft, SoldatIn zu werden. Gehören die so ausgewählten SportlerInnen ohnehin bereits zu den Besten ihrer Disziplin, so führt das Nichterreichen der im Rahmen des Sportförderprogramms gesetzten Ziele zur Rückversetzung in die militärische Einheit und zum Verlust der mit dem Status SportsoldatIn verbundenen privilegierten Trainings- und Wettkampfmöglichkeiten.

Die militärische Sportförderung trägt maßgeblich zu den von deutschen AthletInnen erkämpften Olympischen Medaillen bei; in Salt Lake City wurden 71% der von deutschen SportlerInnen erkämpften Medaillen an Bundeswehrangehörige vergeben. Das Team der Gewichtheber bei den Spielen in Athen im Jahr 2004 setzte sich ausschließlich aus Sportlern zusammen, die im Rahmen der Sportförderung der Bundeswehr trainieren. In einigen Disziplinen, wie etwa dem Bobfahren, gehören die Sportsoldaten seit Jahren zur Weltspitze.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich eine enge Symbiose zwischen der Bundeswehr und den Sportverbänden im Bereich der Sportförderung entwickelt. Es besteht inzwischen eine signifikante Abhängigkeit des Spitzensports und zahlreicher SpitzensportlerInnen von der Sportförderung der Bundeswehr. Hinsichtlich der Nordischen Ski-Weltmeisterschaften hieß es von Verbandsvertretern beispielsweise: „Ohne die Bundeswehrsoldaten wäre die Weltmeisterschaft im eigenen Lande zum Nullsummenspiel geworden“. 3

Die Leistungen der SportsoldatInnen werden innerhalb der Bundeswehr umfangreich kommuniziert. Berichte von größeren Sportereignissen, an denen SportsoldatInnen teilnehmen, wie etwa die Biathlon-Weltmeisterschaften im thüringischen Oberhof, werden vom Militärsender »Radio Andernach« für die im Ausland eingesetzten Einheiten der Bundeswehr ausgestrahlt. Auf den Internet-Seiten der deutschen Streitkräfte nimmt das Thema Sport einen prominenten Platz ein, die wöchentliche Bundeswehrpublikation »aktuell« widmet mindestens eine ihrer wöchentlich meist zwölf Seiten dem Thema SportsoldatInnen, und zum Informationsangebot der Bundeswehr gehört auch eine Broschüre, die sich ausschließlich diesem Aspekt widmet.

Nachwuchswerbung

Hinsichtlich der Erfüllung der ihr gestellten Aufgaben und im Vergleich mit anderen gesellschaftlichen Akteuren wie beispielsweise politischen Parteien oder Medien genießt die Bundeswehr in der Bevölkerung ein vergleichsweise hohes Ansehen. Dies korrespondiert jedoch nur begrenzt mit der Bereitschaft junger Menschen, der Wehrpflicht bei der Bundeswehr nachzukommen oder sich für einen längeren Zeitraum zum Militärdienst zu verpflichten. Daher hat die Bundeswehr die Palette ihrer Informations-, Werbe- und Rekrutierungsmaßnahmen beträchtlich erweitert und modernisiert, um einen qualifizierten Personalbestand sichern zu können.

Im Jahr 2002 organisierte die Bundeswehr erstmalig die »BW-Olympics«. Dabei wurden etwa eintausend junge Menschen im Alter von 16 und 17 Jahren für ein Wochenende in die Sportschule der Bundeswehr in Warendorf eingeladen, um sich bei Spaß und Musik neben der Teilnahme an Sportwettbewerben auch „über die attraktiven Karrierechancen zu informieren, die die Bundeswehr als Arbeitgeber bietet“. Die etwa 800 sportbegeisterten Jugendlichen, darunter etwa 25% junge Frauen, die im Jahr 2004 an den »BW-Olympics« teilnahmen, wurden mit Bussen auf das Kasernengelände gebracht, wo sie sich – wie Soldaten – gruppen- und zugweise aufstellen mussten, da es auch darum ging, die Bundeswehr kennen zu lernen bzw. – so eine Publikation der Bundeswehr – „die Bundeswehr als attraktiven Arbeitgeber zu präsentieren“.4 Der erste Tag endete mit einer Party, die jedoch durch die für 23 Uhr angeordnete Bettruhe zeitlich begrenzt wurde. Während des Wochenendes fanden Wettkämpfe in den Disziplinen Fußball, Schwimmen, Beach-Volleyball, Leichtathletik und Orientierungslauf statt. Da sich die Bundeswehr auf dem Gelände nicht nur mit Informationsständen präsentierte, sondern auch Waffensysteme zeigte, konnten die Jugendlichen neben einem Hubschrauber auch „eine Fliegerfaust bestaunen“ 5. Die Zielsetzung, Jugendlichen Einblicke in das soldatische Berufsbild zu geben, sie ansatzweise mit militärischen Gepflogenheiten vertraut zu machen und für den »Dienst an der Waffe« zu gewinnen, schlug sich auch in den bei den »BW-Olympics« ausgelobten Preisen nieder: Besuche bei Bundeswehr-Einheiten.

Macht dieses jugendgerechte Angebot mit einigen Gepflogenheiten des militärischen Alltags vertraut (z.B. Antreten in Formation, verordnete Bettruhe), so bleiben andere Dimensionen, insbesondere die Realität des Krieges, Zerstörung, Verwundung und (möglicher) Tod unthematisiert. Eine solche Banalisierung von Militär und Krieg stellt auch die Kampagne »BW-Beachen ‘05« dar, bei der der staatliche Gewaltapparat im Sommer 2005 in Urlaubsorten als Veranstalter eines Beach-Volleyball-Wettbewerbes mit dazu gehörendem Musikprogramm und Strandparty auftrat. Nach vier Vorausscheidungen fand das Finale in Warnemünde statt; zu den ersten drei Preisen gehörte ein Besuch der Beachvolleyball-WM 2005 in Berlin, ein Flug mit der Luftwaffe nach Sardinien sowie ein fünftägiges Sommercamp bei der Marine in Eckernförde. Da, so der Beauftragte für militärische Nachwuchsgewinnung, Generalmajor Wolfgang Otto, die Bundeswehr „in manchen Regionen nicht mehr vertreten“ sei, habe sie nur „bei solchen Veranstaltungen (…) die Möglichkeit ihrer Zielgruppe zu zeigen, dass wir mehr sind als über den Kasernenhof marschierende Soldaten“.6 Auch im Rahmen dieser Veranstaltung wurde das Sportprogramm von Informationsangeboten über Laufbahnen und Verwendungen in der Bundeswehr begleitet, und die teilnehmenden Jugendlichen erhielten zahlreiche Einblicke in militärische Abläufe und Aufgabenstellungen.

Sport und nationales »Wir«

Dass Sport wie andere Bereiche sozialen Handelns auch sozial und kulturspezifisch durchformt ist und gesellschaftliche Verhältnisse ebenso zum Ausdruck bringt, wie er sie auch reproduziert, lässt sich – hier mit Blick auf das Militär und den Krieg – historiographisch wie kultursoziologisch anhand zahlreicher Spuren in unterschiedlichen gesellschaftlichen Feldern nachvollziehen. Einige Überlegungen zur Vermessung des in seiner Komplexität schwierig zu bestimmenden Verhältnisses von Militär, Krieg und Sport deren Bezug zur Rekonstruktion der Nation. Die SportsoldatInnen der Bundeswehr leisten nicht nur einen Beitrag als Werbeträger und Rekrutierungsmedium, sondern tragen auch zur Integrierung bei. Eine Hauptfunktion der Anteilnahme an sportlichem Geschehen besteht in „der Integrationsleistung des Sports, indem ein gruppenspezifisches Zusammengehörigkeitsgefühl erweckt wird. Die Großgruppen des Staates und der Nation [hier sei ergänzt: des Militärs, F.V.] bedürfen solcher Erlebnisse, weil sie für den einzelnen nur schwer real und konkret erfahrbar sind“.7 Diesem Verständnis folgte auch zwanzig Jahre später ein Kommentator der Frankfurter Allgemeinen Zeitung, der die Erfolge der SportsoldatInnen als Beitrag zum »nation-building« in einem Land anpries, das über Jahrzehnte geteilt gewesen sei.

Dass Sport als paradigmatisches Feld der Rekonstruktion von (Staats-)Nationen gelten kann, lässt sich an sogenannten »Nationalsportarten«8 und (internationalen) Großveranstaltungen aufzeigen. So stellen etwa die Eröffnungszeremonien der Olympischen Spiele solche kunstvoll komponierten und kommerzialisierten Erzählungen der jeweiligen Nationalgeschichte dar.9 Entsprechend wurden in der Eröffnungszeremonie der Olympischen Winterspiele in Salt Lake City, nur wenige Monate nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001, mit dem Auftritt des Kapitäns der Eishockey-Mannschaft, die zur Hochzeit des Rüstungswettlaufs zwischen der USA und der Sowjetunion das favorisierte Team der UdSSR im Kampf um die Goldmedaille 1980 bezwungen hatte, Inszenierungselemente eingewoben, deren außen- und militär(politisch)e Konnotation im aktuellen Kontext unübersehbar war.

Das Abschneiden der jeweiligen »Nationalmannschaften«, das regelmäßig an der Zahl der gewonnenen Medaillen gemessen und in tabellarischen Rankings rasch erfass- und interpretierbar gemacht wird, gilt auch als Indikator für das ‚nationale Prestige‘ eines Landes. Staatsoberhäupter interpretieren das schlechte Abschneiden der Olympiateams als „Nachlassen unserer einst bewunderten nationalen Stärke“ (John F. Kennedy) bzw. „nationale Schande“ (Charles de Gaulle). Entsprechend ist die Teilnahme an Endspielen und mehr noch deren Gewinn eine häufig genutzte Gelegenheit für die RepräsentantInnen der Staatsnation, sich und das nationale Kollektiv in Szene zu setzen.

Symbolische Rekonstruktionen

Die gesellschaftliche Reichweite des Sports als massenkulturelles Phänomen, insbesondere bei Großereignissen wie Weltmeisterschaften und Olympischen Spielen, ist enorm. Die Erinnerung an sie trägt – wie die Erinnerung an Kriege – beträchtlich zur Konstruktion »nationaler Identität« bei. Der Gewinn der Fußballweltmeisterschaft im Jahre 1954, mythologisiert als der »Triumph von Bern«, wurde zeitgenössisch von vielen Sportfunktionären in Deutschland als Ausdruck »wahren Deutschtums« gefeiert und in zahlreichen Medien und großen Teilen der Bevölkerung als wichtiger Schritt der Überwindung des Pariah-Status im System der internationalen Beziehungen gewertet.10 Zahlreiche Länderspielbegegnungen von Fußballnationalmannschaften bieten medial vermittelte Gelegenheiten, Erinnerungen an zwischenstaatliche Konflikte und national(istisch)e Untertöne aufzurufen.11

Fand sich aufgrund des erfolgreichen Abschneidens des Radrennfahrers Jens Voigt bei der »Tour de France« 2005 auf der Titelseite der BILD-Zeitung die Schlagzeile »Endlich wieder ein deutscher Held!«, so ist dies lediglich ein aktuelles Beispiel für die Bedeutung, die dem Sport als „nationalistische Sprache“ 12 bei der (Re-) Konstruktion »nationaler Identität« zukommt. Bedürfen Nationen als symbolische Konstruktionen der fortwährenden Reproduktion in unzähligen, meist unspektakulären Interaktionen des Alltags, so eignet sich Sport hierzu besonders gut, da an den mit ihm – in den Wettkampfarenen wie in seiner medial vermittelten Präsenz – verknüpften und sozial gelebten sowie interaktiv hergestellten Praxen einerseits eine große Zahl von Menschen partizipiert, andererseits in seinen Erzählungen offener als andernorts kulturelle und nationale Stereotypisierungen vorgenommen werden können bzw. das Ausleben nationalistischer Gefühle mindestens toleriert wird.13 „Der Sportplatz und der Kriegsschauplatz sind als Orte der Demonstration legitimer patriotischer Aggressivität miteinander verbunden“.14

Fällt der Sportler als »nationale Figur« mit dem Soldaten, der historisch ebenfalls als »nationale Figur« bzw. als »Vertreter des nationalen Interesses« konstruiert wurde15, zusammen – eben in der Figur des Sportsoldaten –, so lässt sich begründet vermuten, dass damit nicht nur die alltägliche Rekonstruktion der Nation, sondern auch die des Militärs als Institution stattfindet. Die Forderung Jungs, die deutschen SportsoldatInnen sollten sich deutlich zur Bundeswehr bekennen, zielt auch auf die Legitimierung der gegenwärtigen Militärpolitik. Massenmedial inszenierte einen solchen Zusammenhang von Sport und Militär die BILD-Zeitung: Anlässlich eines Besuchs von Spielern der deutschen Fußballnationalmannschaft bei Bundeswehrsoldaten im Einsatz schrieb sie: „Unsere Jungs bei unseren Soldaten“.

Anmerkungen

1) Dossier »Sportsoldaten«, S. II.

2) Willi Weyer: Rede anlässlich der Grundsteinlegung für die Sportschule der Bundeswehr am 15. November 1974 in Warendorf (Auszug), in: Sportschule der Bundeswehr (Hg.): Sportschule der Bundeswehr. Porträt einer Schule, Koblenz 1993: 32.

3) Vgl. Gerd Kebschull: Heimspiel alpin, in: Y. Magazin der Bundeswehr 4/2005: 90-92.

4) Nicolaas Bongaerts, (2004): ‚Wir haben gezeigt, was wir können‘, in: BW-aktuell 39 (2004) 24: 8-9, (8).

5) Andreas Meier: Die Bw-Olympix 2004, in: Hardthöhenkurier 20 (2004) 3: 38-39, (38).

6) Nathalie Poulheim & Holger Wilkens: Die Jugend im Blick, in: BW-aktuell 40 (2005) 24: 6.

7) Detlef Grieswelle: Sportsoziologie, Stuttgart 1978: Kohlhammer, S.98.

8) Roman Horak & Georg Spitaler: Sport Space and National Identity. Soccer and Skiing as Formative Forces: On the Austrian Example, in: American Behavorial Scientist 46 (2003) 11: 1506-1518.

9) Jackie Hogan: Staging the Nation. Gendered and Ethnicized Discourses of National Identity in Olympic Opening Ceremonies, in: Journal of Sport and Social Issues 27 (2003) 2: 100-123, (102).

10) Arthur Heinrich: The 1954 Soccer World Cup and the Federal Republic of Germany’s Self-Discovery, in: American Behavorial Scientist 46 (2003) 11: 1491-1505.

11) Allen L. Sack/Seljan Suster: Soccer and Croatian Nationalism. A Prelude to War, in: Journal of Sport and Social Issues 24 (2000) 3: 305-320.

12) William J. Morgan: Sports and the Making of National Identities: A Moral View, in: Journal of the Philosophy of Sport 24 (1997): 1-20, (11).

13) Samantha King: Offensive Lines: Sport-State Synergy in an Era of Perpetual War, in: Cultural Studies – Critical Methodologies 8 (2008) 4: 527-539.

14) J.A. Mangan: Foreward, in: ders. (Hg.): Shaping the Superman: Fascist Body as Political Icon – Aryan Fascism, London & Portland, OR 1999: Frank Cass, S. xi-xiii, (xii).

15) Ruth Seifert: Militär, Nation und Geschlecht: Analyse einer kulturellen Konstruktion, in: Wiener Philosophinnen Club (Hg.): Krieg/War. Eine philosophische Auseinandersetzung aus feministischer Sicht, München 1997: Fink, S.41-49, (45).

Dr. Fabian Virchow lehrt an der Universität Köln, ist Mitglied des Zentrums für Konfliktforschung der Philipps-Universität Marburg und verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift »Wissenschaft & Frieden«.

Gegen das Volk gerüstet

Gegen das Volk gerüstet

von Volker Bräutigam

Nach dem DGB-Vorsitzenden Michael Sommer hatte in diesem Frühjahr 2009 auch die später bei der Wahl unterlegene Bundespräsidentenkandidatin Gesine Schwan (SPD) vor sozialen Unruhen in Deutschland als Folge der Wirtschaftskrise gewarnt. Sie löste damit in weiten Kreisen Verärgerung aus. Selbst Schwans Parteifreund, Vizekanzler Frank-Walter Steinmeier (SPD), distanzierte sich von ihren Äußerungen. Ersichtlich liegt der gesamten Bundesregierung daran, keine ausufernde Debatte über die soziale Kluft und über denkbaren Widerstand dagegen aufkommen zu lassen. Hinter der Bühne aber wird ein anderes Stück vorbereitet.

Viele Mitmenschen glauben tatsächlich immer noch, es werde schon nicht alles so schlimm kommen – und falls doch, dann eher für andere als für sie. Viele schließen die Augen vor dem heraufziehenden Unheil. Die Politik der Regierung, die das inhumane und desaströse neoliberale Wirtschaftssystem mit astronomischer Staatsverschuldung stützt, ist empörend, aber von Empörung ist bisher wenig zu spüren. Die ersten Demonstrationen, die DGB-Veranstaltung am 16.05. 2009 eingeschlossen, wurden von den Konzern- und den staatsfrommen Medien klein und schäbig geschrieben, damit sie möglichst folgenlos bleiben. Aber ist tatsächlich auszuschließen, dass es bald – wie der Kabarettist Georg Schramm in der politsatirischen ZDF-Sendung »Neues aus der Anstalt« unlängst räsonierte – „flächendeckend zu Handgreiflichkeiten kommt“, weil Arbeitslosigkeit, Armut und Elend sprunghaft zunehmen?1

Vorwegnahme sozialer Unruhen

Die Bundesregierung jedenfalls bereitet sich, wie andere europäische Regierungen auch, auf den Ausbruch sozialer Unruhen vor. In aller Stille richtet sie sich auf Notlagen ein, rüstet den staatlichen Machtapparat auf und verschafft sich Mittel und Wege, einflussreiche Gegner auszuforschen. Bundespolizei und Sondereinsatzkommandos der Bundesländer trainieren schon gemeinsam mit Kollegen aus verbündeten Staaten, um »polizeiliche Großlagen« zu beherrschen. Nicht nur Übung, sondern »Ernstfall« war z.B. der grenzüberschreitende Polizeieinsatz anlässlich der NATO-Tagung am 3./4. April 2009 in Baden-Baden und Straßburg. Er verlief exakt gemäß dem schon länger vorliegenden »Drehbuch« für rein innerdeutsche Anlässe.2

Nicht nur in meinem Bundesland Schleswig-Holstein sind die Zivilschutzämter dabei, Lebensmittelkarten herstellen zu lassen und einzulagern. Im Falle einer Hyperinflation will man Produktion und Vertrieb von Versorgungsgütern zwangsbewirtschaften und rationieren. Lebensmittel gibt es dann nur mehr in kleinsten Mengen »auf Marken« wie einst zu Kriegs- und Nachkriegszeiten. Die Kreisämter sind angewiesen, für den Ausfall der Wasser- und Energieversorgung vorzuplanen.

Zugleich entfaltet die Regierung einen intensiven Ausforschungstrieb; »Terrorismus-Abwehr« als Begründung klingt immer überzeugend. Innen-Staatssekretär August Hanning verkündete vor wenigen Monaten in einem Interview mit der taz, es dürfe keine überwachungsfreien Räume mehr geben, auch nicht zum Schutz der Privatsphäre: „Wir gehen zwar davon aus, dass über Kriminalität eher im Wohnzimmer gesprochen wird. Aber wenn wir Anzeichen haben, dass ein Paar sich dazu immer ins Schlafzimmer zurückzieht, weil es sich dort sicherer fühlt, dann können wir natürlich auch dort überwachen.“ 3

Aufrüstung – nicht nur der Seelen

Ja, sie können. Mittels Mikrowellen können sie problemlos Mauern durchdringen und Innenräume sowie die darin befindlichen Personen scannen und abhören. Sensoren emittieren Mikrowellen-, Millimeterwellen- oder Terahertz-Strahlung, die – von den Zielobjekten reflektiert – geheimpolizeilich gemessen und ausgewertet wird. Einen instruktiven Überblick über einschlägige Forschungsaktivitäten gibt das Wissensmagazin »scinexx«.4 Außerdem werden Abhör-Programme entwickelt, die alle Kommunikationsnetze durchforsten, um Gruppenmitglieder per Sprachvergleich zu erfassen und auszuforschen. Die USA werden ein solches Programm – »Socio-Cultural Content in Language« (SCIL) – schon im Sommer 2009 in Betrieb nehmen.5 Aus deutscher Produktion stammt ein koffergroßes Mikrowellengerät, mit dem sich sämtliche elektronischen Geräte in einem Haus lahmlegen lassen, vor allem die Kommunikationsmittel vom Mobiltelefon über Radio und Fernsehen bis zum Computer.6

Staatliche Forschungseinrichtungen und Rüstungsindustrie arbeiten darüber hinaus an angeblich nicht-tödlichen Waffen (Non Lethal Weapons), die sich zur »unblutigen« Niederschlagung von Aufständen eignen sollen. Offizielle Bestätigungen gibt es nicht, aber vermehrte Hinweise, dass einige Polizeiverbände bereits mit solchem Gerät aufgerüstet wurden. Bundespolizei und Sondereinsatzkommandos in Berlin, Sachsen und Nordrhein-Westfalen sollen seit einem Jahr elektromagnetische Skalarwaffen im Testeinsatz haben: Waffen, die mit Mikrowellen die Zielpersonen erheblich verletzen. Großbritannien und die Schweiz haben sie schon beschafft. Produzenten und gemeinsame Vermarkter sind Rheinmetall DE-TEE (Düsseldorf) und Diehl BGT Defence (Nürnberg).

Eine der neuen »nicht-letalen« Waffen nutzt elektrischen Strom von geringer Stärke, aber mit 50.000 Volt Spannung: der Taser. Eine Pistole, die eine an dünnem Draht hängende Nadel verschießt. Über den Draht werden dem Getroffenen Stromstöße verpasst, die schwere Muskelkrämpfe auslösen. Nicht tödlich? Die Gefangenenhilfsorganisation amnesty international berichtete über zahlreiche Todesfälle in den USA und in Kanada, wo der Taser schon im Polizeialltag verwendet wird.7 Bisher hat noch kein Staat sorgfältige Untersuchungen von physischen und psychischen Spätfolgen bei den vom Taser Getroffenen veranlasst. Doch was wäre Deutschland, wenn man hier nicht versuchte, auch diese Waffe zu perfektionieren? Diehl entwickelt – mit 180.000 Euro Staatszuschuss – Taser, deren Stromschläge über einen scharfen Flüssigkeitsstrahl geleitet werden.8

Bei Erfindung und Produktion neuer Waffen ist Deutschland nicht auf US-Vorbilder angewiesen. Im Gegenteil: Die USA importierten Neuentwicklungen aus Deutschland und testeten einige davon im Irak, zum Beispiel die Mikrowellen-Kanone der Firma Diehl BGT Defence – eine der Neuheiten, mit denen deutsches Militär und deutsche Polizeiverbände entweder heimlich bereits ausgerüstet wurden oder demnächst ausgestattet werden könnten. Die folgenden Angaben beruhen vor allem auf einem Bericht von Jürgen Altmann für die Deutsche Stiftung Friedensforschung.9

Das Active Denial System (ADS) nutzt – ebenso wie der Abhör- und Überwachungsscanner, von dem schon die Rede war – die Mikrowellentechnik. Ein Strahl elektromagnetischer Wellen greift angeblich nur die obersten 0,4 Millimeter der Haut an. Der Strahl der »Kanone«, die einer flachen Salatschüssel gleicht, bleibt auf viele hundert Meter gebündelt und kann die Haut einzelner Zielpersonen schmerzhaft aufheizen, im Extremfall verbrennen. Mit Prototypen des ADS haben nach Internet-Berichten die US-Truppen im Irak Menschen schon wie am Grill gebraten. Der Advanced Tactical Laser (ATL) wird von Flugzeugen aus computergesteuert abgeschossen. Der gebündelte Lichtstrahl hat angeblich eine Aufschlagsfläche von kaum Bierdeckelgröße und verursacht in Sekundenbruchteilen hochgradige Verbrennungen. Zu dieser Waffenart gehört das Pulsed Energy Projectile (PEP). Es soll mittels millisekundenkurzer infraroter Laserpulse einen mechanischen Impuls erzeugen, so dass die oberste Schicht des Ziels (Kleidung, Haut) im Nu verdampft. Eine Druckwelle aus Dampf und Restenergie wirft den Getroffenen zu Boden. Die Reichweite des PEP soll bis zu zwei Kilometer betragen. Die Wirkung wird mit der der sogenannten stumpfen Wuchtmunition verglichen. Folgewirkungen: Taubheit, Blindheit und andere.

Die Schallkanone (Long Range Acoustic Device, LRAD) ist bereits vom Pentagon geordert. Damit werden akustische Signale von 2100 bis 3100 Hertz mit maximalem Schalldruck von etwa 150 Dezibel ausgesendet. Der schrille LRAD-Ton verursacht im Nahbereich bei Mensch und Tier furchtbare Schmerzen. Er kann von einem flachen Lautsprecher aus trichterförmig auf größere Ziele gerichtet werden, auf Menschenansammlungen zum Beispiel. Auch diese angeblich nicht-letale »Kontrollwaffe« verursacht unter Umständen schwere Körperverletzungen (Zerstörung des Innenohrs sowie des Gleichgewichtssinns). Die US-Truppen verwenden sie inzwischen regelmäßig im Irak.10

Alle genannten Waffensysteme werden weiterentwickelt – auch mit dem Ziel, die Akzeptanzschwellen in der Öffentlichkeit zu senken. Über den aktuellen Stand wurde im Mai auf dem »Europäischen Symposium über nicht-tödliche Waffen« im baden-württembergischen Ettlingen diskutiert. Gastgeber war das staatliche Fraunhofer-Institut für Chemische Technologie (ICT). Es kooperiert mit der Wehrtechnischen Dienststelle für Schutz- und Sondertechnik (WTD 52) der Bundeswehr. Die Dienststelle betrachtet die Erforschung und Erprobung sogenannter nicht-letaler Wirkmittel (NLW) als ihre Kernkompetenz.11

Das Symposium versammelte Experten für Aufstandsbekämpfung aus der Europäischen Union: Staatssekretäre, Militärs, Polizisten, Wissenschaftler und Vertreter der Rüstungsindustrie. Fragestellung der Konferenz: Kommen die NLW für die Polizei zur Niederschlagung von Protesten und Demonstrationen (Crowd and Riot Control, CRC) in Betracht oder für das Militär bei seinen Gewaltoperationen im Ausland? Auch der Einsatz zum Schutz von Handelsschiffen gegen Piraten und »Terroristen« sollte diskutiert werden. Man geht schließlich mit der Zeit.

Denken in Bürgerkriegs-Kategorien

Die Tagung bot auch Gelegenheit, das Thema Bundeswehr-Einsatz im Innern wieder aufzuwärmen. Der Vorsitzende des Bundeswehrverbandes, Ulrich Kirsch, hat sich schon festgelegt: Unter bestimmten Bedingungen sei der Einsatz der Bundeswehr innerhalb Deutschlands nicht nur erwägenswert, sondern unumgänglich. Es seien Szenarien denkbar, auf die nur mit militärischen Mitteln reagiert werden könne.12 Die Bundesakademie für Sicherheitspolitik (BAKS) sekundiert: Das Gebot der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten sei nicht mehr aufrechtzuerhalten, ein Nationaler Sicherheitsrat nach US-Vorbild solle Polizei, Geheimdienste und »Heimatschutz«-Verbände der Bundeswehr koordinieren.13 Die Minister Jung und Schäuble reden schon lange so.

Und auch Forschungsministerin Annette Schavan denkt in Bürgerkriegs-Kategorien. Sie vereinbarte im März mit US-Heimatschutzministerin Janet Napolitano »wissenschaftliche und technologische Zusammenarbeit«.14 Von angeblich wissenschaftlichem Interesse sind Methoden zum »Aufspüren von Bedrohungen der zivilen Sicherheit«, der »Schutz von kritischen Infrastrukturen und Schlüsselressourcen« sowie »Krisenreaktion, Folgenmanagement und Schadensbegrenzung bei folgenschweren Ereignissen«. Ähnliche Abkommen wurden mit Frankreich und Israel geschlossen.

Anmerkungen

Der vorliegende Beitrag wurde bereits in der Zeitschrift Ossietzky 7 u. 8/09 veröffentlicht; für W&F wurde er vom Autor aktualisiert und vor allem um den »Apparat« ergänzt.

1) ZDF (24.03.2009): Neues aus der Anstalt. Politsatire mit Priol und Schramm.

2) Vgl. Marker, Hans J. (2001): Almanach der Vorschriften für länderübergreifende Einsätze in polizeilichen Großlagen. Haan: Wölfer.

3) Hanning, A. (2009): „Intime Geräusche werden gelöscht“ – Innen-Staatssekretär über Überwachung. taz, 14.03.2009.

4) scinexx (2008): Sicherheit durch Hightech. URL: http://www.scinexx.de.

5) Siehe http://www.linguistlist.org/issues/18/18-3875.html

6) Siehe http://www.iddd.de/umtsno/total.htm.

7) Spiegel Online (16.12.2008): Amnesty-Bericht – Taser-Einsätze forderten Hunderte Tote.

8) Entress-Fürsteneck, W. v. & Kugler, D. (2007): Softball Taser. URL: http://www.diehl.de

9) Altmann, J. (2008): Millimetre Waves, Lasers, Acoustics for Non-Lethal Weapons? Physics Analyses and Inferences. Osnabrück: Deutsche Stiftung Friedensforschung (DSF). URL: http://www.bundesstiftung-friedensforschung.de; s.a. http://www.steinbergrecherche.com/08waffen.htm

10) Rötzer, F. (2005): Sound-Laser. Telepolis, 22.09.2005.

11) German Foreign Policy (16.03.2009): Abgestufte Aufstandsbekämpfung. Eigener Bericht. URL: http://www.german-foreign-policy.com

12) Märkische Oderzeitung (18.01.2009): Chef des Bundeswehrverbandes für Einsatz der Bundeswehr im Innern.

13) Bundesakademie für Sicherheitspolitik (2008): Übersicht über die Debatte zum Thema Nationaler Sicherheitsrat. URL: http://www.baks.bundeswehr.de/portal/a/baks; vgl. auch Adam, R. (2006): Geheimdienste in der Demokratie – unentbehrliche Stützen der Sicherheit oder konspirative Fremdkörper? Verfügbar ebenda.

14) Handelsblatt (16.03.2009): Deutschland und USA forschen gemeinsam für Sicherheit.

Volker Bräutigam war Tageszeitungs- und TV-Nachrichtenredakteur, forschte an taiwanesischen Universitäten zu Umweltschutztechnologien und schreibt seit seiner Rückkehr nach Deutschland für die Zeitschrift Ossietzky.